von Khira1403
Gerade lehnte ich mich gemütlich in die Kissen um mich mit einer Schüssel Popcorn in mein neuestes Buch „Verwandlungstricks für Fortgeschrittene“ zu vertiefen, da klopfte es leise an der Türe.
„Herein!“ trällerte ich gut gelaunt.
Schließlich freute ich mich heute mehr denn je auf meine Rückkehr in mein zweites Zuhause – das Zauberer-Internat Kylemore. Vier Jahre habe ich bisher dort verbracht und muss, ohne arrogant wirken zu wollen behaupten, dass ich durchaus extrem viel drauf habe, was das Zaubern angeht.
Aber zurück zu dem Klopfen an meiner Türe, die nun leise aufschwang und das besorgte Gesicht meiner im Türrahmen lehnenden Mutter Ellen zeigte.
„So spät noch am Lernen, Liebes?“ erkundigte sie sich erstaunt. Ich sah belustigt auf und wunderte mich wie schon so oft über die verblüffende Ähnlichkeit zu ihr. Dunkle Locken rahmten ihr Gesicht und fluteten über ihren Rücken wie ein Wasserfall. Blaue Augen, die meinen so ähnlich waren, blickten liebevoll auf mich herab, die Nase trug sie, wie auch ich, immer ein Stückchen zu hoch und ihre Augenbrauen konnten, abhängig von Ihrer Stimmung, wahre akrobatische Leistungen vollbringen.
Mein Vater hingegen war der typisch-amerikanische Sunnyboy: Grüne auffallende Augen, blonde Haare, athletische Figur und für meine Verhältnisse riesig groß. Ich riss mich aus meinen Gedanken und konzentrierte mich wieder auf meine Mum. Ihr voller Mund verzog sich gerade zu einem herzlichen Lächeln.
"Maaaaaaamaaaaaa" stöhnte ich genervt auf, „kannst du nicht mal aufhören mit diesem ständige Bedusele? Ich lese doch nur, außerdem geht’s morgen zurück nach Kylemore und da fang ich lieber schon mal an mich vorzubereiten!“, ich begann zu grinsen „außerdem solltest DU“ ich betonte das Wort extra deutlich, „Misses-damals-war-ich-so-gut-in-der-Schule“, durchaus Verständnis dafür haben!“
Meine Mutter sah mich kurz fassungslos an und begann dann schallend zu lachen.
„Fräulein, Fräulein, anscheinend haben dein Vater und ich dich die vergangenen Wochen zu sehr verwöhnt, so verzogen wie du bist! Aber das ist eigentlich nicht der Grund warum ich zu dir komme...“, mit diesen Worten trat sie langsam, fast zögernd näher zu meiner Couch und setzte sich neben mich.
Nun wurde auch mir leicht mulmig, meine Mum und zögern? Das ist so gut wie noch nie vorgekommen, darum schaute ich sie aufmerksam an „Mum? Alles ok? Du wirkst so...so komisch...?“ Die Frage hing zwischen uns beiden im Raum und meine Mutter seufzte auf.
„Ich weiß, wie gerne du Kylemore magst und ich weiß wie sehr du dich darauf freust...aber...Rae, Schatz...“ sie brach ab und zögerte erneut. Ihre Finger strichen zärtlich meine Locken aus dem Gesicht zurück und sie sah mich fest an. „Ab nächstem Schuljahr wirst du nicht mehr nach Kylemore gehen, sondern nach Hogwarts.“
„WAAAAAS?“, ich sprang wie von der Tarantel gestochen aus meinem Sessel und starrte sie an „MUTTER! Das kann doch nicht euer Ernst sein! Ich meine...wieso? Ich...ich kann doch nicht einfach die Schule wechseln!?“
Auch meine Mutter erhob sich langsam und wollte über meine Wange streichen. Aufgebracht riss ich mich los, stapfte durch den Raum und ließ mich wütend schnaubend auf mein Himmelbett fallen. „Ich mache da nicht mit. Warum soll ich nicht mehr nach Kylemore?“ meine Arme verschränkten sich kämpferisch vor meiner Brust, und ich verzog missbilligend meine Lippen.
„Rae..“ sie seufzte erneut und stand unschlüssig im Raum „ich verstehe dass es dir nicht sonderlich gefällt...jetzt zumindest...aber ich bin mir sicher du wirst auch in Hogwarts rasch Freunde finden. Dein Vater hat einen Posten im Ministerium für Zauberei in London bekommen und das erfordert einen Umzug nach England, Europa...“ sie setzte sich neben mich und strich tröstend über meine rechte Hand. „Komm...sei nicht so trotzig. Es wird bestimmt nicht so schlimm werden, wie du dir das ausmalst.“
Wütend drehte ich den Kopf und starrte ihr ins Gesicht „Ach, denkst du? Ja? Klasse Mum – echt – ihr entscheidet und ich folge brav...oder was denkst du?“ brüsk schob ich ihre Hand von meiner, stand ruckartig auf und fing wieder an im Raum herumzuwandern.
Meine Mutter beobachtete meine Gebaren eine Weile und begann erneut:
„Nochmals Rae, es ist beschlossene Sache und nicht mehr rückgängig zu machen. Morgen geht dein Zug nach Hogwarts! Ich bitte dich, deine Sachen heute schon zu packen, dein Vater und ich werden dich dann zum Bahnhof apparieren!“
Mit diesen Worten erhob sie sich und versuchte es noch mal in einem versöhnlicheren Tonfall „Schatz, ich weiß es ist nicht einfach und ich verstehe dich auch...Aber versteh du bitte deinen Vater und mich ebenfalls! Kylemore ist von London zu weit weg zum Apparieren und ich habe mir sagen lassen, dass Hogwarts richtig...“ sie überlegte kurz und grinste mich dann an „wie sagst du immer? Cool? Genau – cool sein soll!“ Also versuch’s doch erst mal bevor du uns steinigst!“, sie stuppste mich leicht in die Seite und drückte mir einen Kuss auf die Wange.
„Und jetzt richte dein Zeug her und dann schlaf schön, Kleines!“ „Ich bin nicht klein“, knurrte ich ungehalten und wand mich innerlich. Eigentlich fand ich die Sache an sich ja ganz spannend...eine neue Schule, vielleicht neue Freunde, neue Lehrer und Fächer...Andererseits, mich hatte mal wieder kein Mensch gefragt und meine Freunde in Kylemore wollte ich auch nicht verlieren. Ich seufzte auf und nickte.
„Ist gut Mum, ich fang gleich an...“ Meine Mutter schmunzelte und wandte sich zur Türe und zog sie leise hinter sich zu. Unentschlossen machte ich mich an die Arbeit und griff nach meinem Zauberstab. In Amerika nimmt die zuständige Zaubererbehörde – so nennt man das bei uns – das mit dem Zaubern Minderjähriger nicht so eng.
Ein kleinen Schwenker und einen gemurmelten Spruch später ordneten sich meine Kleider in meinen Koffer, die Bücher erhoben und stapelten sich auf und schrumpften sich auf eine praktische Transportgröße. Immer noch grübelnd machte ich mich bettfertig und schmiegte mich in die kühlen Laken. Was mich wohl alles ab morgen erwarten würde? Mit einem letzten kleinen Seufzer auf meinen Lippen schlief ich ein.
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