
von |Tonks <3|
12. Gleis 9 ¾
Lilys letzte Woche Zuhause verging wie im Flug und langsam aber sicher begann sie ziemlich nervös zu werden. Sie war total aufgeregt und konnte gar nicht mehr ruhig sitzen. Meistens las sie dann in einem ihrer vielen Schulbücher und versuchte sich schon einmal etwas Wissen anzueignen, was sie später sicherlich gut gebrauchen würde. Besonders angetan war sie von Zaubertränke und Zauberbräue, ihrem Lehrbuch für das Fach Zaubertränke. Sie war fasziniert davon, wie viele verschiedene Tränke es gab und wozu sie nütze waren.
Wenn sie dann mal gerade nicht in eines ihrer Schulbücher vertieft war, lief sie stolz in ihrer schwarzen Schuluniform durch ihr Zimmer und begutachtete sich in ihrem Spiegel. Nur der schwarze Spitzhut gefiel ihr nicht, weil sie der Meinung war, dass dieser lumpige, zerknitterte Stofffetzen auf ihrem Kopf ziemlich albern aussah. Hinzu kam auch noch, dass Petunia sie mit diesem Hut gesehen hatte, weil sie vergessen hatte ihre Zimmertür zu verschließen. Ihre Schwester hatte sie laut ausgelacht und gesagt: „Schon wenn ich so einen bescheuerten Hut tragen müsste, würde ich nicht auf diese Schule gehen. Aber bei diesen ganzen Verrückten wundert es mich nicht, dass ihr so rumlaufen müsst.“
Seit dem hatte Lily den Hut nicht mehr aus dem Schrank geholt, doch Heute musste sie ihn wieder aus der hintersten Ecke ihres geräumigen Kleiderschrankes hervorkramen. Es war der letzte Abend vor ihrer Abreise und am nächsten Morgen würden sie wieder sehr früh losfahren müssen, weil der Zug am Londoner Bahnhof King’s Cross abfuhr. Lily war total gestresst, schließlich würde sie erst wieder in den Weihnachtsferien nach Hause kommen können und durfte deshalb nichts Wichtiges vergessen. Lily war bei solchen Dingen sehr genau und hatte sich sogar eine Liste mit den Dingen erstellt, die sie einpacken musste. Ganze fünfmal ging sie ihre Bücherliste durch um jedes Mal festzustellen, dass sie alle Bücher in ihrem Koffer verstaut hatte. Sie war total nervös und fuhr sich mit der Hand dauernd hektisch durch ihre langen Haare. Nicht auszudenken wenn sie irgendetwas vergessen würde. Sie wollte auf keinen Fall einen schlechten Eindruck bei ihren neuen Lehrern hinterlassen und war ganz erpicht darauf, endlich mit dem Unterricht zu beginnen.
Nach einigen Stunden Packen war Lily schließlich fertig. Vier große Koffer standen vor ihr und sie ging in Gedanken noch einmal alles durch. Mit einem letzten Blick in einen der Koffer vergewisserte sie sich noch, ob sie ihr Teleskop auch gut genug in alten Zeitungen gehüllt hatte. Damit wollte sie verhindern, dass es keine Schäden von der Reise trug. Mit einem zufriedenen Blick schloss sie den Koffer und ging hinunter zum Abendessen.
Ihre Eltern hatten noch einen Spielabend nach dem Essen geplant, doch Lily war total aufgeregt und konnte sich ohnehin nicht auf ein Spiel konzentrieren und Petunia hatte sich geweigert mit ihnen zu spielen.
Mr. und Mrs. Evans hatten zwar vor einigen Tagen ein ernstes Gespräch mit ihrer ältesten Tochter geführt, doch Petunia wollte sich einfach nicht mit Lily vertragen.
In dieser Nacht konnte Lily wie erwartet lange nicht einschlafen. Sie drehte sich von einer Seite auf die andere und rollte sich sogar einmal versehentlich auf Fivers Schwanz, der jetzt immer in ihrem Bett schlief und daraufhin wütend fauchte.
Spät in der Nacht fand sie schließlich doch noch etwas Schlaf. In ihrem Traum war sie mit dem Hogwarts-Express nach Hogwarts gefahren. Doch als sie in Hogwarts angekommen waren hatte der Schulleiter ihr verkündet, dass ihnen ein großer Fehler unterlaufen sei. Dumbledore sagte ihr, sie sie gar keine Hexe und müsse deshalb wieder nach Hause fahren.
Sie war schweißgebadet, als ihre Mutter sie früh am nächsten Morgen weckte. Als sie unter der Dusche stand, musste sie immer noch an ihren Traum denken. Sie reif sich immer wieder Severus Worte in Erinnerung. Er hatte ihr gesagt, dass sie ganz viel Magie hätte. Und er musste es ja wissen, oder? Sie schob ihre panischen
Gedanken ganz nach hinten in ihren Kopf, konnte sie allerdings nur vorübergehend vertreiben.
Sie war erstaunt, als sie Petunia beim Frühstück erblickte. „Fährst du etwa auch mit nach London?“, fragte sie ihre Schwester.
„Sieht so aus.“, blaffte Petunia sie auch gleich an. „Denk aber bloß nicht ich mach das dir zuliebe. Ich muss mitfahren. Mom und Dad wollen es so.“
Lily zwang sich eine Scheibe Toast zu essen und eilte dann wieder nach oben, um nach zu sehen, ob sie genug dicke Pullover für den Winter eingepackt hatte. Sie konnte sich vorstellen, dass es in einem Schloss wie Hogwarts es war, im Winter sehr kalt werden konnte.
Als sie losfuhren, begann es gerade zu dämmern und lautes Vogelgezwitscher war zu hören. Fiver hatte sich wieder in Lilys Schoß zusammengerollt und beobachtete Petunia, die mürrisch aus dem Fenster starrte. Nach einer Weile war Petunia eingeschlafen und Fiver kletterte auf deren Schoß. Lily wollte ihre Schwester nicht wecken und ließ ihn dort. Petunia hatte den Kopf in den Nacken gelehnt und ihr Mund stand offen, doch ihre Hände hatte sie auf das graue, seidige Fell von Fiver gelegt.
Um 10 Uhr erreichten sie King’s Cross und Lily weckte Petunia.
„Tunia.“, sagte sie sanft. „Wach auf, wir sind da.“
Petunia streckte sich und öffnete ihre verdutzten Augen. Fiver, der immer noch auf ihrem Schoß saß gähnte gerade.
„Was soll dien Vieh hier bei mir?“, sagte sie barsch und schubste den verdutzten Fiver achtlos von ihrem Schoß.
„Ihr beiden habt so süß geschlafen und euch aneinander gekuschelt und ich …“, wollte Lily erklären, doch Petunia unterbrach sie.
„Ich hab keine Lust auf dien stinkendes Katzenvieh aufzupassen!“
Lily seufzte und verstaute Fiver in seiner Transportbox. Mr. Evans trieb irgendwo einen Gepäckwagen auf, auf den er nun Lilys vier Koffer stapelte.
„Was hast du denn alles da drin?“, fragte er mit einem verblüfften Blick auf die großen Koffer.
„Immerhin bin ich eine ganze Weile fort.“, sagte Lily trotzig. „Und ich habe keine Lust immer dieselben Klamotten zu tragen.“
Mr. Evans schob den Gepäckwagen, auf dem ganz oben Fivers Transportbox trohnte, in den Bahnhof und fragte Lily.
Sie hatten beschlossen noch eine Kleinigkeit in einem Restaurant zu essen, weil der Zug ja erst um 11 Uhr abfuhr. Lily bekam schon langsam Heimweh, so sehr sie sich auch auf Hogwarts freute.
Um Viertel vor 11 fragte Mr. Evans schließlich: „Zu welchem Abteil müssen wir?“
Lily holte ihre Fahrkarte hervor. „Gleis 9 ¾.“, sagte sie und sah ihren Vater verblüfft an.
„Der war gut, Schatz.“, lachte er. „Also, welches Gleis?“
„Gleis 9 ¾.“, sagte sie trotzig, weil ihr Vater das für einen Witz hielt.
Ungeduldig riss er ihr die Fahrkarte aus der Hand und Lily konnte sehen wie sich seine Augen tellergroß weiteten.
„So etwas habe ich ja auch noch nie gehört.“, murmelte er und zeigte seiner Frau die Fahrkarte, die ebenfalls verwirrt den Kopf schüttelte. Petunia war das alles ganz egal, denn sie schien nur damit beschäftig zu sein, Löcher in die Luft zu starren.
Sie gingen zu Gleis 9, doch nirgends war ein Gleis namens 9 ¾ zu sehen. Verwirrt standen sie da und blickten völlig verdutzt von Gleis 9 zu Gleis 10. Lily warf immer wieder einen Blick auf die große Uhr über der Ankunftstafel und wurde langsam nervös. Was, wenn sie den Zug verpassen würde?
Mr. Evans wollte gerade einen vorbeigehenden Wachmann fragen, als plötzlich ein Mädchen vor ihnen stand.
Lily erkannte das Mädchen mit dem runden Gesicht sofort.
„Hi Lily!“, flötete das Mädchen strahlend.
„Hi Alice.“, sagte Lily und lächelte Alice an.
„Das ist meine Schwester.“, sagte Alice und deutete auf ein großes Mädchen. Wie Alice, hatte sie dunkelblondes Haar, doch ihre waren ziemlich lang und lockig.
Sie reichte Lily die Hand und stellte sich vor. „Nancy Savage.“
„Lily Evans.“, sagte Lily etwas schüchtern, doch Nancy schien genau so nett wie ihre kleine Schwester.
Alice und ihre Schwester begrüßten auch Lilys Eltern und Petunia. Petunia ignorierte sie allerdings völlig und stellte sich nicht vor.
„Tut mir Leid, sie ist in letzter Zeit etwas schwierig.“, entschuldigte sich Mr. Evans für seine Tochter und warf Petunia einen zornigen Blick zu.
„Wo sind deine Eltern?“, fragte Lily Alice.
„Sie müssen arbeiten. Sie arbeiten beide im Ministerium und Mom hat uns auf dem Weg zur Arbeit nur hier abgesetzt.“, erklärte Alice.
„Tut mir Leid.“, sagte Nancy nun. „Aber wir sollten langsam zum Gleis. Der Zug fährt in 10 Minuten.“
Nancy schob ihren Gepäckwagen los und alle anderen folgten ihr gespannt.
„Ihr müsst einfach durch die Absperrung zwischen Gleis 9 und 10 durchlaufen.“, erklärte Nancy ihnen. „Passt nur auf, dass die Muggel euch nicht sehen.“
Nancy ging schnellen Schrittes auf die Absperrung zwischen den Gleisen zu und Alice folgte ihr. Lily war sich sicher, dass sie gleich dagegen knallen würden, doch in dem Moment als sie die von der Absperrung abprallen müssten, waren sie verschwunden.
Lily schluckte. Was wenn das magische Tor sie nicht durchlassen würde? Sie verdrängte ihre panischen Gedanken und sah ihr Mutter an, die ziemlich verblüfft dreinblickte.
„Los Lily, wir müssen uns beeilen.“, sagte sie.
Lily rannte los und sah die Absperrung immer näher kommen. Sie befürchtete schon einen unsanften Aufprall und schloss die Augen. Plötzlich sagte Alice neben ihr: „Du kannst die Augen wieder aufmachen Lily.“
Lily öffnete ihre Augen und sah in Alices lächelndes Gesicht. Lily entdeckte hinter Alice eine scharlachrote Dampflok, deren Waggons voller Menschen waren. Die Lok blies Dampf über die schnatternde Menge hinweg. Durch das Geschnatter der Wartenden und das Kratzen der schweren Koffer schrieen sich einige Eulen etwas mürrisch an.
Lily drehte sich um und blickte in die großen Augen ihrer Eltern. Mr. Evans hatte Petunias Arm gepackt. Offenbar hatte er sie durch das magische Tor mitgezogen.
„Wir bringen unsere Koffer dann mal in den Zug.“, sagte Alice und verschwand zwischen einigen Eltern, die sich von ihren Kindern verabschiedeten.
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