von |Tonks <3|
15. Der Sprechende Hut
Lily versuchte den riesigen Kloß in ihrem Hals hinunter zu schlucken, doch sie wurde ihn nicht los. Sie sah Alice an, die direkt neben ihr stand. Sie war leichenblass und hatte ihre Hände auf ihren Bauch gelegt. Offenbar war ihr ebenfalls speiübel.
Lily wollte Alice fragen, ob sie wüsste, was jetzt als nächstes geschah, doch sie brachte keinen Laut hervor.
Lily blickte sich nach Severus um. Sie konnte ihn zwischen den ganzen anderen Kindern, die alle mit ihr in dieser kleinen Kammer warteten, nicht entdecken.
Die Tür öffnete sich wieder und Professor McGonagall stand vor ihnen.
„Folgt mir. Geordnet und in einer Reihe.“, wies sie sie an. Sie drehte sich um und ging los. Die Erstklässler folgten ihr schüchtern. Lily reihte sich hinter Alice ein, die ihre Hände immer noch auf ihren Bauch presste.
Professor McGonagall führte sie wieder hinaus in die Eingangshalle und durch eine riesige Doppeltür.
Alice drehte sich zu ihr um und flüsterte: „Das ist die Große Halle. Die ganzen anderen Schüler sind schon hier.“
Beim Anblick der Großen Halle verschlug es Lily fast die Sprache. Diese riesige Halle strahlte so viel Magie aus, dass sie fast greifbar schien. Die wundervolle und ausgelassene Atmosphäre strömte auf Lily ein und sie vergaß für einen Moment ihre Angst vor dem Kommenden.
Die anderen Schüler saßen an vier langen Tischen und verfolgten die Erstklässler aufmerksam mit ihren Blicken. Die Tische waren mit goldenen Tellern und Kelchen gedeckt und über ihnen schwebten tausende Kerzen.
Im Vorbeilaufen entdeckte Lily eine perlweiße und fast durchsichtige Gestalt, die zwischen zwei Schülern an einem der Tische saß. Lilys Mund klappte auf – dort saß ein Geist! Severus hatte ihr zwar schon von Geistern und allerlei anderen magischen Geschöpfen erzählt, doch trotzdem war es ein unerwarteter und überraschender Anblick gewesen.
„Sieh mal Lily!“, sagte Alice und deutete nach oben an die Decke der Großen Halle.
Lily hatte gedacht die Geister wären ungewöhnlich, doch das, was sie jetzt sah, übertraf wirklich alles. Anstatt der Decke der Großen Halle, erblickte sie einen mit Sternen übersäten Nachthimmel.
Sie brachte nur ein „Wow“, angesichts dieses überwältigenden Anblicks hervor.
„Nancy hat mir davon erzählt.“, sagte Alice, die ebenfalls mit offenem Mund zur Decke blickte. „Die Decke ist so verzaubert, dass sie wie der Himmel draußen aussieht.“
Am anderen Ende der Halle stand noch ein langer Tisch, an dem offenbar die Lehrer saßen. Professor McGonagall wies sie an, sich so aufzustellen, dass sie mit den Rücken zu den Lehrern in einer Reihe vor den anderen Schülern standen.
Alle Schüler hatten ihre Gesichter zu ihnen gewandt und starrten sie an. Nun entdeckte Lily noch mehr Geister. Einige schwebten sogar über den Köpfen der Schülermasse umher.
Nun stellte Professor McGonagall einen Stuhl vor die Erstklässler, der zu den Schülern gerichtet war. Auf dem Stuhl lag ein Spitzhut, der schon ziemlich mitgenommen aussah, weil er schon an einigen Stellen geflickt worden war.
Allmählich verstummte das tosende Gemurmel der Schüler und alle richteten ihre Blicke auf den alten Hut.
Auch Lily blickte den Hut abwartend an, gespannt darauf, was jetzt passieren würde.
Plötzlich begann der Hut zu wackeln und nahe der Krempe tat sich ein Riss auf, der die Größe eines Mundes hatte.
Der Hut räusperte sich und begann zu singen.
Der Sprechende Hut sang von den vier Häusern Hogwarts, und davon, dass es seine jährliche Aufgabe sei, die Erstklässler in die Häuser aufzuteilen.
Sobald das Lied zu Ende und der Hut verstummt war, begannen die Schüler ihm Beifall zu klatschen und der Hut verneigte sich.
Professor McGonagall stellte sich vor sie. „Wenn ich euren Namen aufrufe, setzt ihr euch auf den Stuhl und setzt euch den Hut auf.“
Sie entrollte eine lange Pergamentrolle und las den ersten Namen laut vor.
„Avery, Carl!“
Ein schmächtiger Junge mit schmalem Gesicht und dunkelbraunem Haar trat vor. Mit leicht zitternden Händen nahm er den Hut, setzte ihn auf, und ließ sich auf dem Stuhl nieder.
Der Hut schien kurz zu überlegen und rief dann: „SLYTHERIN!“
Der Tisch ganz rechts begann zu jubeln und zu klatschen. Carl Avery legte den Hut zurück auf den Stuhl und setzte sich an den Slytherintisch, über dem das Wappen des Hauses Slytherin, eine silberne Schlange auf grünem Grund, hing.
Nun schoss Lily wieder durch den Kopf, was Alice ihr über Slytherin erzählt hatte. Dort hin wollte sie auf keinen Fall.
Doch nun wurde schon der nächste Schüler aufgerufen.
„Black, Bellatrix!”, rief Professor McGonagall.
Ein Mädchen mit dichtem, glänzend schwarzem Haar und dunkel umschatteten Augen, trat vor.“
Sie ließ sich elegant auf dem Stuhl nieder und setzte den Hut auf. Sobald der Hut ihr schwarzes, langes Haar berührt hatte, rief er: „SLYTHERIN!“
Bellatrix stand auf und setzte sich mit einem hochmütigen Gesichtsausdruck neben Avery.
„Black, Sirius!“, war als nächster an der Reihe. Es war der Junge, der Severus nass gespritzt hatte.
Sein Gesichtsausdruck war verbissen, als er sich den Hut aufsetze. Bei ihm überlegte der Hut einige Zeit, doch schließlich rief er: „GRYFFINDOR!“
Sirius strahlte übers ganze Gesicht und setzte sich an den Tisch ganz links. Über diesem hing das Wappen von Gryffindor: Ein goldener Löwe auf rotem Grund. Lily erinnerte sich daran, dass seine ganze Familie in Slytherin war. Auch Sirius wollte nicht nach Slytherin und nun war er nach Gryffindor gekommen …
„Catchlove, Greta!“
Ein dickes Mädchen, mit blondem, schulterlangem Haar wurde schließlich die erste Ravenclaw. Diesmal applaudierte der zweite Tisch von rechts, über dem ein blaues Wappen, auf dem ein bronzener Adler abgebildet war, hing.
„Chambers, Ashley!“, wurde die erste Hufflepuff, woraufhin der zweite Tisch von links begann zu johlen und zu klatschen. Das Wappen über diesem Tisch war gelb mit einem schwarzen Dachs.
„Davies, Heather!“, kam ebenfalls nach Hufflepuff.
„Evans, Lily!“, sagte Professor McGonagall nun und Lily hatte das Gefühl, ihr Herz würde stehen bleiben.
Alice nickte ihr aufmunternd zu und Lily ging mit zittrigen Beinen nach vorne. Professor McGonagall stand neben ihr und hielt den Sprechenden Hut in der rechten, und ihre Pergamentrolle in der linken Hand.
Aller Augen waren auf sie gerichtet und Lily spürte wie ihr Gesicht ganz heiß wurde. Sie setzte sich auf den wackligen Stuhl und Professor McGonagall setzte den Hut auf ihren Kopf. Lily konnte noch ein dumpfes Murmeln in ihrem Ohr hören, doch schon in der nächsten Sekunde brüllte der Hut: „GRYFFINDOR!“
Erleichtert nahm Lily den Hut ab und gab ihn Professor McGonagall zurück. Sie eilte zu den jubelnden Gryffindors, doch unterwegs blickte sie sich noch einmal um. Sie blickte auf Severus, der einen gequälten Gesichtsausdruck hatte und lächelte traurig. Sie wusste, dass Severus nach Slytherin kommen wollte und sie hatte irgendwie das Gefühl, dass sich sein Wunsch erfüllen würde.
Dann sah sie zu Sirius, der aufgerückt war um ihr Platz zu machen. Lily erinnerte sich an Sirius Verhalten im Zug und auf dem Schwarzen See, verschränkte die Arme und kehrte ihm entschieden den Rücken zu.
„Gudgeon, Davey!“ kam nach Hufflepuff, „Johnson, Grace!“ nach Gryffindor und „Jugson, Elaine!“ wurde eine Slytherin.
Die zwei Jungen, die mit Sirius und James in einem Abteil gewesen waren, kamen ebenfalls nach Gryffindor.
Als „Potter, James!“ aufgerufen wurde, betete Lily noch, dass er nicht nach Gryffindor kommen würde, doch sobald der Sprechende Hut, sein schwarzes, zerzaustes Haar berührt hatte, rief er: „Gryffindor!“, und James setzte sich gegenüber von Lily und Sirius. Lily blickte James gerade abfällig an, als Professor McGonagall „Savage, Alice!“ rief.
Lily beobachtete wie Alice den Sprechenden Hut aufsetzte und hoffte, dass sie nach Gryffindor kommen würde.
Als der Hut nach einiger Zeit „GRYFFINDOR!“ rief, fiel Lily ein riesiger Stein vom Herzen. Die strahlende Alice rannte zu Lily und die beiden Freundinnen umarmten sich.
„Snape, Severus!“ Severus trat vor und Professor McGonagall setzte ihm den Hut auf den Kopf. Lily knetete ihre Hände und hoffte, dass Severus nach Gryffindor kommen würde. Sie hörte Sirius und James lachen und warf den beiden einen missbilligenden Blick zu.
„SLYTHERIN!“, rief der Hut plötzlich. Der Slytherintisch jubelte und Severus setzte sich zu ihnen. Lily blickte ihm traurig hinterher.
„Da haben wir ja noch mal Glück gehabt!“, meinte Sirius. James blickte ihn verblüfft an. „Du hast doch nicht etwa geglaubt, dass der olle Schniefelus auch nur annähernd das Zeug zu einem Gryffindor hat?“
Die beiden lachten laut.
Nachdem „Zeller, Henry!“ zu einem Ravenclaw geworden war, rollte Professor McGonagall ihr Pergament zusammen und trug den Sprechenden Hut fort.
„Gibt’s jetzt endlich Essen?“, fragte Sirius hoffnungsvoll in die Runde. Doch die goldenen Teller bleiben vorerst leer, denn nun war Albus Dumbledore aufgestanden.
Er war ein alter, großer und dünner Mann mit silbernen Haaren und einem sehr langen, silbernen Vollbart. Seine freundlichen Augen blickten hinter seinen halbmondförmigen Brillengläsern in die Menge.
„Herzlich Willkommen, Erstklässler!“, rief er. „Herzlich Willkommen zurück, alle anderen!
An dieser Stelle habe ich nur noch eins zu sagen: Lasst es euch schmecken!“
Er setzte sich zurück auf seinen Stuhl, der in der Mitte des Lehrertisches stand.
Alle klatschten und jubelten. Auch Lily musste unwillkürlich lächeln.
„Hascht du denn keinen Hunger, Lily?“, fragte Alice mit vollem Mund.
Lily sah den Tisch entlang und bemerkte, dass sich die Platten auf dem Tisch plötzlich mit Unmengen von Essen gefüllt hatten.
Es gab Roastbeef, Brathähnchen, Schweine- und Lammkoteletts, Würste, Schinken, Steaks, Pellkartoffeln, Bratkartoffeln, Pommes, Pudding, Erbsen, Karotten, Tomatenketchup und, was Lily schmunzeln ließ, Pfefferminzbonbons.
Bei dem Anblick des ganzen Essens bemerkte Lily erst, welch großen Hunger sie hatte.
Lily lud sich den Teller mit fast allem voll, was in ihrer Reichweite stand. Auf Pfefferminzbonbons wollte sie verzichten.
Bevor sie anfing sich an ihre riesige Portion zu machen, sah sie noch einmal zu Severus am Slytherintisch. Er schob sich gerade ein großes Stück Kartoffel in den Mund und unterhielt sich mit einigen seiner Hausgefährten.
Lily seufzte doch sie nahm sich vor sich ihren ersten Tag in Hogwarts, nicht von trüben Gedanken kaputt machen zu lassen. Nur weil sie und Severus in verschiedene Häuser gesteckt worden sind, hieß das ja nicht, dass sie keine Freunde mehr sein konnten …
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