von BlackAunty
Amycus Carrow saß gemütlich in seiner kleinen Hütte am Kamin und trank eine Tasse grünen Tee, während er den Tagespropheten las. Dort stand in großer Schrift „Der dunkle Lord ist verschwunden“. Amycus hatte schon davon gehört und er wusste nicht so recht, wie er darüber denken sollte. Plötzlich wurde die Ruhe im Raum von einem lauten Klopfgeräusch unterbrochen. Jemand stand vor seiner Tür. Langsam stand Amycus auf und drückte die Klinke herunter. Er zog die Tür auf und erkannte seine Schwester Alecto draußen im strömenden Regen. Sie sah ziemlich mitgenommen aus, es musste etwas passiert sein…
Woher kommst du, kleine Schwester,
mit der Last auf deinen Schultern,
mit so angestrengtem Lachen,
in den Augen so viel Grau?
Alecto näherte sich zögerlich ihrem erstaunten großen Bruder und klammerte sich verstört an Amycus Hand. Sie sah ihn mit Tränen in den großen hellbraunen Augen an und schluchzte etwas Unverständliches…
Woher kommst du, kleine Schwester,
mit so dĂĽnnen kalten Fingern
und dem Zittern in der Stimme,
wie bei einer alten Frau?
„Komm zuerst mal mit rein…“, sagte Amycus mit sanfter Stimme, was normalerweise gar nicht seine Art war. Er wollte nicht mehr länger im Regen stehen und zog seine kleine Schwester mit sich in die warme helle Wohnung.
Komm zu mir kleine Schwester.
Ich bringe dich ins Licht kleine Schwester.
Komm her zu mir ins Licht. Es verbrennt dich nicht.
Jetzt konnte sie ihm alles in Ruhe erzählen. Amycus fragte sich, was ihr wohl passiert sein musste. Wenn etwas die sonst so starke Alecto dermaßen kaputt machen konnte, musste es sich schon um etwas Schlimmes handeln. Er legte tröstend den Arm um sie und fragte:
„Alecto, was ist passiert?“
Was verbirgst du, kleine Schwester?
Niemand hört die stummen Schreie.
Niemand sieht dich leise weinen.
Du hast keine Tränen mehr.
Als Alecto schwieg und nur leise in seinen grünen Pullover schluchzte, strich Amycus ihr beruhigend über den Rücken. Plötzlich konnte er einen Blick auf ihren nackten Arm erhaschen und erstarrte. Da waren zwei tiefe blutende Schnitte zu sehen…
Er nahm sie an den Schultern, schĂĽttelte sie fest und schrie sie fast an:
„Alecto, was zur Hölle ist mit dir passiert!?“
Was verbirgst du, kleine Schwester?
Welches Werkzeug riss die Wunden?
Was ist in dich eingedrungen?
Du bist so hilflos, still und leer?
Nach einer halben Ewigkeit begann Alecto dann stammelnd und schluchzend zu erzählen:
„Mulciber und i-ich…Wir ha-haben den verschwundenen dunklen Lord gesucht…Aber jetzt…jetzt ist alles aus…sie…sie haben ihn gefangen…er hatte keine Chance…e-es ist so ungerecht…Mulciber sitzt nun für immer in A-azkaban…u-und ich konnte entkommen… ganz knapp…die Wunden am Arm…das war e-ein Auror…“
Amycus konnte nicht glauben, was er eben gehört hatte. Sie hatten Alectos Verlobten gefangen genommen? Er konnte sich nicht vorstellen, dass jemand den sonst so unbesiegbaren Mulciber erledigen konnte. Wenn es schon so weit gekommen war, war es Kategorie Todesmutig, noch länger der Gemeinschaft der Todesser anzugehören… Amycus traf eine folgenschwere Entscheidung. Er packte die weinende Alecto abermals an den Schultern, sah ihr ernst in die Augen und sagte:
„Alecto, wir sind ab heute keine Todesser mehr. Wir müssen rüber, wir müssen ins Licht, auf die gute und sichere Seite.“
Komm zu mir (ins Licht) kleine Schwester...
Ich bringe dich ins Licht kleine Schwester.
Komm her zu mir ins Licht. Es verbrennt dich nicht.
„NEIN!“, schrie Alecto und riss sich von ihrem Bruder los, „niemals! Niemals werde ich zur guten Seite überwechseln! Ich bin doch keine Verräterin des dunklen Lords! Was ist nur in dich gefahren, Amycus?“
Dann ging sie mit schnellen Schritten zur TĂĽr und murmelte noch etwas wie:
„Das werden sie alle büßen…“
Amycus lief ihr hinterher und konnte sie in der TĂĽr noch einholen. Er griff sich ihren Arm und riss sie gewaltsam zu sich herum. Als er in ihre zornfunkelnden Augen sah, meinte er:
„Du willst Mulciber rächen, oder?“
Wohin gehst du, kleine Schwester?
Wonach hungert deine Seele?
Nach Vergessen oder Rache?
Nach Vergeltung ohne Plan?
In ihrem Blick konnte er klar die Bestätigung seiner Aussage erkennen. Er sah seine Schwester besorgt an und erwiderte:
„Alecto, nein…das solltest du lassen…Was ist, wenn sie dich auch noch gefangen nehmen?“
Sie erwiderte nichts und änderte ihren Blick nicht. Amycus fuhr leise fort:
„Es ist zu riskant…allein schon Todesser zu sein, ist in diesen Zeiten schon zu gefährlich. Wir sollten auf die sichere Seite wechseln. Das hat nichts mit Verrat zu tun. Der dunkle Lord ist gegangen und er wird nicht mehr zurückkommen.“
Komm zu mir (ins Licht) kleine Schwester...
Ich bringe dich ins Licht kleine Schwester.
Komm her zu mir ins Licht. Es verbrennt dich nicht.
Alecto war wütend auf ihren Bruder aber sie wusste tief in ihrem Inneren, dass der dunkle Lord für immer verschwunden war. Sie hasste sich selbst, dass sie es nicht geschafft hatte, Mulciber von der Suche nach dem Lord, der wahrscheinlich tot war, abzuhalten. Der dunkle Lord war an allem ihrem Unglück schuld. Er hatte alles zerstört, er hatte alle seine Todesser verlassen und sie den Auroren ausgeliefert. Sie begann ihn zu hassen und schwor sich, von nun an zu der anderen Seite zu gehören. Sie lächelte ihren Bruder schwach an und sagte:
„Ich glaube, du hast Recht, Amycus.“
Das war der Tag, an dem die Carrows die Seite wechselten und ins Licht traten…
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