
von *~Sonnenwind~*
Kapitel 13: Mehr, als Worte je ausdrücken könnten
Schon am nächsten Tag wurden Lily und James aus dem Krankenflügel entlassen. Sie gingen Hand in Hand zum Frühstück, was bei vielen Schülern erstaunte Blicke und bei einigen Mädchen sogar eifersüchtige Blicke hervorrief. Doch die beiden kümmerten sich nicht darum, sondern setzten sich an den Gryffindortisch, um zu frühstücken. Die restlichen Rumtreiber und Anna saßen schon da und warteten auf sie. Lily wurde mit einer stürmischen Umarmung von ihrer besten Freundin begrüßt, während James mit freundschaftlichen Schulterklopfern empfangen wurde.
In der ersten Stunde hatten sie alle zusammen Zaubertränke und Lily setzte sich neben James. Den Trank, den sie heute herstellen sollten, war wirklich schwierig. Lily, wie immer klasse in diesem Fach, hatte überhaupt keine Probleme damit, doch James, obwohl sonst auch nicht gerade schlecht, war fast am Verzweifeln. Sein Trank hatte eine Färbung, die dauernd von giftgrün auf pink wechselte und umgekehrt. Bei Lily sah der Trank wie vorgegeben blutrot aus. Er sollte bewirken, dass Vampire diesen Trank als Ersatz für menschliches Blut trinken könnten, damit auch sie wieder gesellschaftsfähig wären.
„Lily, hilf mir! Ich hab das Gefühl mein Trank fliegt mir gleich um die Ohren“
Lily lachte, erstarrte aber sofort, als sie das Gebräu von ihm sah.
„Was hast du da rein getan?“, fragte sie entsetzt.
„Ähm … das was im Rezept steht“, murmelte er verlegen. Lily nahm seinen Schöpflöffel und besah sich die nun auch übel riechende Substanz genauer, dann streute sie irgendein Pulver, dass sie zuvor gemahlen hatte hinein und tat noch ein in Feenstaub eingelegtes Käferauge hinzu. Augenblicklich nahm der Trank eine hellrote Färbung an. Zum Schluss führte sie den letzten Schritt des Rezeptes aus und gab 7 Tropfen Drachenblut hinein. Er war nicht ganz so gelungen wie der von Lily, da sie einiges hatte retten müssen, doch man konnte ihn durchaus als gelungen bezeichnen. Gerade als sie sich wieder ihrem eigenen Trank zuwandte tauchte Slughorn auf und begutachtete ihre Tränke.
„Sehr gut, sehr gut! Von ihnen habe ich ja auch nichts anderes erwartet als Perfektion, Miss Evans. Aber dass auch sie, Mr. Potter einen tadellosen Trank zustande gebracht haben erstaunt und erfreut mich. Sie sollten öfter neben Miss Evans sitzen. Sie scheint eine besondere Aura zu haben, die jedem an ihrem Talent teilhaben lässt.“, lächelte er und wackelte weiter zum nächsten Tisch. Die beiden hatten Mühe ihr Lachen zu unterdrücken.
„Wow, danke Lils“. Lily lächelte glücklich. Er hatte sie zum ersten Mal liebevoll ‚Lils’ genannt. Nicht Evans und auch nicht nur schlicht Lily, nein Lils!
In ihrer nächsten Stunde, Verwandlung, erklärte ihnen Professor McGonnagal was ein Animagus ist. Da es eine reine Theoriestunde war, war es für die meisten Schüler ziemlich langweilig, allen voran den Rumtreibern, da sie sich damit bereits auseinander gesetzt hatten, als sie selbst zu Animagi wurden. Nur Lily schrieb eifrig mit und wurde immer nachdenklicher. Auch nach der Stunde war sie noch immer tief in Gedanken versunken.
„Lils, warte doch mal. Was ist denn los? Ich hab dich schon zweimal gerufen!“, rief sie eine Stimme von hinten.
„Was? Oh, James! Tut mir leid, ich hab dich gar nicht gehört“
„Ja, das habe ich gemerkt.“, er lächelte, „also warum so in Gedanken?“
„Naja … wir haben doch gerade über Animagi gesprochen und du bist doch einer. Kannst du mir das vielleicht beibringen?“, fragte sie etwas schüchtern und auch leise, damit kein anderer es mitbekam. James sah sie ziemlich erstaunt an.
„Du willst etwas tun, was gegen das Gesetz ist? Hör mal, das ist nicht nur gegen eine Schulregel, sondern …“ weiter kam er nicht.
„Ja, will ich!“
„Ähm … ja wenn das so ist.“ Er fuhr sich mit einer Hand durchs Haar, wie er es immer tat, wenn er nervös war.
„Bitte James“
„Ok! In den Weihnachtsferien bringe ich es dir bei, wenn du dann zu mir kommen willst. Also zu mir nach Hause“, er grinste verlegen, er konnte ihr einfach nichts abschlagen.
„Hätte ich mir ja denken können, dass du auf eine Gelegenheit wartest, bei der du mich zu dir nach Hause einladen kannst“, sie musste lachen, „Aber ok. Ich komme gerne. Wäre ich aber auch, wenn du mir nicht zeigen würdest, wie man Animagi wird“
James konnte nicht anders, als sie hier und jetzt zu küssen. Sie sah zu süß aus, wie sie sich verlegen eine Haarsträhne hinters Ohr schob und scheu lächelte. Die Schüler um sie herum stießen bewundernde Pfiffe aus, doch das war den beiden im Moment egal.
Als sie sich wieder lösten, waren sie alleine auf dem Gang.
„Mist wir kommen zu spät zu Zauberkunst“, sagte Lily und beide spurteten los zum nächsten Klassenzimmer.
So vergingen die Tage bis zum Hogsmead-Wochenende, ihrem ersten offiziellen Date. Sie verbrachten eine Weile zusammen mit ihren Freunden in den drei Besen, bis es Lily nicht mehr aushielt. Das war immerhin ihr Date, das wollte sie mit James alleine verbringen. Also zog sie ihn kurzer Hand aus dem Pub hinaus ins Freie.
„Woa, Lily. Was ist denn los?“
„Ich wollte mit dir alleine sein“ sagte sie und um jeden Widerspruch sofort im Keim zu ersticken küsste sie ihn. Aber das wäre nicht nötig gewesen, denn auch James wollte diesen Tag nur mit ihr genießen. Also zogen sie sich in den Wald zurück, wo sie einen kleinen Bach fanden, an dem sie sich auf einem Baumstamm niederlassen konnten. Viel reden konnten sie nicht, denn ihre Lippen waren die meiste Zeit mit denen des jeweils anderen verschlossen. Aber sie brauchten auch nicht reden, Blicke und Taten konnten doch soviel mehr sagen, als Worte.
Es dämmerte schon, doch sie machten keine Anstalten zu gehen.
„Ist dir kalt, Lils?“, hauchte James dicht neben ihrem Ohr. Es war ein warmer Tag gewesen, dafür dass es November war und so hatten sie keine Jacken mitgenommen. Doch nun in der Dämmerung wurde es kühl.
„Hm …“, war alles was Lily zustande bekam. Ihre Nackenhärchen hatten sich bei James gehauchten Worten aufgestellt und sie durchliefen wohlig warme Schauer.
James zog sich seinen Umhang aus und legte ihn Lily um die Schultern.
So saßen sie noch eine Weile eng aneinander gekuschelt, jeweils die Nähe des anderen genießend. Noch immer sprachen sie nicht. Worte hätten nur diese wundervolle und irgendwie magische Atmosphäre zerstört. Worte hätte eh nie auch nur ansatzweise ausdrücken können, was Lily und James fühlten. Es widersetzte sich einfach jeder Beschreibung, wurde ungreifbar.
Noch einige Zeit saßen sie dort und beobachteten das Farbenspiel, dass die untergehende Sonne im Blätterwerk, der Bäume veranstaltete. Eingehüllt in blutendes Licht, erhoben sie sich langsam. Sie mussten sich nicht absprechen, sie wussten beide, dass es an der Zeit war zurückzukehren. Sie waren noch immer ein wenig benommen von der Macht, die sie in sich gefühlt hatten. Ihnen wurde bewusst, dass Dumbledore immer Recht gehabt hatte, als er sagte, dass Liebe die größte Macht war, die ein Mensch besaß. Sie verstanden nicht wieso und warum, aber das brauchten sie nicht. Sie lächelten einander an und machten sich weiterhin schweigend auf den Weg zurück nach Hogwarts. Reden würden sie bald genug wieder müssen und es tat beiden gut, einfach nichts zu sagen und doch soviel auszudrücken, was Worte nicht vermochten.
James war beeindruckt. Wortlos hatte er sich bisher nur mit den anderen drei Marauders verstanden, doch dass hier war etwas anderes. Es war irgendwie intensiver! Wenn sie sich in die Augen sahen, wussten sie was der andere dachte. Da waren keine Zweifel, nur Verstehen, Vertrauen und Liebe.
Zurück im Schloss war ihr Erlebnis nicht mehr als eine Erinnerung. Sie wussten, dass sie es nie wiederholen könnten, denn es war einzigartig. Doch ihnen war bewusst, dass ähnliche Situationen folgen könnten, man konnte sie nur nicht erzwingen. Sie würden, wie auch heute, jede Sekunde genießen, sollten sie noch einmal so gefangen sein, gefangen von sich selbst und vom jeweils anderen.
„Da seid ihr ja endlich!“, rief eine Stimme, kaum hatten sie den Gemeinschaftsraum der Gryffindors betreten.
„Anna, ja wir haben die Zeit vergessen.“, entschuldigte sich Lily bei ihrer besten Freundin.
Diese musterte die beiden neugierig. Sie waren eindeutig verändert.
„Naja, schon ok. Wir haben uns nur Sorgen gemacht.“
„Du meinst, du allein hast dir Sorgen gemacht! Ich hab dir gleich gesagt, dass alles ok ist“, mischte sich nun auch Sirius ein, der lässig über einer Sessellehne hing.
Alle lachten.
„Naja, Lily und ich gehen dann mal hoch in den Schlafsaal“, sagte Anna in einem Tonfall, der bei keinem der drei einen Widerspruch duldete.
Oben angekommen, platzte Anna fast vor Neugierde.
„Erzähl! Was ist passiert? Ihr beide wirkt so verändert! Ihr habt doch nicht etwa schon …“
„Wo denkst du hin? Natürlich nicht, dafür ist es ja wohl noch etwas früh! Wir waren im Wald, bei so einem kleinen Bach und haben es einfach genossen uns zu haben“, meinte Lily verlegen.
„Ach so. warum bist du dann so glücklich? Ihr seht beide aus, als hättet ihr beide höhere Sphären erreicht“ Anna grinste.
„Naja, vielleicht stimmt das auch. Ich weiß nicht so genau.“ Lily runzelte die Stirn. „Das ist nicht so einfach zu erklären. Es gibt einfach keine Worte dafür. Es war der pure Wahnsinn, die blanke Magie und … ach ich weiß nicht.“, schloss Lily resignierend.
„Ich verstehe schon“, sagte ihre Freundin lächelnd.
Auch im Jungenschlafsaal fand James keine passende Erklärung, um seinem besten Freund den Abend mit Lily zu beschreiben. Und doch verstand auch Sirius. James war nicht umsonst sein Bruder. Sie mochten nicht vom selben Blut sein, doch sie waren Brüder im Geiste und nur das zählte.
Allein in seinem Büro stand Dumbledore, lächelnd und seinen Phönix Fawkes streichelnd, am Fenster. Es gab nichts, was ihm entging, wenn es um das Schloss und seine Bewohner ging. An diesem Abend hatte er die Macht, die aus dem Wald kam, wie warme pulsierende Wellen gespürt. Zuerst war er in Sorge gewesen, dass sich etwas Dunkles anbahnte, doch als er sich stärker darauf konzentriert hatte, hatte er die Liebe gespürt und wusste, es hatten sich zwei gefunden, die zusammen gehörten. Er hatte feine Sinne in dieser Hinsicht. Er war überzeugt, wenn es mehr solcher Liebe geben würde, wäre das Ende Voldemorts Schreckensherrschaft schon bald sehr nah. Fawkes ließ ein wunderschönes Lied erklingen, das zustimmend klang, als hätte er seinen alten Freund verstanden. Dumbledore war für Fawkes kein Besitzer, er war ein Freund und Fawkes würde ihm treu sein, bis zum letzten.
An diesem Abend und in dieser Nacht waren Worte unnötig geworden. Sie hatten keine Bedeutung, nicht für die die Liebe fühlen konnten.
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