von Mrs. Granger
Die Stimmung in der großen Halle war wesentlich gelöster, als bei der Zeremonie. Am Nachmittag hatten sie sich alle auf den Ländereien aufgehalten, Harry hatte sich mit der Presse unterhalten und Ron, Ginny und Hermine hatten sich an den großen See gesetzt, um dem Riesenkraken beim Schwimmen zu zu sehen. Die Sonne schien hell und von dem schlechten Wetter des vorherigen Tages war nichts zu sehen. Während Ginny und Hermine angeregt in Erinnerungen an ihre Schulzeit schwelgten, war Ron schweigsam. Hermine hatte oft darüber nachgedacht, was in Ron vorging, wenn er so still war. War es ihm peinlich, dass er geweint hatte? Oder war er immer noch so getroffen vom Tod seines Bruders? Hermine hatte keinen ruhigen Moment gefunden um ihn zu fragen und so saßen sie jetzt an den verschiedenen Haustischen zwischen die Schüler gedrängt und aßen. Hermine betrachtete die kleinen Griffindors. Ein Mädchen unterhielt sich angeregt mit mehreren Jungs. „Ihr seid doch wirklich komplett bescheuert. Man kann nicht in die Mauern von Hogwarts apparieren und raus auch nicht. Deshalb sind die alle durchs Tor gekommen. Hat denn keiner von euch eine Geschichte von Hogwarts gelesen?“ Hermine verschluckte sich an ihrem Hähnchenschenkel, Harry trat sein Kürbissaft aus der Nase hervor und Rons Kopf lief magentarot an als er kraftvoll versuchte nicht den Inhalt seines viel zu vollen Mundes zu entleeren. „Schön zu wissen, dass diese Leute nicht aussterben.“, sagte Harry und grinste. „Meinst du die Klugscheißer?“, mampfte Ron. Hermine trat ihm unterm Tisch auf den Fuß. „Nein, die die eine Geschichte von Hogwarts lesen.“, gab sie zurück und schenkte dem Mädchen ein Lächeln. „Ronald, du hast keine Sinn für Bildung.“ „Ach ja Hermine, wer ist denn der, der dir beigebracht hat…“ Ron stammelte vor sich hin. Hermine zog die Augenbrauen hoch. „Ja bitte, Ronald?“ „Zaubererschach. Ich hab dir Zaubererschach beigebracht.“ Hermine schüttelte den Kopf und Harry kicherte. „Ihr seid immer noch die gleichen Kinder, die ihr schon im ersten Jahr wart.“ In diesem Moment drängte sich Ginny neben Harry. „Wer ist im ersten Jahr?“ „Hermine und Ron.“ „Ach so, ich dachte es wäre jemand von dem ich nicht wusste, dass sie es sind.“ Nun trat Hermine auf Ginny’s Fuß. „Und sie kabbeln sich heute immer noch wie damals.“ Weder Ron noch Hermine reagierten. Beide wussten, was Ginny meinte. Hermine spürte, wie Ron sie an sah. Sie wandte sich ab.
Nach dem Festmahl zogen sich die Schüler in ihre Schlafsäle zurück. Mit ein paar Schwüngen ihres Zauberstabes hatte Professor McGonagall die großen Haustische zum verschwinden gebracht und sie durch kleinere Tische und eine lange Tafel mit Schnittchen und Getränken ersetzt. Ron, Hermine, Harry und Ginny ließen sich an einem Tisch neben dem der Weasleys nieder und die ganze halle hob ihre Gläser auf die Verstorbenen. Danach steig der Lärmpegel in der Großen Hallen sofort an. Alle unterhielten sich angeregt, über die Arbeit, die Vergangenheit und die Zukunft. Gerade als Hermine sich ein Glas zu trinken holte, tippte ihr von hinten jemand auf die Schulter. „Granger.“ Sie erkannte die kalte Stimme sofort. Hermine wandte sich langsam um. Draco Malfoys Gesicht war markanter geworden und seine Haut hatte noch mehr an Farbe verloren. Hermine hatte ihn schon einmal vor zwei Jahren im Ministerium getroffen. Sie wusste, dass er in einer unbedeutenden Abteilung arbeitete. Und natürlich trieb er sich jedes Jahr aufs neue auf der Trauerfeier herum. „Malfoy.“ Er koexistierte mit ihnen, aber nur weil er während eines Kampfes seine Meinung geändert hatte, wollte niemand von ihnen mit ihm befreundet sein. „Ich hab gehört, du hast deinen Job verloren. Tut mir leid.“ Es klang wirklich, als tue es ihm leid. Einen Moment sagte keiner der beiden ein Wort. Hermine fuhr mit dem Finger genervt über den Rand ihres Glases. Was hatten sie sich schon zu sagen? Doch dann ergriff Draco das Wort. „Ich weiß, ihr freut euch nicht gerade, wenn ihr mich wieder seht. Vor allem nicht hier.“ Er macht eine kurze Pause. „Aber ich will diese Vergangenheit hinter mir lassen. Und ich bitte jedes Jahr aufs neue um Vergebung und…“ „Draco, warum erzählst du mir das alles? Wir wissen alle was damals passiert ist. Ob du nun die Seiten gewechselt hast, weil du wusstest, dass dein Meister fällt oder weil du bemerkt hast, was ihr Todesser alles falsch gemacht habt, weiß ich nicht. Es ist mir auch gleich. Aber seit wann sind wir so gute Freunde, dass du mir dein Herz ausschüttest?“ Hermines Stimme war kalt. Hinter Draco sah sie ihren Tisch. Ron hatte die Hände um die Stuhllehne geklammert und wollte gerade aufstehen, aber Ginny hielt ihn am Arm fest und Harry drückte ihn wieder auf seinen Stuhl. Als Draco wieder die Stimme hob sah sie ihn wieder an. „Ich wollte dir nicht mein Herz ausschütten, Granger. Nicht dir. Ich wollte… wie auch immer. Dieses Jahr ist mein Kommen durch ein anderes Ereignis herbei geführt worden. Dein Rausschmiss, Granger.“ Hermine hatte gerade gehen wollen, als sie ruckartig stehen blieb. „Wie bitte?“ „Ist es nicht merkwürdig, dass du rausgeworfen wirst, weil du angeblich mit den dunkeln Künsten zutun hast? Jemand hat dich angeschwärzt, hat behauptet, du willst eine Hauselfenarmee oder etwas ähnlich lächerliches aufbauen.“ Hermine kochte vor Wut, wenn sie nur über das Thema nachdachte. „Nach eingehender Untersuchung deiner Arbeitsweise bemerken sie, dass alles ein Fehler war. Aber wen können sie schon anschwärzen? Die Untersuchung wurde nach einem anonymen Hinweis gestartet.“ Hermine sah Draco nun in die Augen. Er wusste etwas. „Doch bei der Abschlussuntersuchung deiner Papiere treten einige Ungereimtheiten auf: Was ist das für ein vermeintlicher Elfenabdruck, den die Mitarbeiterin Granger identifiziert haben will? Auf dem Tatortbildern befinden sich doch Menschenabdrücke. Die einer ganz bestimmten Hexe.“ Hermine war sauer. Malfoy hatte seine Hausaufgaben gemacht. Er hatte genug im Ministerium geschnüffelt um ihren ganz großen Fall nun noch einem vor ihr aus zu breiten. Sie wollte gehen, aber Malfoy packte sie am Oberarm. Rons Gesicht wurde rot vor Wut und er sprang erneut auf. „Jemand will dein Leben zerstören, Granger. Erst dein Job, dein Verlobter. Ich wäre vorsichtig, wenn ich du wäre.“ Als Ron keine zwei Meter mehr entfernt war, riss Hermine sich los. Ron kam ihr entgegen und sie schob ihn in Richtung Eingangshalle. „Malfoy, lass die Finger von ihr!“ Draco drehte sich am Buffet zu Ron und Hermine um. Hermine warf ihm einen kalten Blick zu und Ron versuchte sich von ihr los zu reißen. Sie passierten die Eingangshalle und traten ins Freie. Die frische Brise blies Hermine ins Gesicht. Sie atmete tief ein und schloss die Augen. Ron packte sie sanft an den Schultern. „Hat er dir was getan? Wenn er dir was getan hat, schwöre ich bei Merlin, dass ich ihn windelweich…“ „Ron, er hat mir nichts getan. Er ist nur Malfoy. Er hat mir detailliert erzählt, was mir in letzter Zeit alles wiederfahren ist. Wie immer. Er hat mich verspottet.“ Ron hob Hermines Kinn, damit er sie besser ansehen konnte. „Sonst nichts?“, fragte er kritisch. Hermine sah ihn einen Moment an. Was Malfoy zuletzt gesagt hatte, beunruhigte sie. Und sie wurde das Gefühl nicht los, dass er eine ganze Menge mehr über ihr Schicksal wusste, als er im Ministerium erfahren hatte. Was sollte das heißen, ‚Ich wäre vorsichtig, wenn ich du wäre’? „Sonst nichts. Er hat nichts sonst gesagt.“
Es war spät, als sie über die Ländereien zurück in Richtung Schlossportal gingen. Malfoy war direkt nach dem Gespräch mit Hermine verschwunden. Natürlich hatte die kleine Diskussion zwischen ihm und Hermine für einigen Gesprächsstoff gesorgt und speziell die Ehemaligen Griffindors hatten sich zu Hasstriaden gegen Malfoy hinreißen lassen. Hermine zerbrach sich den Kopf über das Gespräch mit Malfoy. Was hatte er nur von ihr gewollt? „Hey, alles in Ordnung?“ Ron lief neben ihr her und sah sie besorgt an. „Es ist nichts, nur ein wenig Kopfschmerzen.“ „Ich mache dir zu Hause einen Tee und dann legst du dich ins Bett.“ Hermine lächelte ihn dankbar an. Vor ihnen liefen Harry und Ginny, Teddy schlief in Harrys Armen. Als das Schlossportal hinter ihnen lag, verabschiedeten sie sich. „Denkt dran, ihr müsst noch einmal zum Essen kommen. Und Hermine und Ginny, ihr kommt vorbei wegen der Hochzeitsplanungen.“, flüsterte Mrs. Weasley und sie und ihr Gatte disapparierten. Auch Fleur und Bill verschwanden nach einem letzten Gruß in der Nacht. „Also, dann wollen wir mal.“, sagte Harry und verschwand. Ginny folgte gleich nach ihm. Hermine und Ron sahen sich an, dann drehten sie sich um die eigene Achse und standen im nächsten Moment vor ihrem Haus. „Wer hat den Schlüssel?“, fragte Harry. Hermine wühlte in ihren Taschen und fand das kalte Metallgebilde. Sie steckte den Schlüssel ins Schloss. Sie drehte ihn und es klackte. Plötzlich schrie jemand hinter ihr. „Hermine, nein! Nicht die Tür öffnen!“ Hermine reagierte zu spät. Sie hatte die Tür bereits aufgestoßen und hatte sich halb zu einem fragenden Blick umgedreht, als die Druckwelle sie von den Füßen warf. Sie spürte heiße Flammen über ihren Körper züngeln. Dann schlug sie auf dem Boden auf und verlor das Bewusstsein.
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