von Kinditem
Did My Time - Korn
Als der Tag langsam zur Neige ging und Fleur noch immer drauĂen im Sandkasten saĂ, wo sie sich von ihrem gemeinsamen Kind erklĂ€ren lieĂ, wie viele unterschiedliche Arten es gab, Sandkuchen zu backen, wurde Bill immer nervöser.
âFleurâŠ? Ihr mĂŒsstet jetzt reingehen, es ist bald dunkelâŠâ
Hinter den watteweichen SchĂ€fchenwolken vom Vormittag bahnten sich die ersten Strahlen des Vollmondes ihren Weg durch die Dunkelheit, waren ihr spĂ€rliches Licht direkt auf die zarten ZĂŒge der schönen Blonden.
âGleisch, Schatz. Wir sind fast fertisch, nur noch einen Augenblick, der Kuchen ist noch nischt ganz fertisch.â
Sie lÀchelte ihn bezaubernd an, sodass er wie jedes Mal beinahe dahin schmolz.
Leicht nickend setzte Bill sich auf die Stufen zur Terrasse und beobachtete seine kleine Familie zufrieden beim Spielen.
âUnd was ist mit der?â, wollte Fleur wissen und tippte eine der Förmchen an, âMagst du mit der nischt spielen, ZoĂ«?â
Das kleine rothaarige MĂ€dchen schĂŒttelte den Kopf.
âNein, mit der geht der Kuchen immer kaputt.â, erklĂ€rte sie ihrer Mutter und klopfte den Sand in dem blauen Förmchen, dass sie in der Hand hielt fest.
Dann stellte sie es umgekehrt auf den Rand des Sandkastens und hob das Förmchen wieder an.
âSchau mal, Daddy!â ihre groĂen Kinderaugen glĂ€nzten âIch hab Kuchen gebacken!â
âSuper gemacht, Maus!â
Bill erhob sich und trat zu ihnen an den Rand des Sandkastens heran.
âDas ist aber ein toller Kuchen, der sieht ja aus wie ein Elefant!â
Begeistert strahlte Zoë ihn an und nickte artig.
âWie ein Elefant, jaha. Aber einer mit ohne StoĂzĂ€hne.â
âAlso wie eine Elefantendame.â, grinste Bill sie an und stockte dann.
âFleur, ihr mĂŒsst rein, so schnell es geht!â
âNoch nicht, DaddyâŠâ, meinte ZoĂ« quengelnd, âEs macht gerade so viel SpaĂ! Nur noch ein bisschenâŠâ
Eigentlich konnte er ihrem bittenden Blick nicht widerstehen, aber diesmal gab es einfach keine andere Wahl.
Bills HĂ€nde verkrampften sich hinter seinem RĂŒcken, als er merkte, wie sich langsam Pranken bildeten und er kniff die ZĂ€hne zusammen um nicht zu schreien.
Fleurs Augen weiteten sich erschrocken, sie ergriff ihre Tochter und lief los Richtung Haus.
Ihr war bewusst in was fĂŒr einer Gefahr sie sich befanden und unter normalen UmstĂ€nden mĂŒsste sie sich auch keine Sorgen machen.
Aber das hier, das war anders.
Ein lautes, schmerzerfĂŒlltes Heulen drang durch den paradiesischen Garten der Kleinfamilie, ehe ein weiteres, nicht minder schreckliches GerĂ€usch folgte.
Beinahe schon bedĂ€chtig schlich ein groĂer Wolf ihnen nach, beschleunigte seine Schritte um ein Vielfaches.
Im fahlen Licht des Mondes verzerrte sich die Mimik des Werwolfes zusehends, wÀhrend er hinter Fleur und ihrer Tochter her jagte.
Diese warf einen panischen Blick ĂŒber die Schulter und setzte ihre Tochter dann ab um ihr einen leicht StoĂ zu geben.
âZoĂ« lauf ins âaus und schlieĂ die TĂŒr âinter dir zu! Schnell!â
Sie vergewisserte sich, dass das kleine MĂ€dchen wirklich ihrer Aufforderung folgte und drehte sich, dann um.
âBill!â
Die Schritte der Bestie wurden langsamer, ein fratzenartiges Grinsen erschien um seine ReiĂzĂ€hne, die in den Mondstrahlen gefĂ€hrlich aufblitzten.
Die junge Frau holte tief Luft, um ihre Angst zu vertreiben und betete, dass Zoë es bis ins Haus schaffte, dann sagte sie mit ruhiger Stimme:
âBill⊠du weiĂt, dass du gegen den Mond ankommen kannst⊠Bill⊠bitteâŠâ
Die Distanz zwischen ihr und dem zĂ€hnefletschenden Wesen schwand immer mehr dahin, wĂ€hrend ZoĂ« die TĂŒr hinter sich verschloss und mit Panik in den Augen zu ihren Eltern sah.
Heute war doch ihr Geburtstag!
Aber leider interessierte sich der Werwolf kein bisschen fĂŒr Feierlichkeiten, ihm war viel mehr nach etwas Fleisch zwischen den ZĂ€hnen.
NÀher und nÀher kam er Fleur, immer bedrohlicher wirkten die gelblichen Augen im Schein des Mondes.
Fleur wich einige Schritte zurĂŒck, doch fĂŒr jeden Schritt den sie nach hinten trat, trat Bill zwei auf sie zu.
âBill! Bill âör mir zu! Du bist keine Bestie! Bill, bitte âör aufâŠâ
Alles Flehen, Bitten und Betteln wurde jĂ€h von einem Aufschrei unerbrochen, als die spitzen ZĂ€hne des Wolfes sich in das zarte Fleisch ihres Armes bohrten, den sie schĂŒtzend vors Gesicht gehoben hatte, als das gewaltige Wesen zum Sprung angesetzt hatte.
Der Werwolf riss Fleur nach hinten um und begrub sie unter sich.
Schreie halten durch die Nacht, wÀhrend die Bestie immer und immer wieder zu biss.
âBill!â, schrie Fleur ein letztes Mal, bis alles Leben aus ihr wich und ihr Körper, blutbesudelt und regungslos auf dem Pflasterweg liegen blieb.
Das Wesen hob den mĂ€chtigen Kopf an und wandte seinen Blick zum schicksalbehafteten Mond, ehe sie laut und blutrĂŒnstig in die friedliche Siedlung hinein heulte.
Langsam setze sie ihre Schritte fort, auf Zoë zu, die vor Angst zitternd hinter der Fensterscheibe kauerte.
Mit jedem Schritt, denn der Werwolf nÀher kam, wuchs ihre Angst .
Sie rappelte sich auf und eilte so schnell sie ihre kleinen Beine trugen die Treppe hinauf in ihr Zimmer.
Mit einem lauten Klirren zerbrach das Glas der Scheiben unten im Wohnzimmer und die massige Gestalt zwĂ€ngte sich mĂŒhsam durch einen Spalt ins Haus hinein, auf der Suche nach noch mehr Opfern.
Schnuppernd hob es die Nase empor und verharrte einen Augenblick, ehe es ein triumphierendes Knurren von sich gab und geschwind die Treppe Stufe um Stufe erklomm.
Sein Weg fĂŒhrte ihn genau in ZoĂ«s Zimmer, einen Augenblick lang verharrte der Wolf an der TĂŒrschwelle und lauschte, dann folgte er dem leisen Schluchzen das aus dem Kleiderschrank drang.
Mit aller Kraft warf er sich gegen die weiĂe HolztĂŒr des MöbelstĂŒcks und ein hĂ€ssliches GerĂ€usch erklang, doch das Holz hielt.
Der Wolf hob die Lefzen an und knurrte verĂ€rgert, dann warf er sich abermals gegen die TĂŒr und diesmal gab sie mit einem lauten krachen nach.
ZoĂ« die in einer Ecke des Schrankes kauerte drĂŒckte ihr Stofftier enger an sich und weinte leise.
Gierig huschten die gelben Augen des Werwolfes ĂŒber ihren zittern Körper, dann stĂŒrzte er sich mit einem Sprung auf sie.
Ein Schrei gellte durch das Haus, der je abbrach und dann war Stille.
Unterbrochen von einigen widerlichen GerĂ€uschen, als sich die Bestie ĂŒber ihr Mahl hermachte.
Doch schon nach wenigen Minuten lies er von dem kleinen MĂ€dchen ab und seine Pranken trugen ihn in das Schlafzimmer in dem normalerweise er zusammen mit Fleur schlief.
Mit einem Satz sprang er auf das Bett, das unter einem Gewicht leise Àchzte und rollte sich darauf zusammen.
Zufrieden mit sich und der Welt, schleckte er sich ĂŒber die Schnauze, ehe er den gewaltigen Kopf auf der Bettdecke bettete und einschlief.
Ruhig schlief er, wĂ€hrend sich drauĂen die Farbe des Himmels verĂ€nderte und anstatt des so verhassten und gefĂŒrchteten Mondes die Sonne ihre FĂŒhler ausstreckte und einen sonnigen, schönen Tag ankĂŒndigte.
Vögel sangen auf den BĂ€umen um die Wette ihre schönsten Lieder und der Werwolf, der die ganze Nacht ĂŒber auf dem Bett geschlafen hatte und darauf Blutspuren hinterlassen hatte, war verschwunden. An seiner Stelle lag nun ein junger, rothaariger, nackter Mann dort mit leicht zernarbten Gesicht.
Die Hand besagten Mannes fuhr schlĂ€frig ĂŒber die freie Bettseite neben ihm, in der Erwartung, dort den Körper seiner Frau oder den seiner kleinen Tochter wieder zu finden.
âFleur?â, murmelte Bill leise.
âBist du schon wach?â
Als er jedoch die geduld verlor, auf Antwort zu warten, quĂ€lte er sich aus dem gemĂŒtlichen Bett des Schlafzimmers, sah sich nach seinen Shorts um und ging dann runter in die KĂŒche.
âFleur? ZoĂ«? Seid ihr im garten frĂŒhstĂŒcken?â
Bei dem Wetter der letzen zeit war dies nÀmlich durchaus möglich.
Und dem lauten Vogelgezwitscher nach zu urteilen, musste auf der Terrasse des groĂen Hauses etwas ganz besonderes stattfinden.
GemĂ€chlich trottete der rothaarige Mann mit den zersausten Haaren auf die GlastĂŒr zu und schob diese gĂ€hnend auf.
Als Bill einen stechenden Schmerz unter seinem FuĂ bemerkte, sah er verwundert nach unten und bemerkte erst jetzt, dass die TerrassentĂŒr beschĂ€digt war.
Davor auf dem Laminatboden des Wohnzimmers lagen Scherben und dazwischen glitzerte etwas rotes.
Einen Augenblick lang sah er auf das ganze verwundert herunter, dann trat er nach drauĂen und musste feststellen, dass der Tisch nicht gedeckt und seine beiden Frauen nicht da zu sein schienen.
âFleur? ZoĂ«?â Verschlafen sah er sich um und bemerkte erst dann den leblosen Körper, der auf dem Gartenweg, kurz vor den Stufen der Terrasse lag.
Ohne zu zögern stĂŒrzte Bill sofort zu seiner Frau, ergriff sie an den Schultern und versuchte verzweifelt, sie wach zu rĂŒtteln.
âFleur! Was ist los? Was ist passiert?â
Einen Sekundenbruchteil lang hielt er inne, als sein Blick auf die unzÀhligen Biss- und Kratzwunden fiel.
Dann, mit einem Mal, sprang er auf und rannte als ginge es um sein Leben wieder ins Innere des Hauses.
Zoë suchen.
Eine Spur aus umgeworfenen MöbelstĂŒcken und getrockneten Blutflecken, welche ihm vorher aufgrund seiner MĂŒdigkeit nicht ins Auge gefallen waren, wiesen ihn auf direkten Weg in das Kinderzimmer seiner kleinen Prinzessin.
Als Bill zaghaft anklopfte, öffnete die nur angelehnt gewesene TĂŒr sich wie von Geisterhand und bot ein ebenso widerliches wie schauderhaftes Bild dar.
Die zertrĂŒmmerte TĂŒr des Kleiderschrankes lag auf dem Boden und aus dem Schrank sahen ihm die weit aufgerissenen, leeren Augen seiner Tochter entgegen.
Ăberall auf ihrer Haut, auf ihren Sachen und auf ihren Haaren war Blut und genauso wie Fleur hatte auch sie unzĂ€hlige Kratz- und Bisswunden.
Vom Schrank weg bis zum Schlafzimmer von Bill und Fleur fĂŒhrten groĂe, blutige PrankenabdrĂŒcke.
Fassungslos starrte er minutenlang auf die Szenerie, ehe er sich in eine Ecke sinken lieĂ, das Gesicht in den HĂ€nden begraben.
âIch hab sie umgebrachtâŠâ, murmelte Bill vor sich hin.
âIch hab sie umgebracht.â
Der anfĂ€nglich leise Satz wurde mit jedem der Male, den er ihn sprach lauter, wĂŒtender, hasserfĂŒllter.
âIch habe sie umgebracht!â
Bis dieser einzige, so bedeutende Satz in einem irren Lachen unterging.
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