von Kinditem
Charlie war gerade dabei, die toten Ratten aus dem KĂĽhlschrank zu holen, um sie an das Drachenbaby zu verfĂĽttern, als es an seiner TĂĽr klopfte.
“Moment, ich muss Suki eben noch fest binden.” Der Drache bekam ein Halsband um und wurde am Stuhlbein festgebunden, ehe Charlie seufzend die Tür öffnete und im ersten Moment verwirrt ins leere starrte, ehe sein Blick aufgrund von lauten Schluchzattacken nach unten glitt.
“Nati! Was ist passiert?!” Er hockte sich zu ihr nieder und schloss seine Freundin in die Arme umsie sanft hin und her zu wiegen.
“Was ist denn los mit dir?”
Er bekam keine Antwort. Nati setzte zwar einige male an ihm zu antworten, doch jedes Mal wurde sie vorher von heftigen Schluchzen ergriffen und nach einigen Versuchen gab sie es auf um sich fest an ihn zu drĂĽcken.
“Okay, ist ja gut… shhht… nicht weinen… ich komm doch mit weinenden Prinzessinnen nicht gut klar..” Sachte hob er sie vom kalten Boden auf und trug Natalia ins Innere seines kleinen Hauses um sie in sein Bett zu legen und sie fest in die Decke zu wickeln.
“Wein dich erstmal aus, ich bin ja da…”
Sie vergrub ihr Gesicht in seinem Hemd und klammerte sich fest an ihn, als hätte sie Angst, dass er einfach gehen könnte.
Während die weiterhin krampfhaft schluchzte, zitterte sie am ganzen Körper und ganze Sturzbäche liefen ihr die Wangen herunter.
“Möchtest du vielleicht Tee haben? Oder sollen wir baden gehen? Willst du noch mehr Decken?” Man merkte Charlie deutlich an ,dass er eigentlich keinerlei Ahnung hatte, wie er mit so einer Situation umgehen sollte.
“Du bleibst jedenfalls erstmal hier, über Nacht, das das schon mal klar ist. Ich lass dich in diesem Zustand hier nicht weg gehen.”
Eine Antwort bekam er von ihr nicht.
Erst als sie sich einiger MaĂźen beruhigt hatte und das Schluchzen nicht mehr krampfhaft war gelang es ihr etwas zu sagen.
“Sie… Sie ist weg..”
“Und wohin ist sie?”
“Tom…”, schluchzte sie wieder etwas lauter und drückte sich erneut fest an ihn.
“Oh verdammt…” Charlie seufzte lautlos und wiegte Nati weiter hin und her.
“Wir holen sie da weg. Warum ist sie denn da?”
“E-er hat sie mitgenommen… Noch an dem Tag, als du gegangen bist u-und dann ist er vor Gericht…”
Ihre Stimme versagte.
“Es gibt aber doch gar keinen Anlass, sie dir weg zu nehmen. Du bist ihre Mutter, du sorgst für Leah und Tom kümmert sich einen Dreck um sie.” Sanft strich er Nati durch die Haare und über den Rücken, drückte sie an sich.
“Er hat gewonnen…”, murmelte sie leise.
“Erstmal hat er gar nicht gewonnen, weil wir Revision einlegen werden, sofern es dafür nicht schon zu spät ist… aber das sollte eigentlich nicht so sein. Es geht ums Kindeswohl und das ist doch bei dir eindeutig gesichert. Immerhin bieten wir ihr eine Familie und Tom kann nichts, hat nichts und sieht nicht mal gut aus.”
Nati schien ihm nicht wirklich zuzuhören.
“Er hat aber gewonnen… ich habe den Prozess verloren…. Ich darf sie nur alle zwei Wochen sehen…”, stammelte sie leise.
“Gut, dann komm ich mit und dann zeigen wir diesen Idioten vom Jugendamt mal, wo Leah glücklicher ist. Was genau war denn die Anklage?”
“Vernachlässigung und Überforderung…”, schluchzte Nati und drückte ihr Gesicht wieder in sein Hemd, das jetzt schon nass war; “Ich hab versagt… Vollkommen versagt…”
“Du bist eine gute Mutter, Natalia Bones. Neben meiner Mum die Beste, die ich kenne. Du hast dir nichts vorzuwerfen, also hör auf damit, kapiert? Wir gehen gleich morgen zusammen zu deinem Anwalt und legen Revision ein und du wirst sehen, Leah ist schneller wieder bei uns, als du Supercalifragilistigexpialigetisch sagen kannst.”
Sie gab jetzt keine Antwort mehr und drĂĽckt sich einfach nur an ihn.
Langsam versiegten ihre Tränen dann doch, doch sie rührte sich nicht und ließ ihn auch nicht los.
Charlie blieb nichts anderes ĂĽbrig, als sich mit sanfter Gewalt von ihr zu befreien und sie mit seiner Decke zu zu decken.
“Ich bin gleich da.. Einen Moment nur noch..” So schnell es ging fütterte er das Drachenbaby, brachte es an einen sicheren Ort und schlüpfte dann zu Nati unter die Decke, um sie wieder in den Arm zu nehmen.
“Wir schaffen das schon, vertrau mir..”
Sie schmiegte sich etwas an ihn und schloss dann die Augen um einfach nur schweigend da zu liegen.
Jetzt weinte sie nicht mehr und das zittern war auch weg.
Charlie war sich noch nicht sicher, ob das etwas gutes war, aber es erleichterte die Sache um einiges.
“Ich nehm mir morgen frei, dann kümmer ich mich erstmal um alles. Du bleibst im Bett und schläfst, das hast du dringend nötig. Ich rede mit deinem Anwalt und schau mal, was ich so bewirken kann. Wir bekommen Leah schon wieder, dafür sorge ich schon, koste es, was es wolle..”
Charlie war sich nicht sicher ob sie ihm zuhörte oder ob sie ihn verstand, weil von ihrer Seite aus keine einzige Reaktion kam.
Als Natalia einige Stunden später wach wurde war Charlie nicht mehr im Bett.
Sie sah ihn nicht, doch sie hörte wie er sich mit jemanden unterhielt. Regungslos blieb sie liegen und starrte die gegenüberliegende Wand an um seiner Stimme zu lauschen.
Nach einer Weile wurde es leiser und die Matratze senkte sich etwas, als Charlie sich neben sie setzte und ihr durchs wirre Haar strich.
“Guten Morgen, Nati. Ich hab mit deinem Anwalt, dem Jugendamt, deiner Mutter und meinem Anwalt telefoniert. Die Revision wird heute noch ans Gericht geschickt und wenn wir Glück haben, dann können wir in zwei oder drei Tagen den neuen Prozess anfangen. Aber dafür musst du ausgeruht und topfit sein, sonst wird das nichts und Tom wird dich wieder in die Pfanne hauen.”
Doch seine Freundin gab ihm keine Antwort und reagierte auch nicht auf seine Worte.
Sie glaube nicht daran, dass sie ihre Tochter bekommen wĂĽrde.
“Aber du musst reden, verstehst du? Nicht zwingend mit mir, aber zumindest mit den Richtern. Du musst ihnen ganz genau erklären, was los was und dass wir Leah wieder haben müssen, weil wir doch ihre Familie sind. Sie nennt mich schließlich Daddy, das sollte doch für die Richter Beweis genug sein, dass sie es bei uns beiden gut hat. Es ist zwar viel schief gelaufen, aber wir haben unsere Kleine nie vernachlässigt und das kann auch jeder bestätigen. Bill und Fleur haben sich als Zeugen angeboten, Mum würde wohl auch aussagen. Uns kann also nichts passieren, meine ganze Familie steht hinter uns.”
Eine Zeit lang schwieg sie, ehe sie leise fragte:
“Du lässt mich nicht allein, oder? Nie wieder?”
“Ich hatte nie vor, dich alleine zu lassen, Natalia. Nie.”, flüsterte er zurück und küsste sie auf die Schläfe.
“Warum sollte ich euch zwei denn alleine lassen, hm? Ich musste nur nachdenken und flüchten, aber du kennst mich gut genug um zu wissen, dass ihr beide meine Familie seid und ich jederzeit zurück komme, egal was passiert ist.”
“Du bist einfach gegangen…”, murmelte sie, “einfach so… Ich wollte nicht, dass er mich küsst… Ich hab mich doch gewehrt.”
“Das weiß ich ja. Aber das musste ich erstmal verstehen. Ich wollte nicht schon wieder meine Freundin an ihren Ex-Freund verlieren und musste einfach nur weg. Aber ich bin wieder gekommen, es hat gedauert, aber ich bin wieder da und du musst dir keine Sorgen mehr machen.”
“Er hat gesagt, dass ich am Ende alleine bin…”
“Du bist aber nicht alleine. Du hast Fleur, du hast deine Mum, deinen Bruder, deine Tochter, zur Not sogar Bill. Auch wenn ich dir von einem engeren Kontakt mit ihm abraten würde, er ist seltsam. Und zu guter Letzt bin ich doch auch noch da. Du bist nicht alleine und wirst nie alleine sein, versprochen.”
Nati nickte schwach und legte ihren Kopf auf seinen Schoss.
Sachte strich Charlie ihr durch die Haare und ĂĽber die Wange, ehe er stockte.
“Was hast du da denn gemacht?”
Er fuhr mit den Fingerspitzen ĂĽber einen blauen Fleck knapp unter ihrem Auge.
“Tom…”, antwortete sie leise.
“Dieser Mistkerl!”, schnaubte Charlie wütend, “Keine Sorge, das wird er schon noch bereuen… und er bekommt trotzdem unsere Tochter?!”
Nati biss sich auf die Unterlippe.
“Du hast es nicht gesagt, oder?”
Sie schüttelte schwach den Kopf. “Nein…”
“Warum nicht? Das kann uns retten!”
“Er… er hat damit gedroht dir etwas anzutun, wenn ich etwas sage…”
“Er kann mir nichts tun, weil ich ihm eindeutig überlegen bin. Außerdem hab ich ein Drachenbaby, dass mich für ihre Mummy hält, die kann mich auch ganz gut verteidigen.”
“Ich hatte doch Angst, dass dir etwas passiert…”
“Mir passiert nichts, versprochen. Ich pass auf mich auf, ich pass auf dich auf und ich pass sogar auch auf unsere Kleine auf. Ich bin zwar nicht stark, aber ich bin besser als er. Ich schlage dich nicht, dafür hab ich einen großen Bruder. Und wenn er Tom mir blöd kommt, dann hab ich auch noch mehr Brüder.”
“Ich wollte dir nicht wehtun… Es tut mir so schrecklich Leid…”
“Es ist schon okay, wirklich. Nati, mach dir keinen Kopf, ja? Ich bin doch da, ich bin ja hier und wir holen uns unser Kind zurück, egal wie. Versprochen.”
“Danke.” Sie ergriff seine Hand und hielt sie ganz dolle fest. “Danke.”
“Das macht man so, wenn man sich liebt.”, flüsterte Charlie und küsste seine Freundin auf die Nasenspitze.
Sie schloss die Augen .
Es wĂĽrde alles gut werden.
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