von Kinditem
Als Charlie eine Woche später aus dem Krankenhaus kam, war er heilfroh. Endlich weg vom Sterilgeruch, endlich weg vom schrecklichen Essen und den unfreundlichen Krankenschwestern.
Aber da er soweit fit war und es ihm gut ging, hatten er und Natalia verabredet, dass er sie und Leah einmal mit zu sich nach Rumänien nehmen würde. Und heute war dieser Tag. Es gab eine Drachenausstellung, auf der man Dracheneier kaufen und verkaufen konnte, einer Flugshow zusehen und Babydrachen füttern konnte. Natürlich gab es auch allerlei Schnickschnack und Souvenirs zu kaufen.
“Und das ist, das ist ein Rotschuppiger Hornschwanz.”, erklärte Charlie Leah, die er auf dem Arm hatte.
“Der heißt so, weil er ganz rot ist.”
Leah sah sich fasziniert den Drachen an. “Leah stleiteln!”, rief sie dann entzückt und streckte die Hand nach dem gewaltigen Schuppentier aus.
“Den nicht. Aber ich zeig dir gleich einen kleinen Drachen, den kannst du streicheln. Aber erstmal stell ich dir Suki vor, das ist der Drache, um den ich mich immer kümmer. Magst du sie mal sehen?”
“Habs Leah schon. Miad Mummy, weil wia haben Duki am-am demacht, als Daddy klang wats.”, nickte sie sich selbst zustimmend zu.
“Achso. War das denn toll, als ihr sie gefüttert habt? Hat sie denn auch viel gegessen? Immerhin muss sie noch groß und stark werden, so wie du.”
“Nö. Wa nix toll. Mann wa doof. Hat nua miad mummy deledet und so tomisch und leah wah luft!”
“Sollen wir zwei sie dann noch mal füttern? Dann darfst du sie auch mal streicheln, weil sie meistens recht lieb ist, wenn sie Daddy nicht gerade den Arm verbrennt.”
Sie sah ihn schockiert an, dann auf seine Arme und fing an zu heulen, als der groĂźe Drache laut aufbrĂĽllte.
“Ach Leah…” Charlie seufzte leise und wiegte sie sanft hin und her.
“Sht, du musst doch nicht weinen, es ist doch alles gut. Keiner tut dir weh und keiner tut deiner Mummy weh und keiner tut deinem Daddy weh. Siehst du, der große Drache da, der beschützt nur sein Baby, weil zwei Männer das weg nehmen wollen, um es zu untersuchen.”
Leah lies sich nicht beruhigen und heulte weiter, so dass sich die ersten nach ihnen umsahen.
Nati seufzte lautlos und nahm Charlie dann die kleine ab.
“Pscht… Maus, nicht doch. Die sind wie die großen Hunde von Onkel Felix. Erinnerst du dich?
Die waren auch immer schrecklich laut, aber man konnte wunderbar mit ihnen kuscheln und sie waren ganz lieb und gebissen haben sie nur, wenn man gemein zu ihnen war.
So ist das auch mit den Drachen.”
Leah ĂĽberlegte einige Augenblicke lang und zog dann die Nase hoch.
“Dann Daddy demein tu dlati?”
“Ja, manchmal ärgert Daddy die Drachen ein klein wenig und dann machen sie so etwas.”
Leah lehnte den Kopf an Natalias Schulter und schien sich einen Reim aus allem zu machen.
“Aber wenn du magst, Prinzesschen, dann gehen wir die Drachen auch nur ansehen, wenn du Angst vor ihnen hast.”, nickte Charlie und strich der Kleinen über die Löckchen, “Das ist ganz alleine deine Entscheidung, du bestimmst, was deine Mummy und ich heute machen, ja? Ist das ein Deal?”
Sie nickte. “Otey. Dann Leah tleiteln Dlate?” Die kleine zeigte auf den Rotschuppigen Hornschwanz.
“Leah au nit ärgern uand danz blav.”
“Gut, dann zeig ich dir einen kleineren Drachen, okay? Weil der Drache doch sehr groß ist, da muss selbst Daddy aufpassen, dass ihm nicht passiert.” Charlie legte sachte einen Arm um Natis Taille und schob sie sanft etwas weiter. “Möchtest du zu einem rosa Drachen? So wie dein Plüschtier?”
“Will aba dean!” sie sah ihn trotzig an. “Hats gesagt Deail.”
“Nein Leah, das geht nicht. Wir können nur kleine Drachen streicheln.” Ein paar Meter weiter blieb er vor einem anderen Gehege stehen, diesmal mit einem Babydrachen, aber eben die gleiche Art wie der Große vorher.
“Willst du den streicheln?”
Leah sagte einige Augenblicke lang gar nichts, dann flĂĽsterte Nati ihr leise etwas ins Ohr und sie nickte schwach.
“Ja, will.”
Behutsam setzte sie die kleine auf dem Boden und nahm sie an der Hand um mit ihr zu dem kleinen Drachen ran zu gehen. Leah hielt fest die Hand ihrer Mutter, streckte aber tapfer die Hand nach dem Tier aus um die Schuppen zu berĂĽhren und sanft darĂĽber zu streichen.
Der kleine Drache pustete etwas warme Luft aus seinen NĂĽstern und schnurrte leise, stupste Leah dann sanft an der HĂĽfte an. Allerdings war sich der Drache, wie alle kleinen Kinder, nicht seiner Kraft bewusst und schubste Leah deswegen um, sodass sie ins Gras plumpste.
“Huch. Leah, alles okay?” Charlie kniete sich zu ihr nieder und strich ihr über die Wange.
“Hast du dir weh getan?”
Sie schüttelte den Kopf. “Nö. Alet oki doki.”
Leah lieĂź sich von ihrer Mutter wieder auf die Beine stellen.
“Na dann ist okay. Möchtest du mal versuchen, ein bisschen auf dem Drachen zu reiten? So wie auf einem Pony. Bist du schon mal auf einem Pony geritten?”
Sie schüttelte den Kopf. “Ney, weil Mummy sagt, dass die Tiere dabei aua.”
“Die auf der Kirmes ja, aber die in einem Stall nicht. Und hier den Drachen, den tust du nicht weh, wenn du ein bisschen auf ihnen reitest. Also, magst du das mal testen?”
Sie nickte begeistert.
“Ja. Auf dlosem?” Sie sah ihn mit großen Augen an.
“Nein, nur auf dem Kleinen. Wenn du auf dem Großen reiten willst, dann musst du erst so einen Job machen, wie Daddy den macht. Und dafür musst du schrecklich alt sein, so wie ich.”
“Okey. Dann mat Leah dat.”
Sie rupfte etwas Gras aus und hielt es dem Drachen hin.
“Ahhhh Dlati…… Schau, Daddy! Leah mat Job!”
Charlie lachte leise.
“Na wenn das so leicht wäre, das wär echt klasse.” Er hob die Kleine hoch und setzte sie auf den Rücken des Drachen.
“Ich halt dich fest, weil du dich nicht am Drachen fest halten kannst, sonst tut ihm das weh, okay?”
Sie nickte.
“Mummy schau!”
Nati lächelte, holte die Kamera wieder raus und machte ein paar Bilder von Leah, Charlie und dem Drachen.
“Ich sehe es, Maus. Das machst du wirklich wunderbar!”
“Ja, das ist wirklich fantastisch.”, nickte Charlie anerkennend und küsste Leah auf die Stirn.
“Wenn du später groß bist, dann kannst du bestimmt eine super Drachenreiterin werden.”
Er lächelte sie sanft an und sah dann zu Nati.
“Oder? Das macht sie wirklich fantastisch.”
“Ja das macht sie.”, nickte Nati erneut und machte noch ein Bild von dem strahlenden Charlie.
Dann ließ sie das Gerät sinken und sah den beiden einfach nur verträumt zu, wie sie über Drachen redeten. Das hieß, eigentlich philosophierte Charlie nur vor sich hin und versuchte alles kindgerecht zu verpacken, aber er befürchtete fast, das Leah alles egal war. Naja, Solange sie glücklich war, waren Nati und Charlie es auch.
“Wollen wir weiter gehen? Magst du Zuckerwatte haben?”
Sie nickte.
“Jah, aba ganz bunte, ja?”
Leah sah ihn flehend an und strich dem Drachen noch ein mal ĂĽber den Kopf.
“Tüt Dlati.”
“Ja, wir suchen super-bunte Zuckerwatte.”
Charlie hob sie hoch und setzte sie auf seine Schultern, hielt sie dann mit einer Hand fest. Mit der anderen Hand zog er Nati sanft zu sich und verschränkte seine Finger in ihren.
“Und was ist mit dir? Möchtest du auch was essen oder trinken?”
Natalia ĂĽberlegte einen kurzen Moment.
“Ja, etwas zu essen vielleicht.”
“Gut, dann suchen wir dir was. Hast du vielleicht Hunger auf… Gurken? Crêpes? Schokoobst oder Folienkartoffeln? Es sollte hier alles geben.”
“Crêpes mit Erdbeeren.”, lächelte sie sanft und sah dann zu Leah, “Und du möchtest wirklich nur Zuckerwatte, Mäuschen? Davon wirst du nämlich nicht sonderlich satt. Vielleicht doch lieber einen Cêpe oder vielleicht auch einen Apfel in Schokolade mit Streuseln?”
“Miad buanten?”, fragend sah Leah ihre Mutter an die nickte.
“Jah!” Sie nickte strahlend.
“Gut, dann suchen wir euch so was.”, nickte Charlie und steuerte einen Stand mit Paradiesäpfeln, Schokoobst und allerlei anderem Süßkram an.
“Schau Leah, möchtest du so einen tollen, bunten Apfel haben? Oder lieber tolle bunte Schokoerdbeeren?”
“Apel.”, meinte sie entschieden.
“Daddy leah runter!”
Er hob sie sanft von seinen Schultern und stellte sie auf ihre FĂĽĂźchen.
“Dann bestell ich dir einen Apfel.”
“Okey.” Sie blieb neben seinen Beinen stehen und sah sich um, während Natalia am Stand nebenan Crêpes für Charlie und sich kaufte.
Er bestellte den gewĂĽnschten Apfel fĂĽr Leah. Sogar den buntesten von allen hatte er bekommen.
“Prinzesschen? Hier ist dein Ap… Leah?” Charlie runzelte die Stirn und sah sich um.
“Leah?!”
Doch dort wo Leah bis eben noch gestanden hatte war nichts mehr. Gleich neben Charlie befand sich der kleine Strom aus Menschen die weiter drängten um wirklich alles sehen zu können.
Natalia schlängelte sich zu ihm hindurch.
“Ich hab die Crêpes. Wo ist Leah?” Sie sah sich verdutzt um.
“Das frage ich mich auch gerade, eben was sie noch hier.” Charlie stellte sich auf Zehenspitze und fluchte leise.
“Wo ist sie denn hingelaufen? Sie kann doch nicht weg sein.” Charlie seufzte leise und versuchte es noch mal mit rufen.
“Leah! Leah, komm wieder her!”
Nati sah ihn erschrocken an und drehte sich dann ebenfalls wieder um.
“Leah! Leah, Maus, das ist nicht lustig, bitte komm wieder hier her!”
Charlie drängte sich an einigen Menschen vorbei und reckte den Kopf in die Luft.
“Leah! Prinzesschen, wo bist du? Komm her, wir haben einen Apfel für dich!”
Er seufzte leise und zog Nati sanft zu sich.
“Wo kann sie denn sein?”
“Ich weiß es doch nicht…”, meinte sie verzweifelt während sie sich weiterhin umsah, “Aber sie kann doch nicht einfach weg sein…”
“Leah, herkommen! Wir wollten doch noch die Drachen besuchen!” Charlie runzelte die Stirn.
“nicht, dass sie jetzt auf die Idee gekommen ist, zum großen Drachen zu gehen! Wer weiß, was da alles passieren kann!”
In dem Moment hörte man besagten Drachen lauthals aufbrüllen und Nati wurde Leichen blass, weil aus dieser Richtung nun auch Rufe und Schreie erklangen.
Ohne groĂź zu ĂĽberlegen lief sie auch schon los.
Charlie folgte ihr so schnell es nur ging zum Drachengehege und bahnte sich den Weg durch die Menschenmengen.
“Nati? Ist Leah da?”
Nati war geschockt bei der Absperrung stehen geblieben. “Charlie…”
Was? Was ist denn los? Was ist denn da passiert?” Er stellte sich neben sie und zog die Stirn kraus.
“Kaum klaut man ihr das Ei, da sucht sie sich ein neues Kind. Ich hol sie da raus..” Charlie öffnete mit seinem Schlüssel die Tür zum Gehege.
“Hey Prinzesschen.. Kommst du zu Daddy? Ich glaube, der Drache möchte jetzt gerne etwas schlafen…”
“Ney, schau, Leah patta!” Sie strahlte ihn an und streichelte dem gewaltigen Drachen das Maul, während der Drache sie sanft anpustete.
Die kleine kicherte zufrieden. “Schau! Nix böse!”
“Ich weiß, dass sie nicht böse ist, aber wenn sie niesen muss, dann bist du to…. Total dreckig und musst super viel baden und kannst keinen Apfel mehr essen.”
“Egal.” Sie lief zur Pranke des Drachen und kletterte drauf.
“Das machst du klasse, Leah! Aber komm bitte da runter, ja? Deine Mummy und dein Daddy machen sich furchtbare Sorgen.” Er trat ein paar Schritte auf den Drachen zu, nur ganz langsam.
Leah ĂĽberlegte. Sie wollte doch aber gar nicht weg von dem Drachen.
Charlie hockte sich hin und streckte die Arme zu ihr aus.
“Was meinst du? Kommst du zu mir? Dann können wir mit Mummy noch etwas essen und dann vielleicht noch ein Malbuch kaufen. Was hältst du davon?”
Noch bevor Leah etwas sagen konnte hob die Drachendame ihren gewaltigen Kopf und entblößte ihre spitzen Zähne, untermalt mit einem lauten bedrohlichen knurren in Charlies Richtung.
Dieser hob beschwichtigend die Hände.
“Ist schon gut Malisa, keiner will dir was weg nehmen und schon gar nicht dein Baby. Aber Leah ist ja nicht dein Baby, das wird gerade untersucht. Lässt du sie bitte gehen, Schöne?” Charlie erhob sich wieder und sah den Drachen flehend an.
“Du willst nicht, dass man dein Kind weg nimmt und ich will nicht, dass man mir meines klaut. Also lass Leah doch bitte gehen, ja?”
Malisa gab ein lautes, bedrohliches BrĂĽllen von sich und Leah fing an zu weinen.
Nun machte ihr der Drache doch Angst. Und was fĂĽr welche!
So schnell sie konnte krabbelte sie von dessen Pranke herunter und lief los in Charlies Richtung.
Erkam ihr schnell entgegen und schrie dann auf, als eben jene gewaltige Pranke ihn auf den Boden schleuderte.
“Danke Malisa, vielen Dank, ich war auch gerade erst wieder gesund!” Seufzend klopfte er der Dame auf die Tatze und sah sich nach Leah um.
“Prinzesschen? Alles okay?”
“Daddy…”, schluchzte die krampfhaft. Doch sie kam nicht zu ihm, weil Malisa jeden Versuch zu verhindern wusste in dem sie sich zwischen sie drängte.
“Leah!” Nati war über die Absperrung gestiegen und stand nun an den Gitterstäben.
“Maus, komm her….”
Sie streckte die Arme durch die Stäbe nach ihrer Tochter aus.
Leah rappelte sich rasch erneut auf und lief dieses mal zu ihrer Mutter die nicht so weit entfernt war wie Charlie. Rasch zog Nati ihre Tochter durch die Lücke in den Stäben zu sich, noch ehe die Drachendame etwas unternehmen konnte.
Wütend warf sich der Drache gegen die Stäbe.
Mit einem gewaltigen Knall schlangen sich wie aus dem Nichts dicke Seile um die Fesseln des Drachens. Mithilfe einiger Drachenbändiger gelang es ihnen, die Drachendame zurück zu ziehen, sodass sie nicht mehr bis an die Stäbe kam. Sie lag nun auf dem Boden, ihre Beine waren gefesselt und das Maul wurde ihr so rasch es ging zugebunden, dem Feuer wegen. Auch wenn alles magisch abgesichert war und die Besucher eigentlich vor dem Feuer geschützt waren, so konnte man sich doch nie sicher sein.
Natalia hatte sich mit der weinenden und vor allem schockierten Leah von dem ganzen Spektakel entfernt, so dass die kleine das nicht mit ansehen musste.
Nun saĂź sie auf einer Bank und versuchte ihre Tochter zu beruhigen, was gar nicht so einfach war.
Wenige Minuten später stieß auch Charlie zu ihnen.
“okay, alles wieder unter Kontrolle… wie geht es ihr denn?” Er setze sich besorgt neben Nati und strich der Kleinen durch die Locken.
“Sie ist geschockt…”, meinte Nati und ein leiser Seufzer entfuhr ihr, “Wir sollten nach Hause… Ich glaube ein wenig Schlaf für sie und Kaffee für uns wäre jetzt genau das richtige, was meinst du?”
“Ja, das klingt vernünftig-”. nickte Charlie und stand wieder auf.
“Dann lasst uns nach Hause gehen.”
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel