von Federflügel
27. November 1979
Liebster James,
du wirst nicht glauben, wo ich übernachtet habe. Bei meiner Schwester Petunia. Wirklich die letzte Adresse, an die ich mich im Notfall wenden wollte, aber das überkam mich so. Ich bin einige Zeit unschlüssig durch London gelaufen und hab mir schon überlegt, ob ich mich nicht in einem Muggelhotel einquartieren soll, da bin ich an einem großen Kaufhaus vorbei gekommen. Es war das Kaufhaus, in das Petunia und ich als Kinder immer gegangen sind um Weihnachtsgeschenke für Mum und Dad einzukaufen. Das erste Mal war ich mit ihr dort als ich sieben Jahre alt war. Wir hatten unser Taschengeld sorgfältig abgezählt und unsere Zuschüsse noch dazu. Ich kannte das Kaufhaus eigentlich schon vorher, denn Mum nahm uns auch immer dorthin mit, wenn sie mit uns Kleidung oder sonstiges einkaufte. Aber an diesem Tag sah ich es zum ersten Mal in vollem Weihnachtsschmuck. Es war ein überwältigender Anblick. Dieses einfache, profane Kaufhaus quoll über vor Luxus, Farbe und Licht. Es erschien mir wie eine völlig neue Welt. Mindestens fünf Minuten stand ich vor der geschmückten Fassade und habe gestaunt, während Petunia über meinen offenen Mund geschmunzelt hat und geduldig wartete. Dann nahm sie mich an die Hand und führte mich durch die verschiedenen Abteilungen.
Wir hatten so unglaublich viel Spaß an diesem Tag. Wir haben Sachen in die Hand genommen und uns vorgestellt, wie Mum und Dad sie benutzen. Es war einfach zum Schießen, sich vorzustellen, Mum hätte eine aufblasbare Trockenhaube auf dem Kopf und Dad würde seine Füße in ein Massage-Fußbadbecken stellen. Ich weiß heute nicht mehr, was wir eigentlich kauften, aber ich weiß noch ganz genau, dass Petunia und ich an diesem Tag mehr als nur Schwestern waren. Wie sie mit mir durch die Hallen tobte und dabei den Kunstschnee durch die Luft blies, das war wirklich einmalig. Mehr als jeden anderen Menschen auf der Welt habe ich sie geliebt und bewundert und ich weiß genau, dass sie mich auch geliebt hat.
Und als ich dann wieder dort vorbei kam, da hab ich mich wieder mit aller Deutlichkeit an dieses Gefühl erinnert. Wie es damals war, in meinem ersten Wunderland, mit einem Menschen, den ich liebte. Und da beschloss ich, sie zu besuchen. Ich wollte nur einmal wieder einen Hauch, ein winziges Bisschen dieses Gefühls erahnen.
Ich ging also nach Little Whinging und klingelte an ihrer Haustür. Ich war so nervös wie schon lange nicht mehr. Ich zitterte, ich hoffte, ich litt. Und dann ging die Tür auf. Sie stand da, mit einer Schürze umgebunden, die Hände voller Mehlstaub und sah mich mit großen Augen an. „Darf ich reinkommen?“, fragte ich, so kleinlaut als hätte ich etwas ausgefressen. Sie gab mir keine Antwort, aber sie trat zur Seite und deutete nach drinnen. Nun stand ich im Flur, knetete nervös meine Hände und sah ängstlich zu Boden.
„Was willst du?“, fragte sie mich, nach einer halben Minute Schweigen. Ich erklärte ihr mit zittriger Stimme die Situation. Sie erlaubte mir, für eine Nacht bei ihr zu bleiben, sofern ich Vernon aus dem Weg ginge. Nichts lieber als das! Er war zum Glück noch nicht zu Hause, Petunia erklärte mir, dass es in seiner Firma zur Zeit stressig sei. Ich half ihr beim Plätzchen backen, doch dieses Gefühl wollte sich nicht mal ansatzweise einstellen. Ich war nur traurig. Ich weiß nicht mehr genau, wann ich meine Schwester verloren hatte, aber der Wendepunkt war mit aller Gewissheit der Tag meiner ersten Fahrt nach Hogwarts.
Wir schwiegen uns über eine Stunde an, dann waren alle Plätzchen gebacken und sie legte ihre überaus hässliche Schürze ab. Dann sah ich es: sie ist schwanger! Das sagte ich dann auch recht fassungslos. Sie nickte nur und schrubbte ihre Küche weiter so blank, als wollte sie von den Flächen essen. Ich sagte: „Ich bekomme auch ein Kind.“ Da drehte sie sich zu mir um und ich konnte ein Blitzen in ihren Augen sehen, vielleicht dachte sie an das, was hätte sein können, wenn ich keine Hexe wäre. Wir lächelten uns nur eine Sekunde lang an, aber da war es, dieses wunderbare Gefühl, nur für einen kurzen Moment.
Doch er war gleich wieder vorbei. Vernons Schlüssel drehte sich im Schloss und Petunias Miene wurde wieder abweisend und kalt.
Was an diesem Abend noch geschah, das schreibe ich dir im nächsten Brief. Ich bin müde, ein wenig traurig und meine Hand tut weh.
Mach nichts Unvorsichtiges auf deiner Mission und pass auf dich auf. Ich möchte dich heil wiederhaben. Ich liebe dich, du unnachahmlicher Tunichtgut!
In Liebe, Lily
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Hallo meine lieben Kommischreiber!
Es freut mich, dass ihr mir die Wartezeiten nicht krumm nehmt.
Nun geht es mit Riesenschritten auf das Ende zu und vielleicht helfen euch die Wartezeiten sogar beim Genießen.
An alle, die mir leider keinen Kommi hinterlassen haben: Wenn ihr einen schreibt, bin ich viel motivierter um den nächsten Brief zu schreiben.
Also bis zu Brief 24!
Euer Federflügel
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