von Probator
Rafaela ging in nächster Zeit ihrer Schwester und deren Freund ebenso aus dem Weg wie ihrem Ex-Freund Sirius und dessen Freunden. Dennoch bekam sie mit, dass zwischen Sirius und Severus ein Duell stattgefunden hatte, angeblich, weil Sirius seinen Erzfeind beschuldigt hatte, mit Voldemort im Bund zu stehen.
Beide Jungen waren im Krankenflügel gelandet, jedoch einen Tag später wieder als geheilt entlassen worden. Beide hatten eine Strafarbeit von Professor McGonagall erhalten.
Rafaela, die ihre Träume in den letzten beiden Nächten auf Sirius zu konzentrieren versucht hatte, erkannte so, dass sich ihre wahrsagerischen Kräfte – wenn überhaupt – auf ihre Schwester beschränkten. Sie beschloss daher, sich mehr auf diese zu konzentrieren.
Ihre Beziehung zu Regin plätscherte dahin, ohne dass ihr bei ihm je die Gefühle gekommen wäre wie bei Sirius. Regin holte Rafaela von ihrer letzten Stunde am Vormittag ab, sie saßen beim Essen nebeneinander, verabschiedeten sich mit einem Kuss um sich irgendwann am Nachmittag wieder zu treffen. Wenn sie sagte, sie müsse in die Bibliothek, um noch zu lernen, hatte er nichts dagegen. Auch er hatte oft anderes vor als sich mit ihr zu treffen. Sie akzeptierte es, denn solange sie sich nicht über ihre Träume im Klaren war, nutzte sie jede mögliche Minute dafür, mehr darüber herauszufinden. So verbrachte sie die Zeiten, in denen er etwas mit Freunden unternahm, in der Bibliothek.
Zufällig fand sie dort zwar nicht die passende Traumdeutung, aber eine Anleitung für den Vergessenszauber.
Nancy war es, die am Abend als Opfer herhalten musste. Rafaela erzählte ihr, als die beiden zufällig alleine waren, dass Sirius wieder hinter ihr, Nancy, her war. Als Nancy aufgeregt in ihrer Toilettentasche nach ihrem stärksten Parfüm suchte, belegte Rafaela sie mit dem Vergessenszauber. Erschrocken fragte das arme Opfer: „Wozu will ich mich eigentlich gerade jetzt schminken? Spinn’ ich oder was?“
‚Genau die richtige Dosis!’, dachte Rafaela.
In ihren Träumen erschien wieder häufiger Uriella. Einmal sah sie die Schwester über die Wälder fliegen und draußen fremde Menschen treffen. Keiner der Fremden hatte ein erkennbares Gesicht. Sie fragte sich lange, was dieser Traum zu bedeuten hatte und war so beschäftigt damit, dass ihr zum ersten Mal ein Zaubertrank völlig misslang.
Ihre Großmutter versuchte, sie zu beruhigen, doch konnte sie ihr ebenso wenig helfen wie der Großvater, Albus Dumbledore persönlich.
Überrascht war Rafaela, als sie einige Tage später am Sonntagmorgen Severus alleine am Slytherintisch sitzen sah. Wo war Uriella?
Rafaela drehte sich in Richtung Severus und versuchte, dessen Gedanken zu lesen, doch es gelang ihr nicht. Der Junge schien mindestens Grundkenntnisse in Okklumantik zu besitzen und auf die Entfernung quer durch die große Halle war es allzu auffällig.
Als sie Severus am Nachmittag alleine mit einem Buch in einer Ecke sitzen sah, wagte Rafaela alles: Sie log Regin an, ihr sei nicht gut, ließ sich von ihm in den Schlafraum führen und verwandelte dort den Löwen an ihrem Umhang in eine Schlange und ihren rot-goldenen Schal in einen grün-silbernen. Abgesehen vom Hauswappen war für kaum jemanden von ihrer Schwester zu unterscheiden.
Während sie durch den Gemeinschaftsraum ging, versteckte sie den Schal, um keinen Verdacht zu wecken. Draußen band sie ihn sich wieder um und suchte Severus. Auf dem Weg begegnete sie Lily und deren Freundin Alice, die sie aber keines Blickes mehr würdigten, sobald sie den Slytherinschal sahen.
Severus saß immer noch in seiner Ecke und las in einem Buch „Zaubertränke für Fortgeschrittene“. Rafaela erkannte, dass er sich Notizen machte. So leise wie möglich schlich sie sich an.
„Hallo Schatz!“, hauchte sie.
„Hallo Liebes – Mensch, hast du mich erschreckt! Du wolltest doch erst heute abend wieder kommen!“
Während er sie küsste, konnte sie kurz in seine Gedanken sehen. Er wusste, dass sie sich mit einem gewissen Avery treffen wollte.
„Ich hab die Sache mit Avery ziemlich schnell regeln können“, log sie.
„Umso besser! Weiß er, wie lange es noch dauern wird?“
Offenbar kannte Severus Avery ziemlich gut. An der Oberfläche war wenig zu erkennen und tiefer ins Gehirn einzudringen war gefährlich, zumal bei jemandem, der etwas von Okklumantik verstand. Immerhin: Dieser Avery musste ein Mitarbeiter Voldemorts sein.
„Einige Tage wird es noch sein!“
„Einige Tage nur noch, bis der Dunkle Lord Arthur Weasley angreifen lässt. Steht denn schon fest, wer es tut? Und warum soll ich Prewett dann morgen aufhalten?“
„Du weißt doch, dass der Dunkle Lord sich nicht in die Karten schauen lässt!“ Rafaela hatte etwas Luft gewonnen. Sie unterließ es, zu erkunden, wer dieser Arthur Weasley war und was er mit Professor Prewett zu tun hatte.
„Ich hab übrigens einen genialen Trank gefunden!“, unterbrach Severus sie. „Ein paar kleine Änderungen und man kann aus dem Warzenentfern-Trank ein langsam wirkendes und absolut tödliches Gift machen. Sollte man nicht glauben, dass es so einfach geht!“ Er grinste: „Würde mich zu sehr freuen, es irgendeinen Schlammblüter schlucken zu lassen! Hast du eine Idee, wen?“
Rafaela erschrak und war unfähig zu antworten. Im selben Moment merkte sie, dass nun Severus in ihr Gehirn eindringen wollte. Sie verschloss ihre Gedanken erfolgreich vor ihm – immerhin war sie in Okklumantik mindestens so gut wie er.
„Viel zu einfach!“, antwortete sie schließlich. „Da hat man gar keinen Spaß dabei!“
„Oho, hast du eine Ahnung! Du siehst tagelang, wie sich diese Nichtskönner quälen. Dabei ist das einzige, was man für diesen Trank braucht und was vielleicht schwer zu bekommen ist, Silberschlangengift. Alles andere ist der normale Warzenentfern-Trank, man muss nur zweimal gegen den Uhrzeigersinn rühren. Aber die meisten Idioten hier kriegen solche Feinheiten gar nicht mit.“
Rafaela merkte, dass er immer noch misstrauisch war.
„Ich würde es ja bei Potter versuchen – auch wenn der kein Schlammblut ist“, schlug sie zum Schein vor.
„Potter ist auch gut! Außerdem heulen dann ein paar Schlammblutmädchen!“ Severus setzte ein fieses Grinsen auf.
‚Ich muss dringend schauen, dass ich hier wegkomme!’, dachte Rafaela. Daran, dass womöglich auch noch ihre Schwester zur Unzeit zurückkommen könnte, dachte sie dabei gar nicht.
„Ich glaub, es hat aufgehört zu regnen!“, stellte sie fest. „Ich hätte Lust, noch ein Stück mit dir spazieren zu gehen. Wir haben heute schon genug für den Dunklen Lord getan.“
„Du ja, dich nimmt er wohl auch bald als Todesserin an, nach allem!“
Was allem? Rafaela schaute scharf in sein Gedächtnis.
„Hey, was ist los? Warum schaust du mich an als ob du meine Gedanken lesen wolltest? – Aber für mich sieht es entschieden besser aus, wenn ich zeigen kann, wie das Gift wirkt. Zu schade, dass ich noch über zwei Jahre in Hogwarts bleiben muss!“
Rafaela ging Arm in Arm mit ihm, obwohl sie sich vor seiner ungepflegten Erscheinung fast so ekelte wie vor dem, was er gesagt hatte, zu den Kerkern hinunter.
Der Gemeinschaftsraum der Slytherins sah unheimlich aus: Lang gestreckt, grünlich schimmerten die Fenster, die unter dem See liegen mussten. Totenschädel machten das ganze noch gruseliger.
Die anwesenden Schüler begrüßten das Paar, unterhielten sich aber weder mit Rafaela noch mit Severus länger. Offensichtlich waren beide entweder sehr gefürchtet oder äußerst unbeliebt.
Severus begleitete Rafaela bis an ihren Schlafraum. An der TĂĽr drehte sie sich um und flĂĽsterte Oblivio!
Kaum hatte sie die TĂĽr zugemacht, machte sie sich unsichtbar, schwebte die Treppe hinunter und durch den Gang und ging zur TĂĽr hinaus. Hoffentlich hatten nicht zu viele sie gesehen! Severus war jedenfalls nicht im Gemeinschaftsraum.
Im Treppenhaus machte sie sich sichtbar und verwandelte Schal und Schlange zurĂĽck und rannte hinauf zum DirektionsbĂĽro.
„Was ist denn los, Schätzchen? Setz dich doch! Nimm dir ein Bonbon!“, versuchte der Großvater sie zu beruhigen.
„Frag mich bitte nicht, wie, aber ich hab was mitbekommen. Slytherins sagen, der Dunkle Lord will einen Arthur Wettley oder Weary umbringen – soll irgend etwas mit Professor Prewett zu tun haben.“
„Arthur Weasley, meinst du? Das ist ihr Schwiegersohn! Aber woher...?“
„Es haben sich welche unterhalten, die ich nicht kenne. Müssen mich für meine Schwester gehalten haben“, log sie. „Bitte, ich bin sicher, es ist ernst!“
„Ich glaube dir – alleine, weil du Arthur Weasley nicht kennen kannst. Ich werde den Auroren Bescheid sagen.“
„Sie wollen Prewett – Professor Prewett – außer Gefecht setzen“, erzählte Rafaela weiter.
„Du scheinst ziemlich genau Bescheid zu wissen. Gut, ich schicke ihr ein Memo und werde auf sie aufpassen.“
„Weißt du, wer dieser Arthur Weasley ist?“
„Er arbeitet in der Abteilung gegen Missbrauch von Muggelartefakten. Und er ist zwar reinblütig, aber einer der größten Gegner dieses Unsinns mit der Reinblütigkeit. Und das ist für Voldemorts Leute schon genug! Und er hat zwei kleine Söhne. Seine Frau, also Professor Prewetts Tochter, ist mit dem dritten schwanger. Der arme Arthur und die arme Molly!“
Rafaela atmete auf, dass der GroĂźvater nicht mehr wissen wollte, wie sie an ihre Informationen gekommen war.
„Meinst du, dass Uriella mehr darüber weiß? Hast du sie gefragt, wie sie darüber denkt?“
Rafaela schĂĽttelte den Kopf.
„Wenn du sie siehst, sag ihr, sie soll hierher kommen!“, befahl er.
Rafaela dachte, dass sie froh sein müsste, wenn Uriella sie nicht töten sollte, wenn sie sich über den Weg liefen.
„Hab keine Angst! Ich werde mich darum kümmern – und Voldemort hat bisher nur zugeschlagen, wo er wenig Gegenwehr bekommen hat. Noch sind seine Leute schwächer als das Ministerium.“ Mehr zu sich selbst sagte er: „Hoffentlich gerät Uri nicht hinein!“
Es tat Rafaela gut, im Büro des Großvaters zu sitzen, dem einzigen Ort, wo sie sich vor der Rache ihrer Schwester sicher fühlte. Was würde passieren, wenn Uriella und Severus sie gemeinsam angriffen? Würde Severus sich erinnern können? Rafaela vertraute darauf, dass ihre Schwester in der kurzen Zeit in Hogwarts wohl kaum so viele Flüche gelernt hatte, dass sie die Abwehrzauber, auf die ihre Mutter so sehr wert gelegt hatte, überwinden konnte, doch ein bisschen Angst hatte sie dennoch: Was, wenn ihre Schwester wirklich Kontakt zu den Todessern hatte? Die wussten sicher noch mehr Flüche.
Erst kurz vor dem Abendessen ging Rafaela in den Gryffindorturm zurĂĽck. Regin merkte, dass es ihr schlecht ging und nahm sie in den Arm. Bei aller Angst, es tat ihr gut, sich fallen zu lassen.
„Was ist mit dir, Schatz?“, flüsterte Regin.
Sie erzählte ihm dasselbe wie dem Großvater. Regin war erschrocken, traute den Slytherins jedoch ‚jede Schweinerei’ zu.
„Dumbledore wird es richten, glaube ich!“, versuchte er, sie zu beruhigen. „Selbst Voldemort traut sich nicht an ihn ran und das hat Gründe.“
Beim Abendessen war Uriella wieder da und ihrer Miene nach zu schlieĂźen, ahnte sie zumindest etwas. Das konnte heiter werden!
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