von soulmade
Kapitel 3: Gedankenlabyrinth
Der eiskalte Strom des Wassers um sie herum schien ihre Gedanken zu kämmen. Mit schnellen, kraftvollen Bewegungen bewegte sich mit geschlossenen Augen fort, sie fühlte die beruhigende Stärke der Wassermassen, wie sie ihren Körper durch den tiefen, bei Abend schwarz glänzenden See trugen. Die Kälte tat ihr gut, löschte die innerliche Glut und füllte allmählich Stück für Stück die Leere auf. Das Gluckern des Wassers schien ihr beruhigend zuzuflüstern. Sie lauschte und Puls verlangsamte sich.
Prustend tauchte sie an der Oberfläche des Sees auf. Sie schien spiegelglatt, kräuselte sich leicht in den letztem Sonnenstrahlen unter den Bewegungen ihres Körpers.
Sie begann zu zittern. Die Kälte kroch ihr langsam und heimtückisch in die Knochen.
Doch hatte auch dieses Gefühl etwas angenehmes, es klärte den Körper, wusch rein von unwichtigen Gedanken.
Schnell stieg sie aus dem Wasser, zog die nasse Unterwäsche aus und schlüpfte in ihre trockenen Klamotten. Mit ihrem dünnen Sommerschal rieb sie ihre Haare so gut es ging trocken, sodass sie nun nur noch in schweren, dunklen Wellen um ihr leicht gerötetes Gesicht fielen. Sie raffte sie zusammen, warf sie sich über die Schultern und setzte sich ins Gras, auf einen der letzten Flecken, die noch von schwachen Sonnenstrahlen geküsst wurden.
Es wehte eine leichte Brise und sie fühlte die feuchte Erde und das warme Gras unter ihren nackten Füßen, merkte wie sich die feinen Häärchen an ihrem Körper zu der späten Abendsonne leicht vom Körper abstanden. Letzte Tropfen des schweren, dunklen Wassers lagen noch immer auf ihrem Gesicht. Oder waren es Tränen? Sie wusste es nicht.
Woher die plötzliche Eingebung kam konnte sie nicht sagen, vielleicht war es ein leises Geräusch gewesen dass ihr in der sonstigen Totenstille unbewusst aufgefallen war.
Ihre Augen suchten für einen kurzen Moment die grüne, blühende Gegend ab, bis sie gefunden hatten wonach sie suchten. Um schließlich vollkommen überrascht zu stocken, bei dem Anblick der sich ihr bot.
„Oh, Hallo Mrs Granger, ihre Instinkte scheinen also noch vorhanden zu sein. Schön, schön...“
Langsam aber energisch löste sich die große, schwarze Gestalt von dem alten, knochigen Baumstamm in dessem Schatten sie gerade noch gelehnt hatte und machte einige Schritte auf sie zu. Seit dem ersten Klang der dunklen Stimme, die Hermine so an schwarze Seide erinnerte, brauchte die junge Griffindor keine Augen mehr, um sich ihrer Vermutung sicherzugehen, jedoch war sie sich jetzt auch beim Anblick der immer schärfer werdenden Konturen der aus dem Schatten getretenen Person sicher, dass niemand geringeres vor ihr stand, als Professor Snape.
Mit in dem leichten Abendwind wehender Robe stand er in gebührendem Abstand ihrer zarten Person gegenüber. Doch die glänzenden, schwarzen Augen ,die gefährlich ruhig auf ihrem nassen Körper lagen, schienen bedrohlich nah.
Das Raubtier, dachte sie. Lauert uns auf um zu töten. Genau im richtigen Moment. Allein und ihm völlig ausgeliefert. Sieht er die Angst in meinen Augen?
„Was machen sie hier?“
Sie hatte diese Frage erwartet und hätte am liebsten schon vorher die Augen geschlossen, um sich so leichter vor dem Klang der kalten, vor Arroganz strotzenden Stimme bewahren zu können. Doch es blieb aus. Wo war die Kälte? Die Arroganz? Sie sah ihm in die Augen, spielte das Beutetier mit dem starken Überlebenswillen.
Der ungewohnt neutrale, beinahe interessierte Klang seiner dunklen Stimme schierte Unsicherheit. Ich begebe mich auf unbekanntes Terrain, ging es ihr durch den Kopf. Es ist leichter zu reagieren, wenn ich weiß, was mich erwartet. Doch was passiert, wenn man meine Taktik mit einem Schlag durcheinander bringt? Dann in ich nackt und unvorbereitet. Unkonzentriert. Umso mehr neuen Angriffen ausgeliefert, jederzeit.
„Was machen sie hier?“
Dumm, schalt sie sich. Eine Frage mit einer Gegenfrage zu beantworten. Es zeigt Schwäche, entblößt die Kehle.
Ein Lächeln zeigte sich auf seinen Zügen. War es tatsächlich echt?
Er kam noch einen weiteren Schritt auf sie zu und schien mit jedem Blick zu regestrieren wie sich ihr Körper spannte.
„Beruhigen sie sich Miss Granger“ Seine Stimme war freundlich, aber dunkel, wie immer.
„Ich frage mich bloß, was eine Schülerin dazu bringen könnte, an einem so wunderbaren Sommerabend nicht gemeinsam mit ihren Freunden unterwegs, sondern stattdessen alleine in einem See schwimmend zu verbringen?“
Sie zuckte mit den Schultern, ihr Blick glitt hinauf auf den schwarzen See und den tiefroten Horizont.
Sie konnte beinahe fühlen wie sich die rechte Augenbraue Snapes in die Höhe hob und er sie musterte. Mit einer Mischung aus Frage und Belustigung.
„Also nichts“, stellte er zunächst trocken fest und verringerte den Abstand zwischen ihnen ein weiteres Mal um einige Zentimeter. Ein kleiner Ast knackte. Ein Vogel zwitscherte.
„Ja“ Mit einem Mal fühlte sie sich müde und erschöpft. Sie gab ihren Beinen nach und setzte sich in das weiche Gras, das ihr leicht an den Beinen stach. Gedankenverloren nestelten ihre Finger an den Grashalmen. Er sagte nichts.
Die Momente der Stille sind die schlimmsten, bemerkte sie. Man weiß nicht was der andere vor hat, man hofft nur auf ein Geräusch, irgendein Indiz dafür, dass er der andere sich als erstes regen würde. Aber es war sie. Warum konnte sie nicht sagen, vielleicht erzählte sie es auch nur sich selbst.
„Es gab Streit. Nein... eigentlich nicht. Wir haben bloß geredet. In Hogsmead.“ Sie stockte, rief sich die Bilder vor ihrem inneren Auge in Erinnerung. „Über den Abschluss, er scheint dieses Jahr das große Thema von allen zu sein“ Sie seufzte eine leises Lachen, sah von den Grashalmen auf, in die wehenden Baumkronen. Ginny hatte Angst vor der Zeit, wenn sie alleine hier sein würde, ganz ohne uns. Ron hat seine Witzchen gemacht. Tom wohl auch...“
„Nur das es kein Witz war“ Sie sah auf. Wann war er ihr so nahe gekommen? Warum hatte sie es nicht gehört. Der wehende Umhang hing über ihr wie ein dunkler Schatten in der Nacht, die schwarzen Augen glichen der Ruhe die seine Stimme gehabt hatte. Es war keine Frage gewesen. Es war eine Feststellung. Das Raubtier, dachte sie wieder. Gleich frisst es mich. Oder nicht? Die Augen waren ruhig wie die glatte Oberfläche des Sees. Hermine wandte ihren Blick erneut ab.
„Ja“, war die einfache Antwort. „Er wollt wissen, wozu er den Abschluss denn jetzt so genau brauchen würde“, schnaubte sie leise. Dann stockte sie.
„Und dann wollte er wissen, wozu uns Frauen das eigentlich so wichtig sei. Wir würden es zu doch nicht mehr als zum Kochen bringen“ Ihre Rede endete so plötzlich wie sie begonnen hatte. War es ihr peinlich was er jetzt denken mochte? War es ihr egal?
„Und was denken sie darüber?“ Da war sie. Die Frage, die sie sich den ganzen Abend nicht zu stellen gewagt hatte. Nun stellte er sie. So treffend und sicher. Der Instinkt eines Raubtiers. Es treibt uns in die Enge.
„Ich denke nicht so“, antwortete sie schließlich nach langem Schweigen.
„Wie denken sie?“
Sie sah ihn an. Nur für einen kurzen, aber wichtigen Moment. Meinte er es ernst? Er regte sich nicht. Aber es stand kein Spott auf seinem Gesicht.
„Ich denke, dass ich es zu etwas bringen kann, dass ich eine intelligente junge Hexe bin“
Ihre Stimme wurde mit jedem Wort fester. Sie sah ihn wieder an. Diesmal etwas länger.
Er sah auf sie herab. „Das ist gut so“ Er nickte, wandte seinen Blick Richtung Himmel.
„Das sind sie, weiß Gott, dass sind sie...“
Er musste ihren erstaunten Blick merken, auch wenn er sie nicht ansah, dachte Hermine. Er musste ihn mit einer solchen Wucht treffen, dass es ihn eigentlich überwältigen sollte.
War es gerade ein Lob aus seinem Munde gewesen?
„Lachen sie ruhig“ Seine Stimme war ruhig. „Es ist so. Und daran ändert auch kein unüberlegter, dummer Kommentar etwas. Aber denken sie daran. Intelligenz besitzt man nur dann, wenn man sie auch nutzen kann“ Er wandte sich zum Gehen.
„Danke“
Sie war aufgestanden, ihre Stimme nur leise, flüsternd, aber klar. Und dankbar.
„Danke für alles“
„Für was?“ Seine Augen ruhten af ihr.
„Sie haben mir zugehört“
Jetzt hielten ihre Augen denen des Raubtiers stand. Für einen Moment hatte es an Furcht verloren, es war in einen Käfig gesperrt.
„Das hätte jeder tun können“
„Nein. Sie haben darüber nachgedacht“
Er nickte. Dann wehte der Umhang und das Tier zog den Rückzug an.
„Professor?“ Sie wusste nicht, woher der verrückte Gedanke kam, aber es war eine impulsive Handlung. Er drehte seinen Kopf, eine Geste, die das Sprechen erlaubte.
„Meinen Sie, Tom und ich...“
Er hob die Hand.
„Nein“ Es war, als fiele ein Grauschleier über seine harten Züge.
„Hermine, das Thema heißt wohl Liebe? Was fragen sie dazu mich?“
Das war das letzte was sie von seiner tiefen, samtenen Stimme hörte, bevor das schwarz seiner Robe mit dem schwarz der Ländereien verschwamm.
Wie ein Raubtier, dachte sie. Gefährlich und mächtig. Aber scheu wie wir eigentlich alle und durch das kleinste aber effektivste Geräusch in die Flucht zu schlagen.
Eine winzige Glasscherbe war zersprungen. Es hatte einen Riss. Konnte man ihn kitten, oder war es ein einmaliger Einblick in das tiefe Schwarz der Seele eines wilden Tieres?
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