von soulmade
Kapitel 6: Abhängigkeit
Noch nie hatte ein einziger Kuss ihr Inneres so zum Glühen gebracht wie in diesem Augenblick. Sie hörte das Blut in ihren Adern rauschen, wie es ihr durch den Kopf schoss und die Sinne betörte.
Sein männlicher Duft stieg ihr berauschend in die Nase, sein Geschmack brannte auf der Zunge. Es war ihr egal was sie tat und wer er war. Es tat ihr gut.
Mit fahrigen Händen fuhr sie über den rauen Stoff seiner Robe, strich die hart bebende Brust auf und ab, bis sie die kalten Knöpfe unter ihren Fingern spürte. Ungeduldig wanderten ihre Finger tiefer und legten mit jedem Knopf einen weiteren Zentimeter seiner nackten Haut frei.
Die Mukelfasern, die sich auf seinem sehnigen, nackten Oberkörper abzeichneten bebten.
Glühend heiß fühlte sie die schwülstigen Wunden des Krieges unter ihren zarten Fingern, merkte wie seine starke Hand sich einen Weg zu ihrem Rücken bahnte...
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Gut und Böse stößt sich ab.
Genau wie Sie und Ich.
Sie haben in meinem Leben
nichts verloren Löwin.
Was haben Sie erwartet?
S.S.
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Heiße Tränen brannten auf ihrem Gesicht als sie die geschwungene Handschrift auf dem Fetzen Pergament las. Waren es Tränen der Trauer oder der Scham? Was hatte sie getan?
Bittere Tränen färbten die glänzende Satinbettwäsche tiefschwarz. Eingehüllt in schwarzen Laken, die ihr gestern noch so viel Wärme geschenkt hatten und sich jetzt nur noch eisig um ihre Haut geschlungen, saß sie in seinem Bett, der schwere Himmel drückte auf ihr Gemüt.
Sie war einsam und allein. Vorsichtig, mit einem unwirklichen Gefühl fuhr Hermine sich mit zitternden Fingern über die geschwollenen Lippen. Hatte es diese harten, verlangenden Küsse wirklich gegeben? Waren die Lodernden wirklich echt gewesen?
Sie fröstelte, stieg beschämt aus dem Bett, wickelte die schwere Bettdecke schützend um ihren Körper, stieg in ihre Klamotten, die jetzt feinsäuberlich zusammengelegt auf einem kleinen Hocker lagen und drehte sich ein letztes Mal mit einem ungläubigen Kopfschütteln in der offenen Tür um, die einen warmen, gemütlich aber prunkvoll eingerichteten Raum verbarg, den sie so nie erwartet hätte.
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Was war eigentlich Normalität? War es Normalität, wenn man sein Leben nach Außen genauso weiterlebt, wie bisher? Wenn sich augenscheinlich nichts verändert hat? Ist es Normalität, wenn es auch für die besten Freunde nicht mehr wunderlich ist, wenn di einst so lebensfrohe, junge Hexe sich innerhalb weniger Monate so veränderte? Ist es Normalität, wenn man morgens einfach aufhört, über sein eigenes Spiegelbild den Kopf zu schütteln? Ist es Normalität, wenn man sich einredet, dass sie es ist?
Was war nur passiert mit ihr? Warum musste es soweit kommen? Warum musste sie sich so weit erniedrigen? Wo waren ihre Moralvorstellungen und ihr Mut?
Sie erinnerte sich an diesen Tag, als wäre die Erinnerung nicht bereits einige, wenige Monate alt. Noch immer war keine Sekunde von ihr in ihrem Kopf verblasst. Noch immer waren die schwarzen Augen genauso stechend...
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Wie sie ihm weiterhin verlogen in die Augen schauen konnte, dass wusste sie nicht. Sie wusste nur, dass wenn man es musste, alles möglich war.
Während er mit tiefer Stimme in den Kellergewölben auf und abging, das monotone Flüstern den Raum erfüllte und nur das leise Knistern des Feuers zu hören war, fiel es der jungen Hexe zunehmens schwerer, das Bild des hinterhältigen, gefühlskalten Professors mit dem verständnisvollen Zuhörer und leidenschaftlichen Liebhaber in Einklang zu bringen.
„Wie war es möglich...?
Jede Stunde aufs neue umklammerten ihre zarten Finger den dünnen Fetzen Pergament, den er ihr damals zurückgelassen hatte. Er war verknickt und zerrissen, aber die Schrift war so klar und schwarz wie eh und je.
Ja, so war es jede Stunde gewesen, bis zu dem Moment, als dieser Zettel ihr aus den Händen und auf den kalten Steinfußboden glitt... und sie für seine Augen zu spät reagierte.
Die Klasse war totenstill gewesen, alle Augenpaare waren auf sie gerichtet. Doch der erwartete Ausbruch kam nicht. Die schwarzen Augen glitten über das Pergament, seine schwarzen Augen trafen die ihrigen. Das war alles was passierte und trotzdem war dieser Augenblick so intensiv, das ihr gesamter Körper vibrierte und sie schließlich seinem Blick nicht standhalten konnte, und beschämt zu Boden sah.
Als wenige Minuten später nur noch sie, allein vor seinem schweren Pult stand, empfand sie keine Scham oder Wut. Alles was sie empfunden hatte, war eine große, innere Leere.
Sie wusste nicht was sie erwartete, und was er überhaupt noch von ihr wollte. Nur noch ein Funken von Stolz und Selbstsicherheit glimmte in ihr... den sie genau in dem Moment verlor, in dem sie seine sanfte Frage traf wie ein Blitz.
„Bereust Du es?“
Sieh sah auf. In zwei große schwarze Augen. Doch da war nichts wütendes, nichts angespanntes in den Augen des älteren Zauberers, der sich vor ihr auf sein Pult gesetzt hatte und sie unverwandt ansah. Könnte sie doch einmal wissen, was in ihm vorging...
Doch würde es etwas ändern? Würde es etwas ändern, wenn sie ihn anlog? Sie würde sich nicht noch mehr selbst verraten, als sie es schon getan hatte.
„Ja“ Sie nickte. Jeden Tag aufs neue bereute sie es, jeden Tag, wenn sie ihr eigenes Spiegelbild sah und überlegte warum. Immer wenn sie sich fragte, welche der beiden Seiten weniger gespielt war.
Sie sahen sich noch immer in die Augen. Er zeigte keine Regung. Nicht ein Muskel seines Gesichtes zuckte, seine Brust hob und senkte sich bloß gleichmäßig unter seiner schweren Robe.
„Würdest Du es wiedertun?“
Seine Stimme klang müde, fast erschöpft.
In ihrem Kopf herrschte ein einziger, dicker Nebel, dessen sie zu lichten nicht im Stande war.
Stumme, heiße Tränen rannen ihr über das Gesicht, als sie langsam nickte.
Sie höre nur das Rascheln seiner Robe, da stand er auch schon vor ihr. Groß und... irgendwie ungläubig. Er musterte sie, fuhr mit einem Finger langsam die Konturen ihres Gesichts nach, während sie sich unverwandt in die Augen sahen und Hermine den betörenden Duft des Mannes vor sich einatmete. Die Spuren, die seine rauen, warmen Hände auf ihrem kalten Gesicht hinterließen wie glühten wie Feuer, brannten sich wie Narben in ihr Gedächtnis ein. Er hob sanft ihr Kinn, zwang sie zu ihm aufzusehen, während ihre heißen Tränen auf den schwarzen Stoff seiner Robe tropften. Ihre Augen glänzten, sahen ihn fragend an.
Ein leichtes Grinsen stahl sich auf seine Züge. Und in diesem Moment merkte sie, wie alles kippte. Die Züge wurden hart, er beugte sich herunter, zwang ihr einen kurzen Kuss auf die Lippen, ließ von ihr ab und stand auch schon mit wehendem Umhang in der Tür zu seinen Gemächern und lächelte zynisch. Mit einer einladenden, demonstrativen Geste, verbeugte er sich, sah ihr ein weiteres Mal kurz in die Augen bis er flüsterte:
„Sie sind willkommen Miss. Entweder jetzt für eine lange Zeit... oder nie mehr. Es ist Ihre alleinige Entscheidung“
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Sie war gegangen. Sie hatte seine harten, fordernden Berührungen genossen, die nur in Augenblicken höchster Hingabe wiedereinmal zärtlich wurden, hatte ihm gehorcht und sich begehrt gefühlt, gegen jegliche Vernunft. Und sie war geblieben... bis jetzt.
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