von Lilienblüte
Kapitel 1 - The noble and most ancient family of Black
Cygnus Black mochte Sonntage nicht. Besonders schlimm waren jene Sonntage in den Ferien, denn dann waren alle drei seiner Töchter anwesend und früher oder später würden zwei der Familienmitglieder aneinander geraten. Zu viele Personen unterschiedlichen Charakters wohnten in diesem Haus.
Während die Hauselfen Porridge und Würstchen servierten, ließ Cygnus Black seinen Blick über den Tisch schweifen: Am Kopfende saß Pollux Black, sein Vater, der noch immer das unumstrittene Oberhaupt der Familie war. Pollux war trotz seiner beinahe sechzig Jahre noch sehr rüstig. Zwar hatte er bereits angegrautes Haar, doch waren zwischen den grauen Haaren noch einige schwarze Strähnen zu erkennen. Auch sein Gesicht wirkte noch nicht sonderlich alt und Pollux konnte immer noch attraktiv auf so manche Frauen wirken, wenn er es darauf anlegte. Seine Augen waren grau und eisig. Pollux war ein sehr strenger, älterer Herr und Cygnus empfand es beinahe als Strafe, dass er als Pollux‘ älterer Sohn das Familienanwesen erbte, was nämlich leider auch bedeutete, dass seine Eltern zu Lebzeiten noch bei ihm wohnten. Sein Vater, noch ganz ein Herr der alten Schule, und er, der in seinen Denkweisen doch schon etwas aufgeschlossener und moderner war, stritten oftmals und das, obwohl Cygnus eigentlich ein recht friedliebender Mensch war.
Zu Pollux‘ Rechten saß seine Frau Irma, der man im Gegensatz zu ihrem Mann ihr fortgeschrittenes Alter schon ansah. Sie hatte nur noch schütteres graues Haar, ihr Gesicht war eingefallen und faltig. Das Einzige, was von ihrer früheren Schönheit geblieben war, waren ihre kristallblauen Augen. Die Augen, mit denen sie in früheren Tagen Pollux verzaubert hatte. Irma Black war nicht nur äußerlich schon alt, auch geistig war sie nicht mehr auf der Höhe. Sie konnte kaum noch hören und sehen, und war äußerst vergesslich. Vielleicht war das alles eine Folge ihrer Ehe mit dem eiskalten Pollux, eine Ehe, die bei einer so herzensguten Frau wie Irma, zwangsläufig ihre Narben hinterlassen haben musste.
Neben seiner Mutter saß Cygnus selber, und neben ihm seine Gattin Druella. Druella war blond und blauäugig, hatte ein hübsches Gesicht und trotz der drei Geburten, die sie hinter sich gebracht hatte, eine sehr schlanke Figur, die mithilfe eines Korsetts meistens noch schmaler wirkte. Seine Freunde bewunderten und verehrten seine Frau und Cygnus war stolz auf sie.
Neben seiner Frau saß Alphard, sein jüngerer Bruder. Cygnus konnte nie sagen, ob ihn die Anwesenheit seiner Eltern oder die seines Bruders mehr störte. Alphard war klein und mollig, er hatte mausgraues Haar und braune Augen. Alphard war mit vierzig Jahren noch immer unverheiratet, und wie Cygnus über seinen Bruder zu sagen pflegte, würde „es wohl ewig so bleiben, da es keine Frau geben konnte, die derart verzweifelt war“.
Auf der Cygnus gegenüberliegenden Seite saßen seine drei Töchter. Bellatrix war die größte und älteste der drei Schwestern. Sie hatte das dunkle Haar ihres Vaters geerbt, was ihr lockig über die Schultern fiel. Sie war kein bisschen eitel und vergeudetete ihre Zeit nur ungern mit Frisuren oder Make-Up. Bellatrix war seine Lieblingstochter, er schätze sie, weil sie stark und eigenwillig war. Cygnus entdeckte immer viel von sich in ihr. Sie hatte die Schule bereits vor knapp zwei Jahren beendet und arbeitete seitdem in einer Apotheke in der Nokturngasse. Zaubertränke war schon in der Schule ihr bestes Fach gewesen, und sie hatte dieses Fach so lieb gewonnen, dass sie es zum Beruf gemacht hatte.
Seine zweitgeborene Tochter, Andromeda, hatte braunes Haar und grüne Augen. Sie kam ganz nach seiner Großmutter Violetta, die seit Generationen die einzige braunhaarige Black gewesen war. Genau wie Bellatrix machte sie nie viel Aufhebens um ihr Aussehen. Sie hatte glatte Haare, die sie entweder offen oder zu einem einfach Zopf zusammen gebunden trug. Make-up benutzte sie, genauso wie Bellatrix, nur bei Bällen und Empfängen und nur äußerst selten im Alltag. Auch Andromeda mochte Cygnus sehr gerne. Sie war immer nett und zuvorkommend und die pflegeleichteste seiner Töchter. Mit ihr gab es fast nie Ärger. Andromeda würde im September ihr letztes Jahr in Hogwarts beginnen. Wie schon Bellatrix war sie eine äußerst gute Schülerin und ihre Eltern hatten jeden Grund stolz auf sie zu sein.
Neben Andromeda saß Cygnus‘ Jüngste, Narcissa, die gerade mit einer perfekt vollendeten Bewegung die Gabel zum Mund führte. Narcissa kam voll und ganz nach ihrer Mutter. Sie hatte langes blondes Haar und hellblaue Augen. Narcissa war ihr Äußeres sehr wichtig. Auch heute hatte sie ihre Haare zu einer eleganten Hochsteckfrisur gesteckt, als einzige der drei Schwestern trug sie jeden Tag Make-Up, obwohl dies bei ihrer makellosen Haut kaum von Nöten war. Narcissas Gesicht ähnelte dem ihrer Schwestern, doch hatte es ein wenig feinere Züge als die der Schwestern. Narcissa war trotz ihrer erst fünfzehn Jahren der Mittelpunkt jeder Gesellschaft und jedes Balles. Seine Freunde sagten ihm wieder und wieder, wie stolz er auf seine jüngste Tochter sein konnte und es gab schon einige Anfragen der reichsten Zaubererfamilien Englands, wann er seine jüngste Tochter zu vermählen gedenke.
Cygnus jedoch war es gar nicht so lieb, dass seine jüngste Tochter dermaßen hübsch war, denn Narcissa waren die vielen Schmeicheleien und Komplimente zu Kopf gestiegen und war eingebildeter geworden, als es ihr gut tat. Dies führte in der letzten Zeit auch immer wieder zu Streit zwischen den drei Schwestern. Aber Cygnus konnte sagen, was er wollte, seine Frau bevorzugte und verwöhnte die Jüngste ständig, denn Narcissa war der ganze Stolz seiner Frau. Im Gegensatz zu ihm mochte sie das rebellische Wesen Bellatrix‘ und die kecke Art Andromedas nicht und versuchte sie ihnen ständig auszutreiben, was jedoch misslang. Andromeda und Bellatrix waren beide frei denkenden Geister und hielten sich auch in der Gesellschaft mit Äußerungen niemals zurück.
So verschieden, wie die Bewohner des „Maison toujours pur“ waren, war es wirklich nicht weiter verwunderlich, dass Cygnus Black an diesem Sonntag im April des Jahres 1971 über ein, bis zu diesem Zeitpunkt, ruhiges Frühstück sehr erleichtert war. Noch hatte sein Vater keinerlei abfällige Bemerkungen über die Vergesslichkeit Irmas gemacht, über das schlechte Benehmen einer seiner Töchter oder über die schlechte Haltung von Alphard, Themen, die er immer wieder gerne beim Essen ansprach und die meist den Ausgangspunkt für einen Streit bildeten. Es musste etwas äußerst Interessantes im Tagespropheten stehen, dachte sich Cygnus, denn sonst hätte sein Vater schon längst angefangen, an einer der anwesenden Personen Kritik zu üben. Und seine drei Mädchen vertrugen sich an diesem Morgen auch verhältnismäßig gut, zu größeren Streitereien zwischen Bellatrix und Narcissa war es noch nicht gekommen.
Doch mit dem nächsten Satz, den seine Frau von sich gab, zerstörte sie Cygnus Illusion eines friedlichen Frühstücks: „Ich denke jetzt, da du zwanzig Jahre alt wirst, sollten wir uns nach einem geeigneten Mann für dich umsehen, Bella.“
Cygnus hatte gewusst, dass seine Frau eine mögliche Vermählung Bellatrix‘ bald ansprechen würde, allerdings hatte er die Hoffnung gehegt, sie würde noch ein wenig warten. Immerhin hatte er seine Zustimmung in jener Angelegenheit erst am gestrigen Abend gegeben. Doch nun einmal ausgesprochen gab es kein Zurück mehr. Angstvoll blickte er zu seiner älteste Tochter und wartete auf ihre Reaktion.
Bellatrix verschluckte sich an ihrem Kürbissaft, Andromeda schlug ihr auf den Rücken. Ungläubig und vollkommen entsetzt, starrte sie ihre Eltern an: „Ihr wollt mich -verheiraten?“
Druella nickte: „Natürlich, Bella. Was dachtest du, wie lange du damit noch warten kannst? Ich war schon der Meinung, dass du heiraten solltest, als du mit deinem UTZ fertig warst, da ich es nicht verstehen kann, zu welchem Sinn und Zweck ein junges Mädchen wie du anfängt zu arbeiten.“
Hilfe suchend sah Bellatrix zu ihrem Vater: „Dad, das ist nicht euer Ernst. Das könnt ihr mit Andy und Cissy machen, wenn es so weit ist, aber nicht mit mir.“
Bellatrix war immer davon ausgegangen, ihren Beruf auch in der Zukunft ausüben zu können und nicht ein gelangweiltes Leben an der Seite irgendeines Mannes führen müsste, für den sie vermutlich weder Zuneigung noch Achtung empfinden konnte.
Cygnus war es auch gar nicht Recht, dass seine Älteste, seine Lieblingstochter, jetzt den Weg einschlagen sollte, den jede reinblütige Hexe irgendwann einschlug. Bellatrix war für ihn einfach etwas Besonderes und er hatte sich lange gegen ihre Verheiratung gesträubt. Letzten Endes hatte er seiner Frau aber doch nachgegeben.
„Die anderen Familien finden es schon merkwürdig, dass Bellatrix immer noch arbeitet. Sie ist bald zwanzig Jahre alt- kaum eine Hexe - es sei denn, sie ist auf eine Art und Weise entstellt - ist mit zwanzig Jahren noch unverheiratet“, hatte sie gesagt.
„Du hättest sie am liebsten direkt nach der Schule einem Mann gegeben.“
„Natürlich. So wie es alle anderen Mütter auch tun. Du hast mich davon abgehalten, aber ich möchte nicht, dass Bellatrix bald zum Gegenstand ungewünschten Tratsches wird. Cygnus, wenn du sie so gern hast, kannst du das auch nicht wollen.“
„Es liegt keineswegs in meiner Absicht, dass Bella zu einer Verstoßenen wird, liebste Frau. Aber ich möchte, dass meine Töchter einmal aus Liebe heiraten und nicht aus gesellschaftlichem Zwang heraus.“
Druella hatte diesen Einwand beiseite gewischt. „Liebe. Liebe stellt sich nach der Ehe früh genug ein. Das hat bisher in jeder reinblütigen Ehe funktioniert. Bella soll doch nicht so enden wie dein Bruder, Cygnus, oder?“
Dieses Beispiel war abschreckend genug gewesen und nach einer weiteren Diskussion hatte er schließlich dem Vorschlag seiner Frau zögernd zugestimmt, unter der Bedingung, dass Bella die größtmöglichste Auswahl hatte und selber bestimmen konnte, wen sie heiratete. Er wollte seine Bella schließlich nicht unglücklich machen.
„Ich will nicht heiraten!“ Wütend sprang Bellatrix vom Tisch auf. „Das könnt ihr nicht machen!“
„Bella, setz dich wieder hin.“ Cygnus konnte es nicht ausstehen, wenn seine Töchter aufstanden, bevor das Essen beendet war. Dies verstieß gegen die Benimmregeln, die seinen Töchtern seit ihrer frühesten Kindheit beigebracht worden waren.
„Du bist eben schon spät dran für eine reinblütige Hexe. Deine Mutter war in deinem Alter bereits mit dir schwanger“, bemerkte Pollux Black tadelnd. Ihm war dieser Plan noch gestern von einer freudestrahlenden Druella mitgeteilt worden, die unendlich froh gewesen war, endlich die Zustimmung ihres Mannes erhalten zu haben.
„Daran ist sie selbst Schuld! Ich werde nicht heiraten und Kinder kriegen werde ich erst recht nicht!“
„Hört, hört. Und was gedenkst du mit deinem Leben anzufangen, Bellatrix?“, stellte Pollux diese rein rhetorische Frage an seine Enkeltochter. „Willst du etwa so enden wie mein missratener Jüngster? Vierzig Jahre alt und weder Ehefrau noch Kind, nichts im Leben erreicht, was einen Sinn hätte?“ Alphard Black sank auf seinem Platz zusammen und wagte nichts zu sagen. Sein Vater machte wenig Hehl aus der Tatsache, dass er seinen jüngsten Sohn als Belastung ansah, da dieser weder in der Lage gewesen war, eine Frau zu finden, noch den einzig anderen akzeptablen Weg eingeschlagen hatte, beruflichen Erfolg. Alphard Black arbeitet für die Zaubererbank Gringotts, und war aufgrund seiner niedrigen Stellung und seiner abendlichen Besuche im Tropfenden Kessel oder im Eberkopf nicht einmal in der Lage, sich selbst zu versorgen, sondern lebte auf Kosten seines Vaters und seines älteren Bruders. Sich auf seinen Schinken konzentrierend, versuchte Alphard wohl so zu tun, als hätte er die letzte Bemerkung von Pollux nicht gehört: Cygnus wusste, dass seinen Bruder jede Bemerkung ihres Vater tief traf. Nicht, dass Cygnus nicht die Meinung seines Vaters über Alphard teilte, Cygnus empfand wie alle in der Familie weder Zuneigung noch Mitgefühl für Alphard Black, und betrachtete ihn als eine gescheiterte Persönlichkeit, allerdings fand er es nicht in Ordnung von seinem Vater, dass dieser Alphard immer wieder vor der gesamten und Familie und besonders vor den Kindern so bloß stellte.
„Wie Onkel Alphard werde ich sicher nicht enden. Ich habe schließlich weder fettiges Haar, noch muss ich mich aus Frust jeden Abend besaufen, weil ich mein Leben nicht auf die Reihe kriege“, fauchte Bellatrix, um dann hinzuzufügen: „Aber ich lasse mir auch nicht von euch in meine Zukunft reinreden. Es ist mir vollkommen egal, ob alle Hexen in meinem Alter verheiratet sind und was normalerweise üblich ist. Ich bin mit meinem Leben zufrieden, so, wie es jetzt ist und verspüre derzeit nicht den Drang, das zu ändern. Ich werde nicht heiraten und damit müsst ihr euch wohl abfinden.
„Ich weiß gar nicht, warum du dich so aufregst“, meldete sich die Jüngste der Blackschwestern zu Wort. „Ich würde gerne sofort heiraten, aber ich muss ja noch drei Jahre zur Schule gehen, obwohl ich wirklich nicht weiß, was mir das bringt, wenn ich ohnehin eines Tages reich heiraten werde.“
Druella strich Narcissa über ihr langes, blondes Haar: „Nimm dir mal ein Beispiel an deiner jüngeren Schwester, Bella. Narcissa würde mir nie widersprechen. Überhaupt solltet ihr beide einmal versuchen, mehr zu sein wie sie.“
Als Andromeda, die bisher zu diesem Thema geschwiegen hatte, Narcissas engelsgleiches Lächeln wahrnahm, verdrehte sie genervt die Augen und sagte: „Natürlich! Wir werden beide versuchen, so perfekt zu sein, wie deine kleine, süße Narcissa, Mum!“
Bella grinste bei den spöttischen Worten ihrer Schwester. Andromeda war einer der wenigen Menschen, mit denen Bellatrix klar kam. Während sie ihre kleinste Schwester gerne als „kleines Biest“ oder „Giftschlange“ bezeichnete, hatte sie Andromeda ehrlich gern. Beide ließen sich nichts sagen und brachten ihre Eltern, insbesondere ihre Mutter, damit regelmäßig zur Weißglut.
„Andromeda, du hörst sofort auf, so mit deiner Mutter zu reden. Bella, du setzt dich jetzt augenblicklich hin, oder es passiert etwas“, ermahnte Cygnus seine beiden Töchter.
Bella und Andromeda wussten, dass mit ihrem Vater nicht mehr zu spaßen war, wenn er einmal lauter wurde und befolgten seinen Befehl, obwohl sie beide so aussahen, als hätten sie noch eine Menge zu sagen.
„Erkläre Bellatrix einmal genau, was du vorhast, Druella. Wir haben nämlich keineswegs vor, dich an einen Mann zu verheiraten, den du nicht magst. Du hörst jetzt zu und unterbrichst deine Mutter nicht, Bella, und dann sagst du uns einmal in Ruhe, was du von der Idee hältst.“
Druella strahlte ihre Tochter an, sie war ganz in ihrem Element. Seit drei Jahren wünschte sie sich nun schon, ihre Älteste zu verheiraten und nun endlich hatte sie die Erlaubnis dazu. „Ich dachte mir, wir werden zu deinem Geburtstag einen großen Ball geben. Wir haben für diesen Ball alle reinblütigen, heiratsfähigen Männer eingeladen und du hast die Möglichkeit dich für einen dieser Männer entscheiden.“
Für die restliche halbe Stunde kam kein anderer mehr zu Wort, denn Druella beschrieb detailverliebt und genau, wie sie sich den Ball vorstellte und wen sie einzuladen gedachte. Cygnus konnte schon nach kurzer Zeit sein Gähnen nicht mehr Zurückhalten. Und während er an seiner zweiten Tasse Kaffee des Tages nippte, betrachtete er leicht amüsiert die Miene seiner Ältesten, die, je länger Druella sich in ihre Begeisterung herein redete, sich immer mehr verfinsterte. Sie wusste ebenso wie er, dass Druella nun nicht mehr locker lassen würde, bis Bellatrix unter der Haube war.
Doch es sollte alles anders kommen, als Druella plante… .
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