„,Der Elderstab kann mir nicht richtig dienen, Severus, weil ich nicht sein wahrer Meister bin. Der Elderstab gehört dem Zauberer, der seinen letzten Besitzer getötet hat. Du hast Albus Dumbledore getötet. Solange du lebst, Severus, kann der Elderstab nicht wahrhaft mir gehören.’
,Herr!’, protestierte Snape und hob seinen Zauberstab.
,Es gibt keinen anderen Weg’, sagte Voldemort. ,Ich muss den Zauberstab bezwingen, und dann werde ich endlich Potter bezwingen.’“ (aus: Harry Potter und die Heiligtümer des Todes, S.664, von Joanne K. Rowling, ins Deutsche übersetzt von Klaus Fritz, erschienen im Carlsen-Verlag)
Dann jagte Voldemort Snape im wahrsten Sinne des Wortes Nagini auf den Hals, die den wehrlosen Snape biss und dann an die Seite ihres Herrchens zurückkehrte und wieder von der schützenden Sphäre umgeben wurde. Voldemort, der sich Snapes Tod sicher war, verließ die Hütte nun mit dem Elderstab, der ihm – wie er dachte – jetzt voll und ganz gehorchte.
Snape indes stöhnte. Aber er hatte so etwas schon fast erwartet. Dumbledore hatte ihn vor der Schlange gewarnt, ihm klar gemacht, dass Voldemort beim Streben nach Macht vielleicht auch vor ihm nicht Halt machen und ihn töten würde, wenn er es für nötig erachtete. Deswegen hatte der ehemalige Schulleiter ihn davon überzeugt, einige Sicherheitsmaßnahmen zu befolgen. Dazu gehörte, das ein oder andere Mittel gegen verschiedene Flüche bereitzuhalten, aber auch ein Gegengift, was ihn im Falle des Falles nach einem Angriff Naginis das Leben retten könnte. Anscheinend hatte der alte Herr Recht gehabt. Das Problem war nur, dass Severus Snape durch die Attacke der Schlange zu schwach war, um an das kleine Fläschchen in den Tiefen seines Mantels zu kommen... Er versuchte es mit aller Kraft, aber er schaffte es nicht und verzweifelte schon an der augenscheinlich leichten Aufgabe.
Harry Potter hatte das Schauspiel die ganze Zeit beobachtet und sah nun wie sein ehemaliger Zaubertrankprofessor, der verhasste Feind, verkrampfte. Er wusste nicht, warum er das tat. Warum er sich nicht einfach umdrehte und Snape hier liegen ließ. Aber er schob die Kiste, hinter der er sich versteckt hatte, weg, kletterte in den Raum und nahm den Tarnumhang ab. Snape, der noch blasser als sonst war, schien erleichtert, jemanden zu sehen. An seinem Hals klaffte eine tiefe Wunde, aus der viel Blut floss. Er flüsterte:
„Hilf mir…bitte“.
Aber Harry wusste gar nicht, wie er das überhaupt anstellen sollte und antwortete:
„Warum sollte ich Ihnen helfen?! Sie haben mir, immer wenn es Ihnen möglich war, das Leben zur Hölle gemacht und“, Harry holte Luft, „Sie haben Dumbledore getötet!!!“
Snape flüsterte ein kaum hörbares „nein…“, zeigte mit einem Finger kraftlos in Richtung seines Mantels und schaute Harry flehend an. So hatte Harry ihn noch nie erlebt… Irritiert griff er ihm in den Mantel und spürte etwas Hartes in seiner Hand. Er zog es heraus und erkannte in dem schummrigen Licht der Heulenden Hütte, dass es ein kleines Fläschchen war. Snape bedeutete ihm mit einem Blick, dass es das war, was er sich als Hilfe erhofft hatte. Harry öffnete es, führte die Öffnung an Snapes Mund und goss den Inhalt hinein.
Ein paar Sekunden verstrichen. Harry war sich immer noch nicht im Klaren, was er hier eigentlich tat. Er sollte dort draußen sein und kämpfen, seinen Freunden helfen und den letzten Horkrux – Nagini – vernichten. Aber nein, er musste ja hier unbedingt das Leben seines Feindes retten – wenn der Trank das überhaupt schaffen sollte. Typisch Harry und sein Heldendings!
Dann sah er aus dem Augenwinkel eine Bewegung und drehte sich blitzschnell um, den Zauberstab bereit. Es war aber nur Snape, der sich jetzt regte und der auch wieder ein wenig mehr Farbe im Gesicht hatte. Harry hatte schon gedacht, Snape würde die Situation ausnutzen um ihn anzugreifen und zu Voldemort zu schleppen. Jedoch hatte er sich diesmal getäuscht. Sein Lehrer begutachtete nur seine Wunde, die langsam zuzuheilen schien. Anscheinend kam er auch langsam wieder zu Kräften, weil er versuchte sich aufzurichten, was ihm nach kurzer Zeit auch gelang. Und alsob da draußen auf den Schlossgründen nicht Krieg herrschen würde, ging er in einer Himmelsruhe zum nahe gelegenen Tisch und setzte sich auf einen Stuhl. Das war wohl bequemer als auf dem staubigen Boden zu kauern.
Harry schaute ihm mit einem verwunderten Blick hinterher und wollte sich schon umdrehen, um zu verschwinden bzw. zu Hermine und Ron zu gehen, die immer noch im Gang zur Hütte ausharrten und die beiden wahrscheinlich beobachteten, als Snape sagte:
„Vielen Dank, Potter. Sie haben nicht weniger als mein Leben gerettet und deshalb schulde ich Ihnen jetzt etwas.“
Er taxierte Harry, der verwirrt aussah und nicht ganz bei der Sache zu sein schien, einen Moment und sprach dann weiter:
„Und zwar ein paar Antworten“.
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