von Federflügel
Hallo liebe Leser!
Tut mir leid, dass ich euch so lange hab warten lassen. Bestimmt habt ihr nun schon etliche andere Nach-dem-Krieg-Geschichten gelesen.
Ich wollte aber zuerst meine Liebesbriefe fertig stellen und hatte dann auch noch einiges mit Wichteln zu tun. Von so Nebensächlichkeiten wie Vorweihnachtlichem Schulstress und vor allem Weihnachten selbst mal abgesehen.
Ich hoffe nun, dass ihr wieder miteinsteigt und mich fleißig durch Kommis zum Weiterschreiben animiert. Momentan häng ich einfach ein bisschen in der Luft damit.
Also nun viel Spaß mit dem folgenden Chap.
Euer Federflügel
***********************************************************
„Das ist keine leichte Entscheidung.“, sagte Hermine. Ron sah sie erstaunt an. „Dass das gerade du sagst, Hermine. Für dich war die Schule, der Abschluss doch immer das Wichtigste.“, sagte er. „Naja, im letzten Jahr habe ich gelernt, dass es noch sehr viele andere Dinge auf der Welt gibt. Außerdem kann man auch lernen, wenn man nicht die Schule besucht. Wir zumindest, weil wir volljährig sind.“, antwortete Hermine ihrem Freund. Sie war mit Ron so versunken, dass sie nicht bemerkten, wie Harry und Ginny sich absichtlich zurück fallen ließen und schließlich eine ganz andere Richtung einschlugen.
„Du hättest natürlich die Energie, dir selbst alles nötige beizubringen, aber weder ich noch Harry können das. Wir brauchen jemanden, der uns alles beibringt.“, entgegnete Ron.
„Aber sei doch mal ehrlich: Kannst du hier noch lernen, wenn du weißt, was hier alles geschehen ist?“
„Ich werde wohl müssen, genauso wie alle anderen, die nicht die Wahl haben, so wie wir. Überleg doch mal: die ganzen jüngeren Schüler, die hier auch Geschwister oder Eltern verloren haben, die müssen doch auch hier zur Schule gehen. Und die haben es bestimmt nicht leichter als wir.“
„Ron“, flüsterte Hermine, „du hast dich sehr verändert.“ Sie lächelte und ging auf ihn zu. Wie schon so oft in den letzten Tagen küssten sie sich zärtlich.
„Da kann ich aber froh sein, oder?“, fragte er mit einem schelmischen Lächeln.
„Ja, aber ich hätte dich auch anders genommen.“, antwortete Hermine.
„Ich würde gerne in Hogwarts bleiben und das siebte Jahr nachholen, aber ohne dich werde ich das nicht tun. Ohne dich ist es hier nicht auszuhalten.“, meinte Ron.
„Gut, dann bleiben wir hier. Hier bekommt man sein Essen wenigstens gekocht und muss sich nicht neben dem Lernen noch mit Haushalt herum schlagen.“
„Dass ausgerechnet du diesen Vorteil erkennst, hätte ich nicht gedacht.“
„Oh, nur keine falschen Hoffnungen machen, Ron Weasley, die Hauselfenrechte will ich immer noch ausweiten. Aber ich will einfach nicht noch so ein Jahr wie das letzte. Wenn man einmal sein Essen selbst machen musste, weiß man so etwas einfach zu schätzen.“
Ron fühlte sich durch diese Worte wieder an seine große Dummheit vom letzten Jahr erinnert und brummelte etwas Unverständliches.
„Dann ist es also beschlossen: wir bleiben hier!“, fasste Hermine noch einmal zusammen, „Und Harry, ihr?“ Sie drehte sich um, aber Harry und Ginny waren verschwunden. Verdutzt hielt sie inne.
„Die werden wohl ihre eigenen Angelegenheiten regeln. Harry fällt die Entscheidung sicher schwerer als uns.“, sagte Ron.
„Na, das gibt uns aber die Gelegenheit dazu.“, antwortete Hermine und küsste Ron wieder innig.
Harry und Ginny hingegen waren wieder zu ihrem Platz am See gegangen. Inzwischen regnete es nicht mehr, es war ein angenehmer, warmer Tag geworden. Dort lagen sie in der Sonne auf einer herbei beschworenen Decke und genossen die Ruhe und den Frieden. Das Wasser kräuselte sich leicht in der warmen Sommerbrise und die Wolken spiegelten sich in der Oberfläche. Harry, der vor zwei Nächten nicht gedacht hatte, dass er noch einmal die Wärme der Sonne auf seiner Haut spüren würde, genoss dieses Gefühl in vollen Zügen. Ginny tat es ihm gleich, jedoch nicht mit diesen schweren Gedanken im Kopf wie Harry. Sie redete und Harry hörte ihr einfach nur zu und genoss den Klang ihrer Stimme.
„Ich hab diese Wahl ja nicht. Ich werde mein siebtes Jahr hier machen. Mum und Dad würden mich umbringen, wenn ich mich anders entscheiden würde. Und ich bin mir sicher, dass Ron auch hier bleibt. Und wenn Ron hier bleibt, dann bleibt Hermine doch sicher auch. Aber ich will nicht von dir getrennt sein. Bitte bleib.“
„Du weißt ja, dass Hogwarts mein erstes richtiges Zuhause war.“, begann Harry, „Aber diese Schlacht hat es mit lauter schweren Erinnerungen belegt. Ich kann ja kaum durch die Flure gehen, ohne dass ich mich an alles Schlimme erinnere, das dort passiert ist. Ich weiß nicht, ob Hogwarts noch ein Heim für mich ist.“
„Aber sicher ist es das. Hogwarts ohne dich, das will und kann ich einfach nicht länger ertragen. Die Monate hier ohne dich waren furchtbar.“
Harry dachte noch einmal genau nach und erforschte sein Herz. Er hatte in seinem alten Himmelbett geschlafen und das auch noch gut und ohne Albträume. Und er konnte im Gemeinschaftsraum sitzen und mit den anderen reden wie früher. Und die Klassenzimmer waren immer noch die gleichen wie früher. Aber er dachte an die, die hier in Hogwarts ihr Leben gelassen hatten. Wäre es woanders einfacher?
Ginny durchbrach die Stille mit einem weiteren Argument: „Hier in Hogwarts bist du auch vor den ganzen Neugierigen und der Presse sicher. Stell dir nur mal vor, wie die über dich herfallen würden, wenn du zum Beispiel in London wohnen würdest. Aber hier hast du deine Ruhe. Die dürfen das Gelände nicht ohne Erlaubnis betreten.“
„Also gut.“, meinte Harry, „Ich werde es versuchen. Wenn es aber zu schwer für mich wird, dann breche ich das Schuljahr ab.“
„Und ich helfe dir, dass dein Versuch gelingt, ich werde dich aufheitern.“, meinte Ginny und küsste ihn sanft und voll Freude.
„Dann bin ich mir sicher, dass es funktionieren wird.“, flüsterte Harry zurück und schlang die Arme um seine Freundin.
Später am Tag traf der neue Zaubereiminister in Hogwarts ein. Ron, Hermine, Ginny und Harry kamen gerade vom Gryffindor-Turm herunter und wollten zu Professor McGonagall, als sie Kingsley trafen.
„Hey Kingsley! Wie geht´s dir so?“, rief Ron.
„Ich bin natürlich im Stress, Ron. Alles muss neu aufgebaut werden, das ganze Ministerium, der Tagesprophet und Hogwarts. Und dann gibt es so viel zu organisieren. Aber jetzt gehen wir erst mal zu Professor McGonagall. Sie wartet schon auf mich. Und mit euch hab ich auch noch etwas zu reden.“
Alle vier schauten neugierig drein, als sie das Büro ihrer Direktorin betraten.
„Guten Tag, Kingsley. Ich habe schon auf Sie gewartet.“
„Entschuldigen Sie, Minerva. Die Meute vor dem Tor hätte mich fast zerfleischt. Die wollen unbedingt alles erfahren, was hier vorgefallen ist. Allen voran natürlich unsere liebe Rita Kimmkorn.“
„Und schon sind wir beim Thema: Mr. Potter möchte in einer Woche eine Art Pressekonferenz abhalten, in der er die Zeitungen über die Ereignisse informiert. Sie könnten doch diese Veranstaltung nutzen, um Ihre Pläne darzulegen. „
„Sicher, aber nur die langfristigen. Die Menschen brauchen jetzt jemanden, der zu ihnen spricht, nicht erst in einer Woche. Sie werden sicher verstehen, dass nach diesen Ereignissen das Interesse und die Anteilnahme besonders groß sind. Wir können nicht so lange warten, sonst werden die Leute unruhig, haben kein Vertrauen mehr in uns und die wildesten Gerüchte kursieren. Das ist sowieso schon der Fall. Wenn man auch nur eine halbe Stunde Radio hört, hört man mindestens fünf unterschiedliche Versionen der Ereignisse. Eine davon wilder als die andere.“
„Mr. Potter, könnten Sie sich vorstellen, ihre Stellungnahme schon morgen abzugeben?“
Harry sah etwas ratlos drein. Er wusste, dass Kingsley Recht hatte. Die Angehörigen der Opfer und alle, die unter Voldemort gelitten hatten, wollten wissen, was geschehen war. Aber er hatte große Bedenken, dass er etwas Falsches sagen würde.
Hermine nickte ihm jedoch aufmunternd zu und Kingsley bot ihnen seine Hilfe an bei der Ausarbeitung eines Konzepts.
Da stimmte Harry zu.
Die Direktorin besprach mit Kingsley auch noch die Organisation des Wiederaufbaus und der Trauerfeiern.
Zum Abschluss richtete Kingsley jedoch noch das Wort an Harry, Ron und Hermine. „Ihr drei, ihr habt im letzten Jahr großartiges geleistet. Ich habe ein Angebot für euch: Ihr könnt sofort im Ministerium anfangen. Ihr braucht keinen Schulabschluss. Ich würde mich freuen, wenn ihr zu meinem Team stoßen und mir bei der Umstrukturierung des Ministeriums helfen würdet.“
Sprachlos starrten vier Augenpaare den Minister, den sie komischerweise sehr gut kannten, an.
Hermine, Ron und Harry warfen sich Blicke zu. Harry las in den Augen seiner Freunde, dass sie sich - wie er - schon längst für die Schule entschieden hatten.
Kingsleys Angebot bot jedoch die Möglichkeit all das zu ändern, was ihn am Zaubereiministerium immer schon gestört hatte. Ginny sah wohl das Flackern in seinen Augen, denn sie warf ihm einen Blick aus einer Mischung von Angst, Enttäuschung und doch auch Stolz zu.
„Nein danke, Kingsley. Ich mache hier meine UTZe. Aber wenn du dann noch möchtest, dass ich für dich arbeite, dann liebend gerne. Ich wäre dir momentan vermutlich keine große Hilfe.“, sagte Harry.
„Das habe ich mir schon fast gedacht.“, antwortete Kingsley mit einem Lächeln auf seinem freundlichen Gesicht. Er zwinkerte Ginny zu, die bei Harrys Antwort erleichtert die Luft entweichen ließ, die sie angehalten hatte.
„Dann wollen wir uns mal zusammen setzen und beraten, was wir den Leuten da draußen erzählen.“, meinte Kingsley.
Professor McGonagall wies ihnen den Weg zu einem ungestörten und unbeschädigten Raum und stellte ihnen Papier, Tinte und Federkiele zur Verfügung.
Die nächsten drei Stunden waren sie mal wieder nur am Erzählen und Beraten. Schließlich stand ein Konzept für die Pressekonferenz.
Es war schon wieder Abend. Kingsley war noch mit in den Gryffindor-Turm gekommen um mit den Weasleys zu reden. Es herrschte wieder Trauer vor, um Fred, Lupin und Tonks. Über den Tag hinweg hatte Harry seine Trauer in den kleinen Raum in seinem Kopf verbannt, den er sich in der Nacht seines Sieges geschaffen hatte. Doch nun, als sie alle beieinander saßen und die Anspannung der Entscheidungen von ihnen abfiel, erfüllte sie wieder seinen Kopf. Mrs. Weasley weinte wieder an der Schulter ihres Mannes. Kingsley hatte zur trauernden Familie gesetzt und wirkte wie ein Ruhepol. Ginny hatte auch wieder Tränen in den Augen. Harry nahm sie in den Arm. Und obwohl alle mit den Gedanken bei Fred waren, entging diese Geste niemandem. Doch komischerweise sagte keiner der sonst so lauten Familie etwas dazu, Harry und Ginny ernteten nur von allen Seiten ein Nicken, ein verhaltenes Lächeln oder einen anerkennenden Blick.
Warum wurden nur über Belanglosigkeiten so viele Worte verloren, während die wirklich wichtigen Dinge, wie Liebe und auch die Trauer, keiner Worte bedurften?
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel