von Lilienblüte
Kapitel 1 - Mein erster Tag im Orden des Phönix oder einer der tollpatschigsten Tage meines Lebens
- Tonks -
Ich war an diesem Tag noch tollpatschiger als sonst. Ein paar zerbrochene Teller und umgeschmissene Gegenstände gehören für mich zum Tag dazu und ehrlich gesagt vermisse ich es schon, wenn an einem Tag einmal nichts passiert, aber an diesem Tag nahm es gefährliche Züge an. Beim Frühstück schnitt ich statt dem Brötchen in meine Hand und vergoss meinen Kaffee einmal über den Tisch, ich zersplinterte mich beim Apparieren und kam deswegen über eine Stunde zu spät zur Arbeit, ich verlegte einige wichtige Akten und vertauschte Berichte, sodass ein heilloses Durcheinander im Büro entstand. Während die anderen Auroren versuchten, alles wieder in die richtige Ordnung zu bringen, zwang mich mein Vorgesetzter Mad-Eye Moody zu einem Besuch in der Zaubereiministeriumsmensa. Normalerweise aß ich dort nicht, den Tag über ernährte ich mich von mitgebrachten Brötchen und Süßigkeiten, und abends bekam ich ein warmes Essen von meiner Mum, die wirklich toll kochen kann. Auch heute warf der Geschmack des Mensaessens mal wieder die Frage bei mir auf, wieso sich ausgerechnet in Kochzaubern untalentierte Magier den Beruf des Kochs aussuchten. Das wäre ja beinahe so gewesen, als hätte ich mich in die Küche gestellt. Okay, ich gebe es zu: Hätte ich mich für den Beruf der Mensaköchin entschieden würde nicht nur das Essen nicht schmecken, sondern auch die Mensaküche in die Luft fliegen, aber im Gegensatz zu den Köchen der Mensa hatte ich Kochen eben auch nicht als Beruf erwählt.
Von den Gerichten des Tages hatte ich mir noch das ausgesucht, was am besten aussah, und bei dem man am wenigsten falsch machen konnte. Der Salat war, bis auf die Tatsache, dass das Dressing nicht schmeckte und das Gemüse nicht abgewaschen war, noch recht genießbar, zumindest im Vergleich zu dem, was Mad-Eye da gerade ohne mit der Wimper zu zucken, in sich hinein schaufelte. Ich schüttelte mich, ob aufgrund von Mad Eye’s unappetitlichen Tischsitten oder aufgrund seines Essens an sich konnte sie nicht sagen.
„Nymphadora, wenn du dich weiter so tollpatschig und schusselig benimmst, wird bald jeder ahnen, dass du heute etwas ganz Besonderes vorhast“, warnte er mich vor dem Auffliegen unseres abendlichen Vorhabens. Heute Abend würde er mich zu meinem ersten Treffen des Orden des Phönix mitnehmen.
„Mad, ich bin einfach so tierisch nervös!“, stöhnte ich. „Ihr seid alle so erfahrene Kämpfer, die meisten von euch haben schon im ersten Krieg im Orden ge – “ Doch mein Ausbilder ließ mich meinen Satz nicht zu Ende sprechen und fiel mir ins Wort: „Bist du verrückt geworden? Du kannst doch nicht - er sah sich verstohlen nach allen Seiten um und beugte sich dann zu mir hinüber und sprach mit so leiser Stimme weiter, dass ich mich darauf konzentrieren musste, ihn zu verstehen – du kannst doch nicht „Orden des Phönix“ hier rumschreien. Ich glaube, dir ist nicht klar, wie ernst das ist, Nymphadora. Niemand, ich wiederhole niemand, darf irgendetwas von deinen Verbindungen zum Orden erfahren, sofern er nicht selber Mitglied ist, oder du bist schneller entlassen, als du „Orden des Phönix“ sagen kannst.“
„Warum ist Fudge so hinter eurem kleinen Verein her?“
„Das klären wir heute Abend, Nymphadora“ zischte er mir zu und weigerte sich daraufhin, weitere Fragen zum Orden zu beantworten. Klar, der Tisch, an dem wir saßen, hätte ja auch ein verzauberter Spion von Fudge sein können, man konnte nie sicher genug sein. Ich glaube, ich muss nicht hinzufügen, dass mein Ausbilder und Vorgesetzter ein wenig unter seinem Beruf als Auror gelitten hatte und nun unter einem leichten Verfolgungswahn litt. Gut, man muss an dieser Stelle einräumen, dass er schon Auror war, als es den ersten Krieg gegen Voldemort gab. Mad-Eye hatte harte Zeiten durchgemacht und wenn es stimmte, was man über ihn erzählte und worüber er sich nie äußerte, waren die Hälfte der Zellen Askabans gefüllt mit Todessern, die er überwältigt hatte. Auf jeden Fall hatten die dunklen Zeiten ihre bleibenden Schäden bei Mad – Eye hinterlassen. Auch äußerlich sah man ihm die vielen Duelle an, die er schon gekämpft hatte. Sein Gesicht war überzogen von Narben, ihm fehlten ein Stück seiner Nase, ein Bein und sein Auge. Das Ersetzen seines fehlenden Auges durch ein magisches Auge, hatte ihm den Namen Mad – Eye eingebracht. Mit seinem magischen Auge konnte Mad – Eye in alle Richtungen gucken, er sieht durch Türen und Tarnumhänge hindurch und ich glaube, dass er seinen Spaß daran hat, die Leute seiner Umgebung mit diesem magischen Auge zu überwachen.
Noch nie hatte ich den Feierabend so sehr ersehnt wie an diesem Tag. Als es endlich halb sieben war, schmiss ich die Unterlagen, die ich gerade bearbeitete förmlich zur Seite und sprang auf.
„Wie sieht es aus, Mad, gehen wir?“, fragte ich meinen Vorgesetzen aufgeregt. Der musterte mich komischerweise mit einem weniger begeisterten Blick, was ich angesichts dessen, was wir gleich vorhatten sehr merkwürdig fand. Ein bisschen mehr Begeisterung hätte man schon erwarten können, schließlich gingen wir gerade zum ersten Treffen der Widerstandsgruppe gegen Voldemort und gegen das Ministerium.
„Mad, was ist denn? In einer Stunde fängt das Treffen an und wir können endlich was gegen Voldemort unternehmen?“
„Dürfte ich dich nochmals dran erinnern, Nymphadora, dass du nicht so laut rausschreien solltest, dass Voldemort zurück ist, wenn du deinen Job magst?“, stieß er hinter zusammengebissenen Zähnen hervor.
Vielleicht hatte er Recht und ich war heute wirklich nicht immer wachsam, aber ich freute mich einfach so unglaublich über die Aufnahme in den Orden, dass ich heute mal sämtliche Sicherheitsregeln, die mir Mad-Eye im Laufe der Jahre beigebracht hatte Regeln sein ließ und meine ganze Aufregung raus ließ. Am liebsten hätte ich es den ganzen Trotteln vom Ministerium entgegen geschrien „Ich trete heute in den Orden des Phönix ein!“ Aber aufgrund eines verfolgungswahngestörten und auf Sicherheit beharrenden Vorgesetzten und ein klein wenig Restvernunft meinerseits tat ich das nicht, sondern wartete ungeduldig darauf, dass Mad-Eye endlich seine Akten beiseite legte und mir aus der Tür folgte.
Dass Mad-Eye beim Aufsuchen des Hauptquartiers im Orden des Phönix die größte Vorsicht walten ließ, hätte mir wahrscheinlich klar sein müssen und trotzdem war ich angenervt, als wir nicht nur einmal, sondern auch noch ein zweites und ein drittes Mal an einen anderen Ort apparierten, um nicht vorhandene Verfolger zu verwirren.
„Mad, ich will jetzt endlich zu diesem verdammten Hauptquartier! Niemand ist uns gefolgt und wir kommen zu spät.“
„Seit wann legst du Wert auf Pünktlichkeit?“, erinnerte mich Mad an meine hunderteinundvierzig Verspätungen in meine Ausbildungszeit, über die er großzügig hinweggesehen hatte, aber wenigstens apparierte er beim nächsten Mal zum Grimmauld Place. Hier war das Hauptquartier, das wusste ich. Dumbledore, der Geheimniswahrer des Ordens hatte mir schon vor Tagen den Ort verraten, an dem sich das Hauptquartier befand und so war ich in der Lage, das Haus, das sich auf magische Weise zwischen die Muggelhäusern Nummer 11 und 13 geschoben hatte, zu erkennen. In diesem Haus also war das Hauptquartier des Ordens. Voller freudiger Erwartung folgte ich Mad-Eye über die Türschwelle und - lag auf dem Boden, während neben mir ein Bild ganz fürchterlich anfing zu schreien. Mich über meinen grandiosen Einstand in den Orden freuend, nahm ich die dargebotene Hand eines im Flur stehenden Mannes, rappelte mich auch und erkannte, dass der Unglücksgegenstand ein Trollbein war. Wer rechnete bitteschön damit im Flur über ein Trollbein zu stolpern? Sowas konnte mal wieder nur mir passieren. Während Mad-Eye und Arthur Weasley versuchten einen Vorhang über das kreischende Bild zu ziehen, musterte ich interessiert den Mann, der nun vor mir stand und von dem ich annahm, dass es der Hausherr war - und erstarrte. „Sirius Black!“, stieß ich hervor. Mad-Eye hatte es mir gesagt. Er hatte mir erzählt, dass der berüchtigte Massenmörder Sirius Black in Wirklichkeit kein Verbrecher war, sondern nur auf einen Freund hereingefallen und zu Unrecht verurteilt wurde. Dennoch war es ein Schock, ihm jetzt gegenüber zu stehen, ihm, den ich nur von Fahndungsplakaten kannte und nach dem ich mein zweites Ausbildungsjahr fast ausschließlich gesucht hatte. Nach dem ersten Schock beruhigte ich mich wieder. Wenn Mad-Eye sagte, dass Black unschuldig war, dann war er das auch, denn Mad-Eye mochte vieles sein, aber er war nicht vertrauensselig. Black sah auch auf den zweiten Blick gar nicht so bedrohlich aus wie auf den Fahndungsbildern. Seine Haare waren jetzt, zwei Jahre nach seinem Askabanausbruch weniger wild und viel gepflegter, und auch sein Gesicht machte nun, da ich wusste, dass er keine dreizehn Menschen in die Luft gesprengt hatte, einen viel freundlicheren Eindruck.
„Und du musst meine Großcousine sein, die Tochter von Andromeda.“ Ich nickte und fragte mich, woher er das nun schon wieder wusste.
„Das letzte Mal, als ich dich gesehen habe, warst du gerade sechs Jahre alt geworden und hast aufgeregt davon gesprochen, ab Sommer endlich in die Muggelschule zu gehen. Aber du hast dich ganz schön gemacht, Andromeda hat eine echt hübsche Tochter bekommen.“ Sein Lachen klang wie ein Bellen und ich musste unwillkürlich an den Hund denken, den ich früher mal gehabt hatte.
„Warum zum Teufel hast du ein Trollbein in deinem Flur stehen, Black?“, fragte ich meinen Großcousin. Wenn er denn auf der guten Seite war, warum besaß er dann ein Haus, was so einen düsternen Eindruck hinterließ, als würde Voldemort persönlich hier wohnen?
„Das ist ein Andenken an meine reizende Mutter. Vielleicht hat dir Andromeda einmal von ihrer wunderbaren Tante Walburga erzählt?“
Ich schüttelte den Kopf. Mum sprach nie über ihre Familie. Ich wusste, dass sie aus einer Familie kam, die sich den dunklen Künsten verschrieben hatte und die passenderweise auch noch Black hieß, aber mehr erzählte Mum davon nicht und ich fragte auch nicht nach. Es war okay für mich, denn ich wusste, dass meine Mum alle Verbindungen zu ihrer Familie verloren hatte und dass sie sich für die richtige Seite entschieden hatte, auch wenn es ihr weh getan hatte.
„Dann lass dir einfach gesagt sein, dass sie eine außergewöhnlich reizende Frau war.“ Er deutete hinüber zum Portrait, von dem durch den Vorhang noch immer gedämpfte Schreie zu hören waren. „Es hat seine Gründe, warum Andromeda wohl wenig über ihre Familie spricht, denn unsere Familie ist einfach krank.“ Er deutete auf Hauselfenköpfe, die im Flur hingen und ich erschrak. „Eine der Familientraditionen. Jedesmal wenn ein Hauself zu alt geworden war, schlachteten wir ihn und hängten seinen Kopf dann in den Flur. Ist das nicht eine herzallerliebste Tradition?“ Sein Lächeln wirkte bitter und ich stellte fest, dass mir mein Großcousin sympathisch war. Scheinbar zählte er nicht zu den kranken Mitgliedern der Familie Black, sondern zu den wenigen Normalen, die diese Familie hervorgebracht (und infolge ihrer Anständigkeit) verstoßen hatte.
Professor Dumbledore streckte seinen Kopf aus der Tür von einem der angrenzenden Räume heraus: „Kommt ihr? Wir warten nur noch auf euch? Die erste Versammlung des neuen Phönixordens kann beginnen!“
Über Kritik, Lob oder Anregungen würde ich mich sehr freuen, gerne auch in meinem FF-Thread:
Mein FF-Thread
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel