von Kumkwat
Was war hier eigentlich los? Es war ihr zwar nicht unangenehm, aber irgendwas stimmte hier definitiv nicht. Malfoy tröstete sie. Draco Malfoy, der arrogante Snob, der Typ der sie nervte seit sie sich das erste Mal getroffen hatten, der Kerl der sie als Blutsverräterin beschimpft hatte, der Todesser!; stand hier, hielt sie fest, und murmelte ihr aufmunternde Worte zu. Es war klar dass etwas nicht stimmte, aber sie würde sich nicht jetzt den Kopf darüber zerbrechen.
Sie löste sich von ihm, wischte mit ihrem Ärmel über ihr Gesicht und schniefte: „Danke.“ Sie versuchte zu lächeln, was jedoch kläglich misslang. Malfoy sagte immer noch nichts. Astoria fühlte sich genötigt die Stille zu durchbrechen. Sie dachte fieberhaft nach, doch es fiel ihr nichts ein was sie sagen könnte. Die Stille wurde immer unerträglicher.
Endlich sagte er etwas. „Weshalb habt ihr euch denn gestritten?“
Tori seufzte und setzte sich auf einen Tisch bevor sie antwortete. „Eigentlich ist es ja deine Schuld.“, meinte sie, woraufhin er doch etwas empört fragte: „Wieso denn bitte meine Schuld?“
Astoria musste über seine Reaktion lächeln. „Hättest du dich mit Diana nicht in der Bibliothek getroffen hätte ich auch nicht euer Gespräch gehört und hätte Di danach auch nicht zur Rede gestellt. Siehst du? Alles deine Schuld.“, sagte sie mit gestelltem Ernst.
Malfoy sah sie wieder überrascht an. „Du hast uns belauscht?“ „Ich weiß, es ist nicht die feine Art, aber ich konnte mich einfach nicht zurück halten. Also doch mein Fehler.“ Sie sah auf ihre Knie. Ihre Füße baumelten vom Tisch. Es war wieder still im Raum. Der Regen prasselte gegen das Fenster. Dann erhob sie wieder ihre Stimme, doch nur ganz leise: „Du hast sie angelogen.“
Er sah weg, als wolle er nicht darauf eingehen. Er stand ihr gegenüber. „Natürlich hab ich das. Du bist die einzige die es weiß, obwohl du es nicht wissen solltest. Eigentlich müsste ich dich sofort zum Schweigen bringen.“ Er sah sie ernst an. Sie erwiderte den Blick.
Obwohl diese Drohung über ihnen hing, schien sich keiner von den beiden unwohl zu fühlen. „Ich müsste, aber ich…“, er verstummte. „Du hast dich auf andere Weise abgesichert, dass ich nichts ausplaudere.“ Toris Gesicht nahm einen schmerzlichen Ausdruck an. Nun wand sie ihren Blick ab. Er hatte ihr nur all zu deutlich klar gemacht was passiert, wenn sie ihn verraten würde.
„Ich hatte das nicht ernst gemeint.“, sagte er plötzlich. Sie sah mehr als erstaunt auf. „Ich hab das nur gesagt, weil ich dachte du würdest direkt zum Ministerium rennen. Ich hatte niemals vor so etwas wirklich zu tun.“ „Und warum glaubst dass ich nicht jetzt los gehen und es Jemandem erzähle?“ Er wirkte unbehaglich. Also wollte er den nächsten Satz unter keinen Umständen aussprechen. „Ich weiß nicht wieso, aber ich vertraue dir.“ Er schaute auf seine Schuhe.
Sie starrte ihn einfach nur an. Hatte sie gerade richtig gehört? „Heilige Scheiße!“ Er sah auf und hob eine Augenbraue. „Was?“
Ups! Hatte sie das, gerade Laut gesagt? Sie kicherte über den beleidigten Blick von Malfoy. „Ich glaube…ich vertraue dir auch.“ Nun war es an ihm erstaunt zu schauen. „Sonst wäre dein Umhang wahrscheinlich nicht total von mir voll geheult.“, und sie deutete auf seine Brust. Er sah sich seinen Umhang an und lachte.
BuBumm. Was war das? Sie ignorierte es.
„Woher willst du eigentlich wissen dass ich dich damals ernst genommen hab? Kann ja sein dass ich deine Warnung ignoriert habe und dich direkt verpfiffen hab.“ Er lächelte sie ein wenig überheblich an. „Wenn dem so wäre, würde ich wohl kaum hier stehen oder?“ Doch würdest du. Und du tust es sogar.
Sie antwortete ihm nicht, lächelte aber. Es herrschte wieder Schweigen, doch es war nicht unangenehm. Es war eine behagliche Stille. Malfoy setzte sich neben sie, auf den Tisch. Seine Beine baumelten nicht, standen aber auch nicht richtig auf dem Boden. Sie streiften ihn nur. BuBumm. BuBumm.
„Weshalb habt ihr euch gestritten? War vielleicht ich der Grund?“ „Du hältst dich für sehr viel wichtiger, als du es bist. Weißt du das?“, sagte Tori abfällig. Er lächelte nur. Dann wurde sie wieder ernst. „Es war meine Schuld. Ich denke ich hab mich auch für zu wichtig genommen. Da haben wir was gemeinsam was?“ „Verstehe…“ Stille.
Irgendwie schafften es die zwei nicht sich einfach mal zu unterhalten ohne dass ständig Pausen entstanden. Sie waren beide in ihre Gedanken versunken. Es war nur der Regen zu hören, der immer noch unaufhaltsam gegen die Scheiben donnerte. Es war ein angenehmes Geräusch.
„Wieso sahst du eigentlich so fertig aus?“, fragte Astoria nun. Ein Ruck ging durch Malfoys Körper. Offensichtlich hatte er nicht erwartet, dass sie ihn nun ausquetschen würde. Seine Hände lagen auf der Tischkante, doch nun umklammerte er sie so krampfhaft dass seine Knöchel weiß hervor traten. Sein ganzer Körper versteifte sich.
War wohl keine so gute Frage gewesen.
„Schon klar.“, meinte sie, um ihm zu seigen dass ihr klar war dass es sich wohl um ihn drehte. Folglich konnte er ihr auch nichts erzählen. Doch plötzlich erwiderte er energisch: „Nein! Nein! Deswegen war es nicht! Es war wegen… meinem Vater.“ Er starrte zu Boden. Anscheinend war es ihm unangenehm darüber zu sprechen.
Richtig. Lucius Malfoy saß im Gefängnis. In Askaban um genau zu sein. Bis jetzt hatte Tori nicht im Geringsten darüber nach gedacht, was das wohl für Draco bedeutete.
„Vermisst du ihn?“ Draco sah sie nicht an. Er schaute immer noch zu Boden. Er sprach sehr leise. „Ja. Und auch irgendwie Nein. Ich weiß dass das hart klingt, aber es ist nun mal so.“ Astoria sah ihn fragend an. „Weißt du, mein Vater ist sehr streng. Er zeigt eigentlich niemals so etwas wie Gefühle. Er erwartet dass ich seine Erwartungen erfülle. Spitzenmäßige Noten, hervorragend im Quidditch, die richtigen Freunde…. Solche Sachen. Und wenn ich etwas falsch mache oder ihn in irgendeiner Art und Weise enttäusche, gibt es schon mal heftige Reaktionen.“ Astoria nickte. Sie kannte das selbst nur zu gut. Auch ihre Eltern haben sich immer so verhalten. Bis Tori offen dagegen Rebelliert hat. Das war wohl der Punkt an dem sie Sie aufgegeben hatten.
„Um ehrlich zu sein, glaube ich auch nicht dass mein Vater mich wirklich liebt, wie ein Vater das anscheinend sollte.“ Wie er „anscheinend“ sagt. Er kennt väterliche Liebe wohl gar nicht.
„Es ist eher so, als ob er mich einfach nur akzeptiert. Und bei all meinen Freunden, ist es Zuhause nicht anders.“ Er sagte das zwar so dahin, aber Astoria hatte den Eindruck als ob es doch sehr stark an ihm nagte. Ihr eigener Vater war zwar auch sehr streng, aber auch einigermaßen verständnisvoll. Doch wie sie ja gesehen hatte, war er letztendlich nur von ihr enttäuscht. Aber so war es nun mal bei Reinblütern. Väter hatten streng zu sein. Und Mütter waren diejenigen die, wenn über Haupt, so etwas wie Zuneigung zeigten. Allerdings waren Astorias Eltern beide streng gewesen.
„Jetzt wo er fort ist, hab ich mich in unserem Haus, zum ersten Mal wirklich wie Zuhause gefühlt. Geborgen. Aber gleichzeitig hat auch etwas Wichtiges gefehlt. Vor allem da meine Mutter sich sehr verändert hat.“ Er verfiel wieder in Schweigen.
Tori griff vorsichtig nach seiner Hand. Er war nun derjenige der etwas Trost brauchte. Und natürlich war er immer noch ein Todesser und sie eine Verbündete von Dumbledore, aber dort in diesem Raum, an diesem Abend, an dem der Regen so heftig fiel dass man teilweise kaum sein eigenes Wort verstand; An diesem Tag waren sie einfach nur zwei Menschen die einander vertrauten. Nicht mehr und nicht weniger.
Sie hielt einfach seine Hand, wie er es zuvor getan hatte. BuBumm. BuBumm. BuBumm. Was war das nur?
„Als Diana meinen Vater beiläufig erwähnte, hat mich das mehr getroffen, als ich je erwartet hätte.“ Bis jetzt hatte seine Hand einfach nur in ihrer gelegen. Doch nun ergriff er auch wieder ihre und so saßen sie da. Schweigend, aber auch ein wenig beruhigt. Sie saßen lange so da. Wie lange genau wusste keiner von beiden. Das einzige was sie hören konnten waren ihre eigenen Atemzüge und den Regen. Doch aus einem unerfindlichen Grund, konnte Astoria auch ihr eigenes Herz hören. BuBumm. BuBumm. BuBumm. Es verwirrte sie sehr. Aber es fühlte sich auch sehr schön an.
„Wenn du irgendwem, hiervon erzählst…“ „Schon klar!“ Sie lächelten beide. Dann standen sie auf, jedoch ließ keiner die Hand des anderen los. Tori, war die erste die Anstalten machte sich zu lösen. Für einen kurzen Moment glaubte sie, dass Draco ihre Hand nicht los lassen würde. Doch dieser Eindruck dauerte nicht mal eine Sekunde, so dass sie glaubte es wäre nur Einbildung gewesen.
Als sie langsam zur Tür ging sah sie beiläufig auf ihre Uhr. „Ach du Scheiße!“, rief sie. „Was ist denn?“ „Es ist schon nach Mitternacht!“ „Scheiße!“ „Sag ich doch! Wir schaffen es niemals runter in die Kerker, ohne erwischt zu werden.“ „Und so viel ich weiß hat Snape heute Wache.“ Sie sahen sich ratlos an. Astoria dachte nach. Sie waren im siebten Stock. Bis in die Kerker runter, brauchten sie mindestens zehn Minuten, eher länger. Dank der neuen Sicherheitsvorkehrungen patrouillierten noch mehr Lehrer als sonst durch die Gänge. Ihr fiel keine Möglichkeit ein, dem Nachsitzen und dem Punktabzug zu entgehen. Während sie noch überlegte ging Malfoy zu einem der Fenster und öffnete es ohne zu zögern. Ein kalter Wind blies hinein.
„Was machst du denn da?! Es ist eisig kalt und außerdem regnet es, falls du es noch nicht bemerkt hast!“, jammerte Astoria. „Sei still! Ich hab ne Idee.“ Draco zog seinen Zauberstab und murmelte etwas, das Tori dank des Regens nicht verstand.
Erstmal passierte gar nichts. Astoria ging zu Draco und stellte sich neben ihn, dir Arme um sich geschlungen. Er sah höchst konzentriert nach draußen. Sie schaute ebenfalls, sah (und spürte) jedoch nur den Regen. „Beeindruckend.“, maulte sie. „Warte noch kurz!“, erwiderte er genervt. Also wartete sie und erfror dabei fast. Zumindest fühlte sie sich so.
Dann bemerkte sie plötzlich, wie etwas durch den Regen auf sie zu flog. Als es nur noch einen Meter entfernt war konnte sie erkennen was es war. „Dein Besen?“ „Ja!“, sagte Malfoy der sie triumphierend ansah. „Wir müssen zwar durch den Regen, aber so ist die Chance dass wir erwischt werden sehr viel geringer.“ „Vergiss es!“ „Wie bitte?“ „Ich flieg mit Sicherheit nicht durch diesen Regenguss! Da ist der Tod doch schon vorprogrammiert! Ne, da lass ich mich lieber erwischen!“, sie wollte sich schon umdrehen und zur Tür gehen, als Malfoy sie am Arm packte. Noch bevor sie sich los reißen konnte, hatte er sie schon auf den Besen gezerrt. Sie saß nun (im Damensitz) vor ihm. „Hey! Lass das!“ Doch er ignorierte sie, stieg auf das Fensterbrett und sprang.
Jedoch flog er nicht. Sie fielen erst mal. Und Astoria schrie aus Leibeskräften. Zum Glück war der Regen viel zu laut, als dass Jemand sie gehört hätte. Sie klammerte sich an Malfoy, der offensichtlich Spaß hatte. Endlich flogen sie, nach einigen Sekunden (Astoria kam es sehr viel länger vor) durch den Regen Richtung Erde. Sie klammerte sich jedoch unentwegt an ihn. Wenn sie nicht selber flog, hatte sie eine Heiden Angst, da sie keinerlei Kontrolle hatte. Malfoy bemerkte wohl ihre Panik. Nur um sie zu ärgern drehte er ein Paar Loopings und Schrauben in der Luft. Tori schrie wieder und klammerte sich noch fester an ihn. Als sie (endlich!) auf dem Boden aufsetzten rutschte, Tori so schnell sie konnte von diesem Höllengerät. Sie sah ihn wütend an, während er nur sehr selbstzufrieden lächelte. „Na? Hats Spaß gemacht?“, fragte er noch dreist. Sie gab ihm einen heftigen Faustschlag auf die Schulter. „Ich hasse dich. Du… du….“ „Überanstreng dich bloß nicht.“ Das brachte ihm eine Kopfnuss ein.
Sie stiegen vorsichtig durch eins der Fenster im Erdgeschoss ein (Astoria hatte das Schloss geknackt) und schlichen nun so leise wie möglich durch die Korridore. Schlau wie die zwei waren hatten sie leider vergessen dass sie tropfnass waren und somit eine wunderbare, für jeden sichtbare Spur hinter ließen.
Astoria zog gerade einen Wandbehang zur Seite um eine Abkürzung in die Kerker zu nehmen, als vor ihr der Tod höchstpersönlich stand. Unter den Schülern auch bekannt als Severus Snape.
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