von lelle
Das Denkarium glänzte in voller Pracht, die silbrigen Fäden wälzten sich in der himmelblau schimmernden Flüssigkeit
Das Denkarium glänzte in voller Pracht, die silbrigen Fäden wälzten sich in der himmelblau schimmernden Flüssigkeit. Immer und immer wieder saß Professor Dumbledore, Schulleiter von Hogwarts, vor seinen Erinnerungen, doch er kam zu keinem Schluss. „Albus.“ Eine Stimme ließ ihn aufschrecken. „Minerva, was zum…“ Seine sonst so strahlend blauen Augen wirkten leer und matt. „Sorge dich nicht um das Mädchen. Wir können die Vergangenheit nicht rückgängig machen. Gib deine Gedanken frei.“ Der Professor seufzte, schob das Denkarium von sich. „Du hast Recht. Gehen wir zum Abendessen.“
Die große Halle war fast leer, es waren Ferien und die Schule für Zauberei wirkte in der Zeit verlassen und trostlos. Nur wenige Schüler der höheren Klassen verweilten in den historischen Gemäuern, um für die bevorstehenden Prüfungen zu lernen. Der Schulleiter gesellte sich gemeinsam mit Professor Minerva Mc Gonagall zu den vereinzelten Lehrern, die Hogwarts nicht verlassen hatten, um den Urlaub woanders zu verbringen.
„Nun, ich gehe davon aus, dass unser Termin für morgen so bestehen bleibt?“, fragend blickte Dumbledore in die Runde. Allgemeines Nicken war zu vernehmen. „Gut, ich bin sicher, dass das neue Schuljahr bestens vorbereitet wird. Also sehen wir uns morgen früh zum Abschlussgespräch.“ Dumbledore senkte verabschiedend seinen Kopf und verließ die große Halle. Mc Gonagall sah im nachdenklich hinterher, wusste aber genau, dass sie ihren geschätzten Kollegen nicht davon abhalten könnte, sich die größten Gedanken und Vorwürfe zu machen, was vor fast 13 Jahren geschehen ist.
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Eine graue Eule stürmte nur zwei Tage später in Dumbledores Büro, außer Atem und etwas zerzaust. Dumbledore schreckte vom Denkarium zurück und strich der Eule über den Kopf: „Ich wusste, dass du kommen würdest. Stärke dich, eh ich dich mit einer Antwort zurückschicke.“ Dumbledore nahm die Pergamentrolle von dem Fuß der Eule und begann zu lesen.
„Verehrter Professor Dumbledore, sicher haben Sie bereits mit meiner Nachricht gerechnet. Veritas ist in der vergangenen Nacht verstorben. Sie hinterlässt somit ihre Tochter Lucia, welche bereits auf die Reise nach Hogwarts vorbereitet wird. Nun ist es an der Zeit dem Vater des Mädchens den Brief zu überreichen oder, wenn es ihre Zeit erlaubt, ihm den Brief vorzulesen. Dieses war der Wunsch Veritas´. Sollte der Vater zurzeit von Lucias Ankunft nicht anwesend sein, bitte ich Sie sich ihrer anzunehmen, bis ihr Vater zurückkehrt. Veritas ist ruhigen Gewissens von uns gegangen, weil sie ihre Tochter in guten Händen weiß. Lucia ist in unserem Hause in die zweite Klasse gegangen. Die letzten Wochen hat sie mit ihrer Mutter verbracht und somit dem Unterricht nicht weiter gefolgt. Da noch Ferien sind, möchte ich Sie bitten, Lucia auf das kommende dritte Jahr vorzubereiten. Ein weiterer Brief wird in den kommenden Tagen Lucias Vater erreichen, in dem Veritas ihre Wünsche niedergeschrieben hat.
Gerne stehe ich weiter mit Ihnen in Eulenkontakt.
Professor Linnea, Leitung des Internats für Zauberei und Hexerei in Kiruna, Schweden“
Dumbledore seufzte, hielt das Blatt Pergament fest in seinen Händen. Der Tag ist gekommen. Noch einmal versuchte er dem Denkarium Informationen zu entlocken, doch es wollte sich nichts zeigen, was ihm die Geschehnisse aufklären würde.
Der Professor für Zaubertränke betrat spät am Abend das Büro des Schulleiters. „Sie haben mich rufen lassen.“ „Ja, Severus. Setzen wir uns auf ein Glas Rotwein an den Kamin.“ Eine Weile war nichts weiter zu hören als das knistern des Feuers, das augenblicklich entfacht wurde, als die beiden Platz nahmen. „Ein Brief erreichte mich heute, Severus. Ich wurde gebeten, Ihnen einen weiteren Brief vorzulesen, der bereits seit Jahren hier in Hogwarts verwart wurde.“ Severus Snape nickte, runzelte die Stirn und lauschte Dumbledores Worten.
„Lieber Severus, ich weiß der Tag wird irgendwann kommen, an dem du unsere Tochter kennen lernen wirst. Von diesem Tag an wird sie bei dir bleiben. Nimm dich ihrer an, lehre sie in Zauberei und sei ihr ein Vater. Eine gute Erziehung ist mir wichtig für unsere Lucia. Sie bringt alle nötigen Habseligkeiten mit sich. Sie ist ein Sonnenschein und wird dir viel Freude bringen, da bin ich mir sicher. In ewiger Liebe, Veritas“
Es herrschte Stille. Dumbledore erhob sein Glas. „Severus, ich vermute was Ihnen gerade durch den Kopf geht. Lucia wird in ein paar Tagen bei uns eintreffen. Sie weiß von dem Fluch, der auf ihrer Mutter lastete. Wenn Sie mehr darüber wissen, bitte sagen Sie es mir.“ Professor Snape rührte sich nicht, sein Blick war auf das Pergament geheftet. „Severus, ich bitte Sie.“ Sofort nickte der Lehrer für Zaubertränke. „Als der Fluch Veritas treffen sollte, versuchte ich ihn abzuwehren. Ich wusste ja nicht… Ich meine, es konnte doch nicht…“, Professor Snape atmete tief ein und aus: „Der Fluch barg ein Geheimnis. Durch den Versuch der Abwehr wurde in Veritas neues Leben geweckt. Ich habe Jahre gebraucht, um etwas darüber herauszufinden.“ „Dem Fluch zufolge sollte Veritas nur noch zwei Jahre zu leben haben. Wie schaffte sie es bis zum gestrigen Tag?“ „Durch meine Abwehr. Der Fluch wäre zu brechen gewesen. Allein durch Zuwendung und vielleicht auch… Liebe.“ Snape senkte den Blick. „Ich habe dem Fluch durch die Abwehr zu verstehen gegeben, dass mir Veritas nicht egal war und dass ich nicht bereit wäre sie sterben zu lassen. Somit fing in ihr an ein neues Leben zu erwachen, unser Kind. Nur so kann es passiert sein, denn ich hatte nie… körperlichen Kontakt mit Veritas.“ Snape räusperte sich. „Schließlich war sie gerade erst mit ihren Prüfungen fertig.“ „Also wussten Sie, dass Sie eine Tochter haben?“ Dumbledores Blicke fixierten den Zaubertranklehrer. „Nein, ich wusste es nicht. Es war eine bloße Vermutung, nachdem ich mehr über den Fluch herausgefunden habe. Schließlich erhielten wir keine Nachricht über Veritas Tod. Das konnte nur bedeuten, dass sie ein Kind bekam. Sie würde dann erst sterben, wenn das Kind reif genug ist, um es mal so auszudrücken.“ „Dann scheint Lucia das mit ihren fast 13 Jahren zu sein, Severus. Es ist Ihre Tochter, ich hätte nichts anderes erwartet.“
Eine Eule ließ sich auf der Fensterbank nieder. Dumbledore nahm ihr den Brief vom Fuß und setzte sich wieder zu Professor Snape. „Eine Nachricht aus Kiruna… Lucia ist bereits auf dem Weg und wird morgen Abend bei uns eintreffen.“ Snape schüttelte den Kopf: „Das kann unmöglich funktionieren, Professor.“ „Aber sicher, wird werden sie morgen Abend…“ „Nein! Nicht, dass sie hierherkommt. Ich kann sie nicht brauchen. Ich bin Lehrer, kein Vater.“ Dumbledores Augen funkelten ihn lächelnd an: „Dann werden sie lernen müssen ein Vater zu sein, Severus. Das Mädchen braucht Sie.“ Snape zuckte mit den Schultern: „Wie soll das gehen? Wo soll sie wohnen? Professor, sie kennen mich und meine Beweggründe zu sagen, dass ich kein Kind aufnehmen kann.“ „Manchmal gibt es Dinge, die man auf sich zukommen lassen muss. Lucia wird in Ihre Gemächer einziehen. Wie ich weiß, sind dort Räumlichkeiten, die Sie nicht nutzen. Und sobald das Schuljahr beginnt, wird Lucia in ihr zugewiesenes Haus umziehen und dort wohnen. Sie müssen zugeben, dass es wichtig für das Kind ist in den kommenden Tagen nicht allein zu sein. Sie sind der Vater, kümmern Sie sich.“ Dumbledore erhob abermals sein Glas, hielt es zum Anstoßen bereit in die Richtung von Professor Snape.
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