von lelle
Das FrĂĽhstĂĽck nahmen Snape und seine Tochter schweigend ein. Lucia machte sich dann auf den Weg zu Professor Mc Gonagall.
„Miss Varberg, ihre Leistungen lassen noch etwas zu wünschen übrig. Aber ich denke in einigen Nachhilfestunden werden wir das gemeinsam schaffen, sie auf das dritte Jahr vorzubereiten.“ „Selbstverständlich, Professor.“ „Schreiben Sie mir über diese Stunde einen Aufsatz. Ich bin sicher, dass es dann gut im Gedächtnis bleibt.“
Lucia machte sich auf den Weg zu einer weiteren Stunde. Sie traf pĂĽnktlich bei Professor Dumbledore ein. Auch dieses Mal blieb ein Lob aus.
Frustriert und wütend stieg sie die Treppen hinab in die Kerkerräume. Die Tür zum Klassenraum für Zaubertränke stand weit offen. Niemand war zu sehen. Lucia sah sich die mächtigen Bücherregale an, warf einen Blick in das ein oder andere Buch.
Das Feuer loderte, Rauchschwaden stiegen auf. Lucia durchsuchte ihren Umhang, da war sie, die Nelke. Sie fügte sie dem brodelnden Kessel hinzu. Die Rauchschwaden wurden schwächer, das brodeln wurde leiser.
Die Tür schlug ins Schloss, vor Lucia stand mit funkelnden Augen ihr Vater. „Was, was in Veritas Namen tust du hier in meinen Räumen?“ „Ich… Also… Die Tür… Es war niemand hier.“ „Und du meinst - wenn niemand hier ist hast du freien Zutritt? Hm?“ Snapes Augenbrauen zogen sich fragend nach oben. „Ähm… Ich… Nein, es…“ „Hättest du die Güte in ganzen Sätzen zu sprechen? Oder sollen wir Nachhilfestunden einrichten?“ „Nein, ich… Es war ja nur… Ich habe…“ „Ab morgen Sprachunterricht, Miss. Das dürfte dir etwas auf die Sprünge helfen.“ „Herre Gud!“ Lucia verdrehte die Augen. „Vielleicht auch noch Unterricht in Umgewöhnung an die Sprache in unserem Land?“ „Aber…“ „Schweig! - Diese Räume werden von keinem Schüler unbegleitet betreten. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?“ „Ja, Sir.“ „Gut. Warum bist du dann hier?“ „Ich wollte… Die ganzen Bücher… Und der Trank…“ Snape trat an den Kessel: „Im ganzen Satz.“ Er schnellte herum zu Lucia: „Mir scheint, du bist unserer Sprache nicht mächtig, Miss.“ „Doch, gewiss. Ich habe mich über die ganzen Bücher gefreut. Und ich wollte versuchen meinen Fantasytrank zu vervollständigen.“ „Fantasytrank?“ „Ja, er bewirkt, dass man ruhig schläft, Träume hat, die man sich wünscht. Man wird von keinen Albträumen heimgesucht und wacht ausgeruht und kraftvoll am nächsten Morgen wieder auf. Leider schmeckte der Trank bisher so schlecht, dass ich ihn nun mit einer Nelke geschmacklich abgerundet habe.“ „Setzen. Mach dich an deine Hausaufgaben.“
Lucia tat wie ihr gesagt wurde, begann mit dem Aufsatz für Professor Mc Gonagall. Snape ließ einen Prüfzauber über den Trank zischen, füllte einen kleinen Teil davon in ein Kristallfläschchen. Er setzte sich an seinen Schreibtisch und begann mit seiner Feder Notizen zu machen. Bald war Lucia fertig mit ihrer Arbeit. „Darf ich jetzt gehen, Sir?“ Snape blickte sie an: „Alle Aufgaben erledigt?“ Lucia nickte. „Ich glaube nicht. Haben wir denn schon unseren Unterricht abgehalten, Miss?“ „Nein, Sir. „Nun dann. Beginnen wir mit ein paar einfachen Fragen.“
Egal was Lucia von ihrem Vater gefragt wurde, sie antwortete sofort und richtig. „Kommen wir zu einer letzten Frage: welches Lehrbuch hast du auf deinen Knien liegen?“ „Wie du siehst habe ich hier kein Buch. Ich weiß es einfach.“ „Bitte?“ „Ich kann die Fragen ohne Hilfsmittel beantworten, Sir.“ Snape war verwirrt. Zwei wortlose Zauber bewiesen ihm jedoch, dass Lucia die Wahrheit sagte.
„Du darfst gehen. Ich bitte um Pünktlichkeit beim Abendessen, Miss.“
Der Nachmittag verging in Lucias Augen viel zu schnell. Sie nutze die Zeit, um zu lesen. Mit einem Buch über Zaubertränke ließ sie sich am See nieder.
Immer wieder wandte sie ihre Blicke ab von dem Buch ĂĽber den See. Wasser und Himmel schienen eins zu werden.
Lucia lief durch die Wälder, tollte mit ihren Freunden umher. Wieder durchströmte sie der Duft der Nadelwälder. Mit Leichtigkeit hüpfte sie über die seichten Berge, drehte sich im Sonnenlicht. Am See sah sie ihre Mutter stehen und lief auf sie zu. Nein, Lucia, du musst aufwachen. Du musst raus hier aus diesem Traum! Raus hier! Mama, bleib bei mir! Geh nicht ohne mich! Hol mich raus aus diesem Traum! Ich will weg von hier!
Lucia schreckt hoch, Tränen strömten über ihre Wangen. Woher kamen diese Träume? Dieses Leid? Es muss doch alles einen Sinn haben.
Konzentriert auf die Buchstaben in ihrem Buch las Lucia weiter.
Wieder betrat sie die große Halle mit wehendem Umhang. Alle Blicke waren auf sie gerichtet. „Ich bin pünktlich.“ Dumbledore lächelte: „Wir sind sehr erfreut, Miss Varberg. Setzen Sie sich zu uns und lassen Sie es sich schmecken.“ Lucia machte Anstalten sich möglichst weit von ihrem Vater entfernt hinzusetzen, doch mit demselben Ruck wie am vorherigen Abend zog es sie auf den Platz gegenüber von Snape.
„Die Gegend erkundet, Miss?“ „Ja, Sir. Ich war am See und habe gelesen.“ Dumbledore wandte sich zu Lucia: „Ihr Ehrgeiz in allen Ehren, Miss Varberg. Nutzen Sie die Zeit, in der Sie keinen Unterricht bekommen, zum ausruhen, bevor das Schuljahr beginnt.“ „Professor, es war kein Lernen. Es war ein Zaubertränkebuch.“ „Womit wir beim Thema wären. Ihre heutigen Ergebnisse waren seitens Professor Mc Gonagall und meinerseits nicht ganz in unseren Erwartungen. Wir werden das dennoch aufholen können.“ Snape blickte Lucia an: „Nachhilfestunden wären eine Lösung.“ Lucia erwiderte den Blick ebenso: „Natürlich, Sir. Sie - wären - eine Lösung.“ „Severus, wie ich hörte, hat Lucia in Ihren Stunden sehr gut abgeschlossen. Der Trank ist zweifellos aus ihrer Feder. Sie berichteten mir auch, dass alle Fragen ihrerseits richtig beantwortet wurden.“ Snape sah den Schulleiter an: „Professor Dumbledore, lassen Sie mich hinzufügen, dass es mir vorerst schleierhaft war, wie die Fragen beantwortet wurden. Doch Lucia ist meine Tochter, was in dieser Hinsicht erklärend scheint.“
Lucia verkrampfte schlagartig, unerträgliche Kopfschmerzen durchfuhren sie. „Miss Varberg? Alles in Ordnung?“ Ein seidiger Schimmer legte sich über ihre Haare, leichte Nebelschwaden zogen auf. Sie schlug die Hände vor ihr Gesicht, schloss ihre Augen. „Es soll aufhören! Meine Augen! Mein Kopf! Es soll aufhören!“, Lucia schrie.
Alle Lehrer waren zurückgewichen, außer Snape, der sich schließlich zu ihr rüberbeugte und ihre Hände festhielt, so dass sie ihn ansehen musste. Lucia entspannte und Nebel und Schimmer verzogen sich. Snape schreckte zurück, ließ seine Tochter sofort los. Lucia blickte ihn mit nun genauso dunklen Augen an, wie er sie hatte, und ihre roten Haare waren mit schwarzen Strähnen durchsetzt.
Snape zog seine Tochter hinter sich und Professor Dumbledore her in das Büro des Schulleiters. Unsanft landete sie auf einem Stuhl vor dem Schreibtisch. „Was um Himmels Willen ist geschehen?“ „Ich weiß es nicht! Die Kopfschmerzen… Es war… Ich konnte nicht…“ „Im ganzen Satz!“ Snape packte Lucia am Kinn. „Rede im ganzen Satz mit mir.“ „Ich weiß es nicht! Es war plötzlich da!“ Lucias Augen füllten sich mit Tränen. „Tränen helfen uns auch nicht!“ Sein Griff festigte sich. „Ich weiß es aber nicht, Sir. Es ging doch alles so schnell. Die hämmernden Kopfschmerzen, diese Schreie.“ „Schreie?“ „Ja, sehr laut. Ich weiß doch nicht was das alles bedeutet.“
„Severus, ich gehe davon aus, dass Lucia es wirklich nicht wissen kann, genauso wenig wie wir. Doch es ergibt sich eine kleine Erklärung.“ Dumbledore ging um den Schreibtisch herum zu Professor Snape und reichte ihm Lucias Schülerakte. Auf dem Einband stand nun nichts anderes als Lucia Veritas Snape.
„Der Zauber begann, als Sie Lucia Ihre Tochter nannten, Severus.“ Dumbledore lächelte, doch Lucia sah ihren Vater ärgerlich an, als dieser über die schwarzen Haarsträhnen strich. „Fass mich nicht an!“, sie rückte den Stuhl außer Griffweite. „Lass mir zumindest noch etwas von mir selbst. Vor allem meine restlichen roten Haare!“ „Miss Snape, wir können davon ausgehen, dass sie keine weiteren Verwandlungen durchmachen müssen.“ „Wie können Sie da so sicher sein, Professor? Und nennen Sie mich nicht Miss Snape! Ich heiße Varberg! Varberg!“ Lucia brach nun vollends in Tränen aus. Snape wandte sich zu Dumbledore: „Ich danke Ihnen, Professor. Es wird Zeit für Lucia das Bett aufzusuchen.“ Er zog seine noch weinende Tochter ruckartig vom Stuhl hoch. „Gehen wir.“
Im festen Griff ihres Vaters stolperte Lucia seinen schnellen Schritten hinterher. „Ich kann doch nichts dafür! Lass mich los! Bitte, ich wusste doch nicht, dass das passiert! - Papa! - Sir!“ Es kam keine Antwort, nur ein fester werdender Griff an Lucias Arm. Angst machte sich in ihr breit und sie hielt sich am Treppengeländer fest. „Lass mich los! Ich wollte doch auch nicht, dass das passiert!“ Snape schnellte zurück, packte nun beide Arme seiner Tochter. Worte blieben aus, er zog sie weiter mit sich. Lucias Weinen wurde lauter, ihre Bitten ängstlicher.
An einer Tür ließ Snape sie los: „Du wartest hier.“ Er verschwand in einem der Klassenräume in den Kerkern, kam kurz darauf mit vier auf seinen einen Arm aufeinander gestapelten Büchern wieder raus. Mit der freien Hand packte er wieder seine Tochter und zerrte sie in das bereits vertraute Kaminzimmer. „Hinsetzen.“ Lucia gehorchte und drückte sich in eine Sofaecke, um so wenig wie möglich aufzufallen. Snape wirbelte umher, suchte den einen oder anderen Gegenstand zusammen, nahm schließlich auf seinem Sessel platz.
„Das sind die bisher einzigen Bücher, in denen etwas über den Fluch zu finden ist. Du wirst mir helfen nochmals alles durchzulesen, ob nicht doch noch irgendwo etwas erklärt ist.“ Er schob zwei der Bücher zu Lucia. „Und setz deine Brille auf:“ Lucia kauerte noch immer in der Sofaecke: „Falls du es vergessen hast, ich habe deine Augen bekommen.“ Snape runzelte die Stirn. War das nun eine Ausrede oder hatte der Fluch doch so viel Kraft gehabt? Beide vertieften sich in die Bücher. Mit zusammengekniffenen Augen saß Lucia da, blätterte die Seiten um ohne sie anzufassen. „Meine Augen?“ Lucia zuckte zusammen. „Was?“ „Es scheint als würdest du nicht richtig lesen können.“ „Ich bin nur so furchtbar müde.“ Lucia blätterte wieder eine Seite um. „Kein Zauber in diesen Räumlichkeiten, Miss.“ „Ich lese doch nur.“ „Kein Zauber…“ „In diesen Räumlichkeiten, ja. Und warum nicht?“ „Solange die Volljährigkeit nicht erreicht ist, ist das Zaubern außerhalb der Schule nicht gestattet.“ Lucia verdrehte die Augen: „Wir sind hier in der Schule, Sir.“ „Solange die Kerkerräume dein Zuhause sind, zählen sie nicht zur Schule - Miss.“ Beide sanken zurück in ihre Bücher.
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