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Fanfiction

Weasleys’ Wizard Wheezes – Wilde Weihnachten - Oh Tannenbaum

von S_ACD

Kleine Trivia, die ich mir ursprünglich bloß angelegt habe, damit ich den Perspektivenwechsel besser hinkriege (und, wow, klingt DAS nicht richtig Möchtegern-professionell =D), aber dann hab ich's mir durchgelesen und dachte - hey, das ist irgendwie ganz witzig.

Zwillinge hin oder her, es gibt sie nämlich doch, die kleinen, aber feinen und absolut unbeabsichtigt entstandenen Unterschiede (Eigenleben, Eigenleben...):

- George hat die Kreuzworträtsel.

- Fred nennt George viel öfter "Georgie" als umgekehrt.
("Bruderherz" wird von beiden verwendet, aber auch bei der Verwendung dieses Spitznamens ist Fred eifriger.)

- George ist der mit den Frauenproblemen.

- Fred darf sich zum Ausgleich immer mit den Kobolden rumschlagen.

Aber weiter im Text.

Musikalisch verantwortlich fĂĽr diese Kapitel zeichnen sich diesmal The Doors und auĂźerdem sind zwei winzig kleine Anspielungen auf "WWW - Die ruhigen Tage sind vorbei!" drin. Wer suchet, der findet.



~-~-~-~

Im ersten Moment glaube ich, mich verhört zu haben.
„Sie tut was?“

„Heult.“

„Ist nicht dein Ernst!“

George nickt, schenkt einem Mann um die dreißig, der zögernd vor einem der Regale steht und zu unseren letzten Kunden gehört (Es ist drei nach halb elf Uhr abends und offiziell haben wir schon geschlossen, aber hey- wen interessiert’s?) ein gespielt aufmunterndes Grinsen und wendet sich wieder mir zu.

„Du kannst ja nachsehen, wenn du mir nicht glaubst.“

Mein Blick wandert zur TĂĽr und sekundenlang bin ich hin- und hergerissen zwischen dem Drang, unsere schluchzende Assistentin mit eigenen Augen zu sehen und der Ăśberzeugung, dass es eigentlich nicht besonders nett ist, heulende Menschen zu beglotzen.
(Es sei denn, sie heißen Marcus Flint und gehören zu Slytherin, aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte.)

Ich winke ab. „Lass mal.“
Immerhin ist mein Zwillingsbruder der mit Abstand letzte Mensch auf diesem Planeten, dem ich irgendwas nicht glauben würde – was vielleicht auch daran liegt, dass ich es sogar übermüdet und im Vollrausch mitkriegen würde, wenn er den Versuch starten sollte, mich anzulügen.
„Was meinst du, sollen wir sie trösten oder so was?“

George zuckt die Schultern. „Ich… keine Ahnung.“

Ich ziehe eine Augenbraue hoch. Also, das ist interessant.
Da bestünde doch tatsächlich der Hauch einer Möglichkeit, dass…

Aber mein Gedankengang wird von der rüstigen, grauhaarigen Hexe unterbrochen, die (wie sie mir vorhin in einer halbstündigen Unterhaltung, bei der sich meine Beteiligung auf „Oh.“, „Mh-hm.“, „Ach?“ und „Aha.“ beschränkte, lang und breit erklärt hat) sich hier bei uns für den weihnachtlichen Besuch ihrer fünf lebhaften Neffen eindeckt.

Ein wahrer Regen von Artikeln prasselt auf die Theke nieder.
„Zahlen bitte.“

Während ich die voraussichtlich gigantische Summe zusammenzähle und George das ganze Zeug mit deutlich eingeschränkter Bewegungsfreiheit in Tüten verfrachtet, mustert sie uns durchdringend.

„Sagen Sie mal“, sagt sie dann in einem sehr bestimmten Tonfall, der (wie ich die vergangene halbe Stunde feststellen durfte) ziemlich typisch für sie ist und deutlich macht, dass sie es nicht unbedingt gewohnt ist, ein „Nein.“ von ihrem Gesprächspartner zu hören, „Sie beide sind nicht zufällig verwandt?“

Die absolut synchrone Bewegung, mit der wir den Kopf heben, ist alles andere als hilfreich bei dem Versuch, höflich zu bleiben und nicht laut loszulachen.

„Eh…“, sagt George und das verdächtige Zittern in seiner Stimme entgeht mir keineswegs, „Nein. Nein, eigentlich nicht.“
„Warum fragen Sie?“, hake ich nach.

Sie schĂĽttelt missbilligend den Kopf und scheint dabei keineswegs das GefĂĽhl zu haben, wir wĂĽrden uns ĂĽber sie lustig machen.
„Nur so ein Gedanke… Sie sehen sich nämlich ein wenig ähnlich, wissen Sie?“

„Tatsächlich“, sagen wir gleichzeitig.

Sie nickt energisch. „Ja.“
„Aber wie gesagt, das war nur ein Gedanke“, fügt sie unwirsch hinzu, offensichtlich verstimmt darüber, falsch gelegen zu haben.

„Tut uns wirklich leid“, sage ich ruhig und bin mir vollkommen im Klaren darüber, dass George nur deswegen unter dem Tresen herumkramt, weil er sein Grinsen verstecken will, „Keine Verwandtschaft.“
Ich trete ihm so fest und unauffällig ich kann gegen das Schienbein. (Er ist ja schließlich nicht aus Zucker und außerdem kann ich unmöglich ernst bleiben, wenn er jetzt zu lachen anfängt.)

Er taucht mit verdächtig zuckenden Mundwinkeln wieder auf und räuspert sich vernehmlich. „Ja“, sagt er dann und gibt sich dabei große Mühe, mich nicht anzusehen, „Aber da kann man wohl nichts machen, was?“

„Da haben Sie Recht“, bestätigt unsere Kundin, „Und dabei hätte ich schwören können… was soll’s.“

Fünf Minuten später ist sie draußen und ich stelle fest, dass sich unser mittlerweile letzter Kunde kein Stück vom Fleck bewegt hat. Er steht immer noch wie angewurzelt vor einem der Regale.

„Was ist mit dem?“, fragt George gedämpft und lässt sich im Schneidersitz auf einem der Kartonstapel nieder, die sich in der Weihnachtszeit aus irgendeinem unerklärlichen Grund immer an allen strategisch ungünstigen Punkten ansammeln – was in mir zu gewissen Zeiten im Jahr (die letzte Woche vor Schulanfang, zum Beispiel, oder Halloween) mitunter das Gefühl aufsteigen lässt, der Laden könnte gleich aus allen Nähten platzen.

„Was weiß ich…“, ich schwinge mich ihm gegenüber auf den Tresen – was rein
Manieren-technisch ohnehin nur möglich ist, wenn sich wenige bis gar keine Kunden im Laden befinden, „Entscheidungsschwierigkeiten?“

Er schnaubt und ich grinse verhalten, weil das ein deutliches Zeichen dafĂĽr ist, dass genau so mĂĽde ist wie ich.

„Fünf Minuten hat er noch“, murmelt er missmutig, „Wenn er sich dann noch nicht entschieden hat, werfe ich ihn raus.“

Mein Grinsen wird breiter.
„So spricht ein wahrer Geschäftsmann.“

Er sieht auf, grinst zurück. „Du hast Recht, wie unhöflich von mir. Warum die Eile? Wie sollten ihn am besten auch gleich noch fragen, ob er hier übernachten möchte.“

Ich mache von der seltenen Gelegenheit Gebrauch, auf ihn hinuntersehen zu können. (Immerhin ist er auf seiner Kiste dem Boden ein ganzes Stück näher als ich.)

„Ah, so ist das - du siehst dich bereits nach Ersatz um. Ich bin dir wohl nicht mehr gut genug, was?“

Der Mann wirft uns einen raschen Blick zu und sekundenlang frage ich mich, ob er uns nicht möglicherweise doch hören kann.
Mein Zwillingsbruder legt völlig unbeeindruckt den Kopf in den Nacken und schafft es irgendwie, sogar von unten herauf überheblich auszusehen.
„Klar doch. Was denkst du denn?“


~-~-~-~


„Zwei vor elf“, knurrt George und steht auf, „Jetzt reicht’s.“
„Amen“, pflichte ich ihm bei.

Die Augen offenzuhalten ist mittlerweile zu einer ziemlich anstrengenden Tätigkeit geworden. Wenigstens ist morgen Montag, was bedeutet, dass wir ausschlafen können.

Ich erwische meinen Zwillingsbruder gerade noch an der Schulter, bevor er hinĂĽberstapfen und unser schwarzes Schaf vor die TĂĽr setzen kann.
„Kriegst du das alleine hin?“

Er mustert mich eingehend, scheint zu dem Schluss zu kommen, dass ich bloĂź mĂĽde bin und wirft sich herausfordernd in die Brust.
„Kein Vertrauen in meine Fähigkeiten?“

Ich grinse träge.
„Wenn du wüsstest. Ich fang dann hinten schon mal mit aufräumen an, okay?“

Er winkt ab. „Mach nur.“


~-~-~-~


Erst als ich es in dem halbdunklen Raum aus einer Ecke leise schniefen höre, fällt mir wieder ein, dass George zufolge irgendwo hier ja eine heulende Verity herumsitzt.
Auch das noch…

Ich schiebe mich an beinahe mannshohen Kartonstapeln vorbei und mache mir eine gedankliche Notiz, dass wir morgen Vormittag wohl oder übel umschichten müssen – sonst wird der Weg hinauf zur Wohnung unpassierbar.

Auf der untersten Stufe der schmalen Holztreppe, die zu unserer „Eingangstür“ führt kauert, die Knie angezogen und den blonden Haarschopf zwischen den Armen vergraben, unsere Assistentin und weint leise vor sich hin.

Ich seufze unhörbar.

„Verity?“

Sie zuckt zusammen, macht aber keine Anstalten, aufzustehen.
Na ganz toll. Ernsthaft mal, ich mag sie, ganz ehrlich, aber es ist spät, ich bin müde und außerdem… müssen Mädchen eigentlich immer gleich in Tränen ausbrechen?
Ich meine, was soll das?

Wir Kerle heulen auch nicht so viel rum.

Schön, zu ihrer Verteidigung muss man sagen, dass ich im Augenblick keine Ahnung habe, was eigentlich Sache ist. Vielleicht ist ihre Großmutter gestorben oder so was.

Bei diesem Gedanken schrumpft mein Magen unangenehm in sich zusammen. Bitte nicht. Die Art von Gespräch würde ganz besonders unschön werden.

Ich räuspere mich und ignoriere die unbestimmte Ahnung, dass mir die ganze Situation wahrscheinlich um einiges peinlicher ist als ihr.
„Ist… also… alles in Ordnung?“

Tolle Frage, Mr. Offensichtlich, wirklich. Applaus.
Sie flennt ja wohl kaum, weil ihr so langweilig ist.

Sie hebt den Kopf ein StĂĽck weit, blinzelt mich von unten her an und schafft es trotzdem, in ihre heiser geweinte Stimme genug Sarkasmus zu legen, um mir klar zu machen, wie ĂĽberflĂĽssig diese Frage wirklich war.
„Mir ging’s noch nie besser.“

Gut, Punkt fĂĽr sie.
Normalerweise sollte man sich als Mann jetzt neben das Mädchen setzen und sich die ganze Geschichte anhören. Das Problem ist bloß… dafür ist die Stufe zu schmal.
Und rundherum ist auch herzlich wenig Platz.

Also entscheide ich mich für vernünftigste Lösung – ich bleibe einfach stehen.
Sehr sensibel, ich weiß. Im Ausgleich dafür gebe ich mir Mühe, so viel verständnisvolles Einfühlungsvermögen in meine nächste Frage mit einfließen zu lassen wie möglich.
„Was ist denn los?“

Sie strafft sich, hebt den Kopf, fährt sich mit beiden Händen übers Gesicht.
„Gar nichts.“

Merlin, ich hab echt keinen Schimmer, wer sich jemals diesen Blödsinn hat einfallen lassen, von wegen Mädchen wären wunderschön, wenn sie weinen.
Das ist der allergrößte Mist, der je niedergeschrieben wurde und das sage ich, obwohl ich Percy Weasleys allerersten Bericht über die Dicke von Kesselböden vorgelesen bekommen habe.

Niedlich, vielleicht. SĂĽĂź, meinetwegen.
Trotzig, tapfer, liebenswert – gut, okay, sehe ich alles ein.
Aber schön? Im Sinne von… richtig schön?

Vergesst es.

„Gar nichts“, wiederhole ich, „Aber klar doch. Ich sitze auch immer in Ecken rum und heule, wenn ich nichts Besseres zu tun habe.“

Sie schnieft und lacht ein nettes, kleines, verheultes Lachen.
„Es ist… gar nichts, wirklich, nur… mein Freund und ich haben uns getrennt. Und… tut mir leid, Mr. Weasley, okay, ich weiß, dass heute viel im Laden los war und… ach, du lieber Himmel.“

Sie fährt sich durch die Haare und atmet tief und zittrig ein.
„Lächerlich“, murmelt sie, mehr zu sich selbst als zu mir und gibt sich dann mit einem Mal Mühe, sich am Riemen zu reißen, „Lächerlich, ich weiß. Tut mir leid. Tut mir ehrlich-“

„Ist schon gut, wirklich“, ich winke ab und komme mir dann wie der letzte Idiot vor, weil ich ja wohl irgendwas Nettes sagen sollte, irgendwas… Tröstendes.

Sollte ich wirklich. Aber mal abgesehen davon, dass ich mit solchen Situationen prinzipiell nicht allzu gut kann, bin ich heute auch noch hundemĂĽde.

Sie lächelt schwach und sieht dabei genauso fertig aus, wie ich mich fühle.
„Danke.“

„Ähm…“, sage ich in dem Versuch, etwas Interesse zu zeigen, „Wie lange waren Sie…?“

„Drei Jahre.“ Sie schluckt, nickt dann langsam.
„Drei Jahre, dann hat er plötzlich eine andere. Zwei Wochen vor Weihnachten.“

Autsch. Das echt nicht die feine englische Art.

„Verdammter Arsch.“
Die Beleidigung entwischt mir, bevor ich noch nachdenken kann und dann stelle ich erfreut fest, dass es anscheinend die richtige Reaktion war.

Sie schmunzelt.
„Verdammter Arsch“, wiederholt sie – es klingt wie die Feststellung einer unumstößlichen Tatsache und seltsamerweise hellt sich ihr Gesicht dabei ein winziges bisschen auf.


~-~-~-~


Draußen vor dem Fenster wirbeln die Schneeflocken, was in dieser Stadt eine echte Seltenheit darstellt. London im Winter besteht im Normalfall aus grauem, wässrigem Matsch und Pfützen, die stellenweise so riesig sind, dass man guten Gewissens zwei der im See von Hogwarts lebenden Wassermenschen darin aussetzten könnte, um sie der Familienplanung zu überlassen.

Montagvormittag und alles könnte ruhig und friedlich sein… wäre da nicht dieses unbedeutende Platzproblem, das wir zu lösen haben.

„Merlin noch mal“, fauche ich aufgebracht, „Jetzt reicht’s!“

Mein Zwillingsbruder stemmt die Hände in die Hüften und seufzt resigniert.
„Nicht, dass du nicht absolut Recht hättest, aber was sollen wir-“

„Rauf“, ich widerstehe dem Verlangen, mit voller Wucht gegen die nächstbeste Kiste zu treten, weil die immerhin voller Buffknaller ist, „Rauf damit und die Sache hat sich.“

Er verdreht die Augen. „Fred-“
„Ernsthaft, wenn wir-“
„Nein.“
„Aber-“
„Nein“, sagt er bestimmt, „Das hatten wir doch alles schon mal, hast du das etwa vergessen?“

Vergessen nicht, aber möglicherweise verdrängt.
Und gut, zugegeben – das erste und einzige Mal, bei dem wir die ganzen Berge von Zeug aus Platzmangel nach oben in die Wohnung verfrachtet haben, war wirklich ein einziges Desaster… Aber das heißt doch nicht automatisch, dass es diesmal wieder-

„Vergiss es“, sagt George grinsend und beweist damit einmal mehr, dass diese Telepathie-Theorie, die Trelawney mal hatte, doch nicht so abwegig war, „Das endet ganz genauso wie beim letzten Mal – nämlich in ’ner Katastrophe.“

„Na schön“, ich breite die Arme aus und verweise damit auf das hoffnungslos überfüllte Zimmer (zwar ist der Weg zur Treppe inzwischen wieder frei, aber dafür muss man sich durch einen gerade mal dreißig Zentimeter breiten Spalt zwängen, wenn man in den Verkaufsraum will – mit irgendwelchen Kisten da durchzukommen, ist schlichtweg unmöglich), „Na schön. Und was ist Ihr brillanter Lösungsvorschlag, mein lieber Sir?“

Er zuckt mit den Schultern. „Wir sollten magisch erweitern.“

„Klasse, wirklich. Dir ist schon klar, dass wir dafür diesmal ’ne Genehmigung brauchen, oder?“
„Scheiß-Bürokratie. Aber mal ehrlich, wofür sitzt unsere halbe Familie denn im Ministerium?“

Sekundenlang starren wir uns an.

„Aber wir fragen nicht-“
„Wo denkst du hin.“
„Also Dad?“
„Dad.“

„Okay“, ich reibe mir den Nacken, „Schlage vor, jetzt wo das geklärt ist…“
„Yep“, sagt er, „Ich hab auch Hunger.“


~-~-~-~


„Ernsthaft?“, mein Zwillingsbruder zieht eine Augenbraue hoch, „Sie war doch schon letztes Jahr…“

Ich winke ungeduldig ab. „Und wenn schon.“

Er zuckt mit den Schultern, schiebt sich die halbe Toastscheibe zwischen die Zähne, um die rechte Hand für den Federkiel freizubekommen, nuschelt „Wie du willst.“ und streicht Fleurs Namen von der aktuellen Weihnachtsgeschenkliste.

Ich betrachte ihn nachdenklich mit schiefgelegtem Kopf.
„Georgie?“

Er schiebt den Federkiel zwischen Zeige- und Mittelfinger, verbraucht die restlichen Finger für die Johannisbeergelee-klebrige Weißbrotscheibe und nimmt einen großen Bissen. „Mhmm?“

„Ist dir eigentlich schon mal aufgefallen, dass wir eigentlich n’ziemliches Faible für Listen haben?“

Was nicht einmal gelogen ist. Irgendwie… wir haben für alles eine Liste.
Verdammt spieĂźig.
Wann hat das bitteschön angefangen?

„Hm…“, mein Zwillingsbruder kaut, schluckt und starrt dann einigermaßen verwundert auf den Pergamentbogen in seiner anderen Hand.
Eine Sekunde vergeht, dann noch eine und gerade als ich mich zu fragen beginne, warum er so absolut gar nichts sagt, wird mir klar, dass er bloĂź nach einer zweideutigen Antwort sucht, die ihm nicht einfallen will.

„Was denn? Keine sexuell verwerfliche Anspielung für das Wort ‚Liste’?“

Obwohl sein Blick auf das Pergament gerichtet bleibt, kann ich das unglaublich breite Grinsen sehen, das sich auf meine Bemerkung hin auf seinem Gesicht ausbreitet.
„Verdammt.“

Ich schüttle gespielt trübsinnig den Kopf. „Also ich muss ganz ehrlich sagen, Bruderherz… du enttäuscht mich.“

Er sieht auf.
„Furchtbar ungewohnt, was? Sonst ist es doch immer anders herum…“

„Aaach, komm schon. Wann hab ich dich jemals hängengelassen?“

Er schiebt sich das letzte StĂĽckchen Toast in den Mund.
„Oft genug“, bringt er undeutlich und im Brustton der Überzeugung hervor.

„Mmh-hm“, mache ich und nehme ihm die Liste aus der Hand, um sie selber durchzusehen, „Sag Bescheid, wenn du wieder in der Realität angekommen bist, ja?“

„Aber selbstverständlich“, er zieht meine halbvolle Kaffeetasse über die Tischplatte zu sich her (Eigentlich sollten wir nach uraltem britischem Volksgut und siebzehn Jahren Molly Weasley’scher Frühstückstradition ja brav unseren Tee trinken, aber… hm. Das ist irgendwie so… unmännlich.), „Wenn du n’paar Jahre warten kannst?“

Ich blinzle ihm in bester jungfräulicher Mädchenmanier zu.
„Bist das der Tod uns scheidet und darüber hinaus.“

Er hat die Tasse gerade angesetzt, grinst und kippt das lauwarme Gesöff dann in einem Zug hinunter. „Gut zu wissen.“

„Nicht wahr?“
Ich lasse die Liste auf den unordentlich zusammengefalteten Tagespropheten fallen („Aufstrebender Auror wegen Techtelmechtel mit Schutzbefohlener suspendiert – ‚Derartiges tat er nicht zum ersten Mal’ behaupten jetzt Kollegen“) und kippe meinen Stuhl weit genug zurück, um meine Knie an der Tischkante abstützen zu können.

George steht auf und wirft einen Blick auf die Uhr.
„Wann reden wir mit Dad?“

Ich lege den Kopf in den Nacken. „Keine Ahnung… schauen wir heute mal zum Abendessen bei ihnen vorbei?“

Er grinst. „Bloß weil wir absolut keine Lust drauf haben, selber was zu kochen?“
Ich grinse zurück. „Nein, weil wir absolut kein Talent dazu haben, um selber was zu kochen.“

„Hey“, macht er gespielt beleidigt, als er durch den Türrahmen verschwindet, „Sprich gefälligst für dich selbst und nicht für andere.“

Ich muss schmunzeln.
Gut und gerne zweiundzwanzig Jahre zu spät, um jetzt noch damit anzufangen und außerdem… das Wort „andere“ schließt ihn nicht mit ein.
Kurz frage ich mich, ob es ĂĽberhaupt gesund ist, sogar in Gedanken die meiste Zeit erste Person Mehrzahl zu verwenden.

Im Badezimmer läuft Wasser, dann sind seine Schritte auf dem Flur zu hören.
„Übrigens…“

„Was?“

„Schon mal dran gedacht, dass- Woah!!“

Mein Stuhl knallt so heftig in seine ursprĂĽngliche Position zurĂĽck, dass das Krachen der Stuhlbeine, die auf dem Holzboden aufschlagen, in der ganzen KĂĽche widerhallt.

„Fred?“
-beweg dich auf der Stelle her, irgendwas ist passiert.

Nicht, dass es irgendwer von uns beiden aussprechen mĂĽsste.
Manchmal habe ich den Verdacht, dass wir in zwei komplett unterschiedlichen Sprachen miteinander reden könnten und trotzdem noch problemlos wüssten, worum es im aktuellen Gespräch eigentlich geht.

Als ich nach drei hastigen Schritten im Wohnzimmer ankomme, habe ich im ersten Moment allerdings keinen blassen Schimmer, was er gemeint hat.

„Heilige Scheiße!“, sagt mein Zwillingsbruder gerade und ich bin mir vollkommen im Klaren darüber, dass er nicht mit mir redet, was zugegebenermaßen etwas verwirrend ist, „Bist du komplett irre geworden? Mein arme Herz!“

„Jaah“, antwortet eine andere Stimme, die sich verdächtig nach Ron in einem seiner erfolglosen Versuche anhört, sarkastisch zu sein und erst jetzt realisiere ich, dass der Kopf unseres jüngsten Bruders mitten in unserem Kaminfeuer aufgetaucht ist, „Wo ihr doch schon so alt und gebrechlich seid, dass man auf solche Sachen Rücksicht nehmen muss…“

„Hey“, schalte ich mich ein, „Ein bisschen mehr Respekt, ja? Wer rechnet denn auch damit, frühmorgens aufzustehen und plötzlich dein Gesicht vor der Nase zu haben, huh?“
George nickt gespielt ernst. „Nicht gerade der beste Start in den Tag, da wirst du uns doch sicher Recht geben.“

„Haltet die Klappe“, sagt Ron wütend, „Das ist überhaupt nicht witzig. Es ist was passiert, okay?“

Neben mir versteift George sich unmerklich, aber wir wozu sind wir denn beide absolute Meister darin, uns nichts anmerken zu lassen?

Alles für die Erhaltung des guten Rufs... oder so ähnlich.

„Passiert?“, wiederhole ich und stelle fest, dass sich dieses Wort auch aus meinem Mund nicht im Geringsten gut anhört.
„Was denn passiert?“, fragt George.

„Schaut mal daheim vorbei“, sagt Ron ungehalten, „Das soll ich euch ausrichten. Und lasst die bescheurten Witze, ja? Diesmal ist es echt nicht lustig.“

Mit diesen Worten macht es Plopp! und das Antlitz des jĂĽngsten Sprosses unserer Familie ist aus unserem Wohnzimmer verschwunden.

Und George und ich wechseln (jetzt da er weg ist) einen beunruhigten Blick.

„Das ist ungut“, sage ich in das trotz des prasselnden Feuers plötzlich abgekühlte Schweigen hinein.
„Yep“, murmelt er zustimmend, „Wirklich, wirklich ungut.“


~-~-~-~


Hehe, das oben war noch nicht mal alles:

- George hat öfter ein Gespräch mit einem der Weasleygeschwister unter vier Augen als anders herum.

- Bekommen sie 'ne Eule, ist es immer Fred, der die Nachricht liest.

- Wird ein Bett geteilt, ist George immer derjenige, der schon vorher drin liegt.

- Sind Besorgungen zu machen, ist es ständig Fred, der bei Wind und Wetter aus dem Haus rennen muss.

Und das beste ist... es stimmt!
Wer hat die Anspielungen gefunden?


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Meike Bruhns, Berliner Zeitung