
von S_ACD
Haufenweise neue Charaktere.
Zeit wird's. (Neue Erkenntnis: Namen sind schwierig.)
Bei dem Kaptiel hatte ich endlich mal wieder saumäßig Spaß. Man kann sich kaum vorstellen, warum... :D
Nachträglich frohe Weihnachten an alle!
Ich hoffe, wenigstens ihr hattet Schnee...
~-~-~-~
Unser Vater ist normalerweise ein umgänglicher Mensch.
Ich will nicht sagen, dass er einem absolut alles durchgehen lässt, aber man kann ohne Übertreibung behaupten, dass er eine recht hohe Toleranzgrenze hat.
Solange man keine allzu schrecklichen Schimpfwörter benutzt (die einzige Ausnahme ist, wenn sie im Zusammenhang mit dem Namen Malfoy fallen), keine blöden Witze über seine jahrelang zusammengetragene Muggel-Werkzeugsammlung macht und auch sonst keinen zu extremen Mist baut (jemanden umzubringen, zum Beispiel, oder schwanger zu werden oder so was…) ist er ein ziemlich netter Elternteil.
Jetzt im Moment hat scheint er allerdings ein paar Probleme damit zu haben, sich daran zu erinnern.
„Wie bitte?!“, er starrt Percy aufgebracht an, „Sag das noch mal, Junge! Ich will doch stark hoffen, dass ich dich da grade falsch verstanden habe!“
Percys Blick wandert zwischen ihm und der Tischplatte hin und her und auch, wenn seine augenblickliche Körpersprache nicht gerade Konfrontationskurs signalisiert, klingt seine Stimme doch entschlossen.
„Du hast dich nicht verhört, Vater“, wiederholt er, „Ich sagte, ich weiß es nicht.“
„Was zum-“, Bills flache Hand landet auf der Tischplatte – es knallt nicht, aber viel fehlt nicht mehr, „Du wurdest verhaftet! Wir haben dich grade in Askaban abgeholt, verdammt noch mal, und du willst uns allen ernstes weismachen, dass du keine Ahnung hast, warum du überhaupt-“
„Meine Güte, jetzt lasst ihn doch!“
Mum schnippt so heftig mit dem Zauberstab, dass der schwebende Teekessel, der gerade dabei ist, selbstständig Tee einzugießen, einen Satz nach vorne macht und ein gewaltiges Stück aus einer dunkelroten Tasse schlägt und atmet zittrig ein.
„Du liebe Zeit“, sagt sie und klingt dabei so verzweifelt, als wäre ein zerbrochenes Stück Keramik der Anfang vom Weltende, „Auch das noch.“
Dad hat sich sofort wieder im Griff.
„Molly, Liebling, lass nur-“
Aber George hat seinen Zauberstab noch schneller gezogen als unser Vater und Bill zusammen.
„Ich mach schon.“
Percys Gesichtsausdruck wechselt (vielleicht fällt mir das nur auf, weil es alle anderen anscheinend wahnsinnig interessant finden, wie ein Stück Porzellan gerettet wird) von defensiv zu einer seltsamen Mischung aus Hilf- und Ratlosigkeit und als er sich müde mit einer Hand übers Gesicht fährt, sieht er Bill dermaßen ähnlich, dass er mir beinahe unheimlich wird.
Als er bemerkt, dass ich ihn ansehe, hat er sich sofort wieder im Griff. Das herausfordernde Grinsen, das ich ihm daraufhin schenke, kostet mich bei weitem mehr Mühe als erwartet und als ich aufsehe, bemerke ich, dass mein Zwillingsbruder wiederum mich seltsam ansieht – aber er sagt nichts.
~-~-~-~
„Wir müssen mit Percy reden.“
Ich nicke zustimmend, verfrachte meine ZahnbĂĽrste an ihren angestammten Platz und lehne mich ans Waschbecken.
George sitzt auf dem Rand der Badewanne, die Ellenbogen auf die Knie gestĂĽtzt und ĂĽberlegt vor sich hin.
„Ich meine, die Vorstellung heute von wegen, er hat keinen blassen Schimmer, warum sie ihn in ’ne Zelle verfrachtet haben, war in meinen Augen ein bisschen dürftig.“
Ich schnaube.
„Absolut erbärmlich trifft’s wohl eher.“
„So direkt wollte ich zwar nicht werden, aber ja, danke, genau das habe ich damit gemeint.“
„Immer wieder gerne doch.“
„Also“, ich verschränke die Arme im Nacken und starre hinauf an unsere Badezimmerdecke, „Seine Anhörung ist am zweiundzwanzigsten Dezember.“
„Hm.“
„Und er will uns weismachen, dass er absolut keine Ahnung hat, warum er überhaupt verhaftet wurde.“
„Hm.“
„Das heißt, dass wir keine Ahnung haben, was er wirklich angestellt hat.“
„Hm.“
„Was wiederum bedeutet, dass es ein klein wenig schwierig werden könnte, ihn da wieder rauszuhauen.“
George bläst die Backen auf.
„Ich schätze, dass bringt die ganze Sache so ziemlich auf den Punkt, ja.“
Ein paar Sekunden lang herrscht Schweigen.
„Wir sind uns aber schon einig, dass das ganze Getue heute schlicht und ergreifend gelogen war und er bloß nicht mit der Sprache herausrücken wollte, oder? Aus welchem hirnverbrannten Grund auch immer…“
Er sieht mich so missbilligend an, als hätte ich ihn gefragt, an welchem Tag wir Geburtstag haben.
„Klar sind wir uns da einig.“
Stille.
„Wir reden mit ihm.“
„Morgen.“
„Mh-hm.“
„Mal sehen, ob er sich dann immer noch rausredet.“
Wir sind schon im Flur, als ich noch mal den Mund aufmache – um etwas loszuwerden, das schon den ganzen Tag an mir nagt und das ich eigentlich aus ziemlich naheliegenden Gründen in die hinterste Ecke meines Unterbewusstseins gestopft hatte.
„George, sag mal… was ist, wenn…“
Er dreht sich nicht um, aber er nickt langsam.
„Ja“, sagt er zögernd, „Ich weiß. Hab’s mir auch schon überlegt.“
„Was machen wir dann?“
Er wendet sich halb zu mir um, grinst und uns ist beiden klar, dass ihm nicht wirklich danach ist.
Und das ist übrigens einer von ganz, ganz wenigen Gesichtsausdrücken an ihm, die ich hasse wie die Pest. Ernsthaft. Nichts ist schlimmer, als George, wenn er ein fröhliches Gesicht macht und es gar nicht wirklich so meint. (Dass er es absolut perfekt hinbekommt, macht die ganze Sache nur noch schlimmer anstatt besser.)
Ich könnte kotzen, so übel wird mir jedes Mal.
„Tja… ich würde mal sagen, darüber zerbrechen wir uns den Kopf, wenn es so weit ist, einverstanden?“
Jetzt ist es an mir, langsam zu nicken.
„Klingt durchaus vernünftig.“
Ich schiebe mich an ihm vorbei, um in meinem Zimmer zu verschwinden.
„Und übrigens… tut mir ’nen Gefallen und wisch dir das Grinsen vom Gesicht, ja? Sonst kommt’s mir nämlich hoch.“
Er macht ein Geräusch, das irgendwie so klingt, als könnte er sich nicht recht zwischen herablassendem Schnauben und erleichtertem Lachen entscheiden.
„Jaah… dir auch eine gute Nacht.“
~-~-~-~
Wenn es etwas gibt, das ich noch mehr hasse als in aller HerrgottsfrĂĽh unsanft aus dem Schlaf gerissen zu werden, dann ist es ganz eindeutig, in aller HerrgottsfrĂĽh von George aus dem Schlaf gerissen zu werden.
Da wird das unsanft gleich noch eine Spur, na ja… unsanfter eben.
Oder so. Ihr wisst schon, was ich meine.
Ich gebe mir noch nicht mal Mühe, ein Auge aufzumachen, murmle „Verziehdich.“ und kann praktisch vor meinem inneren Auge sehen, dass er schmunzelt.
„Komm schon, hoch mit dir. Da ist jemand, der uns sprechen will.“
Ich schlage die Augen auf.
Er steht neben meinem Bett, komplett angezogen, kein bisschen zerzaust und putzmunter. Dieser miese Verräter…
„Umpf…“, ich fahre mir durch die Haare und gebe mir etwas mehr Mühe mit der Artikulation, „Kannsu… Kannst du mir vielleicht mal verraten, warum du um diese Uhrzeit schon auf den Beinen bist? Das ist doch unmenschlich…“
Zwar ist der Laden heute längst geöffnet, aber ganz genau aus diesem Grund hat man doch Personal – um unangenehme Dinge wie Aufschließen-im-Morgengrauen an Leute delegieren zu können, die weniger Kohle haben als man selbst.
Er grinst und setzt sich auf die Bettkante, während ich mich nur äußerst widerwillig in eine halbwegs sitzende Position manövriere.
„Ganz deiner Meinung“, sein Grinsen wird breiter und ich beginne mich zu fragen, ob es ihm nicht möglicherweise leichter fällt, mich zu durchschauen, wenn ich noch nicht richtig wach bin, „Ich war auch noch gar nicht unten… aber Verity war vorhin hier und hat Bescheid gesagt.“
„Huh?“, mache ich, „Warst du da etwa schon wach?“
Er schüttelt den Kopf. „Mitnichten. Aber sie war so nett, mich aufzuwecken.“
Oha. Ich grinse zurĂĽck.
„Wie rücksichtsvoll.“
„Kannst du laut sagen.“
„Ernsthaft“, ich zwinkere ihm vielsagend zu, „Solche Angestellte findet man selten, was?“
„Ach, halt die Klappe.“
„Stehst du auf sie?“
„Wa- nein!“
„Du stehst auf sie.“
„Weißt du was, Freddie, schlaf weiter. Scheinst da oben sowieso noch nicht ganz klar zu sein, wenn du solchen Schwachsinn laberst…“
Ich strecke mich genĂĽsslich. Irgendetwas knackt erschreckend laut und fĂĽhlt sich hinterher nicht halb so unangenehm an, wie es geklungen hat.
„Was auch immer. Ich weiß, dass ich recht habe.“
Er steht auf, klopft mir grinsend auf die Schulter – keine Bestätigung, aber die braucht es gar nicht. Ich brauche sie zumindest nicht.
„Tse“, macht er sarkastisch, „Woher bloß?“
Die Tür fällt leise klickend ins Schloss.
„Und beeil dich zur Abwechslung mal!“
„Ja, ja… übrigens, Bruderherz?“
„Was?“
„Wenn du jetzt auch noch ohne mich gefrühstückt hast, kommt’s in diesem Haushalt zu ’ner ernstzunehmenden Vertrauenskrise!“
Zehn Minuten später bin ich einigermaßen einsatzbereit.
Erst auf dem Weg zur Wohnungstür kommt mir die glorreiche Idee, nachzuhaken, welcher hochgeschätzten Persönlichkeit zuliebe ich mich schon frühmorgens aus dem Bett quälen durfte.
„George…?“
Er dreht sich um.
„Dachte schon, du fragst nie. Keine Ahnung, nie gesehen. Irgend so’n Typ…“
Na, das fängt ja schon mal gut an. Das letzte Mal, als irgend so ein Typ uns sprechen wollte, hat uns das nichts gebracht außer haufenweise Scherereien.
Und vielleicht zwei, drei durchaus witzige Momente.
Er bemerkt meinen Blick.
„Ja, ich weiß… aber der wirkt ganz seriös. Hat auch gesagt, es geht ums Geschäft…“
Der Satz hängt in der Luft und ist Bestätigung und Erklärung für meine zwingende Anwesenheit zugleich…
Wenn’s um den Laden geht, sind Alleingänge nicht drin. Punkt, aus.
Das ist die erste Grundregel.
Ich meine, gut, okay, schön, das ist gewissermaßen ohnehin das Grundprinzip unseres ganzen Lebens, aber diesen Punkt haben wir fix vereinbart.
In unserem (immer noch ziemlich überfüllten) Hinterzimmer wartet ein Mann um die dreißig. Dunkelblonder, sicher alles andere als billiger Kurzhaarschnitt, gut sitzender Nadelstreifumhang. Er hält sich sehr gerade und strahlt die Gewissheit jener Leute aus, die für gewöhnlich nur mit dem Finger schnippen müssen, um zu bekommen, was sie wollen.
Irgendwoher kenne ich ihn.
„Guten Morgen, meine Herren.“
Er schüttelt uns energisch die Hand, mustert uns dann einmal abschätzig von oben bis unten. Sein Blick bleibt an mir hängen und mir wird klar, dass ein Blick in den Spiegel vielleicht doch nicht geschadet hätte. (Ich weiß, wie meine Haare aussehen, wenn ich gerade erst aus dem Bett gekrochen bin.)
„Ah, Verzeihung“, der spöttische, leicht abfällige Unterton in seiner Stimme ist gerade subtil genug, um zwar gehört, aber unmöglich nachgewiesen werden zu können, „Ich sehe schon, ich komme, ah… etwas zu früh für Ihre Verhältnisse, nicht wahr?“
Ahh, ein Profi. Der hatte sicher mal reiche Eltern.
Diesen Unterton lernt man nicht, so was ist angeboren.
George schenkt mir einen fragenden Seitenblick. Soll ich…?
Ich grinse. Lass mal, alles unter Kontrolle.
„Jahh“, ich werfe Mr. Was-bin-ich-doch-toll-und-erfolgreich-weil-ich-früh-aufstehe einen verschwörerischen Blick zu, „Wissen Sie, an mir würde es ja nicht liegen, aber die holde Damenwelt… die lassen einen einfach nicht zur Ruhe kommen, wenn Sie verstehen, was ich meine.“
Mit dieser Erwiderung hat er anscheinend nicht gerechnet.
„Oh“, sagt er kühl, „Ich verstehe.“
„Hmm“, ich lächle mein bestes nachsichtiges Lächeln, „Aber ich sehe schon, ein Mann von Ihrem Format hat derartige Probleme doch sicher nicht, oder?“
„Nein“, sagt er noch kühler und ganz offensichtlich verstimmt darüber, dass er sich dieses Tor selber schießen muss, „Nicht wirklich.“
„Hab ich’s mir doch gedacht“, ich klopfe ihm gönnerhaft auf die Schulter, „Aber machen Sie sich nichts draus, manche von uns sind eben monogam veranlagt. Was, George?“
„Ja“, steigt George mit ein, „Genau. Monogam. Muss ja nicht zwangsläufig was schlechtes sein.“
„Ganz und gar nicht.“
Wir machen beide äußerst höfliche Gesichter.
Sekundenlang starrt er finster zurĂĽck, dann hat er sich wieder im Griff.
Und zĂĽckt seine Visitenkarten.
„Eduard Fleury“, sagt er, während er jedem von uns eine in die Hand drückt, „Ah, Eduard D. Fleury, um genau zu sein. Ich besitze einige äußerst einträgliche Unternehmen hier in Groß Britannien und auch drüben auf dem Kontinent.“
Ich nehme die Karte nur zögernd, weil ich mich dabei jedes Mal an den unrühmlichen Thredder-Vorfall vor gut neun Monaten erinnert fühle.
Dünn, sandfarben und teuer. Die Schrift verändert sich magisch – verschiedene Firmennamen, Länder, Produktbezeichnungen… einiges von dem Zeug ist ganz bekannt, anderes nicht. Die stilisierte Schrift in der Mitte bleibt gleich: Eduard D. Fleury, darunter eine Londoner Adresse und dann noch eine, ganz offensichtlich in…
„Ah, Italien“, sagt Fleury, „Ganz recht. Mein, ah, mein Zweitwohnsitz ist dort.“
„Tatsächlich?“, sagt George, „Schlafen Sie dort auch so wenig wie hier?“
Ich verbeiĂźe mir ein Grinsen, er scheint es ganz offensichtlich weniger lustig zu finden.
„Nein“, sagt er verstimmt, „Dort schlafe ich gar nicht.“
Und plötzlich weiß ich auch wieder, warum er mir vorhin bekannt vorgekommen ist – er ist der Typ, der vor ein paar Tagen ewig im Laden herumgelungert ist, obwohl wir eigentlich schon geschlossen hatten.
„Ah“, ich lasse das Kärtchen in meiner Tasche verschwinden, „Das hört sich aber ungesund an.“
„Sie…!“, er seufzt ungeduldig, „Wie auch immer. Hören Sie, ah… ich mache es kurz. Der eigentliche Grund meines Besuches ist der, ah – ich habe Interesse daran, Ihren Betrieb aufzukaufen.“
Neben mir schnippt es unfreiwillig und die Visitenkarte segelt aus Georges Hand auf den FuĂźboden.
„Äh“, sagt er verdattert, „Was?“
„Sie haben mich schon verstanden. Ihre Geschäftsidee ist gut und ganz offensichtlich auch mehr als erfolgreich. Ich möchte, dass Sie für mich arbeiten.“
Er sieht erwartungsvoll und auch einigermaĂźen selbstzufrieden zwischen uns hin und her. Seiner Sache scheint er sich ziemlich sicher zu sein.
„Also“, bringe ich heraus und gebe mir Mühe, nicht so überrascht zu klingen wie ich mich fühle, „Das… das ist-“
Aber mir ist es nicht vergönnt, meinen Satz zu Ende zu bringen, (was objektiv betrachtet vielleicht gar kein so großes Unglück ist, weil ich mir über den Schlussteil sowieso nicht so ganz im Klaren war) denn plötzlich wird die Tür so schwungvoll aufgerissen, dass die immer noch mannshohen Kartonstapel gefährlich ins Schlingern geraten.
Der ausgestreckte Zauberstab ist das erste und einzige, das ich registriere, dann zischt auch schon ein roter Blitz quer durchs Zimmer. Ich mache hastig einen Satz zur Seite, gehe hinter dem nächstbesten Stapel in Deckung und irgendjemand schreit wütend auf – keine Ahnung wer, keine Ahnung warum.
George war’s ziemlich sicher nicht.
Ich will meinen Zauberstab ziehen, bevor mir siedendheiß wieder einfällt, dass ich den gar nicht dabei habe. Verflucht noch mal, so verpennt kann ich doch gar nicht gewesen sein! Hoffentlich unternimmt George irgendwas.
Etwas rauscht haarscharf an meinem Ellenbogen vorbei – ich kann den Luftzug spüren – und aus dem Verkaufsraum dringen laute, aufgeregte Stimmen herein, aber alles, woran ich denken kann, ist: Verdammt. Hoffentlich hat niemand was Brennbares getroffen.
Erst als ein Karton neben mir auf den Boden kracht, wird mir klar, dass sich der dunkelblonde Geschäftsmann Fleury neben mir verkrochen hat. Seine Augen sind riesig, aber ansonsten scheint es ihm gut zu gehen.
Hastiges Fußgetrappel, von draußen kommt ein paar empörter Rufe, dann eine erschrockene Stimme.
„Mr. Weasley?“
Es ist Jeff, einer der beiden Aushilfen. Mich kann er nicht gemeint haben, denn ich bin immer noch auĂźer Sichtweite und auĂźerdem klammert sich ein Zauberer panisch an meinen Oberarm.
„Gottverdammt!“, ist die einzige Erwiderung, die er kassiert und man müsste wahrscheinlich nicht einmal sein Zwillingsbruder sein, um zu kapieren, dass George stocksauer ist, „Wer in Dreiteufelsnamen…!! Fred!“
„Ja“, ich rapple mich hastig auf und schüttle dabei Fleury ab, der etwas unsanft zurück auf die Dielen fällt, „Hier. Wer zum Teufel war das?!“
„Woher soll ich das wissen?“
„Jeff!“
Er sieht ratlos zwischen uns beiden hin und her, zuckt dann die Schultern.
„Keine Ahnung.“
„Was soll das heißen, keine Ahnung… der kam von draußen, ihr müsst ihn doch gesehen haben!“
Jeff weicht wohlweislich ein Stück zurück, fängt aber nicht zu stottern an.
(Was recht tapfer von ihm ist, weil George echt ziemlich einschĂĽchternd sein kann, wenn er richtig wĂĽtend ist.)
„Schon“, sagt er, senkt dann die Stimme, „Aber der Laden ist komplett voll. Wir sind zu zweit, sollen wir da etwa jeden einzelnen Kunden im Auge behalten?! Das is’ doch unmöglich!“
Wo er Recht hat…
Ich ĂĽberlasse es George, unschuldige Angestellte zur Schnecke zu machen und schiebe die TĂĽr zum Verkaufsraum einen Spalt weit auf. Dort scheint sich die Lage wieder weitgehend beruhigt zu haben.
Man sollte doch meinen, ein Irrer, der reingestürmt kommt und einfach anfängt, rumzufluchen, würde zumindest so was wie ’ne Panik auslösen, aber Fehlanzeige.
Ein paar Gesichter mustern mich neugierig. Ich lächle aufmunternd, dann knalle ich die Tür wieder zu.
„Mr. Weasley?“, sagt Jeff gerade und weil er immer noch neben George steht, dauert es ein paar Sekunden, bevor mir klar wird, dass er mich gemeint hat, „Geht’s Ihnen gut?“
„Öh“, mache ich, „Klar. Alles bestens. Warum?“
„Du blutest“, stellt mein Zwillingsbruder trocken fest und zieht vorsichtig meine rechte Hand von meinem Körper weg (die, wie mir erst jetzt auffällt, tatsächlich ziemlich blutig ist), um sie zu begutachten.
Jetzt, wo ich sie selber ansehe, beginnt der Schmerz dumpf zu pochen, aber Fluchwunde ist das sicher keine. Der Karton, der vorhin runtergefallen ist.
Mist. Da ist sicher irgendwas zerbrochen.
„Soll ich…?“, setzt Jeff an, aber George schneidet ihm das Wort ab.
„Alles unter Kontrolle“, er deutet auf die Tür, klingt dabei aber schon um ganze Welten netter als noch vor fünf Sekunden, „Sie gehen am besten wieder zurück an die Arbeit.“
Ich mache ein zuversichtliches Gesicht, er nickt, zögert kurz.
„Und was ist mit…?“
„Wir kümmern uns drum“, verspricht mein Zwillingsbruder grimmig, „Keine Panik, das eben war ’ne einmalige Sache.“
„Yep“, sage ich, „Kommt ganz sicher nie wieder vor.“
„Wie Sie meinen…“
Mit einem letzten besorgten Blick an meine Adresse ist er verschwunden.
George hat bereits seinen Zauberstab in der Hand.
„Ohh, nein“, ich entziehe ihm hastig meine Hand, „Vergiss es.“
„Ach, komm schon“, er sieht mich treuherzig an, „Wunderverschluss ist eine meiner leichtesten Übungen.“
„Eine deiner am öftesten vermasselten Übungen meinst du wohl!“
Er sieht vollkommen ungerührt drein. „Du übertreibst.“
„Ah ja? Ich übertreibe? Sollen wir Ron mal ’ne Eule schicken und ihn nach seiner Meinung fragen, hah? Ich kann mich nämlich dunkel dran erinnern, dass-“
„Was auch immer“, er winkt ab, „Das war was völlig anderes.“
„Glaub, was du willst“, ich wickle meine Hand, die inzwischen bereits auf den Fußboden getropft hat, vorsichtig in meinen Umhangsärmel, „Aber mir kommst du mit deinen Heilerkünsten gefälligst nicht zu nahe. Dafür hab ich bei weitem zu vielen deiner, ähm… Missgeschicken beigewohnt.“
Er grinst kriminell breit, steckt den Zauberstab aber Merlinseindank wieder weg.
„Na schön, na schön… Mann, als ob du noch nie was verbockt hättest.“
Irgendetwas hinter uns scheppert und erst, als wir uns umdrehen, fällt mir ein, dass dieser Fleury ja auch noch da war.
Er richtet sich auf, seine Miene eine Mischung aus verdattert und verärgert und klopft penibel seinen Umhang ab.
„Herzerwärmend“, sagt er giftig, „Was zum Teufel, ah… was ist hier gerade passiert?“
George und ich wechseln einen Blick, dann zucken wir synchron mit den Schultern.
„Noch nicht ganz klar“, sage ich und muss mir ein Grinsen verkneifen, obwohl die ganze Situation wieder einmal alles andere als witzig ist.
Fleury sieht mich an, als hätte ich den Verstand verloren.
„Was soll das heißen, noch nicht ganz klar?“, braust er auf, „Ich meine, das… das war ein tätlicher Angriff!“
„Was Sie nicht sagen“, sagt George unbeeindruckt, bevor er sich wieder mir zuwendet, „Fred, mein Herz, vielleicht wäre es doch besser, du würdest mich da ranlassen. Du versaust uns den Fußboden.“
Ich ignoriere Fleurys fassungsloses Gesicht und sehe nach unten. Mein Umhangärmel ist blutrot und glänzt feucht. So ein blöder Mist.
„Vergiss es“, sage ich zu meinem Zwillingsbruder, „Und was Sie angeht, Mr. Fleury… Sie sind doch sicher nicht gekommen, um uns wegen unserer anonymen Feinde die Hölle heiß zu machen, oder?“
„N-nein“, sagt er (was ihn an der ganzen Sache am meisten stört, scheint wohl die Tatsache zu sein, dass sie uns so ganz und gar nicht stört), „Wie gesagt, ah, ich habe Interesse daran, Ihren Laden-… sagen Sie mal, passiert Ihnen so was, ah… öfter?“
Wir grinsen beide.
„Definieren Sie öfter“, sage ich.
„Soll das etwa heißen-“
In dem Moment geht die TĂĽr auf und wir zucken alle reflexartig zusammen.
Aber es ist kein unbekannter Angreifer, sondern Jeff.
„Mr. und Mr. Weasley?“
„Was denn?“
„Da… da ist jemand, der Sie sprechen will. Eine Frau.“
Was ist heute bloĂź los?
„Ja“, sagt George, „Klar. Sie soll warten.“
Aber so einfach gibt Jeff sich nicht geschlagen. Eine Sekunden lang geht mir durch den Kopf, dass der Kerl um einiges nervtötender ist als Verity (die heute ihren freien Tag hat), aber das kann auch einfach nur daran liegen, dass er männlich ist.
„Sie sagt, es ist wichtig.“
„Schön für sie.“
„Sie sagt, es… es geht um ihren Bruder.“
Das bringt ihm die gewünschte Aufmerksamkeit – wir fahren beide so schnell zu ihm herum, dass er unwillkürlich zusammenzuckt.
„Sie hat nicht zufällig gesagt, um welchen?“, hakt George nach.
Jeff macht ein verdattertes Gesicht.
„Keine Ahnung, nein, hat sie nicht… wieso? Haben Sie vielleicht zwei Brüder, die Schwierigkeiten stecken?“
Ich grinse. „Sie haben ja keine Ahnung… Sagen Sie ihr, es dauert nur ’ne Sekunde, ja?“
„Sind gleich da“, fügt George hinzu, „Sie soll unter keinen Umständen weggehen.“
Jeff nickt gehorsam und schlieĂźt die TĂĽr.
„So“, murmelt mein Zwillingsbruder leise an meinem Ohr, „Und wer ist das jetzt schon wieder…?“
~-~-~-~
Ich will Schneeeeeeee...!
Gibt es Niederschlag, ist es nicht kalt genug und ist es endlich mal kalt genug, kommt kein Niederschlag.
Grmpf. Das ist ganz sicher Absicht.
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