von ~Cassiopeia~
Hallöchen!
Ich weiß, es hat ein wenig gedauert, aber nun ist das neue Kapitel da, welches ohne die tatkräftige Hilfe von vojka noch immer nur vier Seiten hätte. Vielen Dank dafür, Süße!
Auch danke ich Kleines_Steinchen für ihr liebes Review, das mich wahnsinnig gefreut hat!
Nun viel Spaß euch allen und bis bald,
eure Cas
56. Neue Bündnisse
Sirius Black setzte ein Siegelzeichen unter ein Dokument, unterschrieb es und reichte es Narcissa mit einem breiten Lächeln. „Damit seid ihr ihn los, endgültig. Seine Einwilligung braucht es nicht mehr, ihr seid nun offiziell wieder eine Familie Black. Narcissa - willkommen zurück. Und Draco - willkommen in der Familie Black.“
Während Narcissa nun sehr erleichtert wirkte, schien Draco nicht so recht zu wissen, was er davon halten sollte. Er war nur aus formellen Gründen hier und wollte keineswegs den Nachnamen seines so genannten Vaters länger tragen. Wenn die Alternative Black hieß, nahm er sie Zähneknirschend hin, auch wenn es ihm nicht wirklich gefiel. Er war nie ein Black gewesen, aber vielleicht war es allemal besser, als länger den Namen Malfoy tragen zu müssen.
„Ich werde dich aber nicht Onkel nennen“, sagte er bissig an Sirius gewandt, Sirius lachte auf.
„Bei Merlin, bloß nicht! Sirius reicht, voll und ganz. Die Blacks sind eine alte Familie, doch wir drei sind jetzt die letzten, die ihren Ruf wieder etwas gerade biegen können. Denn der hat ziemlich gelitten die letzten Jahre und ich kann nicht gerade sagen, dass ich mich mit meiner Familiengeschichte sehr verbunden fühle. Aber irgendwann ist es Zeit, mit Altem zu brechen. Ich bin froh, dass ihr diesen Schritt gegangen seid.“
„Kann ich jetzt gehen?“, fragte Draco scheinbar gelangweilt, auch wenn er innerlich angespannt war. Ein Black - er war jetzt ein Black?! Der Gedanke war beinahe komisch, dabei war ihm überhaupt nicht zum Lachen Zumute.
„Natürlich“, sagte Sirius und Draco fand mit beängstigender Sicherheit den Weg nach draußen. Kurz überlegte er, einfach in den Gemeinschaftsraum zurück zu kehren. Stattdessen steuerte er unbeirrt den siebten Stock an und den einzigen Raum, in dem er sich wirklich auf das Kommende vorbereiten konnte.
Sirius und Narcissa blieben zurück und sahen einander, vielleicht das erste Mal, als wirkliche Familienmitglieder an.
Sein Lächeln war ungewohnt warm, Narcissa hatte ihn noch nie so lächeln sehen. Nicht ihr gegenüber. Doch die letzten Wochen seit seiner mysteriösen Rückkehr schienen vieles verändert zu haben. Nur manchmal, wenn er sich unbeobachtet fühlte, wurde deutlich, dass Sirius Black schon sehr vieles hatte durchmachen müssen. Vom Elternhaus geflohen, den ersten Krieg durchlebt, in einer schicksalhaften Nacht alles verloren, was ihm etwas bedeutet hatte um zwölf Jahre später aus Askaban zu fliehen. Aber statt der erhofften Freiheit erwartete ihn Bitterkeit und die Verdammnis zum Nichtstun, da er ein gesuchter Flüchtling und Mörder war. Und gerade, als er mit Harry ein kleines Stück dessen, was er damals verloren hatte, zurück gewonnen hatte, hatte Bellatrix ihm erneut alles genommen, indem sie ihn mit einem einfachen Stupor durch den Torbogen des Todes geschickt hatte.
Doch nun war er wieder da und niemand wusste so recht, warum. War er damals doch nicht gestorben und hatte sich Jahrelang nur versteckt? Hatte er seinen eigenen Tod vorgetäuscht, um im richtigen Moment zusammen mit James und Lily aufzutauchen? Das klang zu abstrus… zu kaltblütig. Narcissa schätzte niemanden der drei derart ein, Harry all die Jahre so allein gelassen zu haben. Dennoch konnte sich niemand erklären, wie sie zurück gekommen waren und manche vermuteten bereits Voldemort dahinter, der ihnen allen nur eine Falle legen wollte und darauf wartete, dass sie zuschnappte.
„Ich danke dir“, sagte sie und sah ihm in die Augen. Nein, dort stand kein Verrat, nichts Böswilliges. Nur eines und das war Lebenswille. Er war einst gebrochen worden, um dann gestärkt zurück zu kehren. Und er würde nicht zulassen, ebenso wenig wie James und Lily, dass dieser Kampf auf dem Rücken der Kinder ausgetragen würde und diese den Preis dafür zahlten. Dieser war schon viel zu hoch und er würde höher werden, wenn all dies einmal ein Ende hatte.
Welchen Preis wohl Ginny und Draco zahlen würden? Schon oft hatte sie sich dies gefragt und war doch immer wieder gescheitert. Dass ihr Sohn Ginny sehr mochte, stand für sie außer Frage und auch sie legte von Tag zu Tag die Sichtweisen der Malfoys immer mehr ab, worauf sie stolz war. Nichts sollte sie mehr an die Machenschaften Voldemorts und der Familie Malfoy binden. Und nun, mit diesem Dokument, war sie auch ohne Lucius` Einwilligung frei. Eine freie Frau, die ihren Weg frei wählen konnte. Ein unglaubliches Gefühl.
„Erinnerst du dich noch an Onkel Alphard?“, fragte sie plötzlich, ehe sie die Worte hatte zurück halten können und sah Sirius etwas gedankenverloren an.
Dieser nickte und grinste, wenn auch etwas gequält. „Er hat mir ein Zuhause gegeben, kurzfristig, und mir Geld vererbt. Viel Geld. Dafür hat Mutter ihn aus dem Stammbaum geschwärzt und mich gleich mit.“ Es klang bitter, doch Narcissa meinte auch eine gewisse Spur Stolz in seiner Stimme zu hören. Sirius Black, der Freiheitskämpfer, der Rebell, der sich immer und in allem gegen seine Familie gestellt hatte.
„Erinnerst du dich auch an die Legenden, die er uns erzählte? Ich denke… ich denke, der alte Mann wusste sehr viel, was andere längst unbeachtet ließen. Wenn er jetzt hier wäre… was denkst du, würde er sagen?“
Sirius sah sie einen Moment nachdenklich an und legte den Kopf etwas schief. „Er würde in seinem Schaukelstuhl sitzen - etwa so“, er verwandelte seinen Stuhl in einen Schaukelstuhl und lehnte sich zurück, „würde Pfeife rauchen und es irgendwie schaffen, ernst und liebevoll zugleich auszusehen, wenn er uns ansieht und uns erklärt, dass schwarz und weiß im Grunde keine Farben sind. Nur die Extreme eines Kontinuums, in dessen Verlauf viele, viele Graustufen liegen. Unsere Aufgabe sei es, unsere eigene Stufe zu finden, doch die Extreme seien gefährlich. Davor hat er uns immer gewarnt.“
Narcissa lachte, doch es war ein wehmütiges Lächeln. Oh ja, so oft hatte er es ihnen erzählt. Die Engel des Lichtes und der Dunkelheit, der Krieg zwischen Schwarz und Weiß und die Gefahr, in ihn hinein zu geraten und selbst in eines der Extreme gedrängt zu werden.
„Er hatte Recht, mh?“, sagte sie etwas zögernd. „Ich habe mich verleiten lassen und ich bin heute nicht sehr stolz darauf. Doch auch die weiße Seite kann… nun ja, ein wenig fanatisch sein, manchmal…“
Nun war es Sirius, der zu ihrem Erstaunen ein leises, fast zugleich knurrendes Lachen, ausstieß. „Da widerspreche ich dir nicht. Ob Weiß oder Schwarz - wenn eine Seite danach trachtet, die andere zu vernichten, dann kann das nie gut gehen. Und auf Dauer… nun, du weißt ja, was hier los ist. Schwarz und Weiß hassten einander, als wäre es nie anders gewesen - und die alten Legenden verschwanden. Das waren Onkel Alphards Worte und es liegt so viel bittere Wahrheit darin.“
„Leider“, antwortete Narcissa leise. Was brachte ein Krieg, der Grundlos geführt wurde, dessen Sinn schon lange verloren gegangen war? Nur Leid und Tod, Verzweiflung und Angst. „Glaubst du… glaubst du, die Kinder schaffen das?“, wollte sie vorsichtig wissen und war sich nicht sicher, ob sie die Antwort hören wollte.
Doch Sirius lächelte nur. Er kannte die Antwort, denn auch er war Teil des Planes der Schwestern des Schicksals, der jedoch nur aufgehen würde, wenn alle Puzzleteile zusammen passten. „Wenn wir sie nicht allein lassen, werden sie es schaffen, da bin ich sicher.“
Erleichtert sah Narcissa ihn an und nickte. „Wir werden sie nicht allein lassen. Sie waren schon viel zu lange allein, aber dieser Kampf geht alle etwas an.“ Sie erhob sich und verabschiedete sich mit dem beruhigenden Gefühl, eine alte Familie neu gegründet zu haben. Sie und Sirius waren nun die letzten der Blacks. Regulus war tot, Bellatrix dem Lord verfallen und Andromeda eine Tonks. Nur sie und Sirius trugen fortan den Namen Black und als sie das Zimmer verließ, mit einem Lächeln im Gesicht, war sie sogar stolz darauf. Ja, es war auch ihr Kampf, ihr ganz persönlicher Befreiungskampf.
* * *
Im Gemeinschaftsraum der Gryffindors war es ungewöhnlich still. Das Feuer knisterte munter, während sich draußen die Dämmerung über das Land legte. Eine weitere Nacht brach an, eine Nacht voller Ungewissheit, was der nächste Morgen bringen würde.
Harry beobachtete Hermine, die vor dem Kamin saß und in ein Buch vertieft war. An sich kein seltener Anblick, doch Harry war noch nie aufgefallen, wie schön sie war. Ihre Gesichtszüge konzentriert und entspannt zugleich, der Atem ruhig und gleichmäßig. Sie konnte stundenlang in ein und derselben Position sitzen und völlig in das Buch eintauchen, ohne etwas um sich herum mit zu bekommen. Sie war völlig gefangen in ihrer Welt, die aus Zaubersprüchen und -bannen, Tränken oder geschichtlichen Daten bestand und Harry kannte keinen anderen Menschen, der so unbefangen ein Lehrbuch verschlingen konnte wie Hermine. Sie las die Bücher als seien sie Romane, tauchte in ihre Welt ein und verlor sich vollkommen in ihr.
Harry hätte ihr stundenlang dabei zusehen können, doch gerade in dem Moment klappte sie ihr Buch zu und verkündete, sich zum Abendessen auf dem Weg zu machen.
„Ich komme mit!“, sagte Harry und war schon auf den Beinen, Hermine jedoch sah sich um und seufzte.
„Hast du Ron schon gesehen?“, fragte sie leise, ehe sie zu ihm trat und Harry hatte das dringende Bedürfnis, sie in den Arm zu nehmen.
Er schüttelte den Kopf und nahm vorsichtig ihre Hand in seine. So ungewohnt und doch so richtig fühlte es sich an. Auch, wenn sie noch nicht darüber gesprochen hatten, ob sie beide dasselbe empfanden. Seiner Gefühle war er sich mehr und mehr sicher und er hoffte sehr, dass es Hermine genau so ging.
„Er war auch heute nicht beim Unterricht nach dem Streit von gestern… ich hoffe wirklich, er beruhigt sich wieder.“ Ein wenig zerknirscht sah er zur Treppe der Jungenschlafsäle, Rons Bett war verwaist gewesen in der letzten Nacht. Doch noch wollte Harry keinen Alarm schlagen. Ron ging es gut - wenn man von seinem gebrochenen Herzen absah.
„Er tut mir leid, ich hoffe, er… er verzeiht uns… irgendwann“, sagte sie leise, Harry sah auf.
Sein Herz schlug einen Takt schneller. Hatte sei gerade uns gesagt? „Gibt es denn ein… ein uns?“, fragte er beinahe zaghaft, unsicher, ob er die Antwort wirklich hören wollte.
Braun traf auf grün, als ihre Blicke sich in einander verhakten, verloren, verschmolzen. Ohne es zu merken traten sie näher an einander heran und die Antwort erschien ihnen mit einem Mal so klar, so deutlich, als habe sie seit Anbeginn der Zeit existiert und nur darauf gewartet, dass sie sie entdeckten.
Harry spürte ihren Atem auf seinen Lippen, sein Herz schlug einen Purzelbaum, ehe er die Augen schloss, den Kopf leicht neigte und die letzten Zentimeter überwand. Sanft und ruhig war der Kuss, er schien alles zu beinhalten, was er für sie fühlte und noch so viel mehr. Keine Eile, keine Hektik. Nur die Berührung ihrer Lippen, kaum mehr und doch wollte Harry nie wieder etwas anderes spüren.
Erst nach einer ganzen Weile lösten sie sich von einander und Harry meinte, von innen heraus zu strahlen, als er Hermine nun ansah. Seine Hermine, da war er sich sicher. Er liebte sie und es war das schönste Gefühl auf Erden.
„Oh Harry“, sagte Hermine leise und lehnte ihren Kopf an seine Schulter, lächelnd legte Harry seine Arme um sie um sie zu halten, zu beschützen. Dieses vertraute Gefühl der Nähe durchflutete ihn mit unheimlicher Wärme und plötzlich war es ihm, als könne er Welten versetzen und für alles schien es eine Lösung zu geben. Sogar gegen Voldemort.
„Schon lange… so lange gibt es für mich ein uns. Aber… aber du hast Ginny geliebt und ich wollte nicht… wollte nicht dazwischen stehen“, gestand sie leise und als Harry sie nun erstaunt ansah bemerkte er, wie sie rot wurde. Eine Hermine, die verlegen war?
Lächelnd strich er ihr durch das dichte Haare und küsste sie noch einmal sanft und liebevoll. „Das hast du nie und wirst du auch nie, Mine. Ich habe mich mit Ginny ausgesprochen und sie als Schwester adoptiert“, sagte er nun grinsend, Hermines Augen leuchteten auf.
„Dann… dann gibt es auch für dich ein… ein uns?“, fragte sie beinahe zaghaft, Harry nickte nur lächelnd und küsste sie ein weiteres Mal. Es war so schön, sie küssen, sie als seine Freundin im Arm zu halten. Niemals würde er zulassen, dass ihr etwas passierte. Dass ihr jemand weh tat.
„Definitiv ja“, strahlte er sie an und meinte, nie wieder etwas anderes fühlen zu können als im Moment. Glücklich, er war einfach nur glücklich und das bedingungslos. Unglaublich.
„Na los, lass uns etwas Essen gehen. Und einen Patronus an Ron schicken um sicher zu gehen, dass es ihm gut geht.“ Sie verschränkten ihre Hände mit einander und gingen breit lächelnd aus dem Gemeinschaftsraum, für einen Moment alle Sorgen und Gedanken in den Hintergrund rückend.
* * *
Als Hermine und Harry mit Neville nach dem Abendessen zurück in den Gemeinschaftsraum kamen, saß Ron in einer Ecke in der Nähe des Kamins. Hermine musste schlucken, als sie den abweisenden Blick ihres besten Freundes sah. Aber war er dies noch? Ihr bester Freund? Sie beiden hoffte es sehr, aber eine Antwort auf diese Frage würde sie sicherlich nicht mehr heute bekommen. Sie wusste, sie mussten ihm Zeit geben, Zeit damit sein Herz wieder heilen konnte.
Auch Harry schielte vorsichtig zu dem Rothaarigen, in dessen Gesicht nun, wo Ron sie bemerkte, ein beinahe schmerzhafter Ausdruck trat. Harry tat es ehrlich leid, doch was er zuvor gesagt hatte, würde er einhalten: er würde nicht auf Hermine verzichten und seine Gefühle leugnen. Sie war alles, was er im Moment hatte. Nicht einmal seine Eltern konnten ihm so helfen, er hatte nicht die Ruhe, sich auf eine neue Familie einzulassen. Er kannte sie kaum. Doch wenn all das hier vorbei war, dann würden sie einen Neuanfang starten, das schwor er sich. Mit Eltern, einem Paten und vor allem viel Zeit, einander kennen zu lernen. Zeit, die sie nun nicht hatten.
Seufzend ließ er sich zu Neville und Hermine in den Sessel gegenüber des Kamins nieder. Sie hatten schon auf dem Weg hier her über mögliche Kampfszenarien und Verteidigungsstrategien gesprochen. Sie wollten so gut es ging für jede Eventualität gewappnet sein. Wollten verhindern, dass sie überrascht wurden, um richtig reagieren zu können und nicht in Panik verfallen.
„Wenn er nachts angreift, müssen wir anders denken als am Tage. Wie weit ist der nächste Vollmond entfernt?“, wollte Harry wissen, Hermine schaute sofort in einem kleinen Kalender nach und wurde blass.
„Zwei… zwei Tage noch“, sagte sie leise und sah auf. Zwei Tage. Genauso gut könnte er in der nächsten Sekunde vor dem Schloss stehen.
„Dann müssen wir mit Werwölfen rechnen, mit Vampiren vielleicht auch. Ich kann mir vorstellen, dass er sich Verstärkung holt und Vampire sind untote Wesen, die stark sind. Die Nacht bietet mehr Versteckmöglichkeiten, aber auch Unsicherheiten im Kampf“, fasste Harry zusammen, das war wahrlich keine schöne Vorstellung.
„Und wenn er am Tage angreift?“, meinte Neville überlegend. „Werwölfe können auch tagsüber brutal sein und Voldemort erscheint mir wie niemand, der sich versteckt. Er wird auftrumpfen wollen, siegessicher Hogwarts entgegen treten, damit jeder ihn sieht und seine Macht. Im Dunkeln wäre der Effekt nur halb so dramatisch.“
„Er könnte ein paar Stunden vor Sonnenaufgang angreifen.“ Hermine sah die beiden Jungen aufmerksam an. „Dann hätte er den Schutz der Nacht für den Anfang und dann, für sein Finale, den Tag.“
Harry seufzte. „Wir sollten auf jeden Fall den anderen Bescheid geben. Zwei Tage sind verflucht kurz, das ist nichts!“ Er wollte sie heraus halten, sie alle. Konnte es nicht nur zwischen ihm und Voldemort ein Duell geben? Lieber würde er selbst sterben, als noch ein Leben seiner Freunde zu riskieren. Doch er wusste, dass diese das nicht zulassen würden. Sie hatten Wochenlang in der DA trainiert, die Hauselfen, Zentauren und sogar die Geister eingespannt. Sie waren vorbereitet und doch fühlte Harry sich wie an seinem allerersten Schultag auf dem Sitz in der Großen Halle, während der Sprechende Hut den Weg seiner weiteren Zukunft bestimmte.
Er sah kurz zu Neville, sah dort die Angst, die er selbst in sich fühlte, aber nicht nach außen zeigte, nicht zeigen durfte, um die anderen nicht zu verunsichern. Aber auch Entschlossenheit und den Willen ihm zu helfen diesen Krieg zu beenden, den Wunsch nach Rache für seine Eltern, die nicht nur durch den Cruciatus-Fluch zu einem verfluchten Leben verurteilt worden waren, nein, man hatte sie auch hinterher noch weiter quälen müssen, wie er vor seiner Mutter erfahren hatte. Frank und Alice musste nicht umsonst leiden. Er hatte Neville in ihrem fünften Jahr versprochen, dass sie dessen Eltern stolz machen würden und dieses Versprechen galt bis heute. Der sonst so schüchterne, oft etwas tollpatschige Junge war gelassener und zugleich sicherer geworden. Er hatte verbissen geübt, sich zu verteidigen und sich zu wehren, wieder und wieder. Er wollte dem ein Ende setzen. Er wollte stark sein für seine Eltern. Etwas, dass Harry sehr bewunderte.
Sein Blick wanderte weiter zu Hermine, auch bei ihr sah er dasselbe, wie bei Neville, Furcht vor dem Kommenden, aber auch den Willen die Welt von Voldemort zu befreien. Aber noch etwas anderes sah er in ihrem Blick, was er dort bisher nie gesehen hatte. Liebe, die Liebe, die sie ihm schenkte, die Liebe, die sie sich vor nicht einmal zwei Stunden gestanden hatten und die sie nach ihren Worten schon so lange für ihn empfand. Warum war ihm das bisher nie aufgefallen? War er so blind gewesen oder hatte sie ihre Gefühle so gut verstecken können?
„Wir sollten keine Zeit verlieren“, durchbrach Harry schließlich die Stille und sah Neville und Hermine an.
„Wir sollten mit Hagrid sprechen. Wir werden die Thestrale brauchen und die Zentauren, sie sollten sich bereit halten. Ebenso die Hauselfen, sie werden Hogwarts bis aufs Blut verteidigen. Die Geister sollten aufmerksam sein, jede Veränderung der Magie könnte den Angriff einleiten. Wir sollten auch ein Treffen der DA einberufen, damit die anderen bescheid wissen. Und McGonagall sollte die Schutzzauber erhöhen.“ Hermine sah die beiden Jungs etwas entschuldigend an, dass sie einmal wieder das Zepter in die Hand nahm. Doch Neville nickte nur und Harry sah sie kurz zärtlich an, ehe auch er nickte.
„Ich gehe zu meinen Eltern und sage ihnen, dass wir denken, dass Voldemort in zwei Tagen angreifen könnte, ehe wir McGonagall Bescheid sagen“, erklärte er schließlich und sah schüchtern lächelnd zu Hermine. „Magst du mitkommen?“
Lächelnd nickte Hermine und erhob sich ebenfalls, griff nach einem kurzen, entschuldigenden Blick zu Ron nach der Hand ihres Freundes, wandte den Blick aber schnell wieder ab, als Ron sie nur wütend und verletzt anfunkelte.
„Kommst du mit uns, Neville?“, fragte die Braunhaarige und nachdem auch Neville sich erhoben hatte, verließen sie nur ein paar Minuten, nachdem sie den Gemeinschaftsraum erst betreten hatten, diesen wieder um in den Gästeflügel zu gelangen, in welchem Lily und James untergebracht waren.
Noch zwei Tage, dachte Harry und seufzte innerlich. Noch zwei Tage und nichts würde mehr so sein wie zuvor.
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