von ~Cassiopeia~
Hallo, ihr Lieben!
Endlich geht es hier nun weiter und ich muss sagen, ich kann es kaum erwarten. Bald ist diese Story zu Ende und ich bin erfreut und traurig zugleich darüber. Ich weiß, dass es nun vielleicht ein wenig schnell gehen mag, doch ich will nicht noch mehr Lückenfüllkapitel einbauen. Jede Story braucht irgendwann ein Ende und auch bei Jagay ist dieses nun beinahe greifbar.
Hoffen wir, dass die Schlacht gut ausgeht und wünschen unseren Freunden hier alles Gute,
ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen,
eure Cas
57. Der letzte Abend
Es war kalt im Raum, der durch keinerlei Wärmequelle beheizt wurde. Nur ein paar spärliche Fackeln glommen an den Wänden, doch die Steinmauern strahlten eine unangenehme Kälte aus, bei der jeder den Umhang unwillkürlich fester zog.
Schweigen herrschte um den Tisch, der jedoch voll besetzt war. Angespannt wagte es kaum jemand zu atmen, während Voldemort eine Pause machte und offenbar überlegte, wann die beste Angriffszeit war.
Zaghaft räusperte sich Macnair, nervöses Rascheln der Anwesenden war die Antwort.
„Sollten wir nicht besser bei Nacht angreifen, Herr?“, fragte Macnair, den Blick auf den Tisch vor sich gesenkt. Es wagte kaum jemand, Voldemorts Pläne in Frage zu stellen. Was er sagte, war beschlossenes Gesetz.
Voldemort schaute auf, die glühenden Augen schienen den wagemutigen Sprecher zu durchbohren. „Nein“, sagte er mit eisiger Stimme, die jedem im Raum einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ. „Am Tage ist der Dunkle Bote geschwächt und ich will ihn auf meiner Seite wissen. Nachts ist er zu stark.“
Macnair musste dem Wahnsinn verfallen sein, denn er gab nicht so schnell auf, seinen Meister zu belehren. „Herr, was mit Lucius Malfoy geschah, sollen auch die Boten gewesen sein. Seid Ihr sicher, dass Ihr sie… äh, bezwingen könnt?“, fragte er und spätestens jetzt wagte es niemand mehr zu atmen. Am liebsten hätten sich die übrigen Todesser in Luft aufgelöst.
Voldemorts Stimme war schneidend, als er sprach. „Höre ich da etwa Zweifel?“
Hastig versuchte Macnair, abzuwiegeln und verschluckte sich beinahe beim Luftholen. „Nein, Herr! Keine Zweifel, Herr! Ich war nur… besorgt…“
„Wie rührend.“ Voldemorts Augen blitzten gefährlich auf. „Vielleicht solltest du dir Sorgen um dein Seelenheil machen, wenn du Angst vor der Dunkelheit hast?“
Verhaltenes Lachen war zu hören, Voldemort grinste höhnisch. „Hast du noch mehr kluger Ideen, Macnair?“, wollte er beinahe lauernd wissen, beinahe panisch schüttelte dieser den Kopf.
„Natürlich nicht, Herr, verzeiht die Anmaßung“, antwortete er leise und sank gedemütigt auf seinem Stuhl zusammen.
„Es bleibt bei Morgen, um Mitternacht beginnen die Vorbereitungen und das Sammeln der Gruppen. Zwei Stunden vor Sonnenaufgang greifen wir an, um den Rest des Vollmonds zu nutzen. Hogwarts wird den Abend nicht mehr erleben.“
* * *
Nachdem Harrys Prognose in der gesamten Schule bekannt gegeben worden war, wurde aller Unterricht ausgesetzt. Denjenigen, die zu jung waren oder aus anderen Gründen nicht kämpfen konnten oder wollten, wurde frei gestellt, ob sie blieben oder nicht. Bis auf einige Erstklässler blieben alle. Sie waren bereit, sich Voldemort zu stellen und ihre Schule und ihre Magie zu verteidigen.
Minerva McGonagall erneuerte mit den Lehrern die Schutzzauber, während Harry, Hermine, Ron, Neville, Luna, Ginny und Draco sich daran machten, die Hauselfen und Geister zu warnen, dass auch diese sich bereit halten sollten. Ein paar jedoch sollten in der Küche bleiben, denn Verpflegung würde sicher dringend gebraucht. Andere wurden auf der Krankenstation Madame Pomfrey unterstellt, sich um die Verletzten zu kümmern, die es sicher geben würde.
Angespannte Geschäftigkeit erfüllte das Schloss, doch drei Personen hatten sich in einen Raum eingeschlossen und saßen bei einander, um sich zu besprechen.
„Werden wir das hier überleben?“, fragte Sirius düster und schaffte es nicht einmal, James und Lily anzusehen. Zu sehr würde ihn die Antwort in ihren Blicken schmerzen.
Lily seufzte. „Das wissen nur die Schwestern. Falls sie es wissen. Schließlich kennt niemand ihre genauen Pläne.“
„Ich werde nicht noch einmal sterben!“, antwortete James entschlossen. „Ich lasse unseren Jungen nicht ein zweites Mal allein. Nicht jetzt, wo wir ihn, wo er uns, gerade gefunden hat und Vertrauen aufbaut. Sie können uns nicht wieder aus einander reißen, wo sie uns gerade zusammen geführt haben. Wir alle drei sind gerade erst vom Ministerium rehabilitiert, du, Tatze, hast Draco und Narcissa in die Familie Black aufgenommen. Das ist ein Neuanfang! Wenn sie das jetzt wieder kaputt machen… nein, das dürfen sie nicht!“
Lily strich ihrem Mann beruhigend über den Rücken. Es war kein Wunder, dass er aufgebracht war. Er hatte Voldemort damals nicht aufhalten können und Lily war für ihren Sohn gestorben. Er hatte Angst, auch dieses Mal zu versagen.
„Wir werden es schaffen, wir alle drei. Wir lassen Harry nicht allein. Die Schwestern haben uns nicht her geschickt, damit Harry kurz darauf wieder allein ist. Sie mögen grausam sein, aber das geht selbst ihnen zu weit. Wir haben eine Aufgabe und die müssen wir erfüllen.“ Sie klang zuversichtlicher, als sie selbst es war. Doch hatte sie eine Wahl? Es würde einen Kampf geben und sie drei waren ein Teil dieses Kampfes, den das Schicksal selbst führte. Sie hatten keine Wahl.
Sirius lächelte matt, James fuhr sich nervös durch das Haar.
„Wir müssen Voldemort irgendwie isolieren, um an ihn heran zu kommen. Ich will keine Unschuldigen treffen.“
„Krone, da draußen wird alles voller Kämpfender sein, Schüler, Lehrer, Todesser… wir werden nicht darum herum kommen, auch jene zu treffen, die unbeteiligt sind“, sagte Sirius, doch James schüttelte den Kopf.
„Ich will nicht, dass andere da hinein gezogen werden. Wir wissen nicht einmal, wie groß die Kräfte sind, die sie uns gegeben haben. Nur, dass wir nur eine Chance haben, sie einzusetzen. Da darf uns kein Fehler passieren.“
Kurz trat Stille ein, als sie alle drei überlegten, wie sie den Auftrag der Schwestern am Besten umsetzen konnten.
„Wir sollen Harry beschützen, richtig? Was ist, wenn wir unsere Kräfte nicht nur gegen Voldemort und die Todesser einsetzen, was einen viel zu breiten Streukreis mit sich bringen würde. Was, wenn wir uns auf Harry konzentrieren? Harry braucht mehr Macht als Voldemort. Die können wir ihm verschaffen, wenn wir uns zusammen tun und unsere Kräfte, die die Schwestern uns gaben, an ihn weiter leiten.“
Sirius war begeistert, doch James runzelte die Stirn. „Und wie stellen wir das an? Oder kennst du zufällig den Zauber zur Kraftübertragung?“, fragte er etwas lakonisch, Lily wurde ernst.
„Äh… nein… leider nicht…“, gab sie etwas kleinlaut zu.
„Gut“, sagte Sirius und sah nun doch auf, ein entschlossener Ausdruck ließ seine Augen funkeln. „Dann werden wir die Bibliothek auf den Kopf stellen. Wir werden Harry unterstützen, mit allen Mitteln. Wenn wir den Zauber bis Anbeginn der Schlacht nicht gefunden haben, werden wir die ursprüngliche Variante nehmen.“
„Dann auf in die Bibliothek!“ Doch vorher gab James Lily noch einen dankbaren Kuss. Er hatte mit diesem Leben noch nicht abgeschlossen und er würde dafür kämpfen. Und um das seines Sohnes und seiner Frau. Den Kampf, den er vor sechzehn Jahren verloren hatte, würde er nun gewinnen.
Noch acht Stunden bis Mitternacht. Bis dahin mussten sie den Zauber gefunden haben, der, wie es schien, Harrys einzige Chance war, gegen Voldemort zu bestehen.
* * *
Das Abendessen war ein einziger Tumult und das wohl erste Mal in der Geschichte Hogwarts` saßen die Schüler nicht geregelt an ihren eigenen Haustischen, sondern bunt gemischt, wo es sie gerade hinzog. Zu ihren Freunden, zu ihren Geschwistern, zu ihren Geliebten. Die sonst üblichen Hausbanner waren durch die Schulleiterin in große Hogwartsbanner umgewandelt, die Grenzen unter den Häusern gab es zumindest für den heutigen Tag nicht mehr. Sie waren alle eine Einheit, sie alle gehörten zusammen. Sie würden für einander kämpfen und sogar sterben, das war spätestens jetzt allen bewusst. Nicht jeder von ihnen würde am nächsten Abend wieder hier sitzen und das brachte sie einander nur noch näher. Verstärkte das Bündnis, welches die sonst so unterschiedlichen Schüler aller Klassen vereinigte unter dem einen Banner Hogwarts`.
Dennoch war nicht alles so einvernehmlich, wie es schien. Besonders am Gryffindortisch wurden einige böse Blicke getauscht, welche beinahe alle von Ron aus gingen. Harry und Hermine hatten sich etwas abseits gesetzt und waren in eine Unterhaltung vertieft, während sie unter dem Tisch ihre Hände verschränkten. Ron saß mit bitterer Miene ein paar Plätze weiter. Neville und Luna saßen am Nebentisch und fachsimpelten über einige Kräuter, die sie in den Gewächshäusern finden würden und welche eventuell Vorratsmäßig eingesammelt werden sollten zur späteren Versorgung der Verwundeten. Außerdem bestand die Gefahr, dass die Gewächshäuser am nächsten Tag in Trümmern liegen würden, etwas, dass Luna und Neville gleichermaßen entsetzte und so planten sie bereits die Evakuierung der wichtigsten und seltensten Pflanzen, damit diese nicht ebenfalls zu Asche verbrannten.
An einem dritten Tisch, der heute keinerlei Zuordnung mehr besaß, hatten sich Ginny und Draco zusammen gesetzt. Ginny hatte bewusst auf die Handwärmer verzichtet, die sie bisher noch immer getragen hatte. Doch heute war sie die Botin, heute Nacht würde ihr aller Schicksal sich entscheiden. So trug sie das Zeichen der Schwestern nun ganz offen an ihrem Handgelenk. Das Labyrinth des Lebens, dessen Ausgang niemand kannte. Und sie wusste, dass unter Dracos Hemd sich das Gegenzeichen verbarg, die Greifenkrone, die Macht und Ansehen versprach, die von Licht, Führung und Wahrheit zeugte. All jenes, was man im Labyrinth verlor, fand sich dort wieder.
Es war seltsam, hier mit ihm zu sitzen und doch schien es, als war es schon immer so gewesen. Verflogen war die Unsicherheit, die Trennung Isas und Lenos und der Gefühle Ginnys und Dracos. Sie waren eins geworden und wenn Isa Lenos liebte, so liebte Ginny Draco nicht minder stark. Sie gehörten zusammen, sie ergänzten einander, sie brauchten einander. Nur mit einander konnten sie existieren, wenn sie sich länger gegen einander wehrten, verloren sie nur beide.
Wann auch immer diese Erkenntnis über sie gekommen war, es hatte Draco und Ginny zur Ruhe gebracht. Keine nervöse Unruhe ob der Begegnung mit dem anderen, dessen Gefühlen oder gar den eigenen. Es waren sie beide und sie waren zusammen, solange Isa und Lenos zusammen waren. Sie lebten die Liebe der Boten, für wenige Stunden vielleicht nur. An die Folgen dachten sie im Moment nicht, es zählte nur das Hier und Jetzt. Die Große Halle, ein gemeinsames Essen und das unglaublich beruhigende Gefühl, dort zu sein, wo man schon immer hin gehörte. An die Seite des jeweils anderen.
„Lass uns einen Rundgang machen, noch ein letztes Mal um den See gehen, ehe sie… ehe sie kommen“, schlug Ginny vor, als sie ihr Essen beendet hatten. Sie zog es hinaus in die Dunkelheit, weg von diesen lauten Menschen, die darüber diskutierten, was sie erwarten würde, wenn Voldemort auftauchte. Sie konnten es nicht wissen, niemand konnte das. Daher fand Ginny, war jedes Spekulieren sinnlos, sie konnten nur das genießen, was ihnen jetzt noch blieb in den wenigen Stunden bis Sonnenaufgang.
Sie spürte die Botin sehr stark in sich und wusste, dass sie wohl mehr Isa als Ginny war, doch es war in Ordnung. Die Boten wussten, dass auch ihnen nur noch wenige Stunden blieben, dann würden sie erneut getrennt sein und ihre Liebe würde nichts weiter als eine Erinnerung bleiben. Dann waren sie wieder die Wächter des Lichtes und der Dunkelheit, die einander anzogen und zugleich ausschlossen.
Draco hielt sich nun vertrauensvoll an Ginnys Arm fest, folgte dieser sicher durch die Große Halle. Sie brauchten keine Winterumhänge, Lenos und Isa regulierten ihre Körpertemperatur durch ihre Hitze, beziehungsweise Kälte.
An dem Portal blieben sie stehen, da Peeves sie zunächst nicht gehen lassen wollte. Es brauchte einige Überredungskünste, bis der Poltergeist den Weg frei gab und Ginny und Draco erleichtert in die kalte Winterluft hinaus traten.
Dunkelheit empfing sie, doch Ginny fand sich problemlos zurecht. Und da Draco ohnehin blind war, kannte er nichts anders mehr als Dunkelheit und hatte ebenso gelernt, sich zu orientieren. So schlugen sie, Hand in Hand, den Weg zum See ein, als plötzlich hastige Schritte hinter ihnen erklangen und kurz darauf jemand sie schmerzhaft auseinander riss.
„Was denkst du dir eigentlich?! ER! Ein Slytherin, ein verdammter Todesser! Du tust dich mit dem Feind zusammen?!“, brüllte Ron, außer sich vor Zorn. Doch dann sah er sich seine Hand an, die offenbar sehr heiß geworden war. Kein Wunder, Isa verbreitete Hitze gegen die Kälte, während Lenos sich dem anpasste und mit eigener Kälte antwortete.
Doch Ron schien jetzt nicht der Sinn, sich über die seltsamen Körpertemperaturen zu wundern, wütend funkelte er seine Schwester an, als habe sie etwas Furchtbares getan.
Als Draco jedoch gerade zu einer Antwort ansetzen und Ron zurecht weisen wollte, verdunkelten sich Ginnys Augen. Er meinte, ihren Ärger regelrecht zu spüren und fragte sich, ob es Ginny allein war oder ob Isa das Ganze noch verstärkte.
„Ich habe es dir schon einmal gesagt, Ronald Weasley: halte dich aus meinem Leben heraus! Komme mit meiner Beziehung zu Draco klar oder lasse es bleiben, aber wen ich liebe ist ganz allein meine Sache!“, schleuderte sie ihm entgegen, Ron wurde blass.
Draco wiederum war beinahe amüsiert. Eine Beziehung? Bisher war noch keinerlei Rede von einer Beziehung gewesen, sie hatten nur diesen Tag für sich. Was danach kommen würde, würde sich dann zeigen. Weiter als diesen und den folgenden Tag dachte er nicht, doch diese Stunden sollten nur ihnen gehören.
Ron schien kurz zu überlegen, ehe er seine Sprache wieder gefunden hatte. Sein Blick war ungewohnt hart, als er seine Schwester ansah. „Gut. Wenn du wirklich mit ihm zusammen sein willst, dann hast du ab heute einen Bruder weniger.“
Damit drehte er sich um und kehrte zum Schloss zurück, während Ginny wie vom Donner gerührt da stand. Draco wusste nicht wirklich, wie er sich verhalten sollte und fühlte sich ungemein schuldig. So schön es auch war, dass Ginny ihre Beziehung, wie sie es sogar bereits nannte, verteidigte, so wenig wollte er Streit zwischen den Geschwistern verursachen. Er wusste, dass die beiden sich sehr nahe standen, doch in letzter Zeit schien Ron ziemlich neben der Spur.
Zögernd berührte er ihren Arm, als wollte er wortlos fragen, ob alles in Ordnung war. Er sah sie nicht, wusste aber, dass sie da war und tastete nach ihrer Hand, die er leicht drückte. Wenige Sekunden später hatte Ginny sich in seine Arme geflüchtet und er gab ihr den Moment, die Umarmung, die sie brauchte, um ihre Fassung wieder zu gewinnen.
„Er wird wieder zu sich kommen“, sagte er leise und hoffte wirklich, dass es so sein würde. Doch irgendetwas sagte ihm, dass Rons Laune nicht lange anhielt. Schon bald würde er sich bei Ginny entschuldigen und es dann hoffentlich ernst meinen.
„Ich hab Angst“, flüsterte Ginny an seinem Hals; Draco antwortete nur mit einem stummen Streicheln über ihren Rücken, ermunterte sie so, weiter zu sprechen. „Ich hab Angst, was nach der Schlacht ist. Gibt es uns dann noch? Oder werden wir einander fremd sein? Oder…“
„Shhh“, machte Draco leise, streichelte über ihren Kopf, fühlte ihr weiches Haar. „Mach dir nicht so viele Gedanken. Niemand weiß, was danach sein wird, nicht einmal die Schwestern. Es zählt nur jetzt. Bis zum Ende der Schlacht sind wir vereint, weiter dürfen wir nicht denken. Bitte nicht.“
Er hörte ihr leises Schluchzen und spürte kurz darauf ihre Lippen auf den seinen, feucht vom Salz ihrer Tränen. Liebevoll küsste er sie fort, küsste ihre Zweifel und ihre Ängste fort, bis ihnen die Luft ausging und sie einander atemlos ansahen.
Nicht denken. Nicht jetzt.
Sie verstanden einander ohne Worte, als sie erneut ihre Hände ergriffen und sich auf den Weg in den siebten Stock machten. Ein letztes Mal sollten sie den Raum der Wünsche betreten, ein letztes Mal in die Welt eintauchen, die nur ihnen gehörte. In der niemand sie stören würde, in der niemand sie finden konnte.
Die Tür war kaum hinter ihnen geschlossen, als ihre Lippen sich wieder fanden zu einem alles verzehrendem Kuss. Es gab keine Folgen ihres Tuns, es gab nur jetzt, diesen Moment. Längst aufgestaute Sehnsucht, die sich nun ihren Weg nach draußen bahnte, ob Bote oder Mensch. Verlangen durchflutete sie, vermischte sich mit den Erinnerung an längst vergangene Zeiten, mit der Angst und der Trauer, dass dies das letzte Mal sein würde, dass die Boten vereint waren, die sich verzweifelt an ihre Liebe klammerten und dabei gemeinsam in ihr ertranken.
„Schlaf mit ihr, Isa. Ein letztes Mal.“ Silbern waren seine Augen, die auf das Schwarz der Dunklen Botin trafen und in ihnen so viel erkannten. So vieles, für das es keine Worte der Welt gab um das zu erklären, was sie für einander empfanden und immer empfinden würden.
Sie antwortete nicht, lächelte nur, ehe sie ihn erneut küsste. Sanft, beinahe behutsam mit all ihrer Liebe, dass es Lenos beinahe das Herz brach zu wissen, dass er vermutlich nie wieder diese Liebe spüren würde.
Es war so wundervoll, Lenos zu lieben. Das letzte Mal, vor über tausend Jahren, hatten sie sich im Schutz der Dunkelheit davon gestohlen und waren hastig über einander her gefallen. Und obwohl alles in Isa danach schrie, Lenos hier und jetzt zu spüren, ging sie behutsam vor. Sie hatten Zeit, viel Zeit, die ihnen zugleich zwischen den Fingern zerrann.
Beim Anblick des nackten Engels musste sie schlucken. Denn es war nicht nur Isa, die Lenos begehrte und für den Bruchteil eines Sekunde schien die Botin zu wanken und sie sah mit Ginnys Augen. Sah Draco vor sich und sie wusste, dass auch er mit sich kämpfte, sah es an seinem flackernden Blick.
Dann jedoch nahm Isa wieder die Oberhand, wollte ihren Geliebten ein letztes Mal spüren, ehe das Schicksal sie für immer trennte. Wollte ihn lieben und von ihm geliebt werden. Und Ginny ließ sich leiten, gab sich dem nur zu gern hin, verlor sich in ihm. In Lenos, in Draco, bis in die Ewigkeit. Und als die Welt von ihrem Höhepunkt in tausend Teile zersprengt wurde, wusste Ginny, dass sie wirklich liebte. Für immer von Draco geliebt werden wollte, von seinen starken Armen gehalten werden wollte. Denn Lenos würde gehen, schon bald. Doch Draco würde bleiben. Vielleicht sogar für immer.
Erschöpft und unendlich glücklich lagen sie bei einander, küssten einander träge, während der Sturm in ihnen langsam abklang. Schließlich setzte Ginny sich leicht auf, lehnte sich an die Wand, während Draco seinen Kopf vertrauensvoll in ihrem Schoß bettete. Ginny lächelte, meinte noch immer zu schweben. Ihn noch immer in sich zu spüren, kraftvoll und sanft zugleich, bis zur Explosion, die sie jenseits dieser Welt enthoben hatte. Nun legte sich langsam die Benommenheit und Ginny streichelte sanft, beinahe schüchtern nun, durch sein
weiches, helles Haar.
Wer war sie nun? Isa? Ginny? Sie vermochte es nicht zu sagen, beide liebten sie die Person, die nun offenbar schlafend in ihrem Schoß lag. Da war es nicht wichtig, wer sie war.
„Ich liebe dich“, wisperte sie leise und wusste nun, dass sie Ginny war. Ginny, die Draco liebte, wie auch Isa Lenos liebte. Nun war es Ginny, die diese Worte aussprach und beinahe wünschte sie, Draco würde wirklich noch schlafen.
Dieser jedoch schlug bei ihren Worten die Augen auf, erhob sich beinahe zögernd, sah sie unsicher an, auch wenn er sie nicht sehen konnte.
„Sagst du das… als Isa oder… als Ginny?“, fragte er leise nach, auch wenn er genau spürte, dass Isa im Moment weit weg war. Sie hatte sich zurück gezogen, hier war nur Ginny. Seine Ginny, die er schon so lange bewunderte, beobachtete und liebte.
Ginny wurde knallrot, räusperte sich nervös und wollte am liebsten davon laufen oder sich in Luft auflösen. Sie könnte lügen, überlegte sie kurz. Sie konnte behaupten, sie sei Isa. Aber er würde es wissen, wie er es immer wusste.
„Ich… ich liebe dich… Draco“, sagte sie daher leise, so leise, dass sie nicht einmal wusste, ob er sie überhaupt verstanden hatte.
Doch er hatte jedes Wort verstanden und als sie seinen Namen sagte, war ihm auch klar, in welchem sie gesprochen hatte. Seine Augen wurden groß und sein Herz schien aufgehört haben zu schlagen. Sie liebte ihn. Ihn, Draco. Nicht Lenos. Draco.
Dann lächelte er, tastete behutsam nach ihrem Gesicht, ehe er seine Lippen auf die ihren legte.
„Ich hatte nicht gewagt zu hoffen… diese Worte einmal von dir zu hören“, antwortete er und hoffte, er überfuhr sie nicht. Doch er konnte sein Glück kaum fassen, so dass er sie immer wieder und wieder küssen musste und nun war es wirklich Draco, der Ginny küsste.
Irgendwie sanken sie wieder in die Kissen und als sie sich ein weiteres Mal liebten, waren es Ginny und Draco, die sich ein erstes Mal diese Liebe wirklich eingestanden.
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