1.09.76, Hogwarts Express, noch später (geht diese Zugfahrt eigentlich nie rum?)
Das Schweigen wurde jedoch schon bald wieder gebrochen. Wie jedes Jahr. Als würden sich auch die Rumtreiber haarklein an diesen nicht vorhandenen Drehplan(ich will doch hoffen, dass es keinen gibt, immerhin ist das hier das wahre Leben und nicht irgendeine Liebesschnulze!) halten. Achso, die Jungs kennst du ja auch noch nicht, also eine Kurzbeschreibung der Idioten, die wenige Minuten später unser Abteil betraten: James kennst du ja schon, den muss ich nicht nochmal vorstellen. Des Weiteren gehörten dazu noch Sirius Black(groß, breitschultrig, gut aussehend, schwarze, zerwuschelte Haare, graue Augen; in einem Wort der Mädchenschwarm von ganz Hogwarts. (Schon gut, schon gut ich geb’s ja zu, in der dritten Klasse war ich auch in ihn verliebt, aber hey, ich mein, da war ich gerade mal dreizehn!)), Remus Lupin(ebenfalls groß, dafür aber schmaler als Black, braune, leicht rötliche Haare, graue Augen; intellektueller Typ und eindeutig der Vernünftigste der Vier) und als letztes Peter Pettigrew(klein, pummelig, fusselige, blonde Haare, farblose, blaue Augen; irgendwie ein Loser, jemand, der ewig im Schatten seiner begabten Freunde steht).
Wie gesagt, die Rumtreiber(kein Kommentar zu dem Name, als sie sich den ausgedacht haben, waren sie, glaube ich, in der zweiten Klasse. Und inzwischen hat er irgendwie Kultstatus erreicht) platzten wie jedes Jahr mehr oder weniger unangemeldet in unser Abteil.
Mit dem Eintreten der Rumtreiber in unser Abteil begann also die nächste Szene in unserem nicht vorhandenen Skript. Alles verlief in geordneten Bahnen:
Lily und James stritten sich mal wieder.
Sam(die sich beim Eintreten der Rumtreiber blitzschnell vernünftig hingesetzt hatte) versuchte mit Sirius zu flirten, der sich einen Spaß daraus machte, ihr zuerst Hoffnungen zu machen und ihr im nächsten Moment einen Korb zu geben. Die ‚Unterhaltungen’ der beiden waren ähnlich denen von James und Lily ein ewiges Katz-und-Maus-Spiel.
Kitty hatte ihren Block wieder vom Sitz genommen und zeichnete. Ihrem Gesichtsausdruck nach würden wir heute Abend wieder was zu lachen haben. Ihre Spezialität waren Karikaturen und die Rumtreiber waren eindeutig ihre Lieblingsopfer.
Aber im Moment nervte mich das alles. Es war immer das Gleiche, jedes verdammte Jahr. Jeder kannte seine Rolle und niemand wich auch nur einen Millimeter davon ab.
Dieses vorgegebene Schema hatte mich sonst nie gestört, aber heute ging es mir unsagbar auf die Nerven.
Ich wusste genau, was passieren würde. Ich wusste genau, dass Remus sich im nächsten Moment neben Kitty setzen und fragen würde, was sie da zeichne. Kitty würde daraufhin ihren Block zuschlagen und sich erst nach einigen Minuten von Remus dazu überreden lassen, ihm die Bilder zu zeigen.
Ich kannte jede einzelne Handlung der folgenden Minuten. Es war so ermĂĽdend das mit anzusehen.
Ich lehnte mich in meinem Sitz zurück, schloss die Augen und versuchte die Stimmen um mich herum auszublenden. Wie immer. Doch im Gegensatz zu sonst wollten die Stimmen einfach nicht zu einem einheitlichen Summen verschwimmen. Ich verstand zwar die Worte nicht mehr, aber die Stimmen kamen noch zu mir durch. Ich hörte Kittys helle, vielleicht etwas nervöse Stimme neben mir(ich hätte darauf wetten können, dass sie in diesem Moment eine Strähne ihres dunklen Haars nach hinten strich. Wie immer, wenn sie nervös war; ergo wenn Remus in der Nähe war). Im Kontrast dazu Remus’ beruhigende Stimme (kann eine Stimme überhaupt beruhigend sein? Keine Ahnung, aber Remus’ war es), die fast von den anderen übertönt wurde. Denn Lilys Sopranstimme hatte sich mittlerweile so hoch geschraubt, dass sie regelrecht schrill klang. James’ Stimme klang dagegen regelrecht tief (als Erklärungen gibt es genau zwei Möglichkeiten, such dir die aus, die dir besser gefällt. Also Erklärung a: Er hatte es tatsächlich geschafft, seine Stimme realistisch zu verstellen(sehr unwahrscheinlich, James war schon immer ein schlechter Schauspieler) oder Erklärung b: Es lag einfach nur an dem Vergleich zu Lilys Stimme (sehr viel wahrscheinlicher) ). Aber am Lautesten waren natürlich immer noch die beiden verbliebenen Stimmen. Es ist mir zwar ein Rätsel wie man Lily und James übertönen kann ohne ebenfalls zu schreien, aber Sam und Sirius schafften das ohne Probleme. Leider, ich hätte die beiden gerne überhört.
Dann plötzlich eine andere Stimme, eine die da laut Skript nichts verloren hatte. Eine genervte, nicht mal besonders laute. Meine eigene.
„Ihr nervt.“
Schlagartige Stille, nervöse Blicke flogen durch’s Abteil.
Dann:
„Du kannst ja reden.“ Sirius Black so charmant wie eh und je.
Weiterhin Stille, dann fand auch James seine Stimme wieder.
„Sei froh, dass sie nicht redet, wenn du dabei bist“, James, hör auf dumme Gerüchte in die Welt zu setzen! „Als ich sie das letzte Mal getroffen hab’, hat sie mich einen geschlagenen Nachmittag voll gelabbert“
„Moment mal, erstens war das bei einer dieser super drögen Familienfeiern und zweitens hast du doch den ganzen Nachmittag von Quidditch geredet hat und nicht ich!“ Und wunderte mich im selben Moment darüber, dass ich das jetzt wirklich gesagt hatte.
„Typisch James“, kommentiert Sirius, der sich von dem Schock, dass ich offensichtlich in der Lage war, zu reden, schon wieder einiger Maßen erholt zu haben schien.
„Wobei wir wieder bei Blancas Grundaussage wären“, das war Lily, so redete sonst niemand, „ ihr nervt, weshalb ihr jetzt auch verschwinden könnt.“
Wenige Augenblicke später hatte sich unser Abteil merklich gelegt.
„Respekt Blanca, niemand hat es je geschafft die vier so schnell zum Schweigen zu bringen wie du eben“, ließ sich dann Kitty vernehmen.
Obwohl an dem Satz eigentlich nichts Komisches war, fingen wir an zu lachen. Ein befreiendes GefĂĽhl.
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