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Fanfiction

Zur Spitzen Feder - Identity

von Muggelchen

Reviewantworten gibt es im Vorstellthread ganz unten.


° ° °




Den Gutschein von Borgin & Burke's hatte Draco besorgt. Es war einer über 100 Galleonen. Reich genug war seine Familie, zudem war Draco Severus gegenüber sehr großzügig.

Wegen des kalten Wetters im Januar vermummte Draco sich mit Hilfe seines teuren Schals aus Angorawolle. Seine Lippen sollten durch den eisigen Wind nicht austrocknen und rau werden. Damit küsste es sich so schlecht. Kaum hatte Draco das Geschäft verlassen, rannte er in einen alten Bekannten hinein.

„Goyle!“, staunte Draco und zupfte sich den Umhang gerade. „Was tust du denn hier?“
„Ähm …“
„Weißt du, dass dein Hosenstall offensteht?“, bemerkte Draco mit gekräuselter Nase.

Peinlich berührt schloss Gregory die Knöpfe, und er blickte seinen alten Schulkameraden durch treudoofe Augen an. Verständnislos schüttelte Draco den Kopf. Gregory kam nicht oft in einer Fanfiction vor. Eigentlich nur, wenn er zusammen mit Crabbe einen von seinen Handlangern mimte. Draco wusste jedoch, dass er Gregory nicht in diese Geschichte hineingeschrieben hatte. Die Begegnung kam ihm seltsam vor.

„Also, was suchst du hier?“, wollte Draco wissen.
„Ich wollte dir gratulieren“, stammelte der übergewichtige junge Mann.
„Wozu?“
„Du bist für einen Award nominiert. Weißt du das gar nicht?“
Skeptisch kniff Draco die Augen zusammen und fragte nach: „Was für ein Award?“
„Ein Fanfiction Award. Du schreibst doch die Geschichte Alles, was ein Malfoy braucht oder etwa nicht? Ich habe kein einziges Kapitel verpasst!“
„Du kannst lesen?“ Nachdem Draco die Frage gestellt hatte, hatte er für einen Moment lang ein Déjà-vu. „Wenn du meine Geschichte liest, dann hinterlass gefälligst auch einen Kommentar, du verdammter Schwarzleser!“
„Ja, werde ich bestimmt. Ich bin übrigens einer von denen, die deine Geschichte für die Nominierung vorgeschlagen haben. Nächste Woche beginnt die Voting-Phase.“
„Ich weiß nichts von einem Award. Schick mir einen Link. Ich muss jetzt gehen.“
„Aber …“

Den alten Schulkamerad ließ Draco hinter sich. So schnell wie möglich wollte er zurück in die Winkelgasse und von dort aus nachhause. In der Nokturngasse waren ihm zu viele zwielichtige Gestalten unterwegs. Bettler, denen er nichts weiter schenkte außer einem verachtenden Blick. Schmuggler, die mit schwarzmagischen Artefakten handelten. Drogendealer, die Billywig-Gift anboten, und natürlich wie die Hühner auf der Stange aneinandergereiht: unzählige Dirnen, eine hässlicher als die andere. Bei einer der Frauen fielen ihm beinahe die Augen aus dem Kopf. Draco kannte sie. Mopsgesichtig, schwarze Haare, fieses Grinsen. Draco zog sich den Schal bis über die Nase und ging auf die Frau zu. Als sie ihn bemerkte, richtete sie ohne Umschweife das Wort an ihn.

„Mit dem Mund drei Galleonen, Prostatamassage fünf Galleonen, das ganze Programm nur zehn …“
„Pansy?“, unterbrach er sie, starrte sie dabei ungläubig an. Vielleicht erkannte sie ihn an der grauen Augenfarbe, die er von seinem Vater geerbt hatte. Auf jeden Fall bemerkte Draco, dass ihre Augen für einen kurzen Moment größer wurden – der Moment der Erkenntnis.
„Draco?“ Ein verlegenes Lachen. „Du hier?“
„Ich war bei Borgin & Burke's.“ Er hatte zumindest einen Grund, hier zu sein. „Was tust du hier?“
„Ähm, Geschäfte“, fiel ihr als Antwort ein. „Ich hatte eben etwas mit Gregory Goyle zu regeln.“
„Aha“, machte Draco wenig überzeugt. Die Aussage erklärte, warum Gregorys Hose offengestanden hatte. „Und, ähm, wie geht es sonst so?“

Der Moment war ihm sehr unangenehm. Pansy war eine Slytherin, in den meisten hetero-FFs sogar – Merlin bewahre – seine Lebenspartnerin. Er war mit ihr recht vertraut, kannte sie und ihre Eltern sehr gut. Ihre Familie war finanziell gut situiert, was natürlich eine Frage aufwarf.

„Warum arbeitest du ausgerechnet hier?“, wollte Draco wissen.
„Das, ähm, das ist eher ein Hobby von mir. Es, ähm, handelt sich um eine soziale Studie“, machte sie ihm kleinlaut weis.
„Mmmh“, stimmte er summend zu. Er wollte sich nicht weiter mit ihr befassen und schon gar nicht ins Detail gehen. Es reichte, wenn sie ihm dann und wann eine Review schrieb, denn Pansy war eine seiner Stammleserinnen. Das war seiner Meinung nach genug Kontakt. „Dann will ich mal wieder …“ Er winkte ziellos in eine Richtung. „Ich muss los. Harry macht sich sicher schon Sorgen. Bis dann, Pansy.“

Genau so, wie Remus es geschrieben hatte, traf Draco auf einen Bekannten nach dem anderen. Langsam kam es ihm verdächtig vor, doch die nächste Person lenkte ihn von der Überlegung ab, man hätte womöglich die Handlung manipuliert. Draco stieß versehentlich einen Mann an, der mit einer der vielen Damen kokettierte. Der Mann drehte sich abrupt um und fuchtelte mit den Händen herum, während er zeterte.

„Können Sie nicht aufpassen, wohin Sie …?“ Mitten im Satz hielt der Herr inne.
Auch Draco wurde sich nach dem kurzen Schreck darüber klar, dass er den Mann kannte – sogar sehr gut kannte. „Vater!“ In diesem einen Wort schwangen viele Emotionen mit: Enttäuschung, Wut, Überraschung.
Sein Vater machte eine gute Miene zum bösen Spiel. „Draco, was treibt dich in die Nokturngasse?“
„Sag mir lieber, was du hier treibst?“ Draco musterte die käufliche Dame, die viel zu viel Make-up trug. „Weiß Mutter davon?“
Weil Dracos Blick erneut zu der Dame wanderte, neben der Lucius stand, redete der sich heraus: „Ach was, Junge. Ich treibe gar nichts.“ Die Dirne ließ Lucius unbeachtet stehen, als er einen Weg einschlug und seinen Sohn mit einer eleganten Geste seiner Hand dazu anhielt, ihm zu folgen. „Ich habe lediglich ein Geschenk für Severus besorgt“, rechtfertigte Lucius seinen Aufenthalt in der Nokturngasse. „Auf dem Rückweg sprach mich die junge Dame an, gerade eben, kurz bevor du gekommen bist. Höflich, wie wir Malfoys nun einmal sind, hielt ich an und lieh ihr mein Ohr. Hätte ich gewusst, dass sie nur die Preisliste für ihre, ähm, Angebote runterbetet, hätte ich niemals …“
„Ist schon gut, Vater“, beruhigte Draco ihn. „Ich sag Mutter nichts.“
Erleichtert atmete Lucius aus. „Das ist mein Sohn!“ Er legte eine Hand auf Dracos Schulter. „Wie wäre es mit einem Eis bei Fortescues?“
„Wir haben Winter!“ Und außerdem war er keine fünf Jahre mehr alt, aber diese Anmerkung behielt Draco für sich.
„Winter, Sommer ... Das ist doch egal. Also?“
„Na gut, von mir aus.“ Ein einziges Eis, dachte Draco, und danach ab zu Harry ins hoffentlich vorgewärmte Bett.

Die Winkelgasse war bald erreicht. Sofort war die Luft frischer, roch nicht mehr so streng nach Urin wie in der Nokturngasse. In Florean Fortescues Eissalon staunte Draco. Offenbar hatte der Besitzer aus- und umgebaut. Es handelte sich nicht mehr nur um einen Eissalon, sondern gleichzeitig um ein Internetcafé. Darüber war Draco mehr als froh, denn auf diese Weise könnte er von außerhalb prüfen, warum er keine Chance bekam, einfach wieder nachhause zu gehen.

Festgeschrieben an einem Ort. Nicht nur Draco erging es so.

In der Heulenden Hütte vertrieb sich Sirius die Wartezeit mit einem verstaubten Buch, das er hier gefunden hatte. Er lag im Bett und las im Licht seines Zauberstabes. Severus hingegen stellte fest, dass es ohne Hermine keinen Spaß machte, sich die Eier zu schaukeln. Nervös ging er in dem Raum auf und ab, starrte immer wieder aus dem Fenster, nur um nichts außer dem bedeckten Himmel und einer neblig beschriebenen Landschaft zu sehen. Severus rüttelte an der Türklinke. Ohne den Kopf zu heben blickte Sirius zu Severus hinüber und holte tief Luft.

„Severus, du nervst! Jetzt setz dich irgendwo hin und sei still!“

Severus tat nichts dergleichen. Stattdessen zog er seinen Zauberstab und richtete ihn auf die Tür. Kein Alohomora konnte den Ausgang öffnen, auch keine schwarzen Flüche. Leise verwünschte er seine Situation, biss dabei die Zähne zusammen, so dass er zischelte. Er war der festen Überzeugung, dass Hermine sich von irgendjemandem hatte ablenken lassen. Vielleicht sogar jemand, der ursprünglich ihm zum Geburtstag gratulieren wollte. Wahrscheinlich saß sie mit Remus zusammen am Kaffeetisch und aß ein Stück Kuchen – oder noch schlimmer: mit Albus. Das könnte dauern.

„Verflucht noch mal, man muss hier doch irgendwie rauskommen!“ Wieder ging Severus zum Fenster und rüttelte mit beiden Händen an den Griffen, doch es ließ sich nicht öffnen.
„Wirf doch die Scheiben ein und klettere ins Nichts“, empfahl Sirius gelassen. „Dann habe ich endlich meine Ruhe.“
„Stört es Sie überhaupt nicht?“
„Was?“ Sirius schaute sich demonstrativ um. „In einem sauberen und gemütlichen Bett zu liegen und ein gutes Buch zu lesen?“ Er schüttelte den Kopf. „Stört mich nicht.“
„Ich meine, dass man Sie hier festhält.“
„Es könnte schlimmer kommen.“ Sirius legte das Buch aufs Bett und fügte todernst an: „Du könntest neben mir liegen!“ Severus’ Schnaufen überhörte er, als er die Beine aus dem Bett schwang. „Ich kenne die Hütte sehr gut, auch dieses Zimmer. Ich fühle mich hier wohl, fast wie Zuhause. Wenn wir damals mit Remus in diesem Raum waren und seine Verwandlung abwarteten …“
„Bei Merlin, verschonen Sie mich mit Ihren rührenden Anekdoten von damals.“
„Wenn du hier wirklich raus möchtest …“ Sirius legte den Kopf schrägt. „Hast du ein Handy?“
„Was?“
„Kein Handy?“ Weil Severus den Kopf schüttelte, zog Sirius das seine aus der Jackentasche. „Ich habe eines, du nicht. Das macht mich mindestens zwanzig Jahre jünger. Das ist dir doch klar?“
„Was ist das für eine idiotische Schlussfolgerung?“
Sirius wedelte mit seinem Handy. „Hat sogar Internetzugang.“
Jetzt ging Severus ein Licht auf. Sein Rivale hielt einen Weg nach draußen in den Händen. „Darf ich mal?“, fragte er überaus höflich, als er sich mit ausgestreckter Hand dem Feind näherte.
Sirius presste das Handy gegen seine Brust. „Nein!“
„Dann rufen Sie Hilfe!“
„Wen soll ich …? Ah, ich könnte Remus …“
„Sie können es auch lassen und einfach Hermine kontaktieren.“
Sirius schnaufte. „Damit ich sie daran erinnere, mich sterben zu lassen? Nein, vergiss es.“
„Wie wäre es mit Dumbledore? Das wäre doch ein fairer Kompromiss.“
Skeptisch schaute Sirius sein Gegenüber an. „Seit wann weißt denn du, was Fairness bedeutet? Aber du hast Recht. Dumbledore wäre eine Alternative. Ich werde ihm eine SMS schicken.“

Severus schaute dabei zu, wie Sirius’ Finger über die Tasten des Mobiltelefons schwirrten. Nach weniger als einer Minute war die SMS verschickt. Jetzt musste man nur noch ein wenig warten.

„Ich hoffe, dass er die Nachricht auch erhält.“
„Er hat sein Handy immer dabei“, beteuerte Sirius. „Es könnte aber ein wenig dauern, es zu fassen zu bekommen. Bei der Kleidung, die er immer trägt … Er merkt sich nie, in welcher der vielen Taschen er es verstaut hat.“

Ein bisschen konnte Severus noch warten. Wenn er erst einmal aus der Heulenden Hütte entkommen war, könnte er Hermine Vorhaltungen machen. Auf diese Weise würde er an ihr schlechtes Gewissen appellieren und es womöglich sogar schaffen, sie zu einer bis ins kleinste Detail beschriebenen Sexszene zu überreden. Sozusagen als Entschädigung für die miserable und dazu noch langweilige Geschichte in der Heulenden Hütte.

„Ah“, hörte Severus plötzlich von Sirius. Als er sich umdrehte, löste sich der Rivale langsam in Luft auf.
„Was …?“
Sirius’ echoende Stimme sagte gehässig: „Dumbledore schreibt mich gerade raus. Ach, es kann sein, dass ich eventuell vergessen habe, ihm von dir zu simsen. Tut mir ja so außerordentlich …“
„Black! Sie verdammter Mistkerl!“

Severus hob seinen Stab und schleuderte einen Avada Kedavra in Sirius’ Richtung, doch der war bereits so durchsichtig, dass der Todesfluch die kahle Wand hinter dem verhassten Mann traf. Sirius war verschwunden. Vor Wut ballte Severus die Hände zu Fäusten. Jetzt war er allein in der Heulenden Hütte, ohne Handy und ohne die Möglichkeit, sich selbst herauszuschreiben. Black hatte schon den Strick um den Hals und war am Ende doch wieder entkommen. Dieser Hund schaffte es immer wieder.

„Hermine!“, rief er verzweifelt in den Raum hinein. „Hol mich hier raus!“ Niemand erhörte ihn. „Verfluchte Sch…“ Mit geschlossenen Augen versuchte er, sich zu fangen. Es schien zu helfen. Als er in seiner Hand den eigenen Zauberstab spürte, hatte er eine Idee. „Ich bin ein verdammter Zauberer, ich kann apparieren! Nach Hogsmeade vielleicht … Das ist nicht so weit weg. Von da aus gehe ich nach Hogwarts, suche Black und trete ihm in den Hintern, bevor ich ihn umbringe – mit oder ohne Hermines Startschuss.“

Ziel – Wille – Bedacht.

Das waren die Grundvoraussetzungen für eine risikolose Apparation. Das Ziel war die Hauptstraße in Hogsmeade. Der Wille war da, denn er wollte nichts lieber als hier raus. Mit dem Bedacht haperte es ein kleines bisschen, weil er noch immer wegen Black aufgebracht war. Dennoch beruhigte er sich so weit, dass er eine Apparation wagen konnte.

Das Gefühl, durch einen zu engen Schlauch gepresst zu werden, sagte ihm, dass er auf dem Weg war. Irgendetwas ging jedoch schief. Severus spürte, wie er gegen eine magische Wand stieß, zurückprallte und wieder in der Heulenden Hütte materialisierte.

„Das kommt davon, wenn die bescheuerte Umgebung nicht beschrieben wird!“, zischte er wütend.

Die Heulende Hütte war da, aber mehr als eine undeutliche Landschaft nicht. Severus wagte es nicht, nachhause zu Hermine zu apparieren. Es war eine Sache, von Ort zu Ort zu reisen, aber eine ganz andere, von einer Fanfiction in die nächste zu apparieren. Er könnte zersplintern: ein Bein landet womöglich in einem Oneshot mit Neville, ein Arm in einer Abenteuergeschichte mit Albus, sein beeindruckendes Gemächt in einer 18er-FF mit Harry und der Rest seines Körpers vereinzelt in einer Drabblesammlung. Eine grauenvolle Vorstellung.

„Warum habe ich daran nicht gedacht?“, fragte er sich unerwartet selbst. „Mein Patronus! Ich schicke jemandem meinen Patronus und derjenige kann mich befreien. Aber wem schicke ich ihn? Hermine?“ Er machte sich keine Sorgen, mit sich Selbstgespräche zu führen. Im Gegensatz zu Black hörte er sich wenigstens aufmerksam zu. „Nein, nicht Hermine. Sie würde nur Angst bekommen und an der Geschichte weiterschreiben. Oder mich im schlimmsten Fall einem literarischen Vergissmich aussetzen und meine Szenen kurzerhand löschen, als wäre nie etwas gewesen“, mutmaßte er laut. „Ich könnte Harry …“ Der Gedanke an Draco ließ ihn erschauern. „Nein, die haben sowieso keine Zeit für mich.“ Er murmelte noch etwas mit den Worten wie die Karnickel. „Und Albus kommt auch nicht in Frage, weil Black bei ihm ist und intervenieren würde. Wem kann ich nur meinen Patronus schicken? Wem?“

Von irgendwo zirpte eine Grille, die Severus ausfindig machte und mit einem Avada Kedavra zur Strecke brachte. Um solche Unwichtigkeiten wie eine Grille machte sich der Autor Gedanken, nicht aber darüber, wo sich Hogsmeade befand, ärgerte sich Severus in Gedanken. Auf einmal hatte er einen Geistesblitz.

„Lucius!“

Für einen Patronus benötigte man die Erinnerung an einen sehr glücklichen Augenblick. Es war nicht der Gedanke an Lily, der die Hirschkuh aus seinem Stab schießen ließ. Nein, Lily war in den unzähligen Rumtreiber-FFs sehr glücklich, auch wenn sie sich neulich erst darüber beklagt hatte, dass sie nichts anderes erleben würde als das wiederholte Kennenlernen mit James. Es war auch nicht die Erinnerung an seine Fanfiction-Partnerin Hermine, der den prächtigen Patronus formte, sondern der glückliche Gedanke an puren Sex, der ihm in dieser Geschichte verwehrt blieb. Dem magischen Schutzherrn gab er eine Nachricht mit auf den Weg, bevor er ihn an Lucius sandte.

Der Patronus sauste mit enormer Geschwindigkeit über Berg und Tal, bis er London erreichte und somit die Winkelgasse.

In Florean Fortescues Internetcafé stöberte Draco gerade auf Fanfiction-Plattformen, um zu sehen, ob jemand seine Geschichte manipuliert hätte, denn normalerweise würde er längst Zuhause sein und im Bett liegen – auf Harry, selbstverständlich. Er ging nach und nach die aktualisierten Geschichten durch. Zumindest war Hermines Geschichte noch nicht weiter als heute morgen. Sein Vater blätterte derweil im Tagesprophet und schlürfte gemütlich einen Kaffee. Mit einem Male verschluckte er sich heftig. Abrupt blickte Draco auf. Sein Vater presste sich eine Serviette an die Lippen, hustete noch immer und hatte dabei den Blick auf etwas gerichtet, dass sich seitlich hinter Draco befinden musste. Als Draco den Kopf drehte, sah er sie, die silberfarbene Hirschkuh.

Severus’ gesichtslose Stimme bat laut und klar: „Du musst mir helfen, Lucius! Ich bin in der Heulenden Hütte eingesperrt und kann mich nicht allein befreien.“ Die anderen Gäste starrten die beiden Malfoys mit großen Augen an.
„Wie unangenehm“, murmelte Lucius in seine Serviette hinein und tat dabei so, als würde die Hirschkuh nicht ihm eine Nachricht übermitteln, sondern irgendjemand anderem. Unruhig rutschte er auf seinem Sitz umher.
„Lucius, hilf mir! Schreib mich raus!“, dröhnte es von dem Patronus. Einige Gäste kicherten bereits.
Verbissen blickte Lucius zu seinem Sohn. „Dass er so eine Scham über mich bringt, und auch noch in der Öffentlichkeit! Muss es so ein riesiges Vieh sein? Warum nichts Unauffälliges? Ein Käfer vielleicht … Wenigstens etwas, das weniger lächerlich wirkt als eine Hirschkuh.“
„Vater, du solltest ihm helfen. Du weißt, dass er Mutter einen großen Gefallen erwiesen hat, als er schwor, auf mich Acht zu geben. Das war sogar Canon!“
„Hach, ich bin nicht gut in so etwas“, behauptete Lucius.
„In was?“
„Darin, Geschichten zu schreiben. Ich schreibe nicht solche“, er rümpfte die Nase, „einfältigen Fanfiction. Du etwa?“
Draco blinzelte nicht ein einziges Mal, als er seinem Vater direkt ins Gesicht log: „Nein.“ Lucius hob skeptisch eine Augenbraue, und Draco wollte sogleich ablenken: „Ich kann es dennoch versuchen, Severus zu helfen. Kann ja nicht so schwer sein. Soll ich, Vater? Oder möchtest du …?“
„Nein, nein, mach ruhig, Junge.“

Draco verhakte seine Finger ineinander, streckte die Handflächen nach außen und ließ dabei die Knochen knacken, bevor er sich daran machte, in Windeseile eine Geschichte zu erfinden, um seinem Fanon-Patenonkel aus der Patsche zu helfen.

„Soll ich ihn nach Malfoy Manor schreiben?“, wollte Draco wissen, als er schon einmal damit begann, das Innere der Heulenden Hütte mit einem hilflosen Severus Snape zu beschreiben.
„Für die Schmach, die er mir gerade angetan hat, kannst du ihn dort hinschicken, wo der Pfeffer wächst.“
Draco blickte am Bildschirm vorbei zu seinem Vater. „Was soll er denn in Indien?“

Während Lucius und Draco noch darüber diskutierten, wo Severus momentan am sichersten wäre, wartete der geduldig in der Heulenden Hütte. In Gedanken plante er bereits, wie er Sirius auflauern und ihm das Licht ausblasen würde. Die Vorfreude, die er verspürte, ließ sich am besten mit der eines Kindes vergleichen, dem man erzählt hatte, der Weihnachtsmann würde heute Nacht kommen.

Mit einem Male fühlte Severus, wie er sich auflöste. Es war ein ähnliches Gefühl wie das Apparieren, nur dass er in diesem Fall von einer Fanfiction heraus und hinein in eine neue geschrieben wurde. Er war gespannt darauf, wo er wohl landen würde.

Die Heulende Hütte war bald wieder ein verlassener Ort. Nur die zerknautschte Decke auf dem Bett und das dort liegende Buch ließen ahnen, dass vor Kurzem jemand hier gewesen sein musste.

Hermine war der Ansicht, dass sich Sirius und Severus noch immer in der Hütte befanden. Sie konnte sich endlich wieder auf ihre eigene Geschichte konzentrieren. Die Internetseite von Ginnys Gruppe, http://www.rettet-den-harry-potter-canon.de, die sich für mehr Canon in Fanfiction einsetzte, hatte ihr zu denken gegeben. Unter anderem deshalb, weil dort ein Eintrag von ihr selbst zu lesen war, in dem sie sich darüber aufregte, dass Bellatrix Lestrange in diesem Gästebuch schreiben durfte. Des Weiteren stand dort, sie würde zwar nicht verstehen, warum man sie ständig mit Severus Snape verkuppeln würde, aber das wäre noch immer besser, als sich mit Ron zufriedengeben zu müssen. Der Inhalt des Beitrags im Gästebuch entsprach beinahe ihrer eigenen Meinung, was aber das Merkwürdige war: Hermine hatte das nicht geschrieben. Jedenfalls nicht die Hermine, die gerade hier an ihrem Rechner saß und die Geschichte mit Severus und Sirius schreiben wollte. Wäre es möglich, dass es mehrere …? Hermine schüttelte bei dieser beängstigenden Überlegung den Kopf. Zwar stellte sie sich die Frage, ob Ron es ihr sehr übel nahm, weil sie sich für den Tränkemeister entschieden hatte, aber der war im Fanon-Bereich ebenfalls sehr glücklich mit jemand anderem liiert.

All diese Canon-Gedanken schüttelte sie von sich ab. Hermine öffnete ihr Dokument auf dem PC, las die letzten Absätze und war bereit, ihre Geschichte fortzuführen. Als sie die Hochstelltaste und das große S benutzte, erschien eine Meldung auf dem Bildschirm.

Leise las Hermine vor: „Achtung: Sie versuchen eine Geschichte zu schreiben, in der keine Charaktere vorkommen. Möchten Sie fortfahren?“ Sie schnaufte. „Was für ein Unfug. Natürlich will ich fortfahren!“ Sie klickte auf den Button, auf dem Ja stand. Durch Zufall stach ihr ein bestimmter Satz ins Auge.

„Nichts wird mich davon abhalten, dich zu töten, denn ich bin ein fruchtbarer Mann!“

„Hoppla“, machte Hermine und legte die Finger der rechten Hand auf ihre Lippen. „Ein freudscher Verschreiber.“ Peinlich berührt korrigierte sie den Buchstabendreher. Mit dem nächsten Kapitel, das sie hochladen würde, wollte sie die Korrektur bei dem bereits online veröffentlichten Kapitel ebenfalls vornehmen, aber erst einmal wollte sie weiterschreiben. Direkt nach Severus’ Rede, in welcher er Sirius über den bevorstehenden Tod informierte, war ein günstiger Moment, an den sie anschließen wollte. Sie schrieb und schrieb. Machte eine Pause und las nochmals.

*** legte seine Hände um *** Hals und drückte kräftig zu. Die grauen Augen weiteten sich vor Entsetzen. Als *** noch fester zudrückte, legte *** seine Hände um *** Handgelenke.

„Was zum Teufel …?“ Einen Moment lang war Hermine sprachlos, bis sie endlich begriff, was hier passierte. Die Namen von Severus und Sirius wurden ausgeblendet. Zu Testzwecken schrieb sie dreimal hintereinander den Namen von Severus. Er verschwand immer wieder und wurde durch drei Sternchen ersetzt, genau wie der Name von Sirius. „Was stand nochmal in der Fehlermeldung?“

Hermine öffnete die Hilfe zu ihrem Schreibprogramm Magic Spell Writer © und gab als Suchbegriff ein: keine Charaktere. Sie erhielt sofort einen passenden Treffer. Der Hilfe-Text lautete:

„1. Symptom:
- Ein oder mehrere Charakternamen werden in Ihrem Dokument durch Sterne ersetzt, obwohl Sie die Namen geschrieben haben.

2. Ursache:
- Wenn Sie die Logik-Überprüfung von Magic Spell Writer © aktiviert haben, schreibt das Programm keine Namen von Charakteren, die in einem vorigen Kapitel endgültig ausgeschieden sind, z.B. den Tod fanden. Auf diese Weise werden Sie auf Logikfehler hingewiesen.
- Eine weitere Ursache könnte sein, dass jemand Ihre Geschichte manipuliert hat.
- Der seltenste Grund ist jener, dass die Charaktere sich in einem unbeaufsichtigten Moment selbst aus der Geschichte befreit haben (siehe -> „herausschreiben“).

3. Lösung:
- Deaktivieren Sie die Funktion -> Logik-Überprüfung und schreiben Sie den Charakternamen erneut. Ist es nun möglich, handelt es sich lediglich um einen inhaltlichen Fehler im Handlungsverlauf. Überprüfen Sie Ihre Geschichte auf u.a. Anschlussfehler (siehe -> Hilfethema: Logik-Überprüfung).
- Erscheint der Name weiterhin nicht, überprüfen Sie, wer Zugriff auf Ihre Dokumente oder Ihre Online-Zugänge hat. Schützen Sie beides mit einem neuen Passwort.
- Sollten sich die Charaktere selbst herausgeschrieben haben, schauen Sie auf Fanfiction-Plattformen, ob sich Ihre Charaktere dort in anderen Geschichten versteckt halten.“

Ein Logikfehler war Hermines Meinung nach ausgeschlossen. Erstens war ihre Fanfiction nicht so lang, dass man den Überblick verlieren könnte und zweitens war Logik ihr zweiter Vorname. Sie hatte keinen Fehler gemacht. Ausschließen wollte sie ebenfalls, dass sich jemand an ihren Dokumenten versucht haben könnte. Auf das von ihr gewählte Passwort würde niemand kommen. Sie war zu schlau für diese Welt, dachte sie grinsend. Zur Überprüfung schaute sie auf den Anfang ihres Kapitels. Auch dort fehlten die Namen der beiden Hauptdarsteller. Ihrer Meinung nach konnte das nur eines bedeuten.

„Sie haben sich rausgeschrieben! Diese verfluchten …“ Sie schnaufte wie ein wilder Stier. „Wenn ich euch zwei in die Finger bekomme, dann gibt es eine Slash-FF, darauf könnt ihr Billywig-Gift nehmen!“, drohte sie ihrem Monitor mit erhobenem Zeigefinder.

Weit weg von dem Handlungsstrang, in welchem sich Hermine gerade befand, materialisierte sich Severus in einem düsteren Raum. Es war kalt und roch ein wenig feucht.

Langsam öffnete Severus die Augen. Der Geruch kam ihm bekannt vor. Mit seinem Zauberstab entzündete er per Incendio die Fackeln und Kerzen im Raum. Ein wohliges Gefühl machte sich in dem Fleck breit, in welchem andere Menschen das Herz trugen. Severus lächelte schief.

„Meine Kerker!“ Freudig erregt blickte er sich um. In seinem Büro war alles so, wie er es in Erinnerung hatte. „Ich bin Zuhause“, murmelte er selbstzufrieden. Endlich konnte er wieder IC sein.

Die Freude darüber war groß. Kein romantisches Häuschen im Grünen. Keine Hermine, die ihn dazu zwang, die dämliche Vogeltränke mit ihren gefiederten Milbenschleudern zu beobachten. Kein „Out of Character“! Severus war wieder er selbst, der grimmige Zaubertränkelehrer, vor dem die Schüler zusammenzuckten, wenn er auch nur den Blick auf sie richtete. Das würde bei den Erstklässlern wieder die ein oder andere eingenässte Hose bedeuten, freute er sich.

„Gut gemacht, Lucius“, lobte Severus den alten Freund in Abwesenheit. Hogwarts war im Canon einer der sichersten Orte, ebenso in den meisten Fanfictions.

Severus sah sich zunächst ein wenig um. Ja, es war sein Büro, stellte er erfreut fest. Er ließ den Blick über die Papiere auf seinem Schreibtisch schweifen. Laut der Schülerarbeiten befand er sich zeitlich gesehen zwischen Band 4 und 5. Das bedeutete, Black war noch am Leben, aber erfreulicherweise auch Albus. Wenn Karkaroff ebenfalls noch unter den Lebenden weilen sollte, wollte er ihm den Hinweis geben, alles stehen und liegen zu lassen, um zu fliehen. Das warf allerdings die Frage auf, ob man auf diese Weise dem Canon entkommen konnte. Einen Versuch war es wert.

Am größten war bei Severus momentan die Lust darauf, einer gewissen Person die Hände um den Hals zu legen und langsam, ganz zaghaft und genüsslich, zuzudrücken. Dazu müsste er Black zunächst finden. Voller Energie durch sein vertrautes Zuhause strich sich Severus den Umhang glatt, warf das fettige Haar nach hinten und eilte zur Tür. Kaum hatte er diese geöffnet, stand er einem jungen Mädchen gegenüber, das ihre Hand zum Klopfen erhoben hatte. Sie fuhr erschrocken zusammen. Severus war stolz auf sich.

„Sir?“, fragte das Mädchen verunsichert.
„Was wollen Sie hier?“, knurrte er missgelaunt zurück. Sie murmelte irgendetwas Unverständliches, woraufhin er zeterte: „Sprechen Sie gefälligst lauter!“
„Nachsitzen, Sir. Ich sollte doch heute nachsitzen.“

Das fehlte ihm gerade noch. Sobald man Hogwarts betrat, musste man sich seinen Pflichten beugen. In seinem Fall war es in beinahe jeder Geschichte das Gleiche: Dummköpfe unterrichten und den Dämlichsten unter ihnen Strafarbeiten aufbrummen – manchmal auch den Hübschesten, aber nur, wenn die Geschichte ab 18 Jahren freigegeben war. Innerlich schüttelte er sich, als er an die üblichen Szenarien dachte, die sich in solchen FFs im Klassenraum abspielten. Er rümpfte die Nase und musterte das junge Mädchen, das er auf 16 oder 17 Jahre schätzte, von oben bis unten. Ihre wallenden, goldfarbenen Locken waren lediglich durch eine hellblaue Schleife gebändigt. Dennoch ging ihr das Haar bis zum Gesäß. Waren die Hogwarts-Schuluniformen für Mädchen schon immer so knapp geschnitten? Für eine Schülerin in ihrem Alter war ihre Oberweite recht üppig ausgefallen; nicht dass er auf so etwas achten würde. Das Mädchen biss sich verlegen auf die volle Unterlippe und warf ihrem Lehrer durch die dichten Wimpern einen schüchternen Blick zu. Severus war sich sicher, dass er sie noch nie in seinem Leben gesehen hatte. Auffällig waren ihre silberblauen Augen, in denen ein violetter Schimmer zu erkennen war.

Ein violetter Schimmer? Ihm schwante nichts Gutes.

„Wie ist Ihr Name?“, wollte Severus wissen.
„Soll das ein Scherz sein? Sie wissen doch …“
Er fuhr ihr über den Mund. „Ihren Namen!“
„Phenomena, Sir.“
Severus drehte sich um und schloss die Augen, bevor er murmelte: „Herrgott, warum tut man mir das an?“

Phenomena. Dieses hübsche, perfekte Mädchen, dieser formvollendete Abklatsch einer Schülerin entsprang ursprünglich der Feder von Peter Pettigrew. Der Verbrecher hatte diese Mary Sue geschaffen und sie in einer Fanfiction aus dem Jahr 2008 mit ihm, dem Zaubertränkemeister, verkuppelt. Allerdings sollte sie damals seine Assistentin werden. Anders als vor drei Jahren war Severus heute jedoch bei Verstand. Er würde sich gegen das Mädchen schon zur Wehr setzen.

„Nachsitzen, ja?“, wiederholte Severus und drehte sich zu ihr um.
„Ja, Sir.“
„Dann kommen Sie mal herein! Na, wird’s bald?“
Phenomena machte gerade mal einen winzigen Schritt und schon stolperte sie über ihre kleinen Füße so sehr, dass sie ihrem Lehrer in die Arme fiel. Ihr voller Busen rieb sich an seiner schmalen Brust. „Oh, verzeihen Sie bitte.“
Severus griff sich ihre Schultern und stieß sie von sich, als wäre sie ein Krake mit acht Tentakeln. „Passen Sie auf, wo Sie hingehen!“ Er deutete auf einige schmutzige Kessel. „Die reinigen Sie. Ohne Magie!“
„Ja, Sir.“

Gerade fragte sich Severus noch, was eine so perfekte Schülerin wie sie angestellt haben könnte, um Nachsitzen zu müssen, da erhaschte er einen Blick auf ihre Unterwäsche. Phenomena beugte sich tief in einen der großen Kessel hinein, so dass der viel zu knappe Rock die weißen Rüschenhöschen freilegte.

„Sagen Sie“, begann Severus, „wie alt sind Sie eigentlich?“
Die Schülerin drehte sich zu ihm um. Auf ihrem Gesicht konnte er ein freches Grinsen ausmachen. „Ich werde morgen 17, Professor Snape. Dann bin ich endlich volljährig!“ Ihr Hintern wippte auf und ab, als wollte er der Aussage freudig zustimmen.
Missgelaunt schüttelte Severus den Kopf. „Wer hat Sie geschrieben?“
„Was meinen Sie?“

Nur blass geschriebene Charaktere waren sich nicht darüber im Klaren, dass eine fremde Macht sie dazu zwang, Dinge zu sagen oder zu tun, für die man sich normalerweise in Grund und Boden schämen würde. Diese Charaktere waren vom Autor mit zu wenig Intellekt ausgestattet, als dass sie ihre Umwelt begreifen konnten. Severus war sich bewusst, dass er manchmal durch geschriebene Worte gelenkt wurde, doch Phenomena wirkte nicht besonders helle. Womöglich wusste sie tatsächlich nicht, dass jemand sie für diese Szene geschrieben hatte. Sie war wie eine Porzellanpuppe, die von jemandem hübsch angezogen worden war. Allerdings schien ihr Kopf genauso hohl wie der einer Puppe zu sein. Irgendwer war dafür verantwortlich, dass diese Mary Sue zum Leben erweckt worden war. Severus war sich sicher, seinerzeit jede Kopie dieser unsäglichen Fanfiction vernichtet zu haben. Für das Ableben des Autors Peter Pettigrew war er höchstpersönlich verantwortlich. Damals hatten ihn alle betroffenen Personen gedeckt, selbst Tonks und Remus. Pettigrew konnte es nicht sein. Der war tot. Hoffentlich noch immer. Severus konnte sich schwerlich vorstellen, dass ein Fanfiction-Autor den erwachsenen Peter Pettigrew freiwillig wieder zum Leben erweckt haben könnte. Andererseits war nichts unmöglich.

„Schon gut“, sagte Severus zu der Schülerin. „Putzen Sie weiter!“

Seiner Aufforderung kam Phenomena ohne Murren nach. Es schien ihr beinahe Freude zu bereiten, die Kessel zu putzen. Das freche Lächeln blieb in ihrem Gesicht bestehen, als sie die harte Kruste von angetrockneten Zaubertrankzutaten erst mit Seifenlauge einweichte und dann mühsam löste. Severus betrachtete sie eine Weile.

Womöglich könnte ein Blick in die Bibliothek ihm weiterhelfen. Severus musste herausfinden, wer dafür verantwortlich gemacht werden konnte, dass Phenomena oder ihr Schöpfer wiederbelebt worden war. Müsste er nicht auf diese Schülerin aufpassen, würde er auf der Stelle Hogwarts auf den Kopf stellen, um der Reihenfolge nach Black zu töten, den Erschaffer von Phenomena in eines der geheimen Verliese unter der Schule zu werfen und danach Sex mit Hermine zu haben. Das war sein Plan. Besonders auf den dritten Punkt freute er sich.

Ab und zu blickte Phenomena über ihre Schulter und warf ihm einen kessen Blick zu. Dieses Luder, dachte Severus.

„Miss …?“ Er stutzte, als er bemerkte, dass er nicht einmal den Nachnamen der Schülerin kannte. „Wie lautet Ihr Familienname?“
Den Schwamm, mit dem das Mädchen die harte Kruste einweichte, ließ sie in den Kessel fallen, bevor sie sich aufrichtete und den Rücken ganz gerade machte, dabei absichtlich den Busen zur Schau stellte, der das weiße Hemd spannte. „Aber Professor“, ihren Oberkörper drehte sie schüchtern hin und her, „Sie nennen mich doch nie beim Nachnamen, wenn wir allein sind.“
Severus schluckte, behielt jedoch nach außen hin seine Fassung. „Ihr Nachname?“, wiederholte er kühl.
Phenomena ließ abrupt die Schultern und den Kopf hängen, bevor sie einmal durchatmete. Ihr Blick traf den seinen. „Womit habe ich Sie verärgert?“
Das war eine Konversation, die er nicht führen wollte. „Ich habe eine einfache Fra…“
Sie unterbrach ihn, was sonst kaum jemand wagte. „McKenna, Sir.“ Ihre Stimme war genauso kalt wie seine. „Phenomena McKenna.“

Absolut nichts klingelte bei ihm. Er kannte sie nicht, hatte nie ihren Namen vernommen, ihn nirgends gelesen oder gar über sie gesprochen. Sie war ihm und somit dem Harry Potter Universum völlig fremd.

„Machen Sie weiter, Miss McKenna“, befahl er. Ihr Blick wurde traurig, aber sie kam seinem Wunsch nach. „Ich bin für einen Moment draußen und erwarte, dass Sie meine Abwesenheit nicht ausnutzen, um zu Faulenzen.“
„Nein, Sir, würde ich nie …“ Sie hörte nur noch, wie die Tür zuschlug.

An den dunklen Gängen der Kerker war nichts Ungewöhnliches. Es sah aus wie immer, und doch war irgendetwas anders, nur konnte Severus nicht mit dem Finger darauf deuten. Er blieb immer im Schatten, als er sich auf Erkundungstour machte.

Als es keinen Schatten mehr gab, mit dem er sich verschmelzen konnte, musste er seine Deckung aufgeben. Er mischte sich unter die Schüler, die im strahlenden Sonnenschein auf dem Rasen sitzend ihre Hausaufgaben …

Strahlender Sonnenschein? Es war Januar und zwar sein Geburtstag! Jedenfalls das letzte Mal, als Severus auf den Kalender geschaut hatte. Für ihn war nun klar, dass Lucius ihn nicht ins normale Hogwarts geschickt hatte, sondern in eine Fanfiction. Wahrscheinlich erlaubte sich der reinblütige Freund nur einen Scherz.

Severus schaute sich die Schüler genauer an, einen nach dem anderen. Die meisten kannte er. Da war sogar sein persönlicher Albtraum: Neville Longbottom. Der dickliche Junge, der jetzt in der fünften Klasse sein müsste, kam, mit der Nase in ein Buch gesteckt, auf ihn zu. Als Neville den Kopf hob und seinen Lehrer für Zaubertränke bemerkte, blieb er abrupt stehen und wechselte plötzlich den Weg, den er ursprünglich gehen wollte. Zumindest das hatte sich nicht geändert, nahm Severus dankend zur Kenntnis. Neville war noch immer voller Angst vor ihm.

Auf dem Schulhof fand er keinen Black, auch nicht auf den Gängen im Erdgeschoss. So fasste Severus den Entschluss, wieder in seine Kerker zu gehen, um sich einige seiner ganz besonderen Überraschungen einzustecken, die er für Black in petto haben wollte.

Nachdem Severus in einen Gang eingebogen war, sah er etwas, das ihn sofort Kehrt machen ließ, um sich hinter einer Ritterrüstung zu verstecken. Vorsichtig lugte er an dem Morgenstern vorbei und sah sich die Person, die gerade ein Schwätzchen mit Aurora hielt, genauer an. Es handelte sich dabei um ihn selbst. Schulterlange schwarze Haare, aber nicht fettig, sondern seidig glänzend. Die Hautfarbe sah gesünder aus, war von vornehmer Blässe und – das versetzte Severus wirklich einen Schreck – der Doppelgänger lachte kurz auf und legte eine Hand vertrauensvoll auf die Schulter seiner Kollegin, bevor sich ihre Wege trennten. Aurora ging nach draußen auf den Hof. Severus beobachtete, wie sein Doppelgänger den Weg in die Kerker einschlug.

Sein Können als Agent für die gute Seite zahlte sich aus. Severus verfolgte die Person lautlos, die davon nichts bemerkte. Womöglich handelte es sich um Potter, der Vielsafttrank eingenommen hatte, um in der Gestalt seines Tränkemeisters Unsinn anzustellen. Dem würde er den Kopf waschen, dachte Severus. Versteckt im Schatten war er dem falschen Severus bis zum Büro gefolgt, in welchem sich Phenomena befinden musste. Severus wandte einen Desillusionszauber an sich selbst an, so dass er unbemerkt durch die offene Tür schlüpfen konnte. Was er dort erlebte, machte ihn nicht nur wütend, sondern ließ seine Lust darauf, jemanden mit bloßen Händen zu töten, nur noch wachsen.

Phenomena drehte sich zu ihrem Professor um, zog dabei ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. Der falsche Professor lächelte sie mit geraden, weißen Zähnen an. Sein Lächeln verblasste, als er ihre trübe Miene bemerkte.

„Phenomena, was hast du? Warum so bedrückt?“, fragte der falsche Professor. Leise näherte sich Severus den beiden, um alles genau hören zu können.
„Ach, jetzt wieder Phenomena. Was ist aus Miss McKenna geworden?“

Sein Doppelgänger schien verwirrt. Weil der falsche Professor nichts sagte, drehte sich Phenomena wieder zum Kessel und fuhr mit der Reinigung fort.

„Warum tust du das?“, wollte der Seidenhaar-Severus wissen.
„Warum tu ich was?“, keifte Phenomena zurück, so dass ihre Stimme im Kessel widerhallte. „Warum ich putze? Das ist die Strafarbeit, die Sie mir aufgebrummt haben!“ Sie richtete sich auf, schaute ihren Professor an und giftete: „Sir!“

Der falsche Professor ging einen Schritt zurück. In Severus’ Augen verhielt er sich völlig out of character. Niemals würde er vor einer Schülerin zurückweichen. Was für ein Spiel wurde hier gespielt?

Das Double nahm den Schwamm aus Phenomenas Händen und warf ihn in den Kessel. Mit einem Zauberspruch reinigte er das Utensil, bevor er in seinen Umhang griff und völlig unerwartet einen Strauß Blumen herauszog, den er dem Mädchen entgegenhielt. Phenomena beäugte die Blumen zunächst skeptisch. Innerlich gab sie sich einen Ruck, denn sie begann zu strahlen und fiel dem Professor um den Hals.

Severus war entsetzt! Wollte man ihm eine Straftat anhängen? Angewidert sah er dabei zu, wie Phenomena den falschen Professor zu küssen begann, erst zaghaft, dann leidenschaftlich. Severus wurde übel.

„Gar nicht übel“, hörte man den falschen Professor sagen. „Ich sollte öfters Blumen mitbringen.“
„Und ich dachte schon“, Phenomena strich dem Mann über die Brust, „dass ich irgendetwas getan habe, weil du so sauer warst.“
„Ich und sauer? Nicht doch …“

Bevor sich der echte Severus übergeben musste, verließ er die Kerker. Er wollte nicht dabei zusehen, wie sein Doppelgänger sich an einer minderjährigen Schülerin verging. Das konnte nur Blacks Plan sein! Die Flohschleuder wollte einen Pädophilen aus ihm machen, damit er für diese Schandtat nach Askaban kommen und dort verrotten würde.

„Nicht mit mir!“, murmelte Severus sich selbst zu. Seine Identität würde er sich von niemandem stehlen lassen.


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