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Fanfiction

Sirius' groĂźer Tag - Sirius' groĂźer Tag

von Sam Chaucer

Sirius wäre beinahe über seine eigenen Füße gestolpert, als er mit voller Geschwindigkeit auf das Gleis 9 ¾ rauschte, wo eben noch eine massive Mauer gewesen war.
Mit einiger MĂĽhe brachte er seinen Wagen zum Stehen, strich sich das schwarze Haar aus den Augen und verbrachte erst einmal einige Zeit damit, sich einfach nur umzusehen und sein wild klopfendes Herz unter Kontrolle zu bringen.
Er wĂĽrde nach Hogwarts fahren. Heute noch. Zum ersten Mal.
Sirius hatte das Gefühl, dass er zwei bis drei Augen und Ohren mehr gebraucht hätte, um all die Eindrücke um ihn her aufzunehmen. Auf dem Gleis tummelten sich bereits unheimlich viele Menschen in allen Altersklassen, die unheimlich viele Koffer und Tiere bei sich hatten und einen unheimlichen Lärm machten, und etwa hundert Meter von ihm entfernt, die Menschenmenge überragend, stand der riesige, scharlachrote Hogwarts-Express.
“Wahnsinn”, hauchte Sirius.
“Na los, Junge, geh ein Stück. Wir stehen hier genau im Durchgang.” Orion Black legte seine Hand auf die Schulter seines Sohnes und schob ihn vor sich her. Sirius entfernte sich bereitwillig ein paar Schritte von der Mauer, aber eigentlich hatte er seinen Vater kaum gehört. Er wusste seit einiger Zeit, dass er dieses Jahr nach Hogwarts gehen würde, aber wirklich glauben konnte er es erst jetzt.
Sirius ließ den Blick begierig über die vielen Gesichter schweifen. Er entdeckte einige Schüler, die wohl in seinem Alter waren, aber er konnte nicht genau abschätzen, wer genau zu seinem Jahrgang gehörte und wer vielleicht schon zum zweiten Mal nach Hogwarts fuhr.
Aber das würde er schnell herausfinden, wenn er erst einmal in Hogwarts war. Ach ja, Hogwarts... Sowohl sein Vater als auch seine Cousine Andromeda hatten ihm einiges über die Schule erzählt, und Sirius war recht erfolgreich damit gewesen, die Predigten seines Vaters über Verantwortung und Fleiß zugunsten der vielversprechenden Schilderungen Andromedas zu verdrängen. Da war von wunderbaren Festessen die Rede gewesen, von Flugunterricht und Quidditch, von faszinierenden Unterrichtsstunden über Magische Tierwesen und Verwandlung, von Ausflügen nach Hogsmeade und vom Schwarzen See... Sirius wusste beim besten Willen nicht, worauf er sich am meisten freuen sollte und entschied sich vorläufig für den Flugunterricht.
Er wurde jedoch mit einem Mal aus seinen wonnigen Gedanken gerissen, als seine Mutter neben ihn trat und anfing, in seinem Haar herumzuzupfen, wie ein Gärtner, der welkes Laub aus einem Gebüsch pflückt.
“Du siehst schon wieder so unordentlich aus, und das an deinem ersten Tag”, jammerte sie.
“Lass gut sein, Walburga”, sagte Mr. Black, und Mrs. Black entfernte naserümpfend ihre Hand von Sirius' Kopf. “Er wird uns schon keine Schande machen, nicht wahr?”
Der unausgesprochene Vorwurf entging Sirius nicht, aber er beschloss, dass ihn an diesem Tag einfach nichts würde ärgern können.
“Ich werd mir mal einen Waggon suchen...”
Sirius wartete die Antwort seiner Eltern nicht ab, sondern schob seinen Wagen an und tauchte in das Getümmel ein, während seine Familie ihm folgte. Der Bahnhof war so voll mit Menschen, Tieren und Wagen, dass er ein paar Mal gerade so noch einen Zusammenstoß vermeiden konnte, aber schließlich hatte er sich bis zum Hogwarts-Express durchgekämpft. Staunend legte Sirius den Kopf in den Nacken. Aus der Nähe war der Zug noch gewaltiger, und er konnte es jetzt erst Recht nicht mehr erwarten, dass die Fahrt losging. Über die Schulter warf er einen Blick auf die große Uhr, die über dem Eingang zum Gleis 9 ¾ hing. Noch zehn Minuten.
“Komm hier rüber”, rief Mr. Black und winkte Sirius zum nächsten Waggon einige Meter weiter. “Hier ist noch Platz, und die Avery-Kinder sind auch da.”
“Ist ja toll”, nuschelte Sirius und zog eine Grimasse, schob aber seinen Wagen dorthin, wo sein Vater auf ihn wartete. Doch als er den ersten Koffer durch die geöffnete Waggontür hieven wollte, hielt Mr. Black ihn zurück. “Doch nicht so, als wenn ein Black das nötig hätte. Das kann der Hauself erledigen.”
Augenblicklich kam Kreacher, ein hässlicher alter Gnom, den Sirius überhaupt nicht leiden konnte, herbeigewieselt und ließ die Koffer in den Zug schweben. Sirius stand daneben, sah sich verstohlen um und schämte sich. Er legte keinen Wert darauf, seinen Reichtum ständig heraushängen zu lassen, und vor allem wollte er nicht mit Kreacher gesehen werden. Aber er hatte keine Lust, ausgerechnet heute darüber zu diskutieren, also ließ er den Elfen gewähren und sah sich noch ein wenig um. Gleich würde es losgehen, er konnte es kaum noch erwarten...
Als seine Mutter neben ihm schnaubte, konnte er sich schon beinahe denken, worum es ging, und seine Ahnung bestätigte sich.
“Seht euch mal diese... Leute dort drüben an. Sowas sollte in Hogwarts von vornherein gar nicht zugelassen werden”, zischte Mrs. Black und wies mit spitzem Finger auf ein Elternpaar, das einen Waggon weiter gerade seinen Sohn verabschiedete. Mr. Black stimmte ihr murmelnd zu.
Sirius sah in die angewiesene Richtung. Der Junge war in seinem Alter und hatte hellbraunes Haar, und gerade umarmte ihn sein Vater stürmisch und hob ihn dabei ein Stück hoch. Loslassen wollte er den Jungen erst, als seine Frau ihn am Ärmel zupfte, um ihren Sohn auch noch einmal sichtlich gerührt in die Arme schließen zu können. Alle drei sahen sehr ärmlich aus, und das war es vermutlich auch, was seine Mutter an ihnen störte, aber sie wirkten sehr glücklich. Sirius ließ den Blick zwischen seinen elegant gekleideten, stocksteif dastehenden Eltern und den Eltern dieses Jungen hin und her wandern, und plötzlich war er sehr wehmütig und dachte, wie gern er mit ihm tauschen würde...
Aber da ertönte ein greller Pfiff, und Mr. Black schob Sirius auf die Waggontür zu. “Na los. Und dass du uns keine Schande machst!”
Sirius nickte, da schob sich der neunjährige Regulus hinter der ausladenden Robe seiner Mutter vor, hinter der er sich die ganze Zeit versteckt gehalten hatte, und fiel ihm um den Hals. Mr. und Mrs. Black schienen peinlich berührt, aber Sirius kümmerte sich nicht darum, sondern drückte seinen Bruder kurz.
“Schreibst du mir, wie es in Hogwarts ist?”, fragte Regulus mit großen Augen.
“Klar”, antwortete Sirius. Er verabschiedete sich mit einem Winken von seiner Familie, dann stieg er in den Zug. Die Türen schlossen sich mit einem Zischen und sperrten den Lärm und das Gewimmel auf dem Bahnsteig aus, und Sirius wurde von einer wahren Euphorie ergriffen. Jetzt war er auf dem Weg nach Hogwarts, jetzt begann ein ganz neuer Abschnitt seines Lebens, und zwar einer, auf den er sich wahnsinnig freute.
Sirius schlitterte über den Gang zu dem Abteil, in dem die Averys hockten, und riss die Tür auf. “Gute Fahrt”, rief er atemlos und zerrte seine beiden großen Koffer aus dem Gepäcknetz, wo Kreacher sie verstaut hatte. Dann machte Sirius sich auf den Weg. Er hatte beschlossen, dass er sich jetzt ein paar Freunde suchen würde.
Als Sirius wieder auf den Gang stand, fuhr der Hogwarts-Express mit einem Ruck an, und nur die schweren Koffer verhinderten, dass er von den Füßen gerissen wurde. Er lachte übermütig, als der Zug langsam Fahrt aufnahm, und begann seine Wanderung durch den Waggon. Fast alle Schüler hatten sich bereits einen Platz in einem Abteil gesucht, und so konnte Sirius sie im Vorbeigehen ungestört durch die Fenster zum Gang beobachten, während er beinahe mit jedem Schritt neugieriger auf die Leute wurde, mit denen er bald in Hogwarts leben würde.
Da hielt er plötzlich inne. Er war bereits im nächsten Waggon angelangt, und durch die Glasscheibe des ersten Abteils sah er einen braunhaarigen Jungen, der ganz allein saß und aus dem Fenster schaute. Es war der Junge, den er eben noch beim Einsteigen gesehen hatte.
Einem Impuls folgend, öffnete Sirius die Tür und schlüpfte in das Abteil. Der Junge wandte den Kopf und sah ihn an. Aus der Nähe wirkte er noch abgerissener und irgendwie erschöpft, aber er war Sirius sofort sympatisch.
“Auch erstes Jahr?”, fragte er mit wild klopfendem Herzen.
Der Junge nickte schĂĽchtern.
“Ich bin Sirius Black”, sagte Sirius und streckte seine Hand aus.
“Remus Lupin”, antwortete sein Gegenüber, lächelte freundlich und schlug ein.

Als der Zug endlich langsamer wurde, war es draußen schon dunkel. Sofort klebte Sirius an der Fensterscheibe, und auch Remus rutschte unruhig auf seinem Sitz hin und her. “Meinst du, es lohnt sich, wenn wir schon mal unser Gepäck aus den Netzen holen? Ach nee... Das wird ja zur Schule gebracht...”
“Plötzlich doch aufgeregt?”, stichelte Sirius.
“Neeeiiin...”, murmelte Remus und musste vor Aufregung grinsen.
Sirius grinste zurĂĽck.
Der Zug wurde nach und nach langsamer, und als er schlieĂźlich mit einem Ruck zum Stehen kam, wurde Sirius, der die Hand schon auf der Klinke hatte, unvermittelt von den FĂĽĂźen gerissen und purzelte ĂĽber Remus, der direkt hinter ihm gestanden hatte.
Sirius rappelte sich auf, zog Remus auf die Füße und kurz darauf strebten die beiden Jungen sichtlich erwartungsvoll durch den sich rasch füllenden Gang auf die Waggontür zu, die sich gerade mit einem Zischen öffnete.
Als Sirius schlieĂźlich auf den Bahnsteig stand, musste er sich erst einmal orientieren. Innerhalb weniger Augenblicke waren er und Remus von einer dichten Menschenmenge eingeschlossen. Sirius wusste nicht, was er erwartet hatte... Vielleicht irgendjemand, der sie abholte?
“Hast du eine Ahnung, wo wir hin müssen?”, fragte er in Richtung Remus, und der zuckte nur mit den Schultern und sah sich zweifelnd um.
“Erstklässler hier rüber! Kommt schon, sammelt euch alle bei mir!”
Sirius wandte den Kopf in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war, und sah über der Schülerschar den größten Mann aufragen, den er je gesehen hatte. Sein Gesicht war von einem struppigen, schwarzen Bart bedeckt, und er winkte, als ob das nötig gewesen wäre, um auf sich aufmerksam zu machen.
“Da müssen wir hin!”, sagte Sirius, packte Remus am Arm und strebte auf den Riesen zu. In seiner Eile übersah er jedoch den schwarzhaarigen Jungen, der gerade seinen Weg kreuzte, und prallte mit voller Wucht gegen ihn. Ein hässliches Knacken ertönte, und einen Moment fürchtete Sirius, dass er dem anderen Schüler die Nase gebrochen haben könnte.
Als er näher hinsah, stellte er jedoch erleichtert fest, dass bloß die Brille des Jungen gelitten hatte, und im nächsten Moment spürte er, dass seine Wangen rot vor Scham wurden.
“Äh... Tut mir echt leid... Deine Brille...”
Der andere nahm die Brille von seiner Nase, sah sie an und seufzte. “Ach, das macht doch nix...” Er zog seinen Zauberstab, blinzelte Sirius verschwörerisch zu und murmelte: “Oculus reparo!”
Augenblicklich verschwand der Riss im Brillenglas, und der Junge sah Beifall heischend von Sirius zu Remus und wieder zurĂĽck.
“Cool!”, sagte Sirius, und Remus nickte anerkennend. Damit hatten die beiden bei dem fremden Jungen offenbar einen Nerv getroffen, denn er lächelte geschmeichelt und sagte: “Das hat mir mein Dad schon vor zwei Jahren beigebracht. Ist nämlich nicht das erste Mal, dass meine Brille kaputt geht.”
“Mein Vater hat mir bisher nur selten erlaubt zu zaubern. Er meinte, er hätte keine Lust, meinen Murks wieder zurechtzuzaubern”, sagte Sirius und konnte den Neid in seiner Stimme kaum verbergen.
Der Fremde schwieg betreten; er hatte durchaus Eindruck schinden wollen und das war ihm offensichtlich auch gelungen, aber er hatte nicht geahnt, dass er den anderen mit seiner harmlosen Angeberei möglicherweise beschämen oder neidisch machen könnte.
Sirius spürte die plötzliche Verlegenheit des Jungen und fand ihn allein dafür sehr sympatisch. “Ich bin Sirius Black”, sagte er freundlich und streckte die Hand aus. “Und das ist Remus Lupin.”
Der Andere schüttelte erst Sirius' und dann Remus' Hand. “Ich bin James Potter”, sagte er und seine Selbstsicherheit war mit einem Schlag wieder da. “Sirius Black? Sind wir nicht irgendwie verwandt?”
“Äh... kann sein...” Sirius versuchte angestrengt, sich den weitläufigen Stammbaum seiner Familie ins Gedächtnis zu rufen. “Hjaaa... Ich glaub, deine Mutter ist eine Tante von meiner Mutter... Was sind wir dann?”
“Keine Ahnung”, sagte James. Dann lachte er. “Ist doch auch eigentlich egal, oder?”
Sirius nickte und stimmte in sein Kichern ein. “Habt ihr eigentlich auch so einen großen Stammbaum an der Wand?”, fragte er.
“Ja”, antwortete James, “aber Dad hätte ihn schon längst entfernt, wenn das ginge... Er meint, ohne die vielen Brandlöcher würde er ihm viel besser gefallen... Aber erzähl das bloß nicht meinem Grandpa!” Er lachte abermals unbekümmert auf.
“Ach, ihr auch?!”, platzte Sirius heraus.
“Klar! Heirat mit Muggeln, Einsatz für Muggelrechte, Geschäftsüberschreibung an ein Schlammblut, die ganze Palette!”
Remus schaltete sich beinahe schüchtern ein: “Ich glaub, wir müssen los...”
Sirius hatte ein schlechtes Gewissen; sicher hatte Remus sich während seiner Unterhaltung mit James sehr ausgeschlossen gefühlt. Aber das ließ er sich nicht anmerken, wofür ihn Sirius noch mehr ins Herz schloss als bereits während der langen Zugfahrt. Er grinste zu Remus hinüber, als sich die drei inmitten der wogenden Menge in Bewegung setzten und James sich ihnen wie selbstverständlich anschloss.
Der Riese, der die Erstklässler bei sich versammelt hatte, ging jetzt voran, und ihn aus den Augen zu verlieren war praktisch unmöglich. So nutzten Sirius, Remus und James den Fußmarsch, um sich besser miteinander bekannt zu machen.
“Wo kommst du eigentlich her?”, fragte James und wäre fast einem schmächtigen blonden Jungen vor ihm in die Hacken gelaufen, als er sich zu Remus umdrehte.
“Aus Bristol”, antwortete der.
“Und was sind deine Eltern so?”
“Von Beruf?”
“Nee, Blut.”
Remus machte ein verdutztes Gesicht.
“Naja, ob sie Zauberer oder Muggel sind”, half Sirius nach.
“Ach so... Also, mein Dad ist ein Zauberer, aber meine Mum ist ein Muggel.”
“Cool!”, sagte James und schien ehrlich begeistert. “Ich kenn kaum Muggel... Du, Sirius?”
“Nee, nicht viele zumindest.”
Sirius wollte noch etwas hinzufügen, aber gerade in diesem Moment kam die Prozession zum Stehen, und als er sich auf die Zehenspitzen stellte und über die Köpfe hinwegspähte, vergaß er völlig, was er hatte sagen wollen.
Vor ihnen breitete sich ein riesiger, spiegelglatter See aus, auf den der Mond silberne, im leichten, fast unmerklichen Wellengang vielfach gebrochene, fließende Lichtreflexe warf. Die Gegend war an dieser Stelle mit kleinen, dichten Baumgruppen bewachsen, deren Spitzen im milden, leichten Wind leise zu flüstern schienen. Und am Ufer des Sees waren viele kleine hölzerne Boote vertäut.
“Da wären wir!”, dröhnte der Riese. “Ach – hab mich ja noch gar nicht vorgestellt – ich bin Rubeus Hagrid, Hüter der Schlüssel und Ländereien von Hogwarts. Könnt mich aber einfach Hagrid nennen, machen alle hier so... Nun, dann werdet ihr Hogwarts ja gleich zum ersten Mal sehen! Verteilt euch alle auf die Boote, aber nicht mehr als drei in einem!”
Sirius, Remus und James suchten sich ein Boot aus. Nachdem sie Platz genommen hatten, dauerte es noch ein paar Minuten, bis alle Dreiergruppen sich zusammengefunden hatten, und Sirius betrachtete zweifelnd den Boden ihres dahindümpelnden Transportmittels. “Das hat ja gar kein Paddel, wie sollen wir denn das machen?” Plötzlich kam ihm ein schrecklicher Gedanke. Was, wenn sie das Boot mit Hilfe von Magie antreiben sollten? Sein Vater hatte ihn immer auf Hogwarts vertröstet... Aber gerade von ihm wurde doch bestimmt Vorwissen erwartet, immerhin war er reinblütig... Sirius stellte sich vor, wie sie da saßen und saßen, während die anderen Boote längst über den See entschwanden und Hagrid sie schließlich, völlig ungläubig über sein magisches Unvermögen, abschleppte... Er war wohl doch aufgeregter, als er sich eingestehen wollte...
Wäre Sirius nicht so damit beschäftigt gewesen, einen entspannten Eindruck zu machen, wäre ihm vielleicht aufgefallen, dass die Gesichter von Remus, James und vielen anderen neuen Schülern ebenfalls zweifelnd bis nervös wirkten.
“So, alle in den Booten?”, rief Hagrid, der allein in eines der Boote gestiegen war und trotzdem kaum genug Platz für seinen riesigen Körper fand. “Dann macht mal die Leinen los und wartet einfach ab!”
Remus beugte sich vor und löste den Knoten, der das Boot mit dem Steg verband, und schon tat es einen Ruck, und das kleine Boot glitt über den See und bildete mit den anderen Booten einen Konvoi.
Grenzenlose Erleichterung durchströmte Sirius, und nun fand er seine Bedenken lächerlich. Er grinste Remus und James zu und atmete tief die frische, reine Luft ein. Plötzlich vom Übermut gepackt, begann er das Boot hin und her zu schaukeln, das sofort bedenklich zu schwanken begann.
James jauchzte und tat es ihm gleich, nur Remus klammerte sich am Rand des Bootes fest, sagte aber kein Wort, wohl aus Angst, dabei etwas zu verlieren.
“Hey, ihr da drüben!”, rief Hagrid mit seiner tiefen, lauten Stimme. “Lasst den Quatsch, will euch nicht aus dem See fischen müssen!”
Sirius und James hörten mit der Schaukelei auf, und während das Boot nach und nach wieder ruhiger voran glitt, sahen sie sich an und brachen in prustendes Gelächter aus, in das auch Remus unwillkürlich einstimmen musste.
Sie waren noch nicht lange gefahren, als von den vorderen Booten lang gezogene “Ohs” und “Ahs” herüberdrangen. Sirius richtete sich halb auf, setzte sich aber schnell wieder hin, als er beinahe das Gleichgewicht verlor. “Glaubst du, die haben Hogwarts gesehen?”, fragte er niemand Bestimmten.
Sekunden später war die Antwort hinfällig, denn sie ließen nun selbst die Baumgruppe hinter sich, die ihnen eben noch den Blick versperrt hatte.
Sirius sperrte Mund und Augen auf. Am gegenüberliegenden Ufer erhob sich ein riesiges Schloss über den See und die umliegenden Ländereien. Er hatte schon einige Erzählungen über Hogwarts gehört, aber nun wusste er, dass man es gesehen haben musste, um seine Ausmaße zu begreifen. All die Türme, Erker und Fenster vermochte er nicht einmal zu zählen. Aber, und bei diesem Gedanken machte sich in seinem Bauch ein wunderbar kribbelndes Gefühl breit, er hatte das deutliche Gefühl, dass er sie alle kennenlernen würde.
“Das ist ja Wahnsinn!”, brachte er schließlich heraus, und Remus hauchte: “Ooohhh...”
James saĂź einfach nur mit offenem Mund da.
Die Boote schipperten unaufhaltsam dem Ufer entgegen, und praktisch mit jedem Meter steigerte sich Sirius' nervöse Erwartung.
“Was denkt ihr, in was für Häuser ihr kommt?”, fragte Remus gespannt.
James zuckte die Achseln. “Keine Ahnung. Dad war in Ravenclaw. Vielleicht komm ich auch dahin. Fänd ich gar nicht schlecht, er hat nämlich erzählt, dass Grandpa schockiert war.” James lächelte selig, als gäbe es nichts Schöneres, als seinen Großvater zu schocken.
“Ja, Ravenclaw wär wohl ganz gut”, sagte Remus. “Und was denkst du, Sirius?”
“Keine Ahnung”, sagte Sirius knapp, aber in Wirklichkeit hatte er schon eine Ahnung. Alle seine Verwandten waren in Slytherin gewesen, und genau deshalb wollte er dort nicht hin. Aber was, wenn es doch passieren würde? Würde er dann später genau wie seine Eltern sein, mit gestärktem Kragen in diesem alten Kasten sitzen, den Hauself rumscheuchen und die Nase rümpfen, wann immer ihm zufällig ein Muggel oder Muggelgeborener unter die Nase kam...
“Wir sind da!”, quiekte Remus. Sirius sah auf. Sie waren dem Schloss jetzt so nah, dass es seinen gewaltigen Schatten über die Neuankömmlinge warf, und er spürte sein Herz überdeutlich in der Brust flattern. Vergessen waren alle Gedanken an die Einteilung.
Nur wenige Augenblicke später legte das Boot mit einem leisen “Pock” an, und Remus vertäute es am Steg.
Hagrid hatte sich bereits aus seinem Boot befreit und winkte vom Ufer aus den Schülern, die noch auf dem Wasser waren. “Gleich seid ihr da! Bindet einfach eure Boote an und sammelt euch hier. Oh je... Du da drüben, dir kann doch nicht jetzt auf den letzten Drücker noch schlecht werden... Ins Wasser, ins Wasser bitte...”
Sirius kletterte aus seinem schwankenden Gefährt ans Ufer und stellte es irgendwie an, dabei keine nassen Füße zu bekommen. Danach reichte er erst Remus und dann James die Hand und half ihnen ebenfalls an Land.
Es dauerte noch eine gefĂĽhlte Ewigkeit, bis alle SchĂĽler sich um Hagrid versammelt hatten, aber irgendwann ging es schlieĂźlich los. Hagrid ging voran, die SchĂĽlerschar folgte, quer ĂĽber den Rasen hin zum Schloss.
Sirius erkannte jetzt eine große Freitreppe, die zu einem mächtigen Eingangsportal führte. Als sie es durchschritten, riss Sirius angestrengt die Augen auf, um bloß nichts zu verpassen. Aber noch gab es nicht viel zu sehen. Sie befanden sich nun in einer völlig leeren Halle, von der zwei Treppen abgingen, eine in den Keller und eine ins Obergeschoss, außerdem mehrere Türen, darunter ein Portal, das fast so eindrucksvoll war wie das, welches sie eben durchquert hatten. Beim Anblick der Treppen fiel es Sirius wirklich schwer, an seinem Platz stehen zu bleiben. Am liebsten wollte er so schnell wie möglich alles über Hogwarts herausfinden...
Vollkommen in Gedanken versunken, bekam er kaum mit, dass das gegenüberliegende Portal sich knarrend öffnete. Erst als sich um ihn her Gemurmel erhob und James ihm den Ellbogen in die Rippen stieß, sah er die Frau mit der Brille und den streng nach hinten frisierten, dunklen Haaren, die geradewegs auf die Gruppe zukam und vor Hagrid stehen blieb, der sie trotz ihrer groß gewachsenen Gestalt um Einiges überragte.
“Alles gut gegangen, Hagrid?”
“Klar, Professor McGonagall. Hab sie alle sicher hier”, antwortete der Angesprochene stolz.
Sirius reckte den Kopf nach vorn, um die Frau besser sehen zu können. Professor? Dann war das wohl eine seiner neuen Lehrerinnen...
“Was unterrichten Sie denn?”, rief er ohne weiter nachzudenken über die Köpfe hinweg, und einige Schüler drehten sich beinahe schockiert zu ihm um, als sei es eine Art Sakrileg, eine Lehrerin einfach so anzusprechen.
Professor McGonagall rückte ihre Brille zurecht und sah zu Sirius herüber. “Bei mir werden Sie die Kunst der Verwandlung studieren, und ich hoffe, dass Sie sich in meinem Unterricht etwas geduldiger geben werden.” Einige Schüler kicherten, aber das kümmerte Sirius nicht.
“Zunächst jedoch”, Professor McGonagall wandte sich jetzt an alle Versammelten, “werden Sie in Ihre Häuser eingeteilt. Es ist alles bereit, wenn Sie mir also in die Große Halle folgen wollen...”
Professor McGonagall schritt voran durch das Portal, und die neuen SchĂĽler folgten ihr. Auch Hagrid schloss sich ihnen an.
Als sie in die Große Halle kamen, stockte Sirius der Atem. Groß war leicht untertrieben. Er hatte gedacht, dass diese Halle ungefähr so groß sein könnte wie die Eingangshalle des Grimmauldplatz 12, die ihm bereits riesig vorkam, aber das hier war einfach gigantisch. Noch beeindruckender allerdings war die Decke – es sah aus, als wäre die Halle nach oben hin offen; am dunklen Nachthimmel funkelten Millionen Sterne. Sirius wusste jedoch, dass die Decke nur verzaubert war und deshalb ein Abbild des Wetters draußen darstellte.
Als Nächstes stachen Sirius die durchscheinenden, schwebenden Gestalten ins Auge, die überall in der Halle verteilt waren. Er hatte bereits Erfahrungen mit Geistern, denn sein Großvater Arcturus hatte einen, der Sirius gerne mit endlosen Vorträgen über die Gefahren von falsch gebrauten Aufmunterungstränken langweilte, aber in Hogwarts gab es viel, viel mehr Geister, als er je an einem Ort vermutet hätte.
In der Mitte der Halle standen nebeneinander vier sehr lange Tische. Sirius hatte von Andromeda erfahren, dass man dort nach Hauszugehörigkeit Platz nahm. Und an der Stirnseite der Halle, etwas erhöht, stand ein weiterer Tisch, offenbar der Lehrertisch. Sirius spürte hunderte Augen auf sich gerichtet, als er von Professor McGonagall durch eine Gasse zwischen den beiden mittleren Tischen geführt wurde, und versuchte in den Gesichtern der Schüler zu lesen. Zu wem er wohl gleich gehören würde?
Jetzt sah er vor dem Lehrertisch einen Stuhl, und darauf lag... “Der Sprechende Hut”, wisperte er James und Remus zu. “Der teilt uns ein!”
“Mein Dad hat gesagt, er spricht in deinem Kopf mit dir und findet raus, was du so draufhast”, flüsterte James zurück.
Nur Remus sah gar nicht erwartungsfroh aus, sondern eher aschfahl. “Sirius?”, murmelte er.
Sirius drehte sich zu ihm. “Ja?”
“Denkst du – denkst du, der Hut merkt, ob man ein – ein richtiger Zauberer ist?”
“Wie meinst du das?”
Remus wurde noch etwas grauer im Gesicht. “Ni – nichts... Schon gut, vergiss es...”
“Kopf hoch!”, sagte James launig und patschte Remus auf die Schulter. “Du hast doch den Brief gekriegt, oder?”
“Jaaa...”
“Dann bist du auch ein richtiger Zauberer!”
Sirius nickte bekräftigend, dankbar dafür, dass James das Problem so gut gelöst hatte, und Remus lächelte, schon sehr viel gelöster.
Sie waren jetzt vorne angekommen. Professor McGonagall nahm vor dem Grüppchen Aufstellung und zog eine Pergamentrolle aus ihrer Umhangtasche. Um sich herum entdeckte Sirius einige sehr verwirrte Gesichter; sicher Muggelstämmige. Ein bisschen taten sie ihm leid, weil niemand sie im Entferntesten vorbereitet hatte.
“Abercrombie, Estelle!”
Ein dunkelblondes, schmales Mädchen stolperte nach vorne, zitternd wie Espenlaub. Professor McGonagall, die jetzt den alten, abgerissenen Hut in der Hand hielt, bedeutete ihr, auf dem Stuhl Platz zu nehmen, und setzte ihr dann den Hut auf den Kopf.
Einen Moment herrschte vollkommene Stille in der Halle...
Plötzlich öffnete sich ein Riss auf dem altmodischen Spitzhut, und zur Überraschung fast aller neuen Schüler rief der Hut laut und vernehmlich in die Halle: “Hufflepuff!”
Die Schüler am Tisch auf der rechten Seite der Halle brachen in Jubel aus, und das Mädchen riss sich den Hut vom Kopf und rannte zu ihrem Haustisch, wobei sie auf den Stufen hinunter beinahe gestolpert wäre.
“Black, Sirius!”
Sirius zuckte zusammen. Er hatte ganz vergessen, dass er ziemlich weit oben im Alphabet kam... Erwartungsvoll trat er vor und warf noch einmal einen Blick zurück. James reckte grinsend den Daumen in die Höhe, und Remus winkte ihm aufmunternd zu.
Er setzte sich und hatte einen Moment die ganze Halle mit all ihren auf ihn gerichteten Augenpaaren im Blick, dann setzte Professor McGonagall den Hut auf seinen Kopf, der sofort ĂĽber sein Gesicht rutschte. Einen Moment saĂź er da in vollkommener Dunkelheit, die Augen wider besseren Wissens weit aufgerissen, und wartete ab.
“Ein Black, hm? Ich habe schon einige deiner Verwandten eingeteilt... Die meisten nach Slytherin...”
Sirius hielt den Atem an. Die Stimme erklang direkt in seinem Kopf. Er fragte sich, ob der Hut ihn ĂĽberhaupt verstehen wĂĽrde, wenn er antwortete, aber einen Versuch war es wert.
“Heißt das, ich muss auch nach Slyterhin?”, murmelte er.
“Nicht, wenn ich mir so anschaue, was in deinem Kopf steckt... Da ist nicht viel von einem Slytherin...”
“Danke!”, platzte Sirius heraus und kam sich im selben Moment etwas lächerlich vor.
“Aha...”, sagte der Hut nachdenklich... Und dann rief er in die Große Halle hinaus: “Gryffindor!”
Die Große Halle tauchte wieder vor Sirius' Augen auf, als Professor McGonagall den Hut von seinem Kopf nahm, und diesmal waren es die Schüler an dem Tisch rechts in der Mitte, die jubelten und mit den Fäusten auf den Tisch hämmerten.
Jetzt, da es vorbei war, fĂĽhlte sich Sirius sehr erleichtert und merkwĂĽrdigerweise etwas wacklig auf den Beinen. Er hĂĽpfte mit heftig pochendem Herzen die Stufen hinunter, klopfte James und Remus auf die Schultern und nahm dann unter den GlĂĽckwĂĽnschen der Gryffindors an seinem neuen Haustisch Platz.
In der folgenden Viertelstunde gewannen Ravelclaw und Hufflepuff je zwei neue Mitglieder, Slytherin sogar drei. Und dann rief Professor McGonagall: “Lupin, Remus!”
Remus trat vor, sichtlich nervös, aber fest entschlossen, sich nichts anmerken zu lassen. Sirius hielt den Atem an... “Gryffindor!”
Sirius stimmte in den Jubel mit ein, der an seinem Tisch aufbrandete, und Remus, vollkommen verdattert, stolperte mit großen Augen auf Sirius zu, der ihn spontan in die Arme zog. “Das ist ja genial!”, rief er begeistert aus, und Remus grinste von einem Ohr zum anderen.
“Wenn jetzt noch James nach Gryffindor kommt, sind wir komplett”, meinte er. Sirius stellte staunend und gerührt fest, dass Remus sie offenbar bereits als zusammengehörig betrachtete – und er erkannte, dass es ihm selbst nicht anders ging.
“Ja, hoffen wir das Beste”, meinte er, und Remus ließ sich neben ihm am Tisch nieder.
Während der Rest der Gruppe nach und nach auf die Häuser verteilt wurde, drückte Sirius vorsorglich schon mal die Daumen für James und registrierte kaum Namen und Häuser, die dort oben ausgerufen wurden.
“Pettigrew, Peter!”
“Jetzt müsste James gleich dran sein, vielleicht schon direkt nach dem da!”, rief Remus aufgeregt aus.
Vorne erklomm ein schmächtiger, aufgeregter Junge mit mausbraunem Haar die Stufen, und als er auf dem Stuhl Platz nahm, zitterte er so sehr, dass Professor McGonagall drei Anläufe brauchte, um den Hut über seinen Kopf zu stülpen.
Geschlagene zwei Minuten tat sich nichts.
“Der braucht aber lange...”, meinte Sirius, und in diesem Moment rief der Hut: “Gryffindor!”
Sirius und Remus schlossen sich den applaudierenden Gryffindors an, und als der Junge unschlüssig vor dem Tisch stehen blieb und nervös die Augen hin und her wandern ließ, winkte Sirius ihn einer plötzlichen Eingebung folgend zu sich.
Erleichtert steuerte der Junge namens Peter auf ihn zu und nahm neben Remus Platz, der rasch ein StĂĽck zur Seite gerĂĽckt war.
“Danke... Ich bin Peter”, piepste er, ganz außer Atem vor Aufregung, und schüttelte erst Sirius und dann Remus die Hand. “Ich hab mich schon gefragt, ob... ob der Hut mich vielleicht gar nicht einteilt...”
“Ist ja noch mal gut gegangen”, meinte Sirius gönnerhaft, und der Junge nickte eifrig.
“Potter, James!”
James nahm auf dem Stuhl Platz und zog sich ungeduldig den Hut ĂĽber...
“Gryffindor!”
Schon wieder brach am Tisch ein wahrer Tumult aus, und Sirius bemühte sich nach Kräften, die anderen zu übertönen.
James kam breit grinsend an den Tisch gerannt und fiel Sirius und Remus um den Hals. “Mann, war das komisch mit dieser Stimme im Kopf!” Remus kicherte.
Sirius erinnerte sich wieder an Peter, der sich schüchtern im Hintergrund herumdrückte, und legte ihm die Hand auf die Schulter. “Das ist übrigens Peter Pettigrew”, sagte er, und Peter schüttelte beinahe ehrfürchtig James' Hand.
Sirius wurde sich langsam bewusst, dass er schon lange nichts mehr gegessen hatte, und als die Einteilung schlieĂźlich vorbei war, knurrte sein Magen deutlich.
“Gibt's jetzt bald Essen?”, fragte er einen älteren Schüler, der ihm gegenüber saß.
“Gleich”, antwortete der und richtete den Blick nach vorne.
Sirius sah in dieselbe Richtung, wo sich am Lehrertisch gerade ein großer Zauberer erhob und strahlend die Arme ausbreitete. Sein Haar und sein imposanter langer Bart waren von einem mit silbernen Strähnen durchzogenen Braun, und Sirius fragte sich, ob seine markante Nase wohl schon mal gebrochen gewesen war. Das Auffälligste an seinem Gesicht waren jedoch seine Augen, die hinter den Halbmondgläsern seiner Brille einnehmend funkelten.
“Willkommen auf Hogwarts, liebe Neuankömmlinge, und willkommen zurück an unsere Alteingesessenen!”, rief er mit volltönender Stimme.
“Das ist Albus Dumbledore, der Schulleiter!”, wisperte der Schüler, den Sirius eben schon angesprochen hatte, aber er war sich dessen bereits fast sicher gewesen, denn dieser Dumbledore sah genauso aus, wie Andromeda ihn beschrieben hatte.
“Nur ein paar Worte, ehe wir uns auf unser Festmahl stürzen...” Sirius Magen knurrte bei diesen Worten noch lauter. “Ich hoffe, wir werden alle ein schönes, aufregendes und nicht allzu explosives Schuljahr miteinander verleben!” Einige Schüler tauschten bei diesen Worten betretene Blicke, und Dumbledore fuhr fort: “Denkt aber daran, dass der Verbotene Wald für alle Schüler streng verboten ist, wie es der Name schon sagt. Eine Begegnung mit den Kreaturen, die dort hausen, solltet ihr zu eurer eigenen Sicherheit nicht herbeiführen.”
Sirius tauschte einen Blick mit James, und als er dessen erwartungsvolles Grinsen sah, wusste er, dass dieser dasselbe dachte wie er.
“Nun bleibt mir aber nur noch eines zu sagen: Haut rein!” Dumbledore klatschte in die Hände, und wie aus dem Nichts füllten sich die Platten und Schüsseln auf den Tischen mit dem gigantischsten Festmahl, das Sirius je in seinem Leben gesehen hatte. Begeistert griff er zu und hatte für die nächste halbe Stunde nur Augen für Hähnchenschenkel, Kräuterbrot, Bratkartoffeln und Pudding.
Als schließlich sämtliche Mägen gefüllt ware, hatte der Tisch einiges von seiner Last verloren, und Sirius lehnte sich wohlig seufzend zurück. Vor seinen Augen verschwanden die Essensreste, und Geschirr und Besteck lagen wieder sauber und rein da. Der aufregende Tag zeigte nun seine Wirkung, und der volle Bauch tat sein Übriges – Sirius gähnte herzhaft und steckte damit Remus nacheinander Remus, Peter und James an.
Am anderen Ende des Tisches erhoben sich ein etwa 15-jähriger Junge und ein gleichaltriges Mädchen. “Wir sind Vertrauensschüler”, rief der Junge gebieterisch über die Köpfe hinweg. “Erstklässler, sammelt euch bei uns, dann werdet ihr in den Gemeinschaftsraum der Gryffindors geführt.”
Sirius erhob sich und stützte sich dabei auf Remus ab. “Hör bloß auf”, sagte der. “Sonst kommt's mir gleich wieder hoch...”
Sirius lachte und zog ihn am Arm hoch. James war schon vorausgewuselt, und als Sirius und Remus ihm folgten, schloss Peter sich ihnen an.
Das Gedränge, das nun entstand, war unglaublich; plötzlich hatten es alle sehr eilig, in ihre Gemeinschaftsräume zu kommen. Beinahe hätte Sirius James, der vor ihm ging, in dem Gewühl aus schwarzen Roben verloren, und kurzerhand packte er eine Umhangfalte an James' Rücken und hielt sich fest, entschlossen, sich von niemandem abdrängen zu lassen. Er warf einen Blick über die Schulter, aber Remus folgte bereits seinem Beispiel und griff nach Sirius' Umhang, und Peter wiederum tat dasselbe mit Remus. Sirius war sich durchaus bewusst, dass sie der ein oder andere amüsierte Blick streifte, als sie so hinter dem Vertrauensschülerpaar her durch das Portal und die Treppe hoch marschierten, aber es war ihm egal. Gerade tat sich eine völlig neue, wunderbare Welt vor ihm auf, und in seiner Brust schien irgendetwas anzuschwellen und ein unwiderstehliches Kribbeln in seine Arme und Beine zu schicken. Es war einfach alles perfekt. Der steinerne Boden unter seinen Füßen, das Gemurmel um ihn herum, der Geruch von Schweiß, Klamotten und altem Gemäuer, der feste Stoff in seiner Hand und Remus' Hand an seinem Rücken.
Sirius hatte das GefĂĽhl, dass er noch nie in seinem Leben so glĂĽcklich gewesen war.

Völlig unvermittelt riss die Erinnerung ab, und es war Sirius, als legte sich ein schwarzer Schatten über seine Seele.
Das Wesen vor seiner Zellentür glitt vorüber, und Sirius hielt die Augen fest geschlossen, aber es war zu spät, das Gefühl ließ sich für den Augenblick nicht zurückholen. Er wollte die Augen nicht öffnen, er wollte nicht schon wieder seine unsinnigen, intuitiven Hoffnungen, dass die wundervollen Bilder und Empfindungen in seinem Kopf der Realität entsprachen, in Scherben liegen sehen. Er wusste, dass die Dinge, an die sich ein kleiner, sturer Teil von ihm klammerte, unwiderbringlich vergangen waren, und doch stellte die Enttäuschung darüber sich immer wieder ein, jedes Mal. Er wollte diese Erinnerungen nicht mehr, die so verlockend und so schön waren, solange sie anhielten, und ihm so weh taten, wenn sie wieder vorbei waren. Aber er ahnte, dass sie es waren, die ihn am Leben hielten.
Sirius schlang die Arme um seinen schlotternden, abgemagerten Oberkörper. Aber mehr noch als Kälte und Feuchtigkeit quälte ihn die Verzweiflung. Über das, was er verloren hatte, und über das, was er seinen Freunden noch alles hätte sagen sollen.
Es war alles zerstört, einfach fortgewischt von dem Jungen namens Peter Pettigrew. Dabei hatte er doch erst gestern noch, so schien es Sirius, seine Hand in Remus' Umhang gekrallt.
Sirius versuchte, sich auf Peter zu konzentrieren. Hass war leichter zu ertragen als diese bodenlose Dunkelheit in seiner Seele; er machte ihn nicht so hilflos, und er warf nicht so viele Fragen auf, die niemand beantworten konnte...
Aber es funktionierte nicht. Es war Sirius, als ob er immer tiefer in dem Sumpf versank, in den sich sein Inneres verwandelt zu haben schien, und sein Gehirn spuckte in einem Akt der Selbstgeißelung Informationen aus, die Sirius die Tränen in die Augen trieben.
Vor drei Jahren, zwei Monaten und vier Tagen hatte er Harrys kleinen Babykörper das letzte Mal an sich gedrückt. Zwei Wochen zuvor hatte er James das letzte Mal umarmt. Remus drei Tage später.
Sirius' Schultern bebten. Eine Träne rann aus seinem Augenwinkel und über seine hagere Wange, und dann eine zweite und eine dritte.
Die Verzweiflung war noch immer da, genauso stark wie vorher, aber da war ein Gedanke, an den er sich klammerte. Er war immer noch ein Mensch. Sie hatten ihn noch nicht gebrochen.
Er konnte immer noch weinen.


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Ich war völlig panisch. Meine Eltern tanzen beide sehr gut, haben mir das aber anscheinend nicht vererbt. Alle Kids hatten etwa drei Wochen Zeit, um die Tänze einzuüben, aber weil ich so viele andere Szenen drehen musste, blieben mir nur ganze vier Tage. Sobald ich die Schritte halbwegs kapiert hatte, kam ich völlig aus dem Takt. Zum Glück soll Harry gar kein toller Tänzer sein.
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