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Fanfiction

Dragoman - Aquitanien

von Muggelchen

Der fünfte Juni war für Draco Malfoy schon immer ein ganz besonderer Tag gewesen, denn das war sein Geburtstag. Im Jahr 1998 war dieser Tag jedoch mit Unwohlsein, Unsicherheit und purer Existenzangst verknüpft. Seinen achtzehnten Geburtstag würde er niemals vergessen. Volljährigkeit war oftmals ein Synonym für Freiheit, doch für Draco könnte dieser Tag das Ende eben jener Freiheit bedeuten. Das Damoklesschwert schwebte über ihm. Kein Reichtum dieser Welt konnte ihm Schutz vor dem bieten, was heute geschehen würde.

Am Freitag, dem 5. Juni 1998, um genau 12:15 Uhr, sprach das Zaubergamot das Urteil über Draco und seinen Vater. Sie konnten von Glück reden, überhaupt eine Verhandlung bekommen zu haben. Die meisten Todesser, die am Tag von Voldemorts Tod nicht ebenfalls das Leben verloren hatten, waren ohne große Umschweife direkt ins Gefängnis gebracht worden. Die beiden angeklagten Malfoys hingegen hatte man in Untersuchungshaft gesteckt. Es war ebenfalls eine Zelle, ja, aber es war nicht Askaban.

„Bitte erheben Sie sich“, sagte der übergewichtige Herr mit pflaumenblauer Robe. Auf seiner linken Brust prangte, wie auf allen Roben der Zaubergamotmitglieder, gut sichtbar ein silbernes Z. Die beiden Angeklagten sowie alle anderen Gamotmitglieder und die Zuschauer standen auf.

Draco warf seiner Mutter, die mit starrer Miene im Zuschauerbereich den Prozess verfolgte, einen ängstlichen Blick zu. Es könnte das letzte Mal sein, dass er sie sah. Den Inhaftierten in Askaban wurde selten Besuch gestattet. Neben sich hörte Draco seinen Vater kräftig schlucken, was den Ernst der Lage widerspiegelte. Die Gesichtszüge des erhaben wirkenden Reinblüters wirkten zwar kühl und gelassen, doch innerlich, das wusste Draco, hatte sein Vater genauso viel Angst wie er selbst.

„ … und zusätzlich zur Geldstrafe …“ Draco wandte sich von seiner Mutter ab, weil der Gamotvorsitzende längst mit der Urteilsverkündung begonnen hatte. Den Anfang hatte er verpasst. Mit großen Augen schaute Draco zur Seite. Die Miene seines Vaters hatte sich nicht verändert. Also kein Askaban. Draco lauschte dem Vorsitzenden, als der fortfuhr: „… vierzehn Monate Hausarrest …“
„Was?“, hauchte Draco kaum hörbar.
In der gleichen, geringen Lautstärke zischte Lucius, ohne seinen Blick vom Gamotredner abzuwenden, seinem Sohn zu: „Still!“

Die Geldstrafe war enorm. Draco hatte keine Ahnung, ob von dem Malfoy-Vermögen noch etwas übrigbleiben würde, wenn die Strafe bezahlt war. Der Gedanke schoss ihm durch den Kopf, demnächst womöglich jeden Sickel zweimal umdrehen zu müssen, bevor er ihn ausgeben konnte. Mit einem Male erhoben sich auch alle Gamotmitglieder und verließen nach und nach den Saal.

Draco stand völlig neben sich. Seine Aufmerksamkeit ließ zu wünschen übrig. Nicht mal von dem Urteil hatte er alles gehört. Sein Vater atmete einmal tief durch und schloss die Augen. Es war vorbei. Sie konnten gehen.

Wieder schaute Draco zu seiner Mutter, die diesmal Tränen in den Augen hatte, jedoch gleichzeitig erleichtert lächelte. Hinter Narzissa Malfoy stand eine weitere Person auf, deren Gesicht von einem milden Lächeln geziert wurde. Draco lief es heiß und kalt den Rücken hinunter, als er Harry Potter erkannte. Ihre Blicke trafen sich ganz kurz. In Harrys Augen konnte Draco nichts Negatives ablesen, keinen Hass, keine Verachtung. Harry wirkte so, als wäre er mit dem Urteil zufrieden. Draco konnte das nachvollziehen. Auch er war mit dem Urteil, sofern er es verstanden hatte, zufrieden, denn es hätte schlimmer kommen können – viel schlimmer.

Nur vage erinnerte sich Draco daran, dass Harry Potter vorgestern vor dem Gamot ausgesagt hatte. Die Malfoys hätten während der Schlacht niemanden umgebracht, hatte Harry beteuert. Am Ende hätten sie nicht einmal mehr gekämpft. Es war nicht gelogen. Als die Angst um die Familie größer war als die Treue zum Dunklen Lord, hatten sie Voldemort den Rücken gekehrt. Für die Malfoys zählte nur die Familie. Harry hatte das begriffen. Und er hieß es gut.

Zwei Auroren brachten die Malfoys nach Hause und vollstreckten das Urteil. Lucius und Draco durften das Haus für vierzehn Monate nicht verlassen, durften sich nicht einmal auf dem eigenen Grundstück aufhalten. Der Hausarrest sollte magisch überwacht werden. Die beiden Auroren zielten mit ihren Stäben auf Lucius und Draco, sprachen einen unbekannten Zauber und verkündeten danach, dass man sie sofort nach Askaban bringen würde, sollten sie auch nur einmal gegen die Auflagen verstoßen.

Das eigene Haus war zum Gefängnis geworden. Damit ersparte sich das arg mitgenommene Ministerium die Kosten für die Verpflegung. Lediglich Narzissa Malfoy war imstande, die eigenen vier Wände zu verlassen. Sie war nicht einmal angeklagt worden. Weder trug sie das Todessermal noch konnte man ihr nachweisen, dass sie Lord Voldemort in irgendeiner Weise unterstützt hatte. Da man der nun nicht mehr ganz so reichen Familie keinen neuen Hauself bewilligte und keine Dame zu finden war, die für wenig Geld bei der Todesser-Familie arbeiten wollte, war Narzissa gezwungen, selbst einzukaufen, zu kochen, sauberzumachen und sich darüber hinaus um den Garten zu kümmern.

Bereits in der zweiten Woche verspürte Draco einen heftigen Drang, das Haus zu verlassen. Einzig die vielen Balkone durfte er betreten, nicht aber den schönen Garten. Wie gern würde er zum Ententeich spazieren, obwohl ihn das Federvieh früher nie interessiert hatte.

Nach sechs Wochen war Draco bereits auf eine Nebelkrähe neidisch, die sich erst auf seinem Balkon erleichterte, bevor sie im Garten auf dem saftig grünen Rasen herumhüpfte und nach Käfern und Würmern suchte. Draco fühlte sich wie in einem goldenen Käfig. Allein in seinem Zimmer hingen zwei kostbare Gemälde und auf dem Sideboard zierte eine antike Vase die Umgebung. Draco war nicht für die Gefangenschaft geschaffen. Er konnte den Reichtum, der ihn umgab, nicht genießen, wenn er wusste, dass selbst der Ärmste der Armen etwas hatte, auf das Draco noch über ein Jahr verzichten musste: Freiheit. Doch die Hauptsache war, dass die Familie zusammen war. Genau das murmelte Lucius Malfoy eines Abends seiner Rotweinflasche zu, bevor er ihr einen Kuss auf den kühlen Hals gab. Er litt genauso unter dem Hausarrest wie sein Sohn.

Ab der achten Woche beschloss Draco, nicht mehr pünktlich um sieben Uhr morgens aufzustehen, wie er es schon immer getan hatte, selbst in den Ferien. So schlief er manchmal bis zum späten Abend, nahm nachts eine Kleinigkeit zu sich und vertrieb sich ein wenig Zeit mit Büchern, bis er morgens um sechs oder sieben wieder ins Bett ging. Manchmal stand er gar nicht auf. Dracos Gleichgültigkeit wuchs von Tag zu Tag. Er hatte nichts zu erledigen, musste sich um nichts kümmern. Keine Schule, kein Beruf, keine Freunde. Die Bekannten, die die Familie Malfoy hatte, saßen entweder im Gefängnis oder waren tot. Es kam nie Besuch oder ein Brief. Lediglich die Eule, die den abonnierten Tagespropheten lieferte, war immer pünktlich.

„Draco?“, flüsterte Narzissa, als sie gegen vierzehn Uhr das verdunkelte Zimmer ihres Sohnes betrat, der auf ihr Klopfen nicht reagiert hatte. Leise schloss sie die Tür hinter sich und näherte sich dem Bett. „Draco, Schatz?“
„Mmmh“, erwiderte er summend.
„Draco, wach auf.“
Er strengte sich an, die Augen zu öffnen. Einige Male blinzelte er wie eine Eule, bevor er gelangweilt fragte: „Was ist los?“ Jetzt erst bemerkte Draco die Zeitung in ihrer Hand, mit der sie einen kurzen Augenblick wedelte.
„Vielleicht gibt es eine Möglichkeit“, Narzissa reichte ihm den Tagespropheten, „dass wenigstens du dem Hausarrest entfliehen kannst.“
Dracos Augen benötigten einen Moment, um scharf zu sehen, doch dann sah er sie, die fett gedruckte Schlagzeile, die er laut vorlas: „Hogwarts öffnet in sechs Wochen seine Tore!“
Seine Mutter nickte, lächelte dabei. „Vielleicht gestattet dir das Ministerium, dass du die siebte Klasse nachholen kannst.“

Ein Hoffnungsschimmer! Draco lächelte zufrieden. Das würden sie ihm bestimmt erlauben. Immerhin war er in Hogwarts sicher und vor allem ständig unter Beobachtung. Voller Elan stand Draco auf. Das erste Mal seit Wochen verspürte er so etwas wie Glück. Mit viel Enthusiasmus setzte er sich an seinen Schreibtisch und schrieb dem Ministerium einen Bittbrief.

Ohne voneinander zu wissen, las Harry zur gleichen Zeit den gleichen Artikel. Als er fertig war, schob er Ginny den Tagespropheten hinüber. Sie saßen in der Küche im Fuchsbau. Harry beobachtete Ginnys Gesicht, auf dem sich Fröhlichkeit abzeichnete. Wenn Hogwarts noch dieses Jahr öffnete, dann bedeutete das nämlich, dass die Renovierungsarbeiten offensichtlich bald abgeschlossen waren. Das Schloss war während des letzten Kampfes beinahe in Schutt und Asche gelegt worden.

„Es wird komisch sein, wieder zur Schule zu gehen“, begann Harry, „ohne damit rechen zu müssen, dass Voldemort oder seine Todesser hinter der nächsten Ecke lauern.“
„Komisch, ja“, stimmte Ginny zu, „aber ich freue mich, auch wenn einiges anders sein wird.“ Beide dachten an Colin Creevey und all die anderen gefallenen Schüler, die nun nicht mehr da sein würden. „Wenigstens können wir auf Malfoy verzichten.“
Harry zog die Augenbrauen in die Höhe. „Und wenn er doch da ist?“
Sie zuckte mit den Schultern. „Ist mir ehrlich gesagt egal. Dann ist er eben da. Er ist keine Gefahr.“
„Das denke ich auch. Vielleicht erlauben sie ihm, den Hausarrest von Malfoy Manor auf Hogwarts zu verlegen.“

Das Ministerium entsprach Dracos Anfrage nicht. Die Bitte wurde abgelehnt. Sein Einwand, ein Recht auf einen abgeschlossenen Schulabschluss zu haben, wurde mit unzähligen Paragrafen, die Draco nicht einmal kannte, abgeschmettert. Keine Abwechslung, keine anderen Menschen außer Vater und Mutter. Draco erstickte an Langeweile. Manchmal verkroch er sich in seinem Zimmer und ließ die Mahlzeiten des Tages ausfallen. Hin und wieder trat er grundlos gegen ein Möbelstück, ein anderes Mal nahm er sogar ein Sitzkissen auseinander, das er aber schnell wieder mit einem Reparo flickte, bevor seine Mutter die Schandtat bemerken konnte. Das einzige Glück war, dass die Malfoys ihre Zauberstäbe behalten durften. Dennoch war Draco enttäuscht von der Welt. Das Schlimmste jedoch war, nicht zu wissen, was er mit sich anfangen sollte.

Es benötigte ein hohes Maß an Erfindungsreichtum, um dem größten Feind – der Langeweile – zu entkommen. Draco hätte nie gedacht, dass es für den Menschen lebensnotwendig war, eine Beschäftigung zu haben. Sein Vater litt am meisten darunter, nicht mehr unter Menschen gehen zu dürfen. Soziale Interaktion lag Lucius nicht nur, sie erhielt ihn am Leben. Obwohl Draco es keinesfalls guthieß, verstand er nun, warum sein Vater zur Flasche griff. Wenn der Wein die Sinne betäubte, war man sich nicht mehr über die vielen Bedürfnisse im Klaren, die es zu befriedigen galt. Auf den Alkohol – die Ursache und Lösung sämtlicher Probleme! Zweimal hatte sich Draco Wein aus dem Keller geholt. Seine Hoffnung lag in dem Rausch, der ihn alles vergessen lassen sollte. Nachdem sich beide Male sein Magen auf der Matratze entleert hatte, war ihm nicht mehr nach einem einsamen Trinkgelage. Erbrochenes zu entfernen war selbst mit Magie eine ekelhafte Angelegenheit.

Seine Tage verbrachte Draco mit Lesen, Ölmalerei – und er gestand sich ein, dass er grottenschlecht war –, Essen, Masturbation, Mutter bei der Hausarbeit helfen, sich mit Vater streiten, Masturbation, einem Schachspiel gegen sich selbst, sich mit Vater versöhnen, ein Dartspiel mit einem Zeitungsfoto von Potter als Ziel und Masturbation. Irgendwann bemerkte Draco, dass die Gesichter derjenigen, die er sich bei der Selbstbefriedigung vorstellte, immer blasser wurden. Seine Erinnerungen an die eine oder andere attraktive Mitschülerin verschwammen, auch die an die gutaussehenden Mitschüler, die er in seiner Fantasie hin und wieder für einen flotten Dreier bemüht hatte. Ein Anflug von Panik machte sich in Draco breit, als er befürchtete, bald gar keine Erinnerungen mehr an das Aussehen von Bekannten zu haben. Die einzige Person, an die er sich sehr gut erinnern konnte, war Potter, aber auch nur deshalb, weil der Tagesprophet immer wieder Fotos von ihm abbildete.

Als Draco eines Nachts wie ein Geist durch das stille Haus wandelte, zog ihn wie so oft die Bibliothek an. Die Romane kannte er entweder oder sie interessierten ihn nicht. Sein Beschäftigungsdrang ermutigte ihn dazu, Bücher zu sortieren und sich einen Gesamtüberblick über das vorhandene Material zu verschaffen. Bei seiner kleinen Inventur fand er erstaunlich viele Bücher über Zaubertränke und deren Zutaten. Als er eines der Bücher aufschlug, stach ihm die Widmung ins Auge.

Leise murmelte Draco die Widmung vor sich hin: „Werter Lucius, zu deinem Geburtstag ein Geschenk besonderer Güte. Halte es in Ehren. Der Wert dieses Bandes bezieht sich nicht nur auf den Preis. Severus.“

Es war ein seltsames Gefühl, ein Buch in der Hand zu halten, das von seinem ehemaligen Professor für Zaubertränke verschenkt worden war. Snape war im Krieg gefallen. Die Widmung des Familienfreundes lag Draco schwer im Magen. Nur deshalb nahm er das Buch mit auf sein Zimmer, um es gründlich zu lesen. In dem Fach Zaubertränke war Draco immer gut gewesen, hatte stets ein Ohnegleichen erhalten. In der Schule hatte er nur wegen der Noten Tränke gebraut, doch jetzt überkam ihn die Lust, es in seiner Freizeit zu tun. Es könnte ihn von der Langeweile ablenken. Vielleicht war das für Severus der Grund gewesen, sich so sehr auf dieses Steckenpferd zu konzentrieren. Man konnte dabei die Zeit vergessen. Und all die Dinge, die einen bedrückten.

Draco hatte Blut geleckt. Tag für Tag las er Bücher über Zaubertränke und sogar aus dem Bereich Kräuterkunde. Mehr und mehr fand er Gefallen an dem Gedanken, selbst wieder etwas zu brauen. Eines Tages gab er seiner Mutter einen Einkaufszettel mit, auf dem unendlich viele Zutaten und verschiedene Arbeitsmaterialien niedergeschrieben waren. Das Verlies der Malfoys war zwar nicht mehr bis oben hin mit Galleonen gefüllt, aber arm waren sie keinesfalls.

Während Harry, Ron, Hermine und all die anderen ab September ihr siebtes Schuljahr nachholten, braute Draco im Keller nach und nach immer schwerere und kompliziertere Tränke, von denen er einige sogar für gutes Geld verkaufen konnte. Aus seiner Neugierde war schnell eine Passion geworden. Jetzt bereute er es noch viel mehr, dass Severus Snape nicht mehr unter den Lebenden weilte, denn er wäre ein fantastischer Gesprächspartner in diesem Fach gewesen. Mit Schwermut im Herzen setzte sich Draco zum Ziel, später seinem ehemaligen Hauslehrer nachzueifern und eines Tages selbst den Meister zu machen.

Erst im Winter wurde Lucius stutzig. Er hatte seinen Sohn schon eine Weile nicht mehr zu Gesicht bekommen und fasste daher den Entschluss, im Keller nachzusehen. Unten angekommen, öffnete er eine Tür, hinter der man das metallene Geräusch von Kellen wahrnehmen konnte. Nicht die erwartete kühle Kellerluft stieß Lucius entgegen, sondern der warme Dunst eines Gebräus, an dem Draco gerade arbeitete.

Nur kurz blickte Draco auf und grüßte: „Hallo Vater.“ Danach widmete er sich wieder dem Kessel und mengte vorsichtig einige Zutaten in den darin brodelnden Trank unter.
Lucius blickte sich um. „Hast es dir hier schön eingerichtet.“
„Danke.“ Draco rührte und rührte, stellte dann die Flamme niedriger.
Lucius’ Blick schweifte über seinen Sohn, der konzentriert auf die Flüssigkeit im Kessel schaute. „Was braust du?“
„Einen Erinnerungsschärfungs-Trank.“
„Ah“, machte Lucius erstaunt. „Was, wenn ich fragen darf, gibt es denn in der Vergangenheit, an das du dich genauer erinnern möchtest?“
Mit trüben Augen blickte Draco auf. Für einen Moment sagte er nichts, er sah nur seinen Vater an. Mit kleiner Verzögerung gab er die Antwort: „Das ist nicht für mich. Ich braue es für jemanden, dessen im Sterben liegende Mutter vergessen hat, wo die Schlüssel für die Gringotts-Verliese aufbewahrt werden.“
Lucius legte die Stirn in Falten. „Ach ja? Wer ist das? Kenne ich die Herrschaften?“
„Ich denke nicht“, verneinte Draco. „Ich kenne sie auch nicht. Im Tagespropheten stand eine Anzeige und ich habe mich gemeldet.“
Einige Male blinzelte Lucius entgeistert, weil ihm klar wurde, dass ihm die Tätigkeiten seines Sohnes völlig entgangen waren. „Das habe ich gar nicht mitbekommen.“
„Mutter hat meine Briefe im Posteulenamt abgeschickt.“ Draco wechselte abrupt das Thema. „Wir sollten uns selbst eine Eule anschaffen.“
Sein Vater nickte nachdenklich. „Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Um die Post hat sich früher immer Dobby …“ Lucius verstummte. Diesmal war Lucius derjenige, der das Thema wechselte. „Möchtest du später deinen Meister machen?“ Es war schön, den eigenen Sohn seit langer Zeit wieder lächeln zu sehen.
„Ja, würde ich gern.“
„Vorher musst du nur noch die Schule …“
Draco unterbrach. „Darüber habe ich mir schon Gedanken gemacht. Und ich habe mich informiert. Ich will nicht zurück nach Hogwarts.“
„Das verstehe ich sehr gut, mein Junge“, sagte sein Vater mitfühlend. „Es wird andere Möglichkeiten geben.“

Noch einen Augenblick lang schaute Lucius dabei zu, wie Draco den Trank fertigbraute und in Phiolen füllte. Er würde alles daran setzen, seinem Sohn jeden Wunsch zu ermöglichen, wenn die vierzehnmonatige Haft erst einmal vorbei war. Draco sollte es an nichts mangeln. Er war jung genug, um ein neues Leben zu beginnen, dachte Lucius mit ein wenig Reue, weil ihm dieser Neuanfang nicht vergönnt war.

Es war ein halbes Jahr später, als die Siebtklässler zum letzten Mal in der Großen Halle saßen, um vor der Heimreise ihr Frühstück einzunehmen. Der Tisch der Slytherins war das ganze Schuljahr über spärlich besetzt. Was jedoch alle Schüler gemeinsam hatten, war die Wehmut. Auch wenn es zwischendurch einen schlimmen Krieg mit vielen Verletzten und Toten gegeben hatte, war Hogwarts jedem ans Herz gewachsen.

Harry sah hinüber zum Lehrertisch. In der Mitte, auf dem Platz des Schuldirektors, saß Professor McGonagall. Ihre Mimik war normalerweise so zurückhaltend, als wäre sie aus Stein gemeißelt, doch heute ihr stand deutlich ins Gesicht geschrieben, dass sie die Schüler – diese Schüler – alle vermissen würde. Die Mitglieder von Dumbledores Armee, die mutigen Kämpfer gegen Voldemorts Schergen. Harry musste kräftig schlucken, bevor er sich wieder seinem Frühstück zuwandte. Er blickte kurz auf. Hermine zog ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter, als sie lustlos in ihrem Essen herumstocherte. Ihr würde die riesige Bibliothek von Hogwarts fehlen, das hatte sie heute Morgen verlauten lassen. Ron hingegen ließ es sich wie immer gut schmecken. Ein letztes Mal kamen die Eulen in die Große Halle geflogen, um Post zu liefern. Ron und Harry erhielten je einen Brief.

„Wer schreibt mir jetzt noch?“, murmelte Harry, bevor er das Kuvert umdrehte. Der Absender war das Ministerium.
Ron übernahm es zu antworten: „Mensch, Harry! Das sind die Antworten auf unsere Bewerbung als Auror. Los, mach auf!“

Ginny und Hermine, auch einige der in der Nähe sitzenden Schüler, beobachteten Ron und Harry aufmerksam dabei, als sie ihre Briefe öffneten. Ihre Gesichter waren zunächst ernst, bis beide plötzlich wie abgesprochen breit grinsten. Die beiden Freunde blickten sich an.

„Tja, Harry, dann sind wir demnächst nicht nur die dicksten Freunde“, begann Ron, „sondern auch die besten Kollegen.“
Hermine horchte auf. „Ihr seid beide angenommen worden?“

Harry und Ron nickten, woraufhin sie mit den Glückwünschen ihrer Schulkameraden überschüttet wurden. Professor McGonagall hatte den kleinen Tumult bemerkt und war an den Tisch der Gryffindors gekommen. Als man ihr die frohe Botschaft mitteilte, wünschte sie beiden viel Glück. Sie war stolz, das konnte man ihr ansehen.

Verträumt blickte Ron seinen Brief an und sagte: „Wir müssen nur noch die Zeugnisse nachreichen, die wir im August per Eule erhalten und dann beginnt ab September die Ausbildung.“ Er schaute zu Hermine. „Wann wollen wir heiraten? Erst nachdem ich die drei Jahre Ausbildung hinter mir habe oder schon vorher.“
Hermine schnaufte. „Nett, dass du mich überhaupt fragst.“
„Ich dachte, das ist klar? Wir beide gehören zusammen!“ Ron zog Hermine an ihrem Arm, sodass sie auf der Bank näher an ihn heran rutschte. Als er seinen Arm um ihre Schultern legte, fügte er noch hinzu: „Genauso wie Harry und Ginny!“ Mit einem Male kam ihm eine Idee. „Wir könnten doch eine Doppelhochzeit feiern!“

Mit Begeisterung in den Augen blickte Ron abwechselnd zu seiner Schwester und zu Harry. Beide sahen nicht sonderlich begeistert aus, doch sie äußerten sich nicht zu Rons Idee. Es war Hermine schon in den letzten Monaten aufgefallen, dass Harry und Ginny gemeinsam zwar viel Zeit verbrachten und viel miteinander sprachen, doch keine Zärtlichkeiten austauschten. Irgendetwas war im Busch, ahnte Hermine, doch sie würde nicht nachhaken, sondern darauf warten, bis ihre Freunde sich ihr anvertrauen würden.

Der Tag, an dem Harrys Jahrgang die Zeugnisse mit den Noten der siebten Klasse per Eule erhielt, war gleichzeitig der Tag, an dem die beiden Malfoys ihre Strafe abgesessen hatten. Das Ministerium schickte pünktlich zwei Auroren vorbei, die den Zauber aufhoben, der über den beiden lag.

Zusammen mit seinem Vater ging Draco nach vierzehn langen Monaten nach draußen in den Garten. Übermütig zog er seine Schuhe aus, um barfuß über den Kiesweg zu laufen und das Gras zwischen den Zehen zu spüren. Freiheit war nicht nur ein Wort, sondern ein unbeschreibliches Gefühl, das dem Herzen Flügel schenkte. Erst zum Abendessen waren die beiden dazu zu bewegen, wieder zurück ins Haus zu gehen.

Nach dem Dessert hielt Lucius seinem Sohn ein Kuvert entgegen, das Draco zögerlich annahm. Er öffnete den Umschlag und fand ein Pergament mit einer Verlies-Bestätigung der Gringotts-Bank. Seine Eltern hatten ihm ein eigenes Verlies geschenkt – mit einer Menge Galleonen.

„Das kann ich nicht annehmen.“ Dracos Blick huschte über die Zahlen. „Das ist beinahe das ganze Geld, das wir noch haben.“ Die Tränke, die er verkaufen konnte, brachten bisher nicht allzu viel Galleonen ein.
Sein Vater lächelte zaghaft. „Du kannst es annehmen. Sorge dich nicht um uns. Ich werde demnächst wieder damit beginnen, einige Geschäfte zu machen. Du, mein Sohn, sollst dir deinen Traum erfüllen.“ Weil Draco ihn blinzelnd ansah, erörterte sein Vater: „Du hast seit einer ganzen Weile davon geredet, dass du deinen Abschluss im Ausland machen möchtest, weil Hogwarts, ich zitiere ‚… mir gestohlen bleiben kann.‘ Was ich durchaus nachvollziehen kann.“ Sein Vater grinste. „Geh nach Frankreich. Es gibt neben Beauxbatons noch ein weiteres Internat, das den Ansprüchen unserer Familie entspricht.“ Draco lauschte gespannt, als sein Vater den Ort nannte. „Aquitanien, eine Provinz im Südwesten Frankreichs, gar nicht mal so weit weg von Lourdes.“
„Ich habe davon gelesen. Ein reines Jungeninternat.“
„Das ist hoffentlich kein Problem für dich?“, hakte sein Vater nach.
„Nein, ist ja nur für ein Jahr.“
Sein Vater nickte zufrieden. Als sich Draco nochmals die Verlies-Bestätigung ansah, kam seine Mutter zu ihm und legte ihm von hinten beide Hände auf die Schultern. „Dein Vater und ich haben uns gedacht, dass du einen Neuanfang verdient hast. Verlasse die Gegend mit den ganzen schlechten Erinnerungen und mache deinen Schulabschluss. Danach steht dir die Welt offen. Reise ein wenig umher, sieh dich um.“
„Was ist mit euch?“, wollte Draco wissen.
„Du kannst uns jederzeit besuchen“, beteuerte sein Vater, „aber im Moment bist du ohne uns vielleicht besser dran. Der Name Malfoy ist hier in Schottland nicht mit guten Dingen verbunden. In Frankreich kennt dich keiner. Genieße das, mein Sohn.“


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