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Fanfiction

Dragoman - Eigene Wege

von Muggelchen

Hallo Orion,

vielen Dank für das Kompliment :) Ich hoffe, die Handlung bleibt weiterhin fesselnd. Im zweiten Kapitel schildere ich noch ein wenig die ganzen Lebensumstände und beantworte die Frage „Wer beschäftigt sich mit was?“ Einfach aus dem Grund, weil ich nicht plump einen Zeitsprung von 10 Jahren machen möchte und der Leser dann vor vollendeten Tatsachen steht.

Hallo steinchen,

den letzten Film habe ich gesehen, aber noch immer nicht Band 7 gelesen, deswegen musste ich mich im Internet erst einmal erkundigen, was die Malfoys während der Schlacht getan haben. John bestätigte mir, dass sie eher „pro Harry“ eingestellt waren – zumindest Narzissa – und dass sie am Ende einfach nur froh waren, mit dem Leben davongekommen zu sein. Das passte für die Geschichte wunderbar. Du hast Recht, das Malfoy Manor ist nicht gerade klein, aber wenn es zu einem Gefängnis wird, lebt es sich anders, weil man weiß, dass man nicht rausgehen darf.
Ich denke auch, dass McGonagall nichts gegen Draco gehabt hätte. Sie hätte ihn sicherlich das letzte Schuljahr machen lassen.
Was Draco und Zaubertränke betrifft, sind beide wir einer Meinung. Ich halte ihn auch für einen sehr guten Schüler und nicht nur, weil Snape ihn bevorzugt hat.
Vielen Dank für das Feedback. :)

Liebe Grüße und viel Spaß beim Lesen
Muggelchen



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Eigene Wege


In einem Jahr konnte eine ganze Menge passieren. Ohne voneinander zu wissen, verbrachten Draco und Ginny ihr siebtes Schuljahr zur gleichen Zeit. Während Ginny ihre eigenen Hogwarts-Erfahrungen sammelte, ganz ohne störende Brüder und ohne Harry, war Draco nach Aquitanien gezogen.

Das Pierre-Bonaccord-Internat für Jungen – benannt nach dem Herrn, der vor Jahrhunderten die Internationale Vereinigung von Zauberern ins Leben gerufen hatte – lag mitten in einem großen Waldgebiet in Landes, zwischen der im Westen gelegenen Biskaya-Bucht des Atlantischen Ozeans und dem riesigen See Étang de Cazaux, den man östlich finden konnte. Die Grenze zu Gironde im Norden war nicht weit.

Hatte er in seinen ersten Wochen die Gegebenheiten der neuen Schule gedankenlos hingenommen, so konnte Draco die Parallelen mit seiner alten Schule bald nicht mehr ignorieren. Ein Teilgebiet des umliegenden Waldes war als Reservat für Zentauren und andere Kreaturen gedacht und glich somit sehr dem Verbotenen Wald. Vielleicht war es nur Zufall. Oder aber die Erbauer von Zaubererschulen hatten aus unbekannten Gründen darauf geachtet, immer einen Wald und einen See in der Nähe der Internate zu haben.

Mit der Verständigung hatte Draco keine Schwierigkeiten. Er war nicht der einzige Ausländer. Die meistern Lehrer und Mitschüler hatten seine Sprache schon von Kind an gelernt. Wenn es doch mal ein Problem gab, war immer ein Übersetzer zur Stelle. Mit Hilfe eines Zaubertrankes, der die Lernfähigkeit des Sprachzentrums enorm erhöhte, beherrschte Draco die Fremdsprache in nur zwölf Wochen. Französisch lag ihm.

In Frankreich fühlte er sich wohl. Niemand fragte nach seiner Vergangenheit. Keiner beschimpfte ihn als Todesser. Für die meisten Mitschüler war der Krieg gegen Voldemort ein historisches Ereignis, über das sie lediglich in Zeitungen und Büchern gelesen hatten und nicht bei jedem war das Interesse an Politik oder Geschichte so groß, dass man seinen Namen bewusst wahrgenommen hatte. Der Krieg hatte den Ozean nicht überquert, war nicht in Frankreich angelangt. Namen wie Hermine Granger oder Bellatrix Lestrange waren nichts anderes als das: Namen. Viele der Mitschüler hatten nicht einmal ein Gesicht vor Augen, wenn man von einem bestimmten Todesser oder einem Helden sprach. Schon in Goethes Faust hieß es: „Name ist Schall und Rauch.“ Als Redewendung bedeutete dies, dass ein Name rein gar nichts über einen Menschen aussagte. Doch ein Spruch war noch viel älter als der von Goethe: „nomen atque omen“, womit Plautus aussagte, dass ein Name zugleich eine Vorbedeutung haben würde. Letzteres, dachte Draco, traf sehr häufig zu. Man musste lediglich von einigen Zauberern die Namen und deren Bedeutung auseinandernehmen. Severus, der Ernste, der Strenge. Harry, daheim und mächtig. Beides passte wie die Faust aufs Auge. Besonders auffällig war Remus Lupin. Der Wolf steckte im Namen.

An Severus Snape dachte Draco sehr oft, nicht allein deshalb, weil ihm das Fach Zaubertränke so außerordentlich gut gefiel, sondern auch, weil er ihn vermisste. Draco war allgemein ein hervorragender Musterschüler. Die Lehrer baten ihn oft darum, den schwächeren Mitschülern unter die Arme zu greifen. Er hielt es zwar für lästig, aber Draco kam der Bitte nach.

In Hogwarts hätte es für diese Hilfsbereitschaft Punkte gegeben, dachte Draco, als er Manus Maynard eines Tages während einer Freistunde erklärte, warum bestimmte Zutaten nur geschnitten und nicht zerdrückt werden durften. Manus zeigte Draco gegenüber eine Achtung, die der Reinblüter gar nicht gewohnt war. Die Blicke, die man ihm in seiner Heimat normalerweise zuwarf, sprachen von Verachtung, aber nicht hier. Nach einer Beschreibung ihres neuen Mitschülers gefragt, würden einige Jungen des Pierre-Bonaccord-Internats ihn sicherlich als zurückhaltend, zielstrebig, klug, geschickt, höflich und ein bisschen launisch charakterisieren. Die Lehrer würden wahrscheinlich noch hinzufügen, dass sie Draco für einsam hielten, für verbittert und zeitweise auch für melancholisch.

Immer wieder verglich Draco das neue Internat mit Hogwarts. Im Pierre-Bonaccord-Internat für Jungen war ein Unterschied besonders auffällig. Die Schüler wurden nicht in verschiedene Häuser eingeteilt. Stattdessen gab es neben dem normalen Unterricht vier Interessengruppen, denen man sich anschließen konnte. Draco war in der Gruppe Alchemie und Zaubertränke. Für ihn war es interessant, einen umfassenden Einblick in die Zeit vor den Zaubertränken zu gewinnen. Alchemie war uralt, sehr kompliziert und voller Wunder. Zu Alchemie und Zaubertränke gehörte auch Chemie und Kräuterkunde, weil sie Teil der Zaubertrankzutaten-Lehre war, und Pflege magischer Geschöpfe, da es auch eine Menge tierischer Trankzutaten gab. Eine weitere Gruppe hieß Zahlenmystik und Arithmantik. Hier war jeder richtig, der in irgendeiner Weise mit Zahlen und mit Wahrsageberechnung zu tun haben wollte. Das Wort Arithmantik setzte sich aus Arithmetik und Mantik zusammen, also Rechnen und Wahrsagekunst. Die Gruppe beinhaltete unter anderem normale Muggel-Mathematik, Alte Runen, Wahrsagen sowie Astrologie und Astronomie. Wenn man der zahlenbesessenen Lehrerin Aveniriette Reri Glauben schenken wollte, sollte es sogar möglich sein, seine gesamte Zukunft zu errechnen – bis hin zu einem verbindlichen Todesdatum. In der Gruppe Stabbezogene Zauberkunst hatte man, wie der Name schon sagte, mit allem zu tun, das man mit einem Zauberstab ausführen konnte: Zauberkunst, Verwandlung, wortlose Zauber sowie Angriff und Verteidigung. Das hört sich nicht viel an, aber wenn es darum ging, aus einem einzigen Regentropfen einen Elefanten in einem rosafarbenen Tutu zu zaubern, der auf einem Bein hüpfte und dabei durch den Rüssel die Hymne des Internats trötete, konnte manch ein Schüler schon an seine Grenzen stoßen. Nicht dass man so einen Zauber im Alltag ständig benötigen würde, aber es war gut zu wissen, dass man umfangreiche, schwierige Sprüche wie diesen im Schlaf beherrschte. Die vierte Gruppe nannte sich Magische Spiele und Sport. Nicht nur Quidditch wurde hier in Theorie und Praxis durchgenommen, sondern man ahmte unter anderem auch altertümliche Wettkämpfe wie das Aingingein-Spiel nach, aber man verwendete keine Gallenblase einer Ziege als Ball und die Fässer, durch die man den Ball bringen musste, brannten nur mit magischem Feuer, das einen nicht verletzte. Bei Stichstock war es keine gefüllte Drachenblase, die man mit seinem angespitzten Besenende zerstechen musste, sondern ein mit Wasser gefüllter Ballon. Viel Spaß machte Shuntbumps, weil man in diesem Spiel so viele andere Mitspieler wie möglich vom Besen stoßen musste, doch natürlich nur mit einem Auffangzauber, damit sich niemand beim Fall verletzte. Das in den USA beliebte Quodpot wurde ebenfalls trainiert. Hierbei ging es um Zeit, denn der Ball musste in ein Becken mit neutralisierender Zaubertrankflüssigkeit gebracht werden, bevor er explodierte. Es gab im Internat kein Quidditch-Team, dafür aber ein Swivenhodge-Team, bei dem man fliegende Bälle mit dem Schweif seines Besens über eine Hecke schlagen musste.

Diese vier Interessengruppen konkurrierten nicht miteinander, so wie die vier Häuser in Hogwarts es taten. In den Gruppen ging man die frei gewählten Fächer intensiver durch. Schnell hatte Draco sich an den Stundenplan gewöhnt. Ausnahmslos gab es jeden Wochentag von 8 bis 14:00 Uhr normalen Unterricht. Viele der Freistunden verbrachte man mit der Gruppe.

Am Freitag, dem 17. Dezember, traf sich Draco um genau 15:45 Uhr mit Manus Maynard in einem freien Unterrichtsraum, um für Zaubertränke zu büffeln. Manus stammte ursprünglich aus der Gruppe für Magische Spiele und Sport. Entsprechend war er gebaut. Jeder einzelne Muskel war gut ausgebildet. Selbst unter dem weißen Rollkragenpullover, den der großgewachsene Schüler trug, zeichnete sich sichtbar ein Waschbrettbauch ab. An den Oberarmen spannten die Ärmel. Manus war der geborene Sportler, doch da er nach einem schweren Flugunfall im letzten Jahr nie wieder einen Besen besteigen wollte, hatte er die Gruppe schweren Herzens gewechselt. Nun versuchte Draco, den jungen Mann auf den Abschlusstest für Alchemie und Zaubertränke vorzubereiten.

„Warum darf ich diese Bohnen jetzt nicht mit dem Messer zerdrücken?“, fragte Manus zum dritten Mal nach.
Draco atmete tief durch, bevor er eine Antwort gab. „Ich bin kurz davor, dich eine der Bohnen zerdrücken zu lassen. Dann erfährst du wenigstens aus erster Hand, warum man das nicht mit einem Messer tun sollte.“
Manus schien genervt. „Sag mir einfach, was dann passiert. Ich merk’s mir schon.“
„Hier!“ Eine der nierenförmigen Bohnen, die so groß wie eine Fingerkuppe war, reichte Draco an Manus weiter. „Versuch mal, sie mit den Fingern zu zerdrücken.“ Weil Manus zögerte, versprach Draco: „Es wird nichts passieren, solange du nur mit den Fingern drückst. Los, mach!“

Die Bohne in Manus Hand wurde gedrückt und gequetscht. Sie war weich und gab an den Stellen, an den er drückte, leicht nach, aber die Hülle blieb intakt. Sie riss nicht ein. Es passierte rein gar nichts. Die Trankzutat blieb unversehrt. Kein Kratzer, keine Delle. Ihre Konsistenz war wie die eines kleinen Gummiballs.

„Die Hülle der Bohne hält so gut wie jedem Druck stand, deshalb soll man nie versuchen sie zu zerdrücken, schon gar nicht mit Gewalt. Sie könnte zu einem üblen Geschoss werden. Man hat Professor Walis Occulius ein Auge ausgeschossen, als sein Schüler so eine Bohne mit der Klinge seines Messers zerdrücken wollte.“
„Wer?“
„Occulius ist ein berühmter Forscher und Autor auf dem Gebiet der Alchemie. Seltsamerweise ist die Bohne zwar resistent gegen großflächigen Druck, aber nicht gegen kleinflächige Schnitte. Die Natur hat das so eingerichtet, damit Tiere, die diese Bohnen fressen, sie nicht zerkauen und damit zerstören können. Die Bohnen werden wieder ausgeschieden – samt frischem Dünger.“
„Mann, woher weißt du all das?“, staunte Manus.
„Sowas steht in Büchern.“
„Sag mir, welche Bücher ich lesen muss, um die Prüfung zu bestehen. Ich habe Angst, dass ich haushoch versage. Mein Gebiet ist der Sport. Die theoretische Prüfung könnte ich sogar abhalten, aber nicht die praktische …“ Manus verstummte. Es war ihm unangenehm zuzugeben, dass er seit seinem Unfall Angst vor der Höhe hatte.
Draco zog die Augenbrauen zusammen, weil er angestrengt nachdachte. „Weißt du, es gibt Tränke, die einem die Angst nehmen“, begann er vorsichtig, um zu sehen, wie sein Gegenüber darauf reagieren würde. Manus schaute ihn mit großen Augen an. Das Interesse war geweckt, also erklärte Draco: „Ich könnte dir so einen Trank brauen. Du nimmst ihn, gehst zurück in die Sport-Gruppe, hast keine Angst mehr vorm Fliegen und erhältst am Ende des Schuljahres Bestnoten.“
„Ist das nicht Betrug?“, fragte Manus nach.
Draco grinste schelmisch. „Nicht, wenn niemand davon erfährt.“

Über dieses Angebot schien Manus ernsthaft nachzudenken. Draco konnte sehen, dass der Mitschüler zögerte. Der Grund dafür war ihm unbekannt.

„War nur ein Vorschlag. Denk einfach drüber nach“, schlug Draco vor.
„Na ja, es ist nur …“
„Was?“, drängelte Draco.
„Ich weiß, dass du in Slytherin warst. Man sagt sich, dass diejenigen …“
„Hogwarts ist weit weg und interessiert mich kein Stück!“, sagte Draco wütend. „Es war nur ein Angebot. Du musst es ja nicht annehmen.“
Manus schnaufte. „Was verlangst du als Gegenleistung für den Trank?“
„Es reicht, wenn du die Zutaten bezahlst.“
Mit einem Male wechselte Manus das Thema. „Als du neu hier warst, haben wir uns über deinen Namen unterhalten.“
Gelangweilt gab Draco zum Besten, was er über seinen Namen wusste: „Ja, ich weiß: Draco kommt aus dem Griechischen und ist eine Ableitung von Drakon, was wiederum Dache bedeutet. Und?“
Manus schüttelte den Kopf. „Das meine ich nicht. Dein Nachname! Weißt du, was der in Französisch bedeutet?“
„Nein.“ Darüber hatte sich Draco keine Gedanken gemacht.
„Malfois ist bei uns ein gängiger Nachname“, begann Manus. „Als Substantiv bedeutet ‚mal‘ so viel wie ‚das Übel‘, ‚das Böse‘ oder ‚der Schmerz‘, als Adjektiv bedeutet es ‚schlecht‘ …“ Draco schluckte kräftig, hörte aber weiterhin zu. „Und ‚foi‘ steht für ‚der Glaube‘, ‚das Vertrauen‘ oder ‚die Zuverlässigkeit‘.“

Eins und eins konnte Draco zusammenzählen. Einige wenige Mitschüler waren durchaus an Politik und Geschichte interessiert und wussten ganz genau, wer Draco war. Manus fragte sich offensichtlich in diesem Augenblick, ob er ihm vertrauen konnte. Womöglich befürchtete er, von Draco vergiftet zu werden oder in irgendwelche schwarzmagischen Machenschaften abzurutschen. Dass alle Slytherins bösartig waren, gehörte zu den Vorurteilen, die Draco in Hogwarts oft genug zu spüren bekommen hatte. Blaise war auch ein Slytherin, hatte sich aber nie für Voldemort interessiert. Tracey Davis war nicht reinblütig und dennoch in Slytherin gelandet. Wenngleich auch er lange Zeit Vorurteile nur zu gerne gepflegt und bei Bedarf zum Besten gegeben hatte, so musste er wieder einmal feststellen, wie unangehm es war, auf der anderen Seite zu stehen. Opfer eines solchen Vorurteiles zu sein, war alles andere als schön. Doch er ließ sich nicht anmerken, wie sehr es ihn verletzte Er hatte in diesem Internat niemandem etwas getan, doch allein sein Familienname schien bei einer kleinen Minderheit Angst und Schrecken zu verbreiten. Hatte der griechische Philosoph Plautus recht? Draco wollte nicht an eine Vorbedeutung glauben, doch es war nicht von der Hand zu weisen. Das Schlechte steckte in Dracos Nachnamen.

Am Ende vertraute Manus ihm. Wie es sich herausstellte, war der Trank nicht einmal illegal. Draco durfte ihn unter Aufsicht des Zaubertränkelehrers Professor Fulvius Acor brauen. Manus nahm ihn an den folgenden drei Tagen ein. Am vierten Tag saß er bereits wieder auf einem Besen und war völlig angstfrei. Als Dankeschön erhielt Draco von Manus zwei teure Eintrittskarten für ein Hallen-Quidditchspiel der französischen Mannschaft Quiberon Quafflepunchers. Die große Frage war, wen er mitnehmen konnte. Richtige Freunde hatte Draco bisher nicht gefunden. Es war ihm nicht wichtig. Allein die Noten zählten und diese Einstellung machte ihn einsam. Die Abwesenheit von Mädchen tat das Übrige.

„Hallo Draco.“
Die Stimme kam Draco bekannt vor. Als er von seinem Buch aufblickte, schaute er dem aus Norwegen stammenden Mitschüler Tomas Tosterud in die Augen. Im Unterricht saßen die beiden nebeneinander, doch seine Freizeit verbrachte Tomas in der Gruppe Zahlenmystik und Arithmantik.
„Hi“, grüßte Draco knapp zurück. Tomas hielt kein Buch in der Hand, obwohl sie hier in der Bibliothek waren. Das bedeutete, Tomas wollte Draco entweder um Hilfe in Zaubertränken bitten oder …
„Ich habe gehört, du hast Karten für die Quiberon Quafflepunchers?“
Draco nickte dreimal schnell hintereinander. „Bist du ein Fan von denen?“
Ein zaghaftes Lächeln zierte Tomas’ Lippen, als er Dracos Vermutung bestätigte: „Ja, sogar ein riesiger!“
Mit einer Hand blätterte Draco zum Anfang seines Buches, wo er die Tickets für das Spiel aufbewahrte. Eine der Eintrittskarten reichte er Tomas mit den Worten: „Kannst sie haben.“
„Oh …“ Tomas schien verdutzt, nahm das Ticket nur widerwillig entgegen, was Draco nicht entgangen war. „Ich dachte eigentlich …“ Tomas’ Wangen begannen zu glühen. „Wir könnten doch zusammen …?“

Jetzt verstand Draco – zumindest verstand er die Hälfte. Tomas wollte mit ihm zum Spiel gehen, das war offensichtlich, doch die Frage nach dem Weshalb war noch ungeklärt.

„Ich bezahle auch das Popcorn!“ Tomas hoffte, mit diesem Angebot Dracos Entscheidung positiv zu beeinflussen. Draco hingegen war damit aus dem Gleichgewicht gebracht worden. Es war ihm unverständlich, warum Tomas sich so um seine Gesellschaft bemühte. „Außerdem kenne ich den Sucher Mathis Vallauris, falls du ein Autogramm haben möchtest. Er ist nämlich mein Schwager“, verkündete Tomas stolz.
Dracos Stirn schlug Falten. „Wenn der Sucher der Quiberon Quafflepunchers dein Schwager ist, warum fragst du dann mich nach einem Ticket? Er könnte dir doch bestimmt …“

Mitten im Satz hielt Draco inne, den Mund vor Verwunderung noch immer leicht geöffnet. Jetzt war der Knut gefallen. Tomas blickte zur Seite, ließ dabei den Kopf ein wenig hängen. Wie ein scheues Pferd wankte der dunkelhaarige Mitschüler unruhig von einem Fuß auf den anderen. Draco hörte ihn kräftig schlucken. Keiner von beiden war dazu in der Lage, etwas zu sagen. Tomas’ gequälter Gesichtsausdruck ließ vermuten, dass er vor Scham gern im Erdboden versunken wäre. Mit beiden Händen befühlte Tomas das Ticket in seiner Hand, bevor er es langsam zurück auf den Tisch legte, direkt neben Dracos Buch.

„Tut mir leid“, sagte Tomas mit leiser und zittriger Stimme. „Ich wollt’s nicht unversucht lassen.“ Tomas wollte lediglich den Schritt wagen und auf Tuchfühlung gehen, um zu sehen, wie Draco reagieren würde – um sich zu vergewissern, ob überhaupt eine Chance bestand. Die Kontaktaufnahme war in die Hose gegangen, dachte Tomas. Er drehte sich um und ging zwei Schritte, bevor er sich nochmals an Draco wandte und unsicher sagte: „Bitte setz’ dich in der Klasse jetzt nicht weg von mir, nur weil ich so dumm war und …“ Tomas machte eine wegwischende Bewegung mit der Hand. „Vergessen wir es einfach.“ Schon war Tomas aus der Bibliothek geflohen, als stünde sie in Flammen.

Offenbar hatte sich Tomas felsenfest vorgenommen, so zu tun, als wäre nie etwas gewesen. Er verlor kein Wort über die Situation in der Bibliothek, startete keinen zweiten Versuch und war einfach nur froh, im Unterricht weiterhin neben Draco sitzen zu dürfen. Draco hingegen konnte diesen Vorfall nicht vergessen. Aus einem unerklärlichen Grund beschäftigte es ihn sehr, von einem Mitschüler zu einem Date aufgefordert worden zu sein, denn es war in seinen Augen nichts anderes als das gewesen. Zu seinem eigenen Erstaunen war Draco weder wütend noch fühlte er sich gedemütigt. Vielmehr machte es ihn neugierig. Tomas Tosterud war ein gutaussehender, junger Mann, der in Hogwarts in etwa den Beliebtheitsstatus eines Cedric Diggory haben dürfte.

Vier Wochen nach dem Vorfall sagte Draco direkt nach dem Unterricht, während alle Schüler ihre Sachen einpackten, zu seinem Sitznachbarn: „Treffen wir uns heute um 18:30 Uhr vor dem kleinen Mehrzweckraum?“
Tomas hielt mit dem Packen seiner Schulsachen inne. „Heute?“, fragte er nach. Dabei runzelte er die Stirn, als versuchte er sich an etwas zu erinnern, das ihm einfach nicht einfallen wollte.
Das letzte Buch war verpackt, da erklärte Draco: „Heute Abend um acht ist das Spiel. Schon vergessen? Ich dachte, wir wollten zusammen hingehen.“
„Oh …“, machte Tomas als Erstes. Dann viel enthusiastischer: „Ja, okay! Heute um halb sieben. Alles klar! Ich werde da sein.“

Das Popcorn bezahlte, wie versprochen, Tomas. Nach dem Spiel machte er Draco mit dem berühmten Sucher Mathis Vallauris bekannt.

Der 28. Juli 2000 stellte für zwei grundverschiedene Personen ein wichtiges Datum dar. An diesem Freitag war für Ginny und Draco der letzte Schultag.

Zusammen mit Ron war Harry voll und ganz damit beschäftigt, das erste Jahr der Auroren-Ausbildung hinter sich zu bringen. Im nächsten Monat fand die erste Jahres-Prüfung statt. Es hieß, das erste Jahr sei das schwerste. Beide würden das sofort unterschreiben. So viel hatten sie nicht mal in Hogwarts gebüffelt. Theorie und Praxis. Wie gut, dass man einen besten Freund hatte, an dem man mit dessen Genehmigung ein paar Flüche ausprobieren durfte.

Von seinem Lehrbuch schaute Ron zu seinem besten Freund Harry auf. „Es ist doch komisch, wie viel schwarzmagische Zauber man uns während der Ausbildung zum Auror lehrt.“
„Ich find’s nicht komisch, sondern verständlich“, entgegnete Harry, der ebenfalls mit einem Buch vor der Nase in der Küche des Fuchsbaus saß. „Wenn wir gegen Zauberer antreten, für die die Dunklen Künste zum täglichen Gebrauch gehören, ist es nur recht, dass wir Auroren wissen, auf was wir stoßen könnten.“
„Ja, schon, aber es ist ein seltsames Gefühl … Erst hat man uns immer eingebläut, die Dunklen Künste wären absolut tabu und jetzt sitzen wir hier büffeln das ganze schwarzmagische Zeug.“ Ron schlug sein Buch zu. „Ich kann nicht mehr lesen. Die Buchstaben verschwimmen vor meinen Augen. Wollen wir Gedankenzauber üben?“
Das gehörte nicht zu Harrys Lieblingsfächern: Okklumentik und Legilimentik. „Wer dringt bei wem ein?“
Ron zuckte mit den Schultern. „Ich kann beides gleich gut, behaupte ich mal.“
„Dann zeigt mal, wie gut du darin bist, mich aus deinem Kopf rauszuhalten“, warnte Harry mit einem frechen Lächeln auf den Lippen.

Beide zogen ihre Stäbe, doch sie hielten sie unter dem Tisch, so dass das Gegenüber nicht sehen konnte, wann die Stabbewegung ausgeführt wurde. Schon lange sprachen Ron und Harry verschiedene Zaubersprüche nicht mehr laut aus. Snape hatte Harry bereits während seiner Flucht aus Hogwarts an den Kopf geworfen, den Mund zu halten und die Gedanken zu verschließen. Erst während der Ausbildung verstand Harry wirklich, was Snape damit gemeint hatte. Wortlose Zauber waren schwierig, aber wenn man erst einmal den Dreh heraushatte, funktionierte es beinahe bei jedem Spruch auf Anhieb.

Wortlos war Harry in Rons Gedanken eingedrungen. Er sah kurze Augenblicke aus dem theoretischen Unterricht ihrer Ausbildung. Mit einem Male formte sich ein Bild vor Harrys innerem Auge. Ron und Hermine auf einem Rummel, sie mit rosafarbener Zuckerwatte in der Hand, den Kopf für einen Kuss geneigt, Rons Hand unter Hermines Bluse. Harry konnte sich alles Detail für Detail ansehen, bis er plötzlich einen unangenehmen Druck verspürte, ähnlich wie bei hämmernden Kopfschmerzen. Ron hatte ihn hinausgeworfen.

„Wann warst du denn bitteschön mit Hermine auf einem Rummel?“, wollte Harry wissen.
Ron grinste nur. „Das war eine Fake-Erinnerung. Ist nicht wirklich geschehen.“
„Wow, du bist gut!“, lobte Harry.

Völlig unerwartet spürte Harry etwas an den Schläfen. Es war ein angenehmes Kitzeln. Harry wusste, was das bedeutete. Jemand hielt sich in seinem Gedächtnis auf. Mit enormer Konzentration suchte Harry den Eindringling, fand ihn und verbannte ihn mit Wucht aus seinem Kopf. In diesem Augenblick wurde Ron samt Stuhl nach hinten geworfen.

„Ach du meine Güte“, sagte Harry erschrocken, als er um den Tisch eilte und Ron aufhalf. „Hast du dir wehgetan?“
Ron rieb sich mit einer Hand den Hinterkopf. „Mann, kannst du mich nicht ein bisschen behutsamer rauswerfen?“
„Tut mir leid. Ich gerate manchmal in Panik, wenn ich merke, dass sich einer bei mir eingeschlichen hat. Muss mit den unangenehmen Erfahrungen mit Voldemort zusammenhängen“, wandte Harry sich heraus.

Es gab Dinge in Harrys Leben, die er nicht einmal mit seinem besten Freund Ron teilte. Deswegen mochte Harry den Legilimentik-Unterricht nicht sonderlich. Es war ein Albtraum, wenn die Prüfer oder Mitschüler in seine Gedanken eindrangen. Die Angst war groß, jemand könnte von seinem kleinen Problem erfahren, das Harry selbst noch nicht ganz verstand. Dieses Angstgefühl sorgte dafür, dass Harry überreagierte und die Eindringlinge heftiger anpackte als notwendig.

„Wie spät ist es?“, fragte Ron, obwohl er selbst bereits auf die Uhr schaute, die in der Küche hing. Es tat jedes Mal weh zu sehen, dass der Zeiger mit Fred fehlte. Dafür hatte Molly nun Harrys Abbild hinzugefügt, auch wenn im letzten Jahr ihre liebevolle Bezeichnung zukünftiger Schwiegersohn immer seltener geworden war. Es war beinahe zwanzig Uhr. „Der Hogwarts-Express müsste vor zehn Minuten gehalten haben.“

Ginnys letzter Schultag. Ihre Eltern holten sie gerade vom Bahnhof ab. Das eine Jahr, in welchem Harry und Ginny getrennt waren, hatte beiden gut getan. Zu wissen, dass er ihr in etwa dreißig Minuten gegenüberstehen würde, ließ seinen Magen verrückt spielen. In den Weihnachtsferien hatten sie sich gesehen, hatten über sehr wichtige Dinge gesprochen.

„… an Harry … Erde an Harry …“
„Was?“, fragte Harry verwirrt.
„Du warst eben Meilen weit weg. Hast wohl an Ginny gedacht“, scherzte Ron mit einem Schmunzeln auf den Lippen.
„Mmmh“, stimmte Harry summend zu.
„Ich will meine erste Jahres-Prüfung mit perfekten Noten bestehen“, erinnerte ihn Ron. „Also noch einmal …“, warnte sein Freund vor, doch Harry war mit den Gedanken wieder ganz woanders. Er fragte sich, wie das Gespräch mit Ginny verlaufen würde. Zu Weihnachten hatte sie sich bereits sehr verständnisvoll gezeigt und versprochen, dass sie beste Freunde bleiben wollten. Dennoch hatte er Angst, dass es ihr oder ihm wehtun könnte, weil …

Harrys ließ seine Gedanken schweifen. Mit einem Male musste er an den vier Jahre älteren Oliver Wood denken, der ihn in die wunderbare Welt des Quidditch’ eingeführt hatte. Harrys erstes Vorbild in der Welt der Zauberer. Wieder fühlte Harry ein angenehmes Kribbeln an den Schläfen.

Als Ron in Harrys Gedanken eintrat, sah er den ehemaligen Quidditch-Kapitän der Gryffindors unter der Dusche, wie er sich gerade ein Handtuch um die Hüften schwang. Oliver näherte sich Harry und umfasste dessen Gesicht mit beiden Händen, bevor die formschönen Lippen … Ein zweites Mal wurde Ron so heftig aus Harrys Gedanken geworfen, dass er auch physisch das Gleichgewicht verlor und erneut auf dem Allerwertesten landete, aber das schien ihm nichts auszumachen.

„Wow, Harry … Das ist eine verdammt gute Fake-Erinnerung! Damit verwirrst du deinen Gegner und gewinnst zusätzlich ein paar Schocksekunden“, lobte Ron, der keinen Gedanken daran verschwendete, ob diese Erinnerung womöglich echt war oder Harrys Wunschdenken angehörte. „Darf ich mir die Erinnerung leihen?“
„Von mir aus … Was ist eigentlich aus Oliver geworden?“, fragte Harry gedankenverloren.
Ron schürzte die Lippen, als er darüber nachdachte. „Ich glaube, er hat geheiratet und ist inzwischen Vater. Wer hat mir das nochmal erzählt? Ja, George war’s, da bin ich mir sicher. Oliver hat Anfang des Jahres Feuerwerk bei ihm gekauft und dabei erzählt, dass er es auf der Hochzeit krachen lassen will.“

In Gedanken verabschiedete sich Harry von der Hoffnung, Oliver wäre noch zu haben. Damals in der Schule war Harry verwirrt gewesen. Nicht nur wegen Oliver, sondern auch wegen Cho. Bei seinem ersten Kuss empfand er nichts, weshalb er ihn Ron und Hermine gegenüber nur als feucht erklären konnte, nichts Weltbewegendes. Und letzten Endes war er auch wegen Ginny verwirrt. Wenn Harry ehrlich zu sich selber war, dann musste er zugeben, dass all die seltsamen Gefühle ihn noch immer sehr aufwühlten.

Verwirrung war etwas, das Harry während seiner Ausbildung gar nicht gebrauchen konnte, denn sie beeinträchtigte die geistigen Fähigkeiten. Man errötete in stiller Peinlichkeit. Oft gab man Stuss von sich oder das Gegenteil war der Fall, nämlich dass man kein Wort mehr über die Lippen brachte. Manchmal zog man sogar Gesichter, ohne sich dessen bewusst zu sein. Nein, Verwirrung brauchte Harry wirklich nicht. Dennoch musste er sich langsam mal über einige Dinge klar werden. Während seiner Schulzeit hatte er kaum etwas anderes machen können, als sich auf einen Kampf mit Voldemort vorzubereiten. Damals blieb ihm weder die Ruhe noch die Zeit geblieben, auf die Bedürfnisse des eigenen Körpers zu hören; zu ergründen, was er wollte. Was er brauchte.

„Sag mal“, begann Ron nachdenklich, „sollten wir nicht irgendwas machen?“
Harry runzelte die Stirn. Er hatte das gleiche Gefühl wie Ron, doch erst, als sie hörten, wie die Haustüre geöffnet wurde, fiel ihm ein, dass Molly sie gebeten hatte, das Abendessen zuzubereiten. „Verdammt, wir sollten kochen!“, platzte es auch Harry heraus.
Ron wurde bleich um die Nasespitze. „Sie wird uns umbringen.“
Man hörte Molly in einem fröhlichen Singsang verkünden: „Wir sind Zuhause!“
„Wir sind tot!“, flüsterte Ron noch schnell, bevor seine Mutter die Küche betrat.
Mollys Nasenflügel bebten, als sie zu erschnuppern hoffte, wie weit das Essen war. Ihr Blick fiel auf den kalten Herd. Mit zusammengekniffenen Augen warf sie ihrem jüngsten Sohn einen Todesblick zu. Sie stemmte die Hände in die Hüften. „Ich habe dich heute mehrmals daran erinnert, das Essen …“
Eine helle Stimme unterbrach Molly. „Ich habe sowieso keinen Hunger.“

Ginny! Harry schluckte kräftig, als er sie sah. Sie sah gut aus, bemerkte er, fröhlich und ausgeglichen. Sie spiegelte nicht im Geringsten das wider, was Harry fühlte. Als sie er sah, lächelte sie ihn milde an.

„Hallo Harry“, grüßte sie mit sanfter Stimme. Das war das Zeichen für ihn. Er stand vom Tisch auf, näherte sich ihr und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf den Mund. „Ich habe mir auf der Heimreise den Bauch mit Süßigkeiten vollgeschlagen.“
„Aber vielleicht möchte dein Vater nach einem harten Arbeitstag gern noch etwas zu sich nehmen, aber dein Bruder hat ja …“
Schon wurde Molly von Arthur unterbrochen, der die Situation hinunterspielte. „Ach, ein paar Eier in die Pfanne gehauen und ich bin glücklich.“
Ron sprang von seinem Platz auf. „Die mach ich dir, Dad!“

Molly war zu Ron an den Herd gegangen und Arthur brachte Ginnys Gepäck hoch in ihr Zimmer. Mit einem Male standen Harry und Ginny sich allein gegenüber. Nervös knabberte Ginny an ihrer Unterlippe. Harry schluckte so kräftig, dass man seinen Adamsapfel wie einen Fahrstuhl hoch und runter fahren sah.

„Und?“, begann Harry ein wenig gehemmt. „Wie war dein letztes Jahr?“
„Gut!“ Ginny nickte heftig. Sie schien erleichtert zu sein, dass normale Konversation möglich war. „Mein Zeugnis ist bestens. Ich kann mich nicht beklagen.“
„Weißt du denn schon, was du machen möchtest? Du hast mal was von professionellem Quidditch erzählt …“, erinnerte sich Harry vage. Beinahe hätte er ihre Antwort nicht mitbekommen, weil er in Gedanken wieder bei Oliver Wood war.
„Ich werde mich auf jeden Fall bei einigen Teams bewerben, aber falls das nichts wird … Ich kann immer noch Auror werden.“

Im Hintergrund hörte man, wie eine Kelle zu Boden fiel. Offenbar fiel auch Ron – und zwar aus allen Wolken.

„Höre ich da richtig?“, meckerte Ron wild drauf los. „Du willst ernsthaft Auror werden?“
„Es ist doch nur eine Überlegung“, rechtfertigte sich Ginny. Sie wollte das Thema so schnell wie möglich wechseln. Demonstrativ blickte sie sich um und fragte: „Wo ist Hermine?“
„Die ist bei einem ihrer Kurse“, erklärte Ron, bevor er sich wieder der Pfanne mit den Eiern widmete.

Das gemeinsame Abendessen – Hermine kam noch rechtzeitig – verlief locker. Erst nach dem Essen änderte sich das schlagartig, als Ginny verkündete: „Ich treffe mich heute noch mit ein paar Freundinnen, um den Schulabschluss zu feiern.“ Harry hörte innerlich ein dumpfes Geräusch, als Rons Kinnlade sprichwörtlich auf den Tisch knallte.
„Ich höre wohl nicht richtig“, zeterte Ron los. „Du bist heute erst nach Hause gekommen und willst schon wieder weg?“
„Lass sie doch“, sagte Harry, aber offensichtlich viel zu leise, denn Ron wetterte weiter.
„Bist du nicht der Meinung, wir hätten ein bisschen Zeit mit dir zusammen verdient? Vor allem Harry …“
Diesmal schaltete sich Hermine ein: „Ron, lass sie in Ruhe!“

Arthur und Molly zogen sich stillschweigend zurück und überließen es den jungen Leuten, die Situation zu klären.

Beinahe fing Ron wieder an zu meckern, da sagte Harry laut und deutlich: „Es ist in Ordnung! Es macht mir nichts aus, dass sie noch weggeht.“
„Jetzt fällst du mir auch noch in den Rücken!“, beschwerte sich sein Freund halbherzig. „Was bringt es mir, ein älterer Bruder zu sein, wenn meine kleine Schwester nicht auf mich hören will?“ Er seufzte theatralisch. „Ach, macht doch alle, was ihr wollt.“
„Das ist die richtige Einstellung, mein Schatz“, lobte Hermine, um Ron damit auf den Arm zu nehmen. „Dann hast du bestimmt nichts dagegen, wenn ich mit Ginny mitgehe.“ Hermine schaute zu ihr hinüber. „Natürlich nur, wenn du nichts dagegen hast.“ Ginny grinste und schüttelte den Kopf.
Selbstverständlich sah Ron das anders. „Werde ich gar nicht gefragt?“
„Nein“, erwiderte Hermine ehrlich. „Ginny und ich können morgen ausschlafen. Ihr zwei hingegen …“
„Ja, reib es mir noch unter die Nase, dass wir morgen eine Prüfung haben.“ Ron ließ den Kopf hängen. „Ich glaube, ich gehe ins Bett.“

Im August 2000 bestanden Ron und Harry die Prüfung für das erste Auroren-Ausbildungsjahr. Für einige ihrer Kameraden war die Ausbildung hier zu Ende. Ihre Noten waren einfach nicht gut genug. Andere gingen freiwillig, weil die Arbeit zu hart war. Die Gruppe war um die Hälfte geschrumpft und würde in den nächsten zwei Jahren noch viel kleiner werden.

Weil Ron in den letzten zwei Monaten miterleben musste, dass Harry und Ginny zwar ein wenig Zeit miteinander verbrachten, aber irgendwie in deren Beziehung der Wurm drin war, nahm sich Ron vor, den zweien ein wenig zu helfen. Ohne Hermines Hilfe richtete er die Küche im Fuchsbau romantisch her. Eine weiße Tischdecke, das gute Geschirr, eine Kerze, ein bisschen Dekor und eine Flasche Wein. Unter einem Vorwand lockte er Harry und Ginny in die Küche.

Mit großen Augen fragte Harry: „Was soll denn das?“
Ginny hingegen lächelte nur. Sie nahm Harry an die Hand und ging, um ihrem Bruder den Gefallen zu erweisen, auf den Tisch zu. Von hinten bis vorne bediente Ron seine Schwester und seinen Schwager in spe, bis die beiden am Ende noch ein wenig zusammenblieben, um in Ruhe die Weinflasche zu leeren.

Als Hermine nach einem ihrer Kurse nach Hause kam, sah sie Ron, wie er vom Flur aus heimlich in die Küche lugte. In dem Wissen, dass er jemanden beobachtete, fragte sie leise: „Ron, was machst du da?“
„Hermine“, er winkte sie aufgeregt zu sich, „sieh nur!“

Was Hermine sah, war die von Ron romantisch hergerichtete Küche. An dem schicken Tisch saßen Harry und Ginny nun nebeneinander, hielten sich an der Hand und unterhielten sich angeregt. Hatte Hermine die Situation etwa doch falsch gedeutet.

„Ich dachte …“ Vor lauter Staunen konnte sie nichts mehr sagen.
„Sieh nur!“ Ron stieß Hermine aufgeregt mit dem Ellenbogen an. „Er küsst sie auf den Mund … Und sie wuschelt ihm durch die Haare!“ Wie ein kleines Kind freute sich Ron darüber, dass sein Plan funktioniert hatte. „Sag es, Hermine! Das war eine tolle Idee von mir, oder?“
„Von dir …?“

Gerade wollte Hermine fragen, was Ron alles getan hatte, da standen Harry und Ginny auf. Es war nicht genug Zeit, sich zu verstecken. Als die beiden Hand in Hand vor Ron und Hermine standen und wie die Honigkuchenpferde grinsten, war es sowieso schon zu spät.

„Danke, Ron“, sagte Harry zu seinem besten Freund. „Das war notwendig.“
Ginny nickte, blickte abwechselnd Hermine und Ron an. „Wir haben euch was Wichtiges mitzuteilen.“
Mit ihrem Blick übergab Ginny das Wort an Harry, der dieses sogleich an Hermine und Ron richtete: „Wir trennen uns.“

Das Lächeln auf Rons Lippen erstarb auf der Stelle. Nur Hermine, die dem Ganzen mit fragendem Blick gefolgt war, musste nun erleichtert lächeln. Also hatte sie sich doch nicht geirrt. Was den beiden nur noch gefehlt hatte, war die Ruhe und die Zweisamkeit, um diese wichtige Angelegenheit zu bereden und eine Entscheidung zu treffen.

„Höre ich richtig?“, blaffte Ron die beiden an. „Habe ich alles falsch gemacht, was man nur falsch machen kann? Oder ist das nur ein blöder Witz?“
„Nein, Ron, das war …“ Harry konnte nicht aussprechen, den Ron wandte sich ab und stampfte die Treppe hoch. Ein lautes Türknallen aus dem oberen Stockwerk kommentierte Hermine mit einer gehobenen Augenbraue.
„Ich rede mit ihm“, versprach Hermine.
„Nein, ich mache das“, nahm Harry ihr die schwere Aufgabe ab. „Er muss sich schlecht fühlen. Immerhin hat er alles für uns organisiert.“
Noch immer hielten sich Ginny und Harry an der Hand, was Hermine nicht entgangen war. „Ich finde es gut, dass ihr euch ausgesprochen habt. Ich habe gemerkt, dass da etwas nicht stimmt.“
Harry nickte. „Da warst du wohl die Einzige“, sagte er in Anspielung auf Ron. Flüchtig schaute Harry zur Treppe. „Ich gehe mal zu ihm.“

Mit einem letzten Kuss auf die Lippen verabschiedete sich Harry von seiner ehemaligen Verlobten, bevor er nach oben ging. Ron hatte seine Tür mit einem Zauber verschlossen, den sie in der Aurorenklasse gelernt haben. So war es für Harry kein Problem, die Tür zu öffnen.

„Ron?“ Vorsichtig betrat Harry das Zimmer. Ron lag angezogen auf seinem Bett, einen Arm über die Augen geworfen. „Es ist nicht deine Schuld, falls du das glaubst“, versuchte Harry, die Situation zu entschärfen. „Es wäre sowieso irgendwann passiert. Und besser in so einer gemütlichen, friedlichen Atmosphäre, als …“
Mit einem Male setzte sich Ron auf dem Bett auf: „Ich wollte nichts anderes, als dass du mein Schwager wirst! Dann gehörst du nämlich richtig zur Familie.“

Harry lachte und setzte sich neben Ron aufs Bett. Eine Weile schwiegen sie. Harry hatte nicht das Gefühl, dass Ron wirklich sauer auf ihn war, hätte der Freund ihn doch dann längst aus dem Zimmer gejagt. Um die Gewässer zu erproben, machte Harry einen Scherz.

„Wir könnten Molly und Arthur fragen, ob sie mich adoptieren“, Harry blickte zu Ron, „dann wäre ich nicht nur dein Schwager, sondern dein Bruder.“
Daraufhin musste Ron lachen, wenn auch mit einem weinenden Auge. „Du bist ein Idiot!“ Mit einer Hand schlug Ron seinem Freund zweimal auf die Schulter, bevor er sie dort ruhen ließ und freundschaftlich zudrückte. „Du bist viel mehr als ein Bruder, Harry. Du bist mein bester Freund.“


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