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Fanfiction

Dragoman - Unter fremden Sternen

von Muggelchen

Hallo Petz,

es wird doch erst in Kapitel 6 genannt, um welches Manuskript es sich handeln wird, aber dein Tipp ist schon mal gut :)

Wenn du dich für andere Kulturen interessierst, wird dir dieses Kapitel bestimmt auch sehr gefallen. In manchen Ländern werden noch heute „Hexen und Zauberer“ zum Tode verurteilt. Saudi-Arabien gehört dazu. Was das für die magische Bevölkerung dieses Landes bedeutet, das habe ich ein bisschen aufgegriffen.

Draco bereut sicher, das Angebot, Geschäftsbeziehungen mit Arabern zu knüpfen, überhaupt angenommen zu haben. Stellt sich nur die Frage, wen er verärgert hat, um so behandelt zu werden …

Danke für deine Review und
liebe Grüße
Muggelchen

Hallo steinchen,

das habe ich mir gedacht, dass du da in Dracos Badezimmer herumlungerst ;) Dieses Kapitel wird auch noch mal ähnlich lang wie das vorige, doch ich hoffe stark, dass es auch genauso spannend ist. Dieses Mal erlebt man Harry 1. im Urlaubsmodus und später 2. im Aurorenmodus.

Nein, ich stamme nicht aus Saudi-Arabien, war noch nie da und habe eigentlich nicht mal ein besonderes Interesse an diesem Land. Was ich später erst erfahren habe, ist, dass meine Betaleserin mal dort gelebt/studiert hat, sich mit den Traditionen und gesellschaftlichen Riten und dergleichen gut auskennt. Manchmal kann ich nicht an Zufälle glauben.

Vielen Dank fürs Feedback :)

Liebe Grüße
Muggelchen



° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° °



Unter fremden Sternen


Noch nie in seinem Leben hatte Harry von Korallengärten gehört, aber heute sah er einen solchen. Es war wie ein Wunder, dass direkt neben einem aus biologischer Sicht lebensfeindlichen Gebiet wie Ägypten, das zu einem sehr großen Teil aus unwirtlicher und viel zu oft auch tödlicher Wüste bestand, im angrenzenden Wasser ein buntes und vor allem sehr reges Leben stattfand. Die Unterwasserwelt kam Harry wie eine andere Dimension vor. Als Harry damals im Zuge des Trimagischen Turniers im Großen See nach Hermine tauchen musste, hatte er vereinzelt Fische gesehen, die aber so schnell vor ihm Reißaus genommen hatten, dass er sie nur als Schatten wahrgenommen hatte. Im Roten Meer hingegen ließen sich die Fische kaum durch die Menschen stören. Während der ersten Meter, die er tauchte, zählte er bereits elf verschiedene Arten in allen erdenklichen Größen, Farben und Formen. Der Tauchbegleiter namens Elias, ein braungebrannter, schwarzhaariger Adonis, hatte zuvor die Anweisung gegeben, niemals mit den Füßen auf den Boden aufzukommen, auch wenn sie Taucherflossen trugen, und niemals ein Tier anzufassen, denn es gab giftige unter ihnen. Neben Harry tauchte Teddy, der ihn am Arm berührte. Kaum hatte der Junge Harrys Aufmerksamkeit erlangt, deutete er nach unten. Direkt unter den beiden, nicht mehr als fünf Meter entfernt, schwamm ein Adlerrochen genauso geschmeidig durch das Wasser, wie sein gefiederter Namensgeber majestätisch durch die Lüfte gleiten würde. Auch dieses wunderschöne Tier zeigte allein durch seinen langen Stachel, dass man ihm nicht zu nahe kommen sollte. Einer der schönsten Fische, die man hier bewundern durfte, gehörte der Familie der Skorpionfische an. Sein Körper war in mehrere farbige Bereiche eingeteilt. Knallige Farben, die von dunkelrot bis orange reichten, waren mit weißen Linien fein säuberlich voneinander getrennt. Würde sich das Tier nicht fortbewegen, könnte man es für ein Kunstwerk halten. Dieser farbenfrohe Strahlenfeuerfisch hatte seinen Namen erhalten, weil von seinem Körper aus viele Flossenstrahlen wie Stacheln emporragten und dem Gesellen das Aussehen eines kleinen Dachens gaben.

Ihr Tauchbegleiter drängte Harry und Teddy mit einem Male von ihrem eingeschlagenen Kurs ab. Der Grund war schnell gefunden, denn eine Riesenmuräne, die in der angrenzenden Korallenwand döste, fühlte sich durch die Meeresbesucher gestört. Ihr Kopf schoss aus einer Spalte hervor, doch zum Glück hatte Elias längst genügend Abstand zwischen dem zweieinhalb Meter langen Ungetüm und den Touristen gebracht.

Völlig unerwartet bekamen die drei Taucher Besuch. Ohne das Mundstück seiner Taucherausrüstung hätte Teddy vermutlich vor Freude geschrien. Eine Gruppe Delfine tänzelte um die drei herum. Einige Male scheuten die Tiere zurück. Dies schien immer dann der Fall zu sein, wenn einer der Taucher ausatmete, wie Harry bald auffiel. Womöglich mochten sie die aufsteigenden Blasen nicht oder das beim Ausatmen entstehende Geräusch. Ein übermütiger, neugieriger Delfin ließ es sich dennoch nicht nehmen, die drei seltsamen Wesen genauer zu beäugen. Es war ein junger Delfin, wesentlich kleiner als alle anderen. Als Teddy den kleinen Delfin sogar berühren durfte – der Tauchbegleiter machte entsprechende Zeichen – musste Harry lächeln, was nebenbei erwähnt mit einem Mundstück zwischen den Zähnen nicht gerade einfach war. Teddy hielt sich an der Flosse fest und ließ sich ein kurzes Stück ziehen. Der Delfin suchte den Körperkontakt zu dem Jungen. Für einen Moment glaubte Harry zu wissen, dass der Delfin sich über Teddys junges Alter im Klaren war, so wie Harry aufgrund der Größe zu wissen glaubte, dass der Delfin der Jüngste der Gruppe war. Die beiden Kinder spielen zu sehen war atemberaubend schön.

Den ganzen Urlaub über hatte Harry bereits mithilfe eines wort- und stablosen Zauberspruchs Fotos geschossen, obwohl er den auroreneigenen Dokumentationszauber normalerweise nicht außerhalb des Dienstes anwenden durfte. Dieser Zauberspruch war eigentlich dazu gedacht, zum Beispiel während einer Observation unbehelligt Beweisfotos schießen zu können. Die Bilder, die man mit diesem Spruch schoss, wurden als ganz normale Erinnerung zwischengespeichert, bis man sie mit Hilfe seines Zauberstabes später auf Fotopapier übertrug. Nur so war es ihm möglich, auch unter Wasser Urlaubsbilder machen zu können. Die Handbewegung, die für den Zauber notwendig war, wirkte unter Wasser wie eine Schwimmbewegung. Seine normale Kamera, die Harry an Land natürlich benutze, war leider nicht wasserfest. Teddy wusste nichts von Harrys Dokumentationszauber. Das sollte er auch nicht, denn so war die Überraschung zu Hause sicher, wenn Harry all die heimlich gemachten Bilder präsentieren würde. Fotos von Erinnerungen – das gab es nur bei den Auroren.

Mit einem Male erschrak Harry fürchterlich, sodass er sein Mundstück versehentlich ausspuckte. Der Tauchbegleiter war sofort bei ihm und beruhigte ihn, während Harry das Mundstück wieder an Ort und Stelle brachte. Es war eine beinahe ein Meter lange Schildkröte, die sich unter Harry aufgehalten hatte und langsam nach oben tauchte, sodass seine Füße auf ihrem Schild landeten und sie ihm einen kleinen Schubs von unten gab. Für Harrys Geschmack hielt der Tauchbegleiter ihn ein bisschen zu lang im Arm. Andererseits war die Nähe zu einem kaum bekleideten Menschen sehr angenehm, besonders wenn es sich um einen Menschen mit so ausgeprägter Brust- und Bauchmuskulatur handelte, wie Harry es vorhin nur rein zufällig auf dem Boot registriert hatte.

„Das war so genial!“, schwärmte Teddy, während er – zurück auf dem Boot und von der strahlenden Sonne bereits gut aufgewärmt – seine Taucherkleidung gegen seine normale Garderobe wechselte. „Hast du den Delfin gesehen?“
„Teddy, ich war keine zwei Meter entfernt! Natürlich habe ich ihn gesehen.“ Und fotografiert, doch das würde Harry nicht verraten.
„Der Urlaub ist sowas von klasse, Onkel Harry. Vielen Dank!“
„Ich habe schon aufgehört zu zählen, wie oft du dich bisher bedankt hast.“
„Hast es verdient“, sagte Teddy grinsend.

Während sich Harry mit Teddy unterhielt, warf er immer mal wieder ein Auge auf den Tauchbegleiter, der sich ebenfalls ungeniert umzog. Es gab auf diesem Boot außer Teddy und ihm nur den schwerhörigen Kapitän, der sich um nichts außer dem Kurs kümmerte, und den attraktiven Hotelangestellten, den er für den Tauchgang gebucht hatte, weil er Harry Muttersprache perfekt beherrschte.

„Hier“, Teddy reichte seinem Patenonkel die Kleidung und erwartete wie selbstverständlich, dass auch Harry sich auf dem Boot umziehen würde. Harry kam der unschuldigen Aufforderung nach. Während er den Taucheranzug von seinem Körper pellte, kontrollierte er mit kurzen Blicken, ob Elias auch bei ihm schaute. Ja, Harry wurde nicht enttäuscht. Elias machte es ihm gleich und warf ihm verstohlene Blicke zu, so diskret, dass Teddy nichts von alledem mitbekam.

Zurück im Hotel, Elias war ihnen mit einigem Abstand gefolgt, flitzte Teddy sofort zu dem Stand mit Prospekten, um die morgige Aktivität zu planen. Harry schlenderte derweil im Foyer umher und bekam nebenbei von einem aufmerksamen Kellner einen erfrischenden Früchte-Drink in die Hand gedrückt. Während er genüsslich am Strohhalm saugte, schaute Harry sich bei den Postkarten um. Er spielte mit dem Gedanken, einigen Freunden eine zu schicken, so richtig per Muggelpost mit Briefmarke und Poststempel, was besonders bei Arthur für große Freude sorgen sollte, denn er liebte alles, was mit der Muggelwelt zu tun hatte. Nach und nach nahm Harry eine Karte aus dem Ständer. Als er einen Schritt zurückging, stieß er an etwas angenehm Weiches, das ihn sofort an den Oberarmen packte, damit er nicht stolperte.

„Oh, entschuldigen Sie bitte. Jetzt bin ich doch glatt in Sie reingelau…“ Als Harry sich umdrehte, blickte er aus nächster Nähe in Elias’ braune Augen.
„Ist ja nichts passiert“, kam mit warmer Stimme und einem freundlichen Lächeln zurück.

Nein, das Lächeln war nicht freundlich, es wirkte verführerisch. Weil Harry erkannte, dass das Lächeln ihm galt, machte er einen Satz zurück, um Abstand zwischen sich und Elias zu bringen, obwohl die gleiche Pose unter Wasser ihm nichts ausgemacht hatte. Elias verstand den Hinweis und suchte keinen Körperkontakt mehr, blieb aber in seiner Nähe.

„Sie möchten Postkarten schreiben?“ Elias deutete auf die mittlerweile sechs Postkarten in Harrys Hand.
„Äh, ja, nur habe ich keine Feder“, war es ihm herausgerutscht, bevor er es verhindern konnte.
„Ich habe zwar keinen Federhalter, aber einen Kugelschreiber.“ Schon hielt Elias ihm einen schwarzen Kugelschreiber unter die Nase, doch wegen der Postkarten in der einen und dem Drink in der anderen Hand konnte Harry nicht zugreifen. „Vielleicht setzen Sie sich.“ Mit einer Hand deutete Elias auf eine der vielen gemütlichen Sitzgelegenheiten im Foyer. „Sie können die Karten hier schreiben und ich sorge dafür, dass sie abgeschickt werden.“
„Ähm …“ Aus unerfindlichem Grund raste Harrys Herz, sodass er Platz nehmen musste, um vor Aufregung nicht umzukippen. Als seine Hände frei waren, nahm er den Kugelschreiber dankend an. Ein Blick zu Teddy, der abwechselnd in zwei Prospekte schaute, verriet Harry, dass er für ein paar Zeilen Zeit hätte. „Sie haben recht, ich werde die Karten jetzt schreiben.“

Sechs Karten hatte er. Pärchen bekamen je eine. Elias, der gegenüber Platz genommen hatte, machte ihn nervös, obwohl er sich völlig still verhielt. In Gedanken verteilte er die Karten. Hermine und Ron, Ginny und … wie hieß ihr Freund noch mal? Molly und Arthur, Andromeda. Das waren vier Karten. Er könnte noch Fleur und Bill eine schreiben, doch deren Adresse in Frankreich hatte er nicht im Kopf. Dann eben George. Die Adresse von Weasleys Zauberhafte Zauberscherze war ihm so vertraut wie ein zweites Zuhause: Winkelgasse Nr. 93. Professor McGonagall würde sich sicher auch über Post freuen. Im Adressfeld schrieb er als Erstes nur Hogwarts. Der Zusatz Schule für Hexerei und Zauberei passte sowieso nicht drauf und würde sicherlich für Verwirrung bei den Muggeln sorgen. Es reichte, wenn die Squibs, die in den Muggelpostämtern arbeiteten, ganz genau wussten, dass diese Karte aussortiert werden musste, damit man sie dem nächsten Posteulenamt zur Weiterleitung übergeben konnte. Gleich konnte es losgehen. Harry nahm noch einen Schluck über den Strohhalm, ohne dabei das Glas zu berühren.

Von gegenüber hörte er plötzlich: „Darf ich auch mal saugen?“
Harrys Mund stand offen und der Strohhalm klebte an seiner feuchten Unterlippe. Mit der Zunge entfernte er die Trinkhilfe, räusperte sich und korrigierte freundlich: „Sie sollten besser fragen, ob Sie kosten dürfen, sonst könnte der nächste Tourist es falsch verstehen.“
„Ich weiß“, sagte Elias völlig ruhig, „ich wollte nur sichergehen, dass Sie mich richtig verstehen.“
Hinter der runden Brille wurden Harrys Augen ganz groß, als er sich fragte, ob er das so verstanden hatte, wie Elias es meinte. Harrys Blick fiel auf den Bereich hinter Elias. In ein Prospekt versunken kam Teddy auf ihn zugeschlendert, sodass Harry das einzig Richtige tat. „Sie dürfen kosten“, bot er an. „Den Drink!“, fügte er hinzu, um Missverständnisse auszuschließen. „Aber alles andere …“ Hier schüttelte Harry nur noch den Kopf, weil Teddy bereits in Reichweite war.
Elias blickte sich um. „Ah, da ist ja der, der mit den Delfinen tanzt.“ Mit dieser Anrede zauberte Elias ein Lächeln auf Teddys Gesicht.
Teddy setzte sich auf die Lehne von Harrys Sessel und ließ sich zur Seite fallen, sodass er halb auf Harry saß. Er hielt ihm ein Prospekt vor die Nase und zeigte mit dem Finger drauf. „Wir könnten morgen zu den Beduinen reiten.“
„Reiten?“
„Auf Kamelen oder Pferden. Ich will ein Kamel! Die sind größer und können spucken.“
Harry lachte. „Lamas spucken. Kamele sind einfach nur … groß.“
„Ich möchte niemanden den Spaß verderben“, begann Elias, „aber die Reise zu den Beduinen lohnt sich nicht. Es gibt wenig zu sehen, nur ein paar Hütten aus Wellblech, Stoff, Plastik und Holz, nichts Besonderes. Dafür kann man billigen Ramsch teuer als Souvenir erwerben. Das Kamelreiten ist das, was am meisten Spaß macht, aber dann könnte man auch am Meer entlangreiten, das macht sicher mehr Freude.“
Harry und Teddy hatten aufmerksam zugehört, sagten aber nichts zu Elias’ Kommentar. Offensichtlich hatte Teddy noch eine andere Idee. Er legte einen zweiten Prospekt aufgeschlagen auf den ersten und sagte: „Oder wir machen so eine Fahrt mit, um ein paar Tiere zu sehen. Ich würde aber viel lieber morgen nochmal tauchen.“ Teddy blickte zu Elias. „Das heißt, wenn Sie für morgen noch Termine frei haben.“
Harry entging das triumphierende Lächeln des Tauchbegleiters nicht. „Natürlich habe ich Termine frei. Soll ich Sie beide gleich einschreiben?“

Das alles tat er nur Teddy zuliebe, redete sich Harry ein, bevor er zusagte. Als er endlich mit seinem Drink und den Postkarten fertig war, reichte er sie Elias, während Teddy schon wieder lebhaft durchs Foyer tollte, damit er nichts verpasste, das es zu entdecken gab.

„Die Karten sind fertig?“, fragte Elias und hielt seine Hand entgegen. Harry reichte dem Mann die Postkarten und überlegte für einen kurzen Moment, ob er sie womöglich lesen würde, um in Erfahrung zu bringen, ob Harry einer Frau schrieb – oder einem festen Freund. Zutrauen würde er es ihm. „Und nein, ich werde sie nicht lesen“, sagte Elias, der zwar nicht die Postkarten, dafür aber offenbar Harrys Gedanken gelesen hatte. „Das geht auf die Zimmerrechnung.“
„Okay“, war das Einzige, das Harry herausbrachte.

Während Teddy eine große Landkarte des Gebiets betrachtete, kam Harry an dem Ständer mit den Zeitungen vorbei. Für die Touristen gab es natürlich auch die Times. Harry wollte zugreifen, doch seine Hand machte auf halber Höhe halt. Das Bild auf Titelseite der Zeitung daneben weckte seine Aufmerksamkeit. Lesen konnte er nichts, da es sich um eine andere Sprache handelte, aber das Bild … Harry nahm die Zeitung in die Hand und schaute genauer hin. Abgebildet war das Gesicht eines Mannes, zur Hälfte von weißen Mullbinden verdeckt. Das unverbundene Auge war geschlossen. Überall waren Schürfwunden und kleine Bläschen zu erkennen. Es war jedoch der Mund, der ihm so bekannt vorkam. Aus ihm hatte er sechs Jahre lang Beschimpfungen und böse Flüche hören müssen. Natürlich fragte sich Harry, ob er sich irrte, denn er wusste nicht, was Malfoy in diese Gegend verschlagen haben könnte. Neben dem Bild war eine kleinere Phantombildzeichnung abgedruckt, um darzustellen, wie der Mann ohne Verbände aussehen musste. Spätestens jetzt war Harry klar, dass es tatsächlich sich um Draco Malfoy handelte. Es gab nur einen Haken: Harry wusste nicht, um was es in dem Artikel ging. Aufgebracht schaute sich Harry um. Elias stand an der Rezeption, wo er gerade eben die Postkarten abgegeben hatte und jetzt eine Liste durchging. Ohne groß drüber nachzudenken ging Harry auf Elias zu.

„Entschuldigung?“
Als Elias aufblickte, lächelte er. „Ich habe eben nachgesehen. Für morgen, elf Uhr, hätte ich einen …“
„Ich benötige Ihre Hilfe!“
„Oh“, machte Elias verdutzt. Das Klemmbrett mit seiner Terminübersicht reichte er der Dame an der Rezeption, bevor er Harry deutete, ein paar Schritte zu gehen. „Um was geht es?“
Harry reichte ihm die Zeitung. „Ich muss wissen, was in diesem Artikel steht.“
„Explosion bei Medina“, las Elias bereits die Schlagzeile der Muggelzeitung vor.
„Medina? Wo genau ist das?“
„In Saudi-Arabien, sozusagen gleich nebenan. Man muss nur in Richtung Osten das Rote Meer überqueren.“
„Würden Sie mir den Artikel bitte vorlesen?“ Elias zögerte. Wahrscheinlich hatte er Aufgaben zu erledigen, wollte Harry aber dennoch einen Gefallen erweisen. „Bitte!“ Das lang gezogene „Bitte“ hatte er von Teddy gelernt, besonders den dazugehörigen Hundeblick.
„Na schön, setzen wir uns kurz.“ Sie wählten eine Couch, damit sie nebeneinandersitzen konnten. „Wollen Sie alles Wort für Wort übersetzt haben oder reicht eine grobe Inhaltsangabe?“
„Kommt drauf an … Fangen Sie einfach mal an.“
„Kennen Sie den Herrn auf dem Bild?“, wollte Elias wissen.
„Genau das möchte ich herausfinden.“

Elias atmete tief durch, bevor er zu lesen begann, um nacheinander das Geschriebene zu übersetzen.

„Aus noch ungeklärter Ursache kam es gestern Abend zu einer Explosion in einem stillgelegten Industriekomplex in der Nähe der Stadtgrenze von Medina. Ob sich durch ungünstige Sonneneinwirkung der in den Fabriken vorkommende Aluminium-Staub entzündet haben könnte, wird noch untersucht. Der bei der Explosion entstandene Sachschaden beläuft sich auf ungefähr zehn Millionen Saudi-Rial.“ Elias blickte auf und erklärte: „Das sind etwa eins Komma sieben Millionen Britische Pfund.“ Er räusperte und übersetzte den Artikel weiter. „Weitaus tragischer ist der Feuertod von zwölf obdachlosen Menschen – darunter auch Kinder –, die sich seit der Stilllegung des Komplexes vor zwei Jahren in einem der bedachten Gebäude häuslich niedergelassen hatten. Ein Mann konnte schwer verletzt aus den Trümmern geborgen werden. Aufgrund der Kleidungsreste schließt die Polizei nicht aus, dass es sich womöglich um einen Touristen handeln könnte. Die Identität des Verletzten konnte jedoch noch nicht einwandfrei geklärt werden, denn der Überlebende hat das Bewusstsein noch nicht wiedererlangt. Die Behörden hoffen, mithilfe des erstellten Phantombildes Informationen von den Bürgern oder Angestellten aus der Tourismus-Branche zu erhalten.“ Elias’ Blick huschte über den Rest des Artikels. „Hier steht die Adresse des Krankenhauses, in das man ihn gebracht hat. Ansonsten heißt es hier nur noch: Da die meisten alten Gebäude Asbest in den Baumaterialien aufweisen, konnte sich das durch die Explosion entstandene Feuer kaum ausbreiten. Die Polizei rät jedoch dringend davon ab, sich in der Nähe des Industriegeländes aufzuhalten, da die durch Asbest verseuchte Luft schwere Gesundheitsschäden herbeiführen kann.“

Bei dem Wort Explosion musste Harry automatisch an zwei Dinge denken: Neville und Zaubertränkeunterricht. Elias gab die Zeitung an Harry weiter, der sich nochmals das Phantombild ansah. Es war Draco Malfoy! Harry war sich hundertprozentig sicher.

„Könnten Sie mir bitte die Adresse des Krankenhauses aufschreiben?“, bat Harry. Elias tat ihm den Gefallen.
Als er Harry die Adresse reichte, sagte Elias: „Sie haben Glück, dass das Krankenhaus nicht in Medina selbst liegt. Da haben Ausländer und nicht-Gläubige keinen Zutritt.“
„Keinen Zutritt? Ist die ganze Stadt für nicht-Gläubige gesperrt?“
Elias nickte. „Und falls Sie mit dem Gedanken spielen, nach Saudi-Arabien zu reisen …“
„Ja, ich will dorthin und denen wenigstens sagen, wen sie da behandeln.“
„Sie müssen sehr aufpassen, Mr. Potter.“
„Wieso?“

Harry verstand überhaupt nicht, wovor Elias ihn warnen wollte. Banditen? In Gedanken zuckte Harry mit den Schultern. Banditen gab es auch in London, nur hießen die dort Banker oder Anwälte.

„Homosexualität …“
Harry fuhr Elias mit scharfer Zunge über den Mund: „Ich bin nicht schwul!“
„Sagte ich doch gar nicht“, gab Elias mit Unschuldsmiene zum Besten.
„Die Religionspolizei zögert nicht lange. Sollten Sie in irgendeiner Weise unangenehm auffallen, könnte man Sie auf der Stelle verhaften.“
„Religionspoli… Ich hör’ wohl nicht richtig.“
„Es gibt auch eine gängige Polizei, wie man sie aus Ihrem Land kennt. Gefürchtet sind aber die Mutawwa, eben jene Religionspolizei. Sollten Sie …“ Elias machte eine kurze Pause, um ein Beispiel zu erdenken. „Sollten Sie einer Frau zu lange in die Augen sehen oder gar eine berühren, dann droht Ihnen schon eine Strafe.“
„Tatsächlich?“
„Ja, aber das ist noch nichts im Vergleich zu dem, was die von Ihnen berührte Frau erwarten müsste.“
Harry hielt beide Hände nach oben, die Innenflächen zu Elias gerichtet: „Ich schwöre, ich werde eine Frau nicht mal ansehen!“
„Gut, das ist genau die richtige Verhaltensregel.“

Vor lauter Aufregung musste Harry einmal tief durchatmen. Der kulturelle Unterschied zwischen Ägypten und Großbritannien war schon gehörig, aber Saudi-Arabien schoss offenbar den Vogel ab. Vor der Abreise hatte Hermine ihm noch gesagt, dass Homosexualität in Ägypten nicht öffentlich gezeigt werden dürfte, nicht einmal mit einem Kuss, aber am Roten Meer hätte man wenig zu befürchten, weil dort die gleichgeschlechtliche Neigung allein schon aufgrund der vielen Touristen ausgelebt werden würde – und es war ihm weiterhin ein Rätsel, warum Hermine der Meinung gewesen war, ihm gerade solche Informationen mit auf den Weg geben zu müssen. Harry müsste erst einmal gründlich planen und sich informieren, denn Hals über Kopf wollte er nicht nach Saudi-Arabien reisen.

„Wie weit ist Medina von hier etwa entfernt?“, fragte Harry neugierig, denn er spielte mit dem Gedanken zu apparieren.
„Weniger als 450 Kilometer Luftlinie“, antwortete Elias. „Es gibt nur ein klitzekleines Problem …“
„Und das wäre?“
„Sie müssen einen Antrag stellen. Besser wäre es noch, wenn ein Saudi Sie ganz offiziell einladen würde, denn Saudi-Arabien ist kein Reiseland für Touristen. Touristen-Visa werden nur vereinzelt und unter strengsten Auflagen bewilligt. Das wird einige Zeit dauern, bis alles geklärt ist. Ich könnte Ihnen die Adresse und Telefonnummer der saudischen Botschaft geben. Die helfen Ihnen bestimmt weiter.“
„Mmmh“, machte Harry nachdenklich. „Und wenn ich’s einfach so versuche? Also einfach zur Grenze marschiere und …“
„Dann handeln Sie sich eine Geldstrafe für einen Einreiseversuch ohne sämtliche notwendigen gültigen Papiere ein – macht in etwa tausend Pfund Strafe und womöglich eine Nacht im Gefängnis.“
„Mann, ist das alles kompliziert!“ Harry seufzte theatralisch. Nochmals blickte er auf das Bild, das Draco mit Bandagen um das halbe Gesicht zeigte. „Aber die wollen doch wissen, wer das ist – und ich kann helfen! Eine Hand wäscht die andere.“
„Saudische Botschaft!“, war Elias’ letzter, ernst gemeinter Ratschlag.

Im Hotelzimmer betrachtete Harry immer wieder das Bild der Zeitung und malte sich in Gedanken die seltsamsten Szenarien aus, wie es zu diesem Unfall hätte kommen können. Hermine hatte ihm nicht nur verbale Ratschläge erteilt, sondern es sich obendrein nicht nehmen lassen, ihn mit einer schriftlichen Ausarbeitung ihres Wissens zu versorgen, die jeden Hogwarts-Lehrer zu Begeisterungsausbrüchen verleitet hätte. Aus der Reisetasche fischte Harry das Blatt Papier, auf dem sie einige Adressen von Heilern, Hemprich-Postämtern und dem Ägyptischen Zaubereiministerium notiert hatte. Ein Hemprich-Postamt war nicht weit von seinem Hotel entfernt. Nicht Eulen, sondern die am Roten Meer heimische Hemprichmöwe wurde in Ägypten für die magische Postzuteilung ausgebildet. Harry wollte jedoch keinen Brief schreiben, sondern mithilfe einer besonderen Schale Kontakt zum ausländischen Flohnetzwerk aufnehmen.

„Teddy, ich muss mit Hermine sprechen. Möchtest du mitkommen? In der Nähe ist so etwas Ähnliches wie ein Posteulenamt.“
„Cool! Dann treffen wir das erste Mal auf ägyptische Zauberer! Mann, ich freue mich schon darauf, in der Schule damit anzugeben.“
Harry schnaufte belustigt. „Dann zieh dir mal die Schuhe an.“

Einige Straßen weiter trafen Harry und Teddy auf einen gut besuchten Markt. Weil Teddy ihn darum bat, kaufte Harry ihm eine Tüte mit den Früchten der Dattelpalme, die sich der Junge nach und nach in den Mund schob, als hätte er tagelang nichts zu essen bekommen. Der Eingang zum Hemprich-Postamt verbarg sich hinter dem Stand eines Textilienhändlers, um genau zu sein hinter einem Vorhang aus verschiedenen Stoffen. Der Händler nickte Harry unmerklich zu und zeigte den Touristen damit, dass sie richtig waren.

Im Hemprich-Postamt war es angenehm kühl. Mittels eines Übersetzungszaubers verstand einer der Angestellten Harrys Anliegen. Er wurde in eine Kabine geführt, in der nichts weiter zu sehen war als ein Stuhl, ein kleiner Tisch und darauf eine pizzatellergroße, flache Schale. Der Postangestellte kam kurz darauf mit einem Tongefäß zurück, um die Schale zu füllen. Es war eine spiegelnde Flüssigkeit, die an Quecksilber erinnerte. Harry konnte sein Gesicht darin sehen. Die Anleitung, wie das Gefäß zu nutzen war, hing in Bildern an der Wand: den Stab an die Schale halten, Namen und Adresse sagen und abwarten. Neugierig sah Teddy, der nebenbei noch immer seine Dattelfrüchte aß, dabei zu, wie Harry den Stab an die Schale hielt und den Fuchsbau kontaktierte. Nach drei Minuten war noch immer keine Verbindung zustande gekommen, sodass Harry schon glaubte, die Schüssel hätte einen Sprung.

„Sie wird nicht zu Hause sein“, vermutete Teddy laut. „Was willst du denn von ihr wissen?“
„Ich möchte wissen, wie ich ohne Mühe nach Saudi-Arabien reisen kann.“
Teddy machte große Augen. „Geht unser Urlaub da noch weiter?“
„Nein, ich … Ich habe was zu erledigen. Wenn ich nur wüsste, wie ich einreisen kann, ohne Probleme zu bekommen.“
„Ruf doch Onkel Ron an. Der kann dir bestimmt den Namen von dem Auroren-Verbindungsmann geben.“

Erstaunt blickte Harry zu Teddy. Daran hatte er gar nicht mehr gedacht. Voldemort war damals für die ganze Welt eine Gefahr gewesen und deshalb hatte jedes Land einen Ansprechpartner für die Kommunikation mit dem Ausland bereitgestellt. War mit Voldemorts Tod die unmittelbare Gefahr zwar verschwunden, so hatte man dennoch an diesen Ansprechpartnern festgehalten. Eine weise Entscheidung, wie man in den folgenden Jahren immer wieder hatte feststellen müssen.

„Danke für den Hinweis, Teddy.“ Zu dieser Zeit müsste Ron noch im Büro sein, also rief Harry das Ministerium an. Es dauerte keine dreißig Sekunden, da erschien klar und deutlich Rons Gesicht in der spiegelnden Oberfläche der Schale.
„Harry? Mann, ich seh dich richtig deutlich! Was gibt’s, Kumpel? Sitzt du wegen eines Zungenkusses in Haft?“, scherzte Ron.
Peinlich berührt schaute Harry über seine Schulter zu Teddy, der grinsen musste, während er seine Dattel kaute, ansonsten jedoch vorgab, dem Gespräch nicht zu folgen. „Nein, uns geht es gut! Hör mal, Ron, ich benötige den Auroren-Ansprechpartner in Saudi-Arabien.“
„Ägypten?“
„Sag mal, spreche ich so undeutlich? Saudi-Arabien!“
„Ich dachte schon, ich hätte mich verhört. Wieso gerade den? Was ist …?“
„Meine Zeit ist begrenzt, Ron.“ Harry blickte zu dem Gefäß an der Wand, das einer Sanduhr glich. Dort fielen nach und nach schwarze Kugeln nach unten, die die Kosten anzeigten. Ferngespräche waren wohl überall teuer, ob in der Muggelwelt oder der magischen.
„Du musst warten, Harry. Ich habe diese Akten nicht in meinem Büro. Kann ich dich irgendwo erreichen oder kannst du in einer Viertelstunde zurückrufen?“
„Ich rufe in einer Viertelstunde an. Ach ja, Ron, ich benötige auch die Adresse eines saudischen Krankenhauses für die magische Bevölkerung.“
„Okay, aber ich erwarte einen ausführlichen Bericht, wenn du wieder zurück bist. Das hört sich nämlich langsam interessant an. Bis in einer Viertelstunde. Bye.“
Kaum war das Gespräch beendet, nörgelte Teddy: „Müssen wir jetzt echt eine Viertelstunde hier warten?“
„Nein, wir können auf den Markt gehen und uns die Zeit vertreiben. Aber erst muss ich bezahlen.“

Das war das Stichwort für den Postbeamten, der mit seinem Stab das Gefäß mit den Kugeln berührte und danach elf Galleonen verlangte – für gerade mal fünf Minuten Gespräch. Harry bezahlte ohne zu murren.

„Sieh mal!“, sagte Teddy und rannte mit einem Male los. Harry war ihm dicht auf den Fersen. Zum Halt kamen sie erst an einer Absperrung, hinter der man einige Kamele sehen konnte. Eine ältere Frau versuchte gerade mit Hilfe des Kameltreibers aufzusitzen. Andere Touristen warteten artig, bis sie an der Reihe waren. „Ich will auch auf einem Kamel reiten!“
„Wie lange dau…?“
„Hier, auf dem Schild steht, der Ausritt dauert eine Stunde! Onkel Harry, darf ich reiten? Du hast dann ein bisschen Ruhe vor mir und ich habe meinen Spaß“, wollte Teddy es seinem Patenonkel schmackhaft machen.
„Was denn, etwa ohne mich? Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist. Wenn etwas passiert …“
„Schau mal“, Teddy zeigte auf die Schlange aus acht Personen, die alle einen Ritt wagen wollten, „alte Leute, junge Paare mit ihren Kindern … Es gibt keine jugendlichen Rowdies, die mir was antun könnten.“
„Ich weiß nicht. Andromeda wird mich umbringen, wenn dir etwas …“
„Ich passe auf mich auf. Ich bin schon zehn!“
„Ja, gerade deshalb!“

Harry seufzte. Der Urlaub war sowieso beinahe vorbei, da könnte er Teddy auch noch diesen Gefallen erweisen, aber wohler wäre ihm, er könnte den Jungen begleiten. Harry schaute auf das Schild an der Absperrung. Eine Gruppe bestand aus zehn Touristen und zwei Begleitern. Ein Kamel wäre noch zu haben.

„Möchte der Herr reiten?“, fragte einer der Kameltreiber unerwartet, sodass Harry kurz aufschreckte.
„Ich nicht, aber mein …“
Teddy unterbrach: „Ich will! Ist noch eines frei?“
„Sicher, der junge Herr kann sofort aufsitzen.“ Der Mann öffnete bereits die Absperrung, da legte Harry schützend eine Hand auf Teddys Schulter.
„Wäre es nicht besser, wenn ich ihn begleite?“
„Es ist nur noch ein Kamel zu haben, Sir.“ Der Mann zeigte auf ein enorm großes Tier. „Monster ist sehr feinfühlig.“
„Monster?“, wiederholte Harry misstrauisch.
„Er kam schon groß zur Welt, deshalb der Name“, erklärte der Kameltreiber. „Er liebt Kinder!“
„Ja, er schafft nur kein ganzes“, murmelte Harry.
„Wie bitte, Sir?“
„Ach, nichts.“ Harry drehte sich zu Teddy um. „Möchtest du wirklich auf diesem riesigen …?“
„Monster gehört mir!“ Und schon hatte Teddy sich durch die Absperrung gedrängt, die der Mann hinter ihm wieder schloss. „Sie können den Jungen in einer Stunde wohl behütet hier wieder abholen, Sir.“
„Dann bin ich ja beruhigt.“
„Das macht dann 240 ägyptische Pfund, mein Herr.“

Von Hermine wusste Harry, dass eine Viertelstunde Kamelreiten nicht mehr als vier britische Pfund kosten sollte, also 39 ägyptische Pfund, mal vier für eine ganze Stunde. Durch die Hitze und das Rechnen qualmte Harry recht schnell der Kopf, aber er war nicht zu müde zum Feilschen.

„140 ägyptische Pfund.“
„Aber Sir, ich muss meine Frau und meine sieben Kinder ernähren. 200 ägyptische Pfund.“
Harry schüttelte den Kopf. „120.“
Der Kameltreiber verzog das Gesicht, als würde ihm das Handeln des Preises Schmerzen zufügen. „160.“
„Machen wir 155 draus“, sagte Harry abschließend, während er bereits das Geld aus seinem Beutel zog. Das war der Preis, der laut Hermine angemessen wäre.
„Einverstanden, Sir.“
Harry zückte nochmals zehn ägyptische Pfund und reichte sie dem Treiber mit den Worten: „Passen Sie gut auf meinen Jungen auf.“
„Sicher, Sir. Er ist bei uns gut aufgehoben.“

Als Teddy auf Monster stieg und das Tier sich erhob, konnte Harry gar nicht hinsehen. Es sah aus, als würde ein Kobold einen Elefanten reiten. Doch Teddy hatte seine Freude daran. Zudem freundete er sich gleich mit einem Jungen an, der vom Akzent her aus den USA stammen musste. Harry wähnte Teddy in guten Händen.

Zurück im Postamt bemerkte Harry, dass er Ron bereits eine halbe Stunde hatte warten lassen. In einer Kabine nahm er sofort Kontakt mit seinem Freund auf.

„Harry, da bist du ja. Gut, dass du nicht früher angerufen hast. Es war nicht leicht, an diese Informationen zu kommen.“ Harry hörte, wie Ron blätterte. „Es gibt in Saudi-Arabien zwei Kontaktmänner. Keine Ahnung, warum. Einer heißt Shaikh Nadim Ishaq. Ist wohl ein hohes Tier – der Botschafter und gleichzeitig die rechte Hand des Herrschers. Und hier steht noch ein Shaikh Djamal Reza.“
„Sind das alles Scheichs?“
„Nein, die Kollegin in der Aktenabteilung meinte, man würde jeden Herren dort mit Shaikh anreden. Heißt sowas wie Mister.“
„Okay, gut zu wissen.“

Netterweise buchstabierte Ron die Namen und gab Harry die Kontaktdaten. Er hätte noch genügend Zeit, diese Leute anzuflohen oder wie auch immer die Kommunikation mit diesen Schalen hieß.

„Ron, kannst du noch eine Sache für mich nachschauen?“
„Mann, Alter. Ich muss hier arbeiten!“ Gleich im Anschluss bot Ron dennoch seine Hilfe an. „Um was geht es?“
„Um Malfoy.“ Damit es keine Verwechslung gab, fügte Harry hinzu: „Draco.“
„Was ist mit dem?“, kam es abwertend aus der Schale.
„Finde für mich heraus, wo er sich aufhält.“
„Und wie soll ich das bitteschön anstellen?“
„Frag seine Eltern.“
„Pöh“, hörte man Ron machen. „Du bist mein bester Freund, Harry, aber manche Dinge gehen echt zu weit. Ich werde bestimmt nicht bei Mr. Ich-kaufe-mir-meine-Freiheit anklopfen und fragen, wie es denn dem Sohnemann geht.“
Harry seufzte. „Es kann sein, dass Draco schwer verletzt ist. Ich weiß noch nicht genau, ob er es ist, aber deshalb werde ich nach Saudi-Arabien reisen, um ihn mir anzusehen. Erst dann werde ich wissen …“
„Draco in Saudi-Arabien? Soweit ich weiß, ist er damals nach Frankreich ausgewandert und hat seinen Meister in Zaubertränken gemacht. Darüber gibt es Unterlagen im Ministerium.“
„Echt?“
„Ja, Harry. Es täte auch dir gut, dich regelmäßig über deine Feinde zu informieren.“

Als Feind betrachtete Harry Draco schon lange nicht mehr. Schon während der Verhandlung der beiden Malfoys war ihm mehr daran gelegen, die wirklich treuen Anhänger Voldemorts hinter Gitter zu bringen, nicht aber diejenigen, die keine andere Wahl mehr gehabt hatten. Lucius Malfoy hatte eindeutig zur zweiten Gruppe gehört. Für den Kopf einer der ältesten magischen Familien hatte es nie eine Wahl gegeben, als weiterhin in Voldemorts Diensten zu stehen. Hätte er ihm den Rücken gekehrt, wären Frau und Sohn in Lebensgefahr gewesen. Also lautete die malfoysche Devise damals: Augen zu und durch.

„Steht denn im Tagespropheten nichts über eine Explosion in Saudi-Arabien?“, wollte Harry wissen.
„Nee, die heutige Schlagzeile lautete: Minister Shacklebolt ehrt Professor McGonagall mit dem Merlinorden.“
„Cool! Das wurde aber auch Zeit.“ Harrys Freude wurde wieder gebremst. „Und nirgends etwas über einen schwerverletzten John Doe?“ Ron verneinte. „Okay, dann werde ich mal die Kontaktpersonen anflohen.“
„Muss ich wirklich zu den Malfoys?“, nörgelte Ron.
„Noch nicht, es sei denn, ich flohe dich noch einmal an und sage dir, dass ich Draco gefunden habe.“

Nach dem Gespräch blickte Harry auf die Sanduhr. Das würde teuer werden. Für sein nächstes Gespräch rief er den Kontakt zu Shaikh Nadim Ishaq auf. Es meldete sich jedoch ein Mr. Saaviz Dawud in einer fremden Sprache. Es stellte sich schnell heraus, dass Mr. Dawud Harrys Sprache beherrschte – und offenbar war der Name Harry Potter auch in diesem Land ein Begriff.

„Der Harry Potter?“, fragte Mr. Dawud erstaunt nach.
„Genau der“, bestätigte Harry peinlich berührt. „Ich melde mich bei Ihnen, weil ich eine Einreisegenehmigung benötige.“
„Das kommt überraschend, Mr. Potter. Wir können sicherlich etwas erreichen, aber nicht mehr heute. Ich kann jedoch schon einiges vorbereiten. Was ist der Grund Ihres Besuches?“
„Ähm, ich möchte eine Person identifizieren.“
„Jetzt machen Sie mich neugierig, Mr. Potter. Darf ich Genaueres erfahren?“
„Es geht um die Person, die bei der Explosion in der Nähe von Medina gefunden wurde. Ich glaube, dass es sich um Draco Malfoy handelt.“ Stille am anderen Ende der Leitung. Es war zu lange zu still. „Hallo? Steht die Verbindung noch?“
„Mr. Potter“, sagte Mr. Dawud mit einem Male sehr leise, „kommen Sie nicht her.“ Mit viel festerer Stimme sagte Mr. Dawud: „Ihr Einreisegesuch ist hiermit abgelehnt. Guten Tag noch.“ Danach wurde die Verbindung unterbrochen.
„Hallo? Hallo?“ Tot. Die Kugeln in der Sanduhr bewegten sich nicht mehr, um die Kosten zu zählen. „Was sollte das denn bitteschön?“

Beim Sekretär des Botschafters war er auf unfreundlich Weise ohne einen Grund abgeblitzt, aber es gab noch Shaikh Djamal Reza, den Kontaktmann der saudischen Aurorenvereinigung. Ein Kollege, dachte Harry erfreut, bevor er die Schale ein weiteres Mal nutzte.

Shaikh Djamal Reza kannte den Namen Harry Potter ebenfalls und schien von dem Anruf sehr geehrt. Mr. Reza versprach, so schnell wie möglich eine Einladung ans Hotel zu senden, in dem Harry sich aufhielt. Worüber Snape sich damals gern lustig gemacht hatte, brachte manchmal doch Vorteile mit sich. Eine Berühmtheit zu sein konnte einem verschlossene Türen öffnen. Womöglich war Mr. Dawud einfach kein Fan von ihm.

Am Abend bekam Harry einen Anruf von der Rezeption und holte sich gleich daraufhin die Post unten ab. Die Einladung des Aurors Reza war angekommen und galt – Harry blickte nochmals auf das Datum – ab sofort. Auror Reza hatte einen Portschlüssel gesandt und würde den besonderen Gast persönlich empfangen und begleiten.

„Teddy, ist das für dich okay, wenn du alleine zu Abend isst?“
„Wieso? Musst du weg?“
Harry nickte. „Eine Angelegenheit im Nachbarland.“
„Saudi-Arabien.“ Teddy hatte das Gespräch zwischen seinem Patenonkel und Onkel Ron mitgehört.
„Ich werde spät abends wieder zurück sein.“
„Kein Problem“, versicherte Teddy.
„Wenn irgendetwas passieren sollte …“
„Ich komme schon klar.“ Einen Augenblick überlegte Teddy, wie Harry es gemeint haben könnte. „Und wenn du nicht zurückkommst, rufe ich Onkel Ron an.“
„Ich hoffe sehr, es wird gar nichts passieren.“ Und er hoffte außerdem, dass er sich irrte und es sich nicht um Malfoy handelte.

Den Portschlüssel benutzte Harry im Hotelzimmer. Wenige Minuten später materialisierte er sich in einem Raum, in dem ein gutaussehender Herr mit weißem Umhang und gesenkten Zauberstab auf ihn wartete. Auf den zweiten Blick glaubte Harry, dass es sich um den Herrn hanelte, mit dem er gesprochen hatte. Zwei Wachen waren anwesend. Ohne zu fragen wurde Harry mit einem Zauberspruch auf seine Identität überprüft. Es bestand kein Zweifel, er war Harry Potter.

„Der Überfall tut mir leid, Mr. Potter, aber ich musste sichergehen“, sagte der gutaussehende Mann, der sich gleich darauf vorstellte. „Wir haben miteinander gesprochen. Mein Name ist Reza.“ Harry nahm die entgegengestreckte Hand und schüttelte sie einmal kurz.
„Ich möchte mich bei Ihnen bedanken, Mr. Reza. Es lief alles so unkompliziert.“
„Gern geschehen, Mr. Potter. Auch unser Land schuldet Ihnen etwas. Ich bin froh, Sie bei uns begrüßen zu dürfen. Nur wenige Zauberer aus dem Ausland durften sich bisher so glücklich schätzen, eine Einladung erhalten zu haben. Folgen Sie mir doch bitte.“

Man führte ihn hinaus aus dem Raum. Sofort fand sich Harry in einem für magische Menschen öffentlichen Gebäude wieder, das ihn sehr an das Zaubereiministerium erinnerte. Wenige Schritte von dem Besucherraum entfernt lag Rezas Büro.

„Wenn Sie mir erklären könnten, warum Sie so dringend unser Land aufsuchen wollten?“, fragte Auror Reza, der Harry einen Platz anbot.
Die Zeitung hatte Harry mitgebracht, die er dem Auror nun zeigte. „Ich möchte diesen Mann identifizieren.“ Reza griff zur Zeitung und las den Artikel, während Harry erklärte: „Ich bin mir zu 99 Prozent sicher, dass es sich um einen ehemaligen Schulkameraden von mir handelt. Deswegen wollte ich ihn mir ansehen.“
„Oh, verstehe. Er ist auch ein Zauberer?“ Harry nickte und nahm Reza die Zeitung wieder ab. „Ich werde Sie natürlich begleiten, Mr. Potter. Denn sollte es sich um einen Ihrer Freunde handeln“, Harry legte keinen Widerspruch ein, „dann muss er so schnell wie möglich aus dem Muggelkrankenhaus raus.“
„Haben Sie denn ein Krankenhaus für Hexen und Zauberer?“
Ein Mundwinkel von Reza zuckte. „Nein, leider nicht. Sie müssen wissen, Mr. Potter, dass das magische Volk und das Muggelvolk nicht sehr … Wie soll ich das nur erklären? Wir interagieren so wenig wie möglich miteinander, genau genommen gar nicht. Wir sind uns spinnefeind.“
„Tatsächlich? Das wusste ich gar nicht.“
„Die saudische Muggelwelt verfolgt Hexen und Zauberer. Magie steht unter Todesstrafe, daher muss ich Sie begleiten, damit Ihnen nichts geschieht. Und deshalb muss Ihr Bekannter schnell in Sicherheit gebracht werden, bevor die Muggel misstrauisch werden.“
Langsam bekam Harry Muffensausen. „Dann sollten wir besser keine Zeit verlieren.“
„Warten Sie einen kleinen Moment. Wir werden sechs Auroren mitnehmen, die allesamt die Umgebung im Auge behalten. Die Kommunikation mit den Muggeln ist etwas“, er wedelte mit einer Hand umher, „anstrengend. Lassen Sie mich meinen Männern kurz ein paar Anweisungen geben. Um etwas bei den Ärzten erreichen zu können, müssen wir verdeckt mit Manipulationszaubern arbeiten.“

Aus seiner Aurorenausbildung wusste Harry, dass diese Art von Zauberei dem Imperius glich und daher in der westlichen Welt kaum Anwendung fand, dennoch für Auroren nicht tabu war. Die saudischen Auroren beherrschten viel mehr Sprüche ohne Zauberstab, denn wenn der Stab entdeckt werden würde, müsste man nicht nur mit einem wütenden Mob rechnen. Reza sprach zudem die von Elias bereits erwähnte Religionspolizei an, die die Traditionen und Regeln des Landes wahren sollten. Ein paar üble Gesellen, wie Reza schilderte. Die Besprechung mit den anderen Auroren war kurz, beinhaltete jedoch alle wichtigen Aspekte.

„Wir müssen erwirken“, sprach Reza zu seinen Auroren, „dass Mr. Potter den Patienten nicht nur sehen darf, sondern er auch als sein Vormund eingetragen wird.“ Die sechs Männer, einer breitschultriger als der andere, nickten. „Außerdem müssen wir einen glaubwürdigen Abtransport vorgaukeln. Dafür benötigen wir später einen unserer Ambulanzwagen.“
„Schon erledigt, Sir.“
„Gut, dann kann es losgehen.“ Reza wandte sich nochmals an Harry. „Behalten Sie Ihren Zauberstab immer bei sich, egal was passiert – ziehen Sie ihn nie!“

Der Weg ins Krankenhaus wurde auf Muggelart angetreten: mit dem Wagen. Beziehungsweise mit zwei Wagen. Den einen fuhr Reza selbst, Harry als Beifahrer, während die sechs Auroren in einem weiteren Gefährt dicht hinter ihnen blieben.

„Da sind wir schon. Jetzt müssen wir nur noch einen Parkplatz suchen.“ Einige Male fuhr Reza mit dem alten Auto im Kreis, bis er endlich ein herausfahrendes Fahrzeug bemerkte und den Blinker setzte. „Sie müssen denken, wir arbeiten völlig altmodisch.“
„Nein, tu ich nicht. Wenn es so ist, wie sie es erzählt haben, dann verstehe ich, dass man sich den Muggeln anpassen sollte.“

Einen Augenblick später fanden Rezas Kollegen ebenfalls einen Platz und parkten ihren Wagen. In einigem Abstand folgten die Männer den beiden, die zunächst zur Rezeption gingen und dem Herrn den Zeitungsartikel zeigten. Ein Doktor wurde gerufen, der sich Harrys Geschichte anhören wollte.

„Wir machen zusammen Urlaub in Ägypten“, log Harry den Arzt an, ohne rot zu werden. „Mein Patensohn, mein Bekannter und ich. Ich weiß nicht, wie Mr. Malfoy hier hergekommen ist, Sir. Der Mann auf dem Bild sieht jedenfalls aus wie er, deswegen bin ich hier.“
Der Doktor hob eine Augenbraue und in diesem Augenblick bemerkte Harry dessen glasigen Blick, was das Resultat eines versteckten Manipulationszaubers war. „Ich verstehe, Mr. Potter. Folgen Sie mir doch bitte, damit Sie den Mann vollends identifizieren können.“

Gesagt, getan.

Wenige Minuten später stand Harry zusammen mit Reza in einem Gang – die sechs Auroren huschten unauffällig in näherer Umgebung umher. Der Doktor war zunächst in einem der Zimmer verschwunden. Als sich eine andere Tür öffnete, traten zwei Schwestern hinaus. Harry warf zufällig einen Blick auf eine regungslose Patientin mit verdecktem Gesicht. Als die Schwestern außer Hörweite waren, erklärte Reza das Gesehene.

„Die Muggel nehmen Ihre Religion so ernst, dass sogar eine im Koma liegende Frau ihren Schleier durchweg ordentlich tragen muss.“ Reza hielt inne, als der Doktor wieder aus dem anderen Raum heraustrat.
„Mr. Potter, Mr. Reza, Sie dürfen eintreten.“ Der Doktor begleitete die beiden ins Zimmer.

Automatisch steuerte Harry auf den Patienten zu, dessen Gesicht bandagiert war. Ein einziger Blick genügte. Auf der Stirn des Schlafenden klebten ein paar weißblonde Haare an einer frischen Schürfwunde. Das Kinn des jungen Mannes verlief spitz zu, was ihm schon damals in der Schule ein leicht feminines Aussehen gegeben hatte. Die Lippen waren so formschön geschwungen wie der Bogen eines Schützen. Nur die Haut war blasser denn je; kreidebleich.

„Das ist er!“ Harry war sich sicher. Noch konnte er es gar nicht fassen, dass er nicht nur Draco nach all den vielen Jahren wiedersah, sondern auch noch unter solch ungewöhnlichen Umständen. Das Gefühl, das Harry verspürte, konnte er nur als surreal bezeichnen, beinahe so, als hätte er Drogen genommen. Hier stand er nun, am Krankenbett seines ehemaligen Mitschülers und Gegenspielers, und fragte sich, was dafür gesorgt haben könnte, dass Draco so dermaßen übel zugerichtet worden war. Das würde er nicht mal seinem ärgsten Feind wünschen – und diesen Titel hatte Draco sechs Schuljahre lang unangefochten getragen.

„Meine Güte, was ist nur geschehen?“, murmelte Harry.
„Sind Sie miteinander verwandt?“, fragte der Doktor, der Harry Frage nicht gehört zu haben schien.
Reza, der hinter dem Arzt stand, nickte Harry einmal zu, sodass er log: „Er ist mein Cousin.“ Das könnte sogar stimmen, denn laut Sirius gab es keine reinblütige Zaubererfamilie, die nicht irgendwie miteinander verwandt war. Draco war sogar mit Sirius verwandt … Ein Großcousin? Aber das stand momentan nicht zur Debatte. „Wie geht es ihm?“
„Er hat schwere Verbrennungen zweiten und dritten Grades. Bisher hat er das Bewusstsein noch nicht wiedererlangt, was gut für ihn ist. Die Schmerzen wären unerträglich.“
Ungläubig blickte Harry den Doktor an. „Haben Sie denn keine schmerzlindernden Mittel?“
„Wir haben nur wenig Geld bei ihm gefunden, geschweige denn Informationen über eine Krankenversicherung.“
Harry grummelte wütend. „Ich bezahle für ihn“, sagte er übereilt, denn er hatte keine Saudi-Rial bei sich, nur ägyptische Pfund. „Ich müsste nur Geld umtauschen gehen“, sagte er im Anschluss.
„Außerdem“, Reza richtete das Wort an den Muggel-Arzt, „möchten wir ihn in ein anderes Krankenhaus verlegen, sodass er demnächst mit Mr. Potter wieder nach Hause fahren kann.“
„Und Sie sind …?“, fragte der Doktor.
„Regierungsmitarbeiter.“

Reza hielt dem Mann einen gefälschten Ausweis unter die Nase, der dank des Manipulationszaubers nicht angezweifelt wurde. Auch Harry warf einen Blick auf Rezas Ausweis. Die arabischen Schriftzeichen konnte er nicht lesen. Nachdem der Arzt die beiden an Dracos Bett allein gelassen hatte, erklärte Reza: „General Intelligence Directorate of Kingdom Saudi-Arabia.“
„Sie scherzen?“, fragte Harry mit todernster Miene. „Saudischer Muggel-Geheimdienst? Haben Sie keine Angst, dass Sie irgendwann mit“, er machte eine kurze Pause und drosselte seine Lautstärke, „Muggel-Kollegen zusammentreffen? Das könnte unangenehm werden.“
„Dafür habe ich ja meine Leibgarde dabei“, scherzte Reza, der damit auf die sechs Männer anspielte, die sich immer in der Nähe ihres Vorgesetzten aufhielten.

Die Aufmerksamkeit der beiden Männer war schnell wieder bei dem Mann, der in dem Bett lag. Vorsichtig hob Harry das Ende des Verbands an, das über Dracos Wange lag, um sich einen kleinen Überblick über die Verletzungen zu verschaffen. Die Haut löste sich, klebte direkt am Mull fest. Erschrocken ließ er von dem Stoff ab. Die anderen Patienten aus dem Sechs-Bett-Zimmer wanderten mit ihrem Besuch im Krankenhaus umher, sodass Harry keine Scheu hatte, Draco näher zu begutachten und auch näher an dessen Gesicht heranzugehen. Für Rezas Geschmack war Harry viel zu dicht.

„Was machen Sie da?“, fragte Reza entrüstet.
„Ich rieche“, lautete Harrys knappe Antwort, bevor er eine Nase voll Draco nahm. „Das ist keine normale Verbrennung.“ Harrys Feststellung ließ Reza erstaunt ans Bett herantreten. „Das ist eine Säureverbrennung. Er muss sofort in ein anderes Krankenhaus, sonst wird er hier noch falsch behandelt.“
„Säureverbrennung? Sind Sie sich da sicher?“ Reza roch kurz an dem im Bett liegenden Mann, doch er konnte Harrys Standpunkt nicht nachvollziehen.
„Diese Art der Säureverbrennung ist selten, aber es gibt sie, wenn ein Zaubertrank zum Beispiel zu lange oder gar falsch gebraut wird“, erklärte Harry. „Die Tatsache, dass Mr. Malfoy ein Meister der Zaubertränke ist, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um einen Trankunfall handeln könnte.“
„Ah“, machte Reza erstaunt. „Wir brauen selten, müssen Sie wissen. Shaikh Abbas Aziz, der Herrscher der magischen Welt, unterhält eigene Hexenküchen, in denen man Tränke anfertigen lassen kann. Selbst zu brauen“, Reza schaute sich um, um sich zu vergewissern, dass niemand zuhören konnte, „oder auch nur Trankzutaten zu besorgen ist wegen der Religionspolizei viel zu gefährlich.“

Mit einem Nicken gab Harry zu verstehen, dass er die in diesem Land herrschende Situation gut nachvollziehen konnte. Es war für ihn selbst aber kaum auszudenken, wie es sein würde, sollten die Muggel in Großbritannien die Hexen und Zauberer derart unterdrücken wie hier. Sich hingegen vorzustellen, unter diesen Bedingungen zu leben, fiel dem englischen Magier schwer. In Gedanken war Harry noch bei Dracos Mund, beziehungsweise bei einem Geruch, der seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Nochmals beugte sich Harry zu Draco hinunter. Der Duft war zu gering, war kaum wahrzunehmen, und so blieb Harry nichts anders übrig, als Dracos Mund leicht zu öffnen. Jetzt war er deutlicher. Den Geruch kannte Harry, nur konnte er ihn nicht zuordnen.

„Hören Sie auf damit!“, zischte Reza mit einem Male wütend. „Wenn das jemand sehen sollte … Man würde es für einen Kuss halten!“
„Und wenn schon …“ Sofort bereute Harry seine Gleichgültigkeit. In dem Moment, als in Harrys Gedanken Elias’ angedeutete Warnung bezüglich Homosexualität auftauchte, wurde Reza auch schon deutlicher.
„Sie können von Glück reden, dass Sie ein prominenter Gast in unserem Land sind, Mr. Potter, denn ansonsten würde ich Sie auf der Stelle abführen lassen.“
„Mich abführen? Wieso denn?“
„Wir dulden keine Männerliebe! Weder die Muggel noch wir Zauberer.“ Mit diesem einen Satz hatte sich Reza bei Harry schlagartig unbeliebt gemacht, doch Harry machte eine gute Miene zum bösen Spiel.
„Ich bin nicht homosexuell.“ Langsam glaubte Harry selbst nicht mehr dran, denn Rezas abfällige Bemerkung hatte ihn unerwartet tief getroffen – so tief, dass sich Harry persönlich angegriffen fühlte. „Ich habe erst vor vier Wochen mit meiner Freundin Schluss gemacht.“ Dass er damit die knabenhaft gebaute Catherine meinte, mit der die Beziehung nur eine Woche gehalten hatte, musste er nicht erwähnen. Reza schien durch diese Information jedoch wieder beruhigt zu sein.
„Entschuldigen Sie meine Fehleinschätzung, Mr. Potter.“ Reza räusperte sich verlegen. „Bleiben Sie noch einen Moment bei Mr. Malfoy. Ich kümmere mich darum, dass man die Papiere bringt, damit man Sie zum Vormund bestimmt. Nur so wird eine Verlegung nach Ägypten möglich sein.“

In der nächsten Viertelstunde war Harry ganz allein mit Draco in dem Zimmer. Harry zog sich einen der vier Stühle, die in dem Zimmer standen, an Dracos Bett heran.

„Kannst du mich hören?“, versuchte Harry es auf gut Glück, doch von Draco kam keine Antwort. Sein Brustkorb hob sich langsam und senkte sich wieder. „Was ist nur mit dir passiert?“, murmelte Harry, ohne eine Antwort zu erwarten. Langsam zog er auf der linken Seite die Bettdecke zur Seite, die Dracos Körper bedeckte. Selbst der Unterarm war bis zum Ellenbogen bandagiert. Harry lugte unter den Verband. Man konnte es sehen, das dunkle Mal, doch teilweise war es durch die Brandwunde unkenntlich. Neugierig nahm er Dracos Hand in seine, um sich die Finger genauer anzusehen. Der Handrücken war nur leicht verletzt, die Finger und die empfindlichen Fingerkuppen gar nicht. Unter den Nägeln bemerkte Harry etwas, das dort nicht hingehörte. Mit einer krankenhauseigenen Wegwerf-Nagelpfeile, die er in Dracos Nachttisch entdeckte, entfernte er das dunkle Klümpchen, das er in einem kleinen Plastikbehälter mit Deckel unterbrachte, von dem hier eine Klinikpackung herumlag. Möglicherweise bedeutete dieser Fund gar nichts, doch es könnte genauso gut Licht ins Dunkel bringen.

Die Fragen, die sich Harry stellte, überschlugen sich. Warum ein Tränkeunfall? Draco war in der Schule schon immer sehr geübt im Brauen gewesen. Der Bursche hatte genau gewusst, welche Zutat er in welchem Braustadium heimlich in Harrys oder Nevilles Kessel werfen musste, um eine nicht erwünschte Reaktion hervorzurufen. Ein geschmolzener Kessel oder eine Explosion, für die die Gryffindors regelmäßig Strafpunkte von Snape erhalten hatten, war nicht selten die Folge gewesen. Mit einer Hand kratzte sich Harry hinterm Ohr, während er nachdachte. Wenn es ein Zaubertrankunfall gewesen sein sollte, was machte Draco dann aber in einem Land, in dem selbst die Auroren nie selbst brauten, sondern die Tränkeküchen des Scheichs beauftragten? Irgendetwas stimmte nicht, das fühlte Harry.

An Dracos Handgelenk, kurz bevor der Verband begann, bemerkte Harry eine gerötete Stelle. Vorsichtig drehte Harry die Hand. Wie vermutet reichte die rötliche Stelle einmal rund ums Handgelenk. Mit einem Finger befühlte Harry die Textur der Haut am Puls. Sie war rau, leicht verhärtet. Harry warf die Decke wieder über den Arm, doch nun war der andere dran. Sollte sich auch an diesem Handgelenk die gleiche rötliche Verfärbung zeigen, dann könnte das ein Indiz dafür sein, dass man Draco Handfesseln angelegt hatte.

Harry bemerkte nicht einmal, wie er in den Auroren-Modus übergegangen war. Er war kein Urlauber mehr, kein Tourist – er war ein Auror, der ein Verbrechen witterte. Am anderen Handgelenk fand Harry eine ähnliche Verletzung, die ihm bestätigte, dass man Draco erst kürzlich mit einem rauen Seil gefesselt haben musste. Das allein war natürlich noch kein Verbrechen. Es gab gewisse sexuelle Vorlieben, bei denen Fesselspiele im gegenseitigen Einverständnis …

„Mr. Potter?“
In Gedanken nahm Harry Draco sofort sämtliche Fesseln ab, die er ihm dank seines guten Vorstellungsvermögens nur aus reiner Neugierde angelegt hatte. Der Arzt wartete auf eine Antwort, die Harry ihm gab: „Ja, bitte?“
„Wenn Sie kurz in mein Büro kommen würden? Es geht um ein paar Formalitäten.“
„Sicher.“

Man reichte Harry einige Formulare, die er allesamt nicht lesen konnte. Reza war so nett und übersetzte ihm das Geschriebene, beziehungsweise gab er lediglich einen kurzen Abriss des Inhalts wieder. Ein Herr mit der Kleidung eines Pflegers trat wortlos ein und stellte dem Doktor eine Kiste auf den Schreibtisch, was Harry nur am Rande registrierte, denn er unterschrieb jedes der Formulare genau dort, wo der Arzt die Unterschrift haben wollte. Harry war zwar nicht hilflos und ganz gewiss auch nicht dumm, aber es gab dennoch die geringe Möglichkeit von eins zu einer Million, dass er gerade über den Tisch gezogen worden war und anstelle der Vormundschaft für Draco einen Vertrag für Time-Sharing-Urlaub unterschrieben hatte.

„Jetzt, Mr. Potter, sind Sie der offizielle Vormund Ihres Cousins“, sagte der Arzt, der nun die Kiste heranzog, die der Pfleger hereingebracht hatte. Sie wurde Harry überreicht mit den Worten: „Hier drinnen befinden sich die Gegenstände, die dem Patienten gestern nach der Einlieferung abgenommen wurden.“
„Danke.“
„Nichts zu danken. Es gibt hier um die Ecke einen Mehrzweckraum. Dort können Sie Platz nehmen und einen Blick hineinwerfen“, riet der Arzt, der die beiden hinausbegleitete. „Ich werde mich bei Ihnen melden, wenn ich eine Verlegung verantworten kann, aber das wird eine gewisse Zeit dauern. Ich möchte mich absichern und zwei Kollegen hinzuziehen, die den Zustand des Patienten beurteilen sollen. Wie kann ich Sie erreichen?“
Bevor Harry in die Verlegenheit kommen konnte zu verneinen, zückte Reza bereits eine Visitenkarte, die er dem Doktor reichte. „Festnetz und Mobilfunk sind dort vermerkt. Was meinen Sie, wie lange wird die Untersuchung durch Ihre Kollegen dauern?“
Der Arzt zuckte mit den Schultern. „Genau kann ich es nicht sagen, aber spätestens heute Abend weiß ich, ob meine Kollegen einem Transport von Mr. Malfoy zustimmen.“ Der Arzt deutete nochmals auf die Kiste, die Harry trug. „Den Inhalt können Sie mitnehmen.“

Die Neugierde war so groß, dass Harry sofort in der Kiste nachschauen wollte. In den Habseligkeiten anderer Leute zu kramen war immer spannend, doch da er diese Person kannte und es sich darüber hinaus um Draco Malfoy, seinen langjährigen Gegenspieler handelte, war es noch viel spannender. Reza leistete ihm Gesellschaft. Beide nahmen im leeren Mehrzweckzimmer Platz. Die Gegenstände aus der Kiste legte Harry nach und nach auf den Tisch. Bei einem Stück Papier griff Reza zu.

„Das ist der Bon eines Hotels. Wie es aussieht, wurde ein Auslandsgespräch damit quittiert“, erklärte Reza.
„Auslandsgespräch? Sie meinen, so richtig übers Muggel-Telefon?“, hakte Harry nach.
„Genau das.“ Den Bon legte Reza zurück auf den Tisch. „Ist Ihr Bekannter muggelstämmig?“
Harry schnaufte so verächtlich, wie Draco es wahrscheinlich getan hätte, wäre ihm diese Frage zu Ohren gekommen. Während Harry weiter den Inhalt der Kiste betrachtete, sagte er zu Reza: „Lassen Sie ihn das bloß nicht hören. Er ist reinblütig und verdammt stolz darauf! Ich denke aber schon, dass er sich bei Muggeln zurechtfinden würde.“ Diesmal zog Harry eine seltsame Lochkarte heraus, die er Reza fragend entgegenhielt.
„Der Schlüssel für ein Hotelzimmer“, erklärte der saudische Auror.

Harrys Hotelzimmerschlüssel bestand aus einer Karte, die die Form und Größe einer Kreditkarte aufwies. Die Karte für Dracos Hotelzimmer war weiß, hatte eine Menge Löcher uns sah aus wie ein Teil aus dem Kinder-Baukasten, den Hermine Teddy vor vier Jahren geschenkt haben musste. Das Stück Plastik hatte so wenig Ähnlichkeit mit einem Hotelzimmerschlüssel wie Snape mit Prinz Charming.

„Seltsam, die Karte ist nur am Rand ein wenig geschmolzen, ansonsten unversehrt.“
„Das ist in der Tat seltsam“, stimmte Harry zu, denn er hielt die Reste eines leichten Jacketts in der Hand, das bis auf wenige Stoffreste komplett verbrannt war. „Zu welchem Hotel gehört die Karte?“
Reza blickte noch einmal auf die Rechnung für das Telefongespräch und sagte: „Hotel Rokh. Das ist gar nicht mal so weit entfernt von hier. Es liegt direkt an der Grenze zu Medina.“
„Hotel Rokh“, wiederholte Harry, um sich den Namen einzuprägen.
„Das sagt Ihnen etwas, oder?“ Reza zwinkerte ihm zu. „Der Roch ist damit gemeint. Sindbad hat sich an sein Bein gebunden. Der Vogel ist laut der alten Geschichten von so unglaublicher Größe und Stärke, dass er selbst einen Elefanten durch die Lüfte tragen könnte.“
Seine Assoziation zu dem Phönix Fawkes behielt Harry für sich. „Ich würde gern zu dem Hotel fahren, wenn das in Ordnung ist.“ Weil Reza skeptisch dreinblickte und sogar die Augenbrauen zusammenkniff, erklärte Harry: „Ich möchte nur mal nachsehen … Ein bisschen rumfragen.“
„Das ist ein Muggelhotel, Mr. Potter. Passen Sie auf, wenn Sie was fragen. Einer meiner Männer wird Sie besser begleiten.“ Reza blickte hinter sich. „Rasin!“

Rasin war größer als Harry, was kein Kunststück war, denn aufgrund der wenig nahrhaften und schon gar nicht regelmäßigen Mahlzeiten im Hause Dursley hatte Harry nie einen nennenswerten Wachstumsschub erlebt und somit nie die Ein-Meter-Siebzig-Grenze erreicht, von der er noch vier Zentimeter entfernt war, doch dass Rasin gleich ganze zwei Köpfe größer sein musste als er, das bescherte ihm einen ausgewachsenen Komplex. Harrys vertikale Benachteiligung brachte ihm ab und zu einen steifen Hals ein, wenn er für längere Zeit zu einem Kollegen aufblicken musste. Bei Rasin waren abendliche Nackenschmerzen sozusagen vorprogrammiert.

Während Reza auf einen Anruf der Klinik wartete, machte sich Harry in Rasins Begleitung auf den Weg zum Hotel Rokh. Die Statue eines riesigen Vogels zierte den Brunnen im Eingangsbereich des noblen Hotels. Als er auf die Rezeption zuging, befühlte Harry in seiner Hosentasche die Lochkarte, die als Hotelzimmerschlüssel dienen sollte. Die Telefonquittung trug er ebenfalls bei sich. Er überließ es anfangs Rasin, den Kontakt zur Rezeption aufzunehmen. Aufmerksam hörte Harry zu, als einige Worte fielen, die er verstand, doch das waren nicht viele. Bald sorgte Rasin dafür, dass der Herr an der Rezeption auf Harrys Sprache umstieg.

„Sie möchten Informationen über einen Gast haben?“, fragte der Herr an der Rezeption.
„Ja, Sir. Es geht um Draco Malfoy. Er hat in Ihrem Hotel eingecheckt.“ Harry hoffte, einige aufschlussreiche Hinweise zu erhalten.
„Ich darf Ihnen leider keine Informationen geben. Die Privatsphäre unserer Gäste ist …“
Rasin unterbrach den Hotelangestellten, legte gut sichtbar seinen gefälschten Ausweis des saudischen Geheimdienstes auf die Theke und beendete den angefangenen Satz auf eigene Weise: „… für uns kein Geheimnis. Wann checkte Mr. Malfoy bei Ihnen ein, welches Zimmer nahm er und was ist Ihnen aufgefallen?“
Der Hotelangestellte wich überfordert zurück. „Wenn Sie einen Moment warten würden, Shaikh. Ich würde gern meinen Vorgesetzten hinzuziehen.“

Jener Vorgesetzte war sehr kooperativ, nachdem er Rasins Ausweis gesehen hatte, doch was er zu sagen hatte, machte in Harrys Augen keinen Sinn. Es lag nahe, dass es sich um Übersetzungsfehler handelte. Um einige Dinge zu klären, hakte Harry nach.

„Einen Moment bitte … Jetzt mal ganz langsam.“ Harry hob eine Hand während er fragte: „Wann kam Mr. Malfoy her?“ Die Frage hatte der Vorgesetzte schon beantwortet, doch Harry wollte absolut sicher sein, nichts missverstanden zu haben.
„Mr. Malfoy checkte vorgestern ein.“
Harry nickte. „Und seit wann haben Sie ihn nicht mehr gesehen?“
„Seit heute Mittag, nachdem er auscheckte.“
Völlig baff schaute Harry zu Rasin hinüber, der genauso wenig zu verstehen schien wie Harry. „Sie behaupten, dass Mr. Malfoy heute Mittag noch bei Ihnen war und völlig normal auscheckte?“
Der Chef des Hotels fühlte sich offensichtlich beleidigt. Er faltete locker die Hände und hob den Kopf, bevor er das Wort an Harry richtete: „Ich behaupte das nicht! Ich weiß es, denn ich habe mich persönlich von ihm verabschiedet!“
„Das kann nicht sein!“, hielt Harry dagegen.
„Es ist so! Ich habe mindestens drei Angestellte, die das bezeugen können. Das wäre der Herr, den Sie vor mir gesprochen haben“, der Chef sah kurz zum besagten Angestellten hinüber, „dann noch der Portier und der Chef der Gastronomie. Möchten Sie etwa die Überwachungsbänder sehen?“
Bevor Harry die Chance hatte, den Mann wegen der arroganten Art anzupöbeln, schaltete sich Rasin ein und forderte: „Ich möchte mit den drei Angestellten sprechen. Mr. Potter hingegen möchte sich das Zimmer ansehen, indem Mr. Malfoy residiert hat.“
„Ich muss erst einmal nachsehen, ob es schon wieder vermietet ist …“
„Das ist egal“, verdeutlichte Rasin mit fester Stimme. „Dann müssen die neuen Gäste einen Moment vor der Tür warten.“

Man konnte dem Chef der Rezeption ansehen, dass der nicht mit diesem Vorschlag einverstanden war. Er biss sich auf die Innenseite der Wangen, um mögliche Beleidigungen im Zaum zu halten, denn er war nicht so dumm, dem Geheimdienst diesen Gefallen zu verwehren. Verbittert griff er zu einem Telefon, sprach mit irgendjemand in arabischer Sprache und wandte sich danach wieder an Rasin und Harry.

„Zimmer 205“, zischte der Rezeptionschef durch zusammengebissene Zähne. „Das Zimmermädchen weiß Bescheid. Es ist gerade auf dieser Etage und wird Ihnen die Tür öffnen.“
„Na, geht doch“, murmelte Harry, während Rasin lauter sagte: „Vielen Dank.“

Die beiden entfernten sich ein paar Schritte von der Rezeption, bevor sie miteinander klarmachten, wer welche Aufgabe übernehmen wollte. Außerdem wollte Harry wissen, was Rasin von der Sache dachte. Lange warten musste er nicht. Als Rasin das Wort ergriff, musste Harry den Hals strecken, um dem Mann ins Gesicht blicken zu können.

„Wenn Mr. Malfoy bei einer Explosion gestern Abend verletzt worden ist …“
Harry nickte und vervollständigte den Gedanken: „Wie kann er dann heute Mittag ausgecheckt haben? Genau das macht mir Sorgen!“
„Ich besorge die Überwachungsbänder, Mr. Potter, aber ich befürchte, wir können sie nicht ohne Muggeltechnik abspielen.“
„Dafür finde ich schon eine Lösung“, versicherte Harry.
„In Ordnung. Ich spreche mit den drei Zeugen, die Mr. Malfoy heute noch gesehen haben wollen und Sie …“
„Ich gehe in Zimmer 205 und schaue mich um.“


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Mittwoch, 24.05.
Neue FF von Lily Potter
Zitat
Manchmal nützt es, mich vor all den Leuten lächerlich zu machen, die mich als Autoritätsperson erleben. Auch ich habe nicht auf alles eine Antwort parat, und die Mitarbeiter geben nur ihr Bestes, wenn sie mich nicht für vollkommen halten.
Mike Newell