von Winkelgassler
Das Schloss schien ganz ihr zu gehören. Wie um diese Zeit üblich war niemand anders mehr in den Korridoren unterwegs, abgesehen von den schlaflosen Gestalten der Hausgeister, einigen wenigen Hauselfen und Peeves. Doch auch jener hielt sich mit seinem Schabernack zurück, schließlich gab es auf den Gängen und in den Räumen nun niemanden der von seinen Taten aufgeschreckt und gegruselt werden konnte.
Bei ihr selber hatte er dies lange aufgegeben. Prof Sinistra machte seit nun 10 Jahren die Nacht zum Tag. Das Abendessen wurde zum Frühstück, das Frühstück zum Abendessen.
Es war ein recht einsames Leben dass dieser Rhythmus prägte, doch eines das ihr gefiel. Aufgewachsen im Trubel von zehn Geschwistern hatte sie schon immer die Ruhe, das Alleinsein gesucht. Die Aufnahme in das Haus Ravenclaw war perfekt gewesen, hatte sich hier doch niemand daran gestört wenn sie hin und wieder ganze Wochenenden im Gemeinschaftsraum mit dem Durchstöbern von Büchern der Astronomie verbrachte, ohne ein einziges Wort zu sprechen.
Heute schrieb sie selber solche Bücher, oder viel eher zeichnete sie sie. Stundenlang, wenn das Wetter und die Sicht es erlaubten, saß sie nächtens auf Hogwarts' dachlosem Turm und skizzierte, hielt den Stand der Sterne und Planeten für ewig auf Pergament fest. Für sie war dies keine Arbeit, es war eine Wonne. Viele ihrer Schüler mochten diese Ansicht nicht teilen, dessen war sie sich bewusst.
Als sie in dieser Nacht den Turm erreichte war dieser nicht so leer wie der Rest der Schule. Manchmal traf sie ältere Schüler dort, die den echten Himmel den Aufzeichnungen der Bücher vorzogen um ihre Hausaufgaben anzufertigen. Heute Abend saß jemand anders dort an die Zinnen gelehnt.
Im Dunkel der Nacht war kaum mehr als eine Silhouette auszumachen, selbst für ihre trainierten Augen, doch das leichte Glimmen und der sanft-süßliche Rauch verrieten ihr den Gast.
»Mourecé, was führt dich um diese Zeit hier herauf? Heute mal keine Verabredung in Hogsmead?«
Sie konnte sein dunkles Gesicht kaum sehen, doch mit Sicherheit schmunzelte er zurück.
»Vielleicht ist unser Treff hier oben ja ein Date dass das Schicksal für uns eingefädelt hat. Was sagen deine Sterne wohl dazu?« antwortete er der Hexe entspannt, die in ihrem dunklen Samtumhang mit den Schatten der Nacht zu verschmelzen schien.
»Sie sagen dass es bald zu kalt wird für nächtliche Ausflüge.« gab sie in schneidigem Ton zurück.
»Das sagen dir nicht die Sterne, dass sagen die Kalender und Thermometer meine Liebe.«
»Meine Liebe?« feixte Aurora. »Ich könnte gut und gerne deine Mutter sein. Vielleicht braucht es die mal um dir die Ohren langzuziehen.«
»Pass bloß auf, sonst kommen noch Gerüchte über uns auf.« lachte ihr Gegenüber sanft zurück.
»Bei dem was die Schülerschaft und das Kollegium heute schon über dich tuschelt« erwiderte sie in die Dunkelheit, »würde das keinen Ausschlag mehr geben.«
»Tatsächlich?« Ein tiefer Zug aus der Pfeife folgte, und ließ Mourecés Gesicht kurz im Glimmen der Glut erleuchten.
»Dann hab ich mich wohl langsam wieder hier eingelebt.«
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