von Coin
Die kahlen, feuchten Wände und die nur schwach beläuchteten Gänge sorgten in den Kerkern wie immer für eine unbehagliche Stimmung. Vor dem Zaubertränkeklassenzimmer hatten die Schüler der Häuser Griffindor und Slytherin sich schon in Gruppen zusammengefunden. Die Griffindormädchen standen so weit abseits von den Slytherins wie möglich. Die Jungs aus Slytherin, unter ihnen Theodor Nott, hatten sich auf ihre Schultaschen gesetzt, manche aßen noch die letzten Reste ihres Marmeladebrotes vom Frühstück. Die Cousinen Jessica Snow und Miriam Parker ,die sich praktisch jeden zweiten Tag stritten und sich danach auf dramatische Weise ignorierten, (beide aus Slytherin) waren unter einer Fackel aneinandergerückt und tuschelten hinter vorgehaltenen Händen miteinender, während sie Ashley Clark und Sylvia Roberts unverhohlen höhnisch anstarrten.
Sie standen nah beieinander, unterhielten sich aber nicht, sondern blickten in entgegengesetzte Richtungen. Silvia Roberts, ein stilles Mädchen mit blonden Locken, traf man eigendlich immer alleine an. Ashley Clark, ein kleiner schwarzhaariger Teufel, wie Sirius fand, hatte zwar eine zierliche Statur, aber dafür eine umso schärfere Zunge. Sie sprach nicht oft mit ihm oder James, aber wenn sie überhaupt ein paar Worte wechselten, dann waren diese beleidigend. Aber eines hatte sie mit den vier Freunden gemeinsam - sie alle konnten Severus Snape nicht ausstehen. Das machte sich gerade deutlich bemerkbar. Clark starrte Snape, der zu diesem Zeitpunkt neben Lily Evans an der Klassentür lehnte, mit einem so finsteren Ausdruck in den Augen an, als hätte er sie abgrundtief beleidigt. Vielleicht hatte er das auch, aber Sirius interessierte sich eher für die Tatsache, dass Evans, die sich mittlerweile aufrecht hingestellt hatte, James mit einem so herablassenden, angeekelten Blick bedachte, als wäre er eine tote Spinne auf dem heruntergeklappten Deckel einer Toilette, vor der man keine Angst hatte (weil sie tot war), aber möglicherweise immer noch berühren musste, wenn man erledigen wollte, was man auf Toiletten so macht. James hatte sie mittlerweile bemerkt, ignorierte sie aber gekonnt, indem er sich zu Remus umgewandt hatte, und ihn über die Hausaufgaben ausfragte. Armer James. Er tat Sirius so leid, dass er beschloss, ihm den Vorfall mit dem Messer nicht nachzutragen.
In diesem Moment kam Professor Slughorn, der Zaubertränkelehrer, den Gang entlang auf sie zu und sperrte die Tür auf.
Als Sirius das Klassenzimmer betrat, hatte er das seltsame Gefühl irgendwas vergessen zu haben. Er setzte sich zwischen Remus und James an eine Tischreihe mit vier Stühlen. Einer war unbesetzt.
"Wo ist Peter denn jetzt",fragte James plötzlich.
Jetzt fiel auch Sirius Peters Abwesenheit auf. Irritiert sah er sich im Klassenraum um.
Sie saßen in der dritten Reihe [seit ihrem zweiten Jahrgang hatten sie sich immer in die dritte Reihe gesetzt, weil Remus darauf bestanden hatte (sie hätten sich sonst in die vierte Reihe ganz hinten gesetzt)] auf der Türseite. In der ersten Reihe saßen Evans und Clark, die die Köpfe zusammengestreckt hatten. Es gab sowieso nur einen Grund warum Clark ganz vorne saß und der hatte nichts mit ihrer Interesse am Zaubertränkeunterricht zu tun. Sie hatte sich nur dorthingesetzt weil Evans da war. Die beiden waren (warum auch immer ) beste Freundinnen und das machte sie umso nerviger.
In diesem Moment drehte Clark sich um und taxierte James mit zusammengekniffenen Augen. Dann grinste sie schadenfroh und drehte sich wieder auf ihrem Stuhl um.
Was war das denn. Dieser Standardgedanke erweckte in Sirius gerade nicht das Geringste an Neugier, denn er hatte bemerkt, dass sich jemand neben ihn gesetzt hatte. Und es war -wieder mal- Frank Longbottom, der offensichtlich keine anderen Freunde hatte. So ein Opfer. Sirius hatte ihm noch nicht verziehen, dass er Peter ein Steak genannt hatte. Er hatte zwar etwas zu viel auf den Rippen, aber das gab Frank noch lange nicht das Recht ihn mit einem Steak zu vergleichen.
"Hey Leute", begrüßte Frank uns drei, "ich hoffe es stört euch nicht, dass ich mich zu euch setze."
Doch, mich stört es, dachte Sirius, der kann gleich wieder weg gehen.
Doch bevor es etwas davon aussprechen konnte kam ihm Remus zuvor:
"Ne es stört uns nicht. Peter wird wahrscheinlich sowieso nicht mehr kommen."
Frank strahlte ihn an und begann gleich seine Sachen auf seinem Platz auszubreiten.
Jetzt viel Sirius wieder ein, dass Frank doch Freunde hatte. Sein bester Kumpel Alex Jensen war in Ravenclaw, was erklährte warum Frank in Stunden ohne diesem Haus immer forever alone war.
Da kramte Frank plötzlich in seiner Tasche, zog eine Packung Schokofrösche hervor und begann sie heimlich unter dem Tisch zu essen.
"Hey Frank", wisperte Sirius, "krieg ich auch einen Frosch?"
Frank steckte seine Hand erneut in die Tüte, griff sich einen Frosch und übergab ihn Sirius, der sich grinsend bedankte.
Es sei dir verziehen Frank,dachte Sirius im stillen,aber wenn du nochmal einen meiner Freunde beleidigst, dann bist du drann!
Plötzlich dröhnte eine Stimme durch den Raum:" Ich bitte um Ruhe!"
Das war Slughorn. Er begann den Unterricht.
Snape, der auf der "Slytherinseite" des Klassenraums saß(das war die Bankreihe am Fenster) zeigte jedes Mal auf wenn der Lehrer eine Frage stellte und immer war seine Antwort richtig . Die Meisten davon schien auch Evans gewusst zu haben (das merkte Sirius daran, dass sie Slughorn nicht wie alle anderen verwirrt, und verständnislos anglotzte) doch heute war sie offenbar nicht in der Stimmung Slughorns Fragen zu beantworten.
Sirius schielte zu James der seinen Kopf in die Handflächen gestützt hatte und Evans anstarrte.
Wieder fragte sich Sirius, was bei ihm falschlief, dass er Evans nach einem Date gefragt hatte.
"So", sagte Slughorn und nahm sich einen Turm Pergamente vom Lehrertisch, "bevor wir mit unserem heutigen Thema beginnen, gebe ich euch eure Aufsätze über die Verwendung und Wirkung von Skele-Wachs zurück die ihr letzten Freitag schreiben musstet. Mr Snape - " er stellte sich vor das Pult des Slytherins und suchte sich umständlich seinen Aufsatz aus dem Stapel Pergamente in seinen Armen. "Sie haben natürlich ein 'Ohnegleichen'. Eine präzise und ausführliche Arbeit."
Die nächsten drei Minuten verbrachte er damit, den restlichen Schlangen ihre Aufsätze zurückzugeben und sie kurz zu kommentieren. Danach wandte er sich zu den Griffindors.
"Mr Lupin sie waren auch nicht schlecht. 'Erwartungen' übertroffen", sagte Slughorn als er bei den vier Freunden (und Frank) angekommen war. "Mr Potter, Mister Black ebenfalls mit einem 'Erwartungen übertroffen'. Ich schätze da hat ihnen wohl jemand geholfen oder?" Slughorn zwinkerte Remus zu. "Ob sie wirklich schon auf diesem Stand sind wird sich spätestens bei den Prüfungen bemerkbar machen. Nun denn - Mr Pettigrew", Slughorn drehte sich erneut zu Remus. "Mr Pettigrews Aufsatz ist unter dem Niveau, das ich von meinen Schülern erwarte. Richten sie ihm bitte aus, dass er sich doch ein bisschen mehr anstrengen soll, wenn er mit Positiven Noten durch diesen Kurs kommen will. Ein schwaches 'Schrecklich'." Er gab Remus Peters Aufsatz.
Sirius sah im Geiste Peters geknickten Gesichtsausdruck.
"Hättest du dir nur helfen lassen Pete", dachte Sirius, als Slughorn sich zu Frank gedreht hatte.
"Nun zu Miss Evans", redete Slughorn weiter und huschte zum Tisch in der ersten Reihe, an dem Evans und Clark alleine saßen, "ihre Arbeit ist wie immer ausgezeichnet. Ein glattes 'Ohnegleichen' - Miss Clark", sagte er an das kleine, schwarzhaarige Mädchen gewandt, "einige wesentliche Punkte in ihrer Gestaltung stimmen exakt mit denen von Miss Evans überein. Haben sie von ihr abgeschrieben?"
Clark musterte ihn kurz unschuldig und taxierte seine argwöhnische Haltung.
"Nein Sir", erklärte sie schließlich, "es war nur dasselbe Thema."
Slughorn ließ sich ihre Antwort eine Weile durch den Kopf gehen.
"Ich gebe Ihnen die Chance diese Aufgabe erneut zu bewältigen", sagte er endlich, "aber wenn ich herausfinden sollte dass irgendjemand Ihnen geholfen hat, dann können sie den Rest dieses Monats bei mir nachsitzen."
Gedisst,dachte sich Sirius.
Als er der Zaubertränkelehrer seine Aufmerksamkeit wieder auf die Schüler richtete, stützte Clark ihren Kopf in die Handflechen und sah ihn böse an.
Die restlichen verbliebenen eineinhalb Stunden verbrachten sie damit, in Paaren, einen Zauberertrank herzustellen.
Slughorn hatte ihnen geraten sich einen Stück Stoff um Mund und Nase zu binden, vermutlich da der Zaubertrank unangenehm roch, aber Sirius und James waren harte Jungs und ließen die diesen Schutz eiskalt weg.
Im Nachhinein wünste Sirius sie hätten das nicht getan, nicht nur weil der Trank wirklich enorm Gestunken hatte, sondern auch weil er sich hinterher ziemlich sonderbar fühlte. Der Raum wackelte ein bisschen, und seine Sicht war etwas verzerrt. Und er hatte außerdem einen leichten Brechreiz. Nach einem Blick in James' Richtung nahm er an, dass es seinem besten Freund genauso ging, denn die Farbe war ihm aus dem Gesicht gewichen und er klammerte sich an der Tischplatte fest. Dann lockerte sich plötzlich sein fester Griff und James Hände hingen schlaff hinab, und seine Augen blickten starr ins Leere. Einen kurzen Moment fragte Sirius sich, was plötzlich mit dem Schwarzhaarigen los war, bis es ihn auch erfasste - das drückende Gefühl der Hohlheit. Die Farben um ihn herum wurden etwas blasser und der Raum hörte auf sich zu drehen. Außerdem verschwand das Gefühl sich über James' Schuhe übergeben zu müssen.
Allmählich konnte Sirius den Raum klarer erkennen. Remus war wohl schon vorgegangen. Das Zaubertränkeklassenzimmer war bis auf
die beiden Freunde und Clark, die gerade das Klassenzimmer verließ, leer. Bei dem Anblick fer Slytherin war Sirius eine plötzliche Wut überkommen, dass er fast vergaß dass James noch neben ihm stand. Er setzte sich in Bewegung und lief Clark hinterher.
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