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Fanfiction

Forward to Time Past - Grimmauldplatz Nr. 12

von Sam Chaucer

Sooo, hier ist es... endlich...
Vielen Dank fĂĽr eure Kommis! :-) Sowas freut mich echt immer wieder!

@ lma23: Da ist es, schlieĂźlich und endlich, wie versprochen... Und Fred und George haben wieder mal eine tragende Rolle... ;-)

@ Dr. S: Draco gibt's hier zwar nicht - aber ich hoffe, du magst es trotzdem!

@ Black Lady 66: Stimmt schon, mit der Appariergrenze... Aber andererseits gibt's da auch noch diese Szenen, wenn erst Percy und später dann Fred und George ständig im Haus hin und her apparieren, darum dachte ich, dass man das so machen kann.
Vielleicht gibt's ja fĂĽr Familienmitglieder eine Ausnahmefunktion oder so...

@ Emma_meets_Hermione: Freut mich, wenn's dir gefallen hat! :-)

Vielen Dank an meine Beta Clarice! Und diesmal auch an schumschum, die mir zumindest zum ersten Teil ein paar sehr nĂĽtzliche Anmerkungen gemacht hat! *knuddl*

Ăśbrigens habe ich seit Neuestem auch einen Fanfiction-Thread. Falls ihr mal reinschauen wollt: http://forum.harrypotter-xperts.de/thread.php?threadid=22894&hilight=clarice


Also dann viel SpaĂź!

Man muss immer etwas haben, worauf man sich freut.
- Eduard Mörike -







Harry schaute sich um. Eine enge Gasse zwischen zwei Häusern, ganz in der Nähe vom Grimmauldplatz Nr. 12. Die beste Gelegenheit zum Apparieren; hierhin verirrte sich fast nie jemand, und außer Bauschutt und einigen alten Pappkartons gab es nichts zu sehen.
Mr. Weasley lugte um die Ecke und winkte dann die versammelte Schar zu sich heran. “Keiner da”, meinte er. “Wir können los!”
Der Trupp machte sich auf den Weg durch die verlassene Straße. Alle trugen Muggelkleidung und hatten die Zauberstäbe eingesteckt, aber Harry war trotzdem froh, dass sie niemandem begegneten. Mit den großen Koffern fernab von jedweder Bahn- oder Busstation wirkten sie wahrscheinlich doch recht auffällig.
“Hey Harry!”, sagte Ron plötzlich und stieß ihn an. Harry wandte sich in Richtung von Rons ausgestrecktem Daumen um und sah, dass Fred und George beieinander untergehakt ein paar Meter hinter der Gruppe schlenderten und miteinander tuschelten.
“Was denkst du, was die wieder aushecken?”
“Keine Ahnung”, sagte Harry wahrheitsgemäß. “Aber ich denke mal, es wird irgendwas mit ihrem Laden zu tun haben.”
“Hm”, machte Ron und klang nicht besonders überzeugt.
“Wir sind da!”, sagte Mr. Weasley plötzlich, und die Gruppe hielt an. Vor ihnen ragte der Grimmauldplatz Nr. 12 auf.
Harry schluckte. Die erste Station auf seiner Reise zu Voldemort.
Er trat vor, mühsam seinen schweren Koffer hinter sich her schleppend, und pochte an die Pforte. Eine Minute verging – dann noch eine – Harry hatte gerade die Hand gehoben, um noch einmal zu klopfen, als sich die Tür einen Spalt öffnete und vor ihm etwa auf Hüfthöhe ein schrumpeliger, brauner kleiner Kopf erschien. “Hallo Kreacher”, sagte Harry.
Der Hauself verzog das Gesicht; seine Meinung über seinen neuen Herren und dessen Freunde hatte sich in den letzten Monaten kein bisschen geändert.
Missmutig versetzte er der Tür einen Schubs, sodass sie nach innen aufschwang, drehte sich um und schlurfte in die Eingangshalle. “Schon wieder hier, dieses Gesindel, ständig muss Kreacher sie um sich haben... Wenn nur die Herrin wüsste, wem ihr schönes Haus jetzt gehört, und ihr treuer Kreacher... Ein Halbblut ist jetzt der Herr von Kreacher, und er hat wieder das Schlammblut mitgebracht...”
Harry packte den Elf härter als beabsichtigt an der Schulter und zischte: “Kreacher, unser Gepäck!”
Widerwillig drehte sich die Kreatur um und starrte ihn einen Moment an, bevor sich mit einem Wink von ihm sämtliche Koffer einige Zentimeter über den Boden erhoben. “Dieselben Zimmer wie jedes Mal”, sagte Harry und ließ den Elf, der schon wieder vor sich hin murmelte, einfach stehen. Das konnte ja heiter werden. Er drehte sich zu den anderen um, die inzwischen auch in der Eingangshalle waren. Gerade zog Hermine die Tür hinter sich zu und bemühte sich dabei, möglichst leise zu sein; noch immer hing das Porträt von Sirius' Mutter an der Wand, und bisher war sie nicht aufgewacht.
“Also”, sagte Harry gedämpft mit einem Blick auf seine Armbanduhr, “es ist jetzt halb elf. Der Rest wird erst um halb eins zum Mittagsessen kommen.”
Die anderen nickten, und alle folgten ihren Koffern die Treppe hinauf. Auf dem Flur trennten sich ihre Wege und jeder ging auf sein Zimmer.
Als Harry die Tür hinter sich zuzog, stand sein Koffer bereits vor dem Bett. Er hatte ihn gerade geöffnet und ein paar Kleinigkeiten herausgeholt, da klopfte jemand und Ron trat ein.
“Hi. Ich dachte, wir könnten uns damit ein bisschen die Zeit vertreiben”, meinte er und hielt das Kartenspiel in seiner Hand hoch.
“Super Idee!” Harry zog sein Nachttischchen näher heran und stellte die Lampe auf den Boden.
“Was treibt denn Hermine?”, fragte er.
“Ach, die ist direkt in die Bibliothek abgehauen”, antwortete Ron, während er sich auf Harrys Bett niederließ und die Karten mischte. “Du kennst sie ja.”
Harry nickte, und Ron teilte die Karten aus. “Sag mal, hast du jetzt eigentlich noch mit Ginny geredet?”
Harry schüttelte den Kopf. “Nee, bin ich jetzt nicht mehr zu gekommen.”
“Und was machst du dann jetzt?”
“Ich muss eben warten, bis sie sich meldet. Ich werd's auch versuchen. Es muss halt auf jeden Fall sein, bevor wir nach Riddle Manor gehen.”
Ron antwortete nicht, aber Harry wusste auch so, dass er ihn verstanden hatte und nahm sein Blatt auf.
Beide hatten nicht das Gefühl, dass sehr viel Zeit vergangen war, als Hermine plötzlich ins Zimmer platzte. “Kommt ihr langsam runter? Es gibt bald Essen, ihr könnt beim Tischdecken helfen.”
Harry sah auf seine Uhr. “Was, schon zwölf? Oh, äh – wer kocht jetzt eigentlich?”
“Bill”, sagte Hermine. “Also, kommt ihr jetzt?”
“Jaja”, murmelte Ron. Beide legten ihre Karten weg und folgten Hermine die Treppe hinunter in die Küche, wo tatsächlich Bill am Herd stand und emsig rührte.
“Seit wann kannst du denn kochen?”, fragte Ron und linste seinem Bruder über die Schulter.
“Schon immer!”, antwortete Bill abwesend. “Aber meinst du, ich mache das, wenn Mum da ist?”
Ron zuckte mit den Schultern. “Okay, das sehe ich ein. Und was gibt's?”
“Nudeln. Ihr könnt dann übrigens schon mal den Tisch decken, die Sachen stehen da drüben.”
Die drei trugen Teller, Gläser und Besteck auf, und als sie damit fertig waren, kamen auch schon Fred, George und Mr. Weasley und setzten sich an den Tisch. Mr. Weasley rieb sich die Hände, als Bill das Essen auftrug. “Das riecht ja toll!”
“Danke, Dad”, sagte Bill geschmeichelt.
In diesem Moment schlug die Uhr halb, und da pochte es auch schon an der Tür. “Ich mach auf”, sagte Harry. Er ging in die Halle, öffnete das schwere Portal und sah Professor McGonagall vor sich, ein kleines Reiseköfferchen in der Hand. “Guten Tag, Professor”, sagte er höflich und trat beiseite, um sie hereinzulassen.
“Guten Tag, Mr. Potter.”
“Oh, lassen Sie den Koffer ruhig hier stehen – Kreacher!”
Der Elf kam herbeigeschlurft und kümmerte sich ausnahmsweise kommentarlos um das Gepäck, auch wenn sein Blick Bände sprach. “Du kannst gerade hier bleiben, es werden gleich noch mehr Leute eintreffen”, sagte Harry an ihn gewandt und begleitete Professor McGonagall ins Esszimmer, um gleich darauf zurückzukehren und Neville, Luna und Seamus die Tür zu öffnen, die zusammen gekommen waren. Zehn Minuten später war auch Dean eingetroffen, und von den Ordensmitgliedern waren Tonks, Lupin, Moody, Kingsley Shacklebolt, Mundungus Fletcher und Sturgis Podmore zu ihnen gestoßen. Und Snape. Es bedeutete noch immer eine große Überwindung für Harry, bei einer Begegnung mit ihm nicht seinen Zauberstab zu ziehen. Snape hatte keine Wahl gehabt, er musste damals Dumbledore töten. Das war der Plan gewesen, nur so konnte Snape seinen Unbrechbaren Schwur und seine Tarnung halten, und Dumbledore war durch den Trank aus der Höhle längst zum Tode verurteilt gewesen. Was Snape ihm genommen hatte, konnten kaum zwei Stunden sein, vielleicht weniger. All das wusste Harry, und irgendwie, auch wenn er es sich nicht eingestehen wollte, wusste er auch, dass Snape sich bis heute dafür das Leben zur Hölle machte. Und trotzdem versetzte es ihm einen Stich, ihn dort sitzen zu sehen.
Bill hatte Nudeln und SoĂźe auf je drei SchĂĽsseln verteilt, die gerade herumgereicht wurden, und Hermine, die rechts von Harry saĂź, schaufelte ihm, als er nicht aufpasste, den Teller voll, bevor sie sich selber nahm.
Während der nächsten halben Stunde waren alle mit dem Essen beschäftigt, aber als sich schließlich die Teller und Schüsseln leerten, räusperte sich Harry und stand auf.
Augenblicklich verstummten die Gespräche und Essensgeräusche bei Tisch, abgesehen von Ron, der weiter futterte und dabei zu Harry hinaufschielte.
Harry holte tief Luft und fing an: “Der Grund, warum ich euch heute hergebeten habe, ist Folgender: Momentan befinden sich fünf der sechs Horkruxe in meinem Besitz. Ich weiß nicht mit Sicherheit, welcher der letzte ist, aber ich gehe davon aus, dass es sich dabei um Nagini handelt, Voldemorts Haustier.”
Einige der Versammelten zuckten noch immer zusammen, als Harry seinen Namen nannte.
“Wenn es so ist”, fuhr er fort, “dann sollte es kein Problem sein, beide gleichzeitig zu erledigen. Es sieht so aus – ich plane, so bald wie möglich nach Riddle Manor zu gehen. Und ich habe gehofft, dass ihr alle mit mir kommt.”
Gespannt wartete er auf eine Reaktion, und schließlich sagte Seamus: “Bist du sicher, Harry? Ich meine – du bist nicht sicher, dass der letzte Horkrux diese Schlange ist, oder? Und wenn sie's nicht ist, kann das Ganze ziemlich ins Auge gehen.”
“So ist es. Aber wir haben momentan kaum eine Möglichkeit, das herauszufinden, ohne nach Riddle Manor zu gehen. Es ist riskant, ich weiß. Aber er muss vernichtet werden. Ich gehe, die einzige Frage ist, wer mit mir kommt.”
Ohne den Blick vom Tisch zu heben, sagte Moody: “Er gewinnt jeden Tag neue Anhänger. Je länger wir warten, desto größer wird unser Gegner. Ich denke nicht, dass wir es noch lange herauszögern sollten.”
Hermine schob ihre Hand in Harrys und schaute zu ihm auf. “Was ich im Fuchsbau gesagt habe, gilt immer noch. Ron?”
“Klar, Mann”, sagte er und kämpfte einen Moment mit sich, bevor er schließlich nach Harrys anderer Hand fasste.
Harry sah abwechselnd zu Ron und Hermine herunter. Sein Herz flatterte, und er spĂĽrte einen dicken KloĂź im Hals. Hermine hielt noch immer seine Hand, als sie sich an die anderen wandte.
“Ich würde sagen, wir stimmen ab. Wer ist dafür, dass wir gehen?”
Nevilles Hand schoss in die Höhe, noch vor Moodys. Dann hob Luna nach einem Blick auf Neville achselzuckend die Hand. Dann Professor McGonagall. Die Zwillinge klatschten sich ab, bevor sie sich ebenfalls meldeten. Und schließlich hatte jeder der am Tisch Versammelten seine Hand in der Luft.
Harry verspürte einen leichten Druck in den Augen, als er das sah. Er schluckte, räusperte sich und sagte: “Also dann... Riddle Manor.”
Eine kalte, schnarrende Stimme drang an sein Ohr. “Ich schlage vor, den Dunklen Lord übermorgen aufzusuchen, am Vormittag. Die Hälfte seiner Anhänger wird nicht da sein, wie ich bereits berichtet habe.”
Harry sah hinüber zu Snape, der scheinbar unbeteiligt am Tisch saß und seinen Blick erwiderte, und brennender Hass schoss in ihm hoch. Er spürte, wie sich der Druck an seiner Hand auf Hermines Seite verstärkte. “In Ordnung. Wir machen es so.”
Der Kloß in seinem Hals schwoll an, und er hörte schon nicht mehr das zustimmende Gemurmel am Tisch. Er entwand Ron und Hermine seine Hände und stürzte aus der Essküche, hinaus in den Flur und die Treppe hinauf.
Niemand folgte ihm, und er war froh darum.

Auch den ganzen Nachmittag über traute sich keiner zu Harry. Die Zwillinge hatten sich nach dem Essen als Erste verabschiedet und in ihr Zimmer verdrückt, und nach und nach hatte sich die große Essküche geleert. Über allem lag nun schon seit Stunden eine schwere, drückende Stimmung, und Hermine, die in der Bibliothek saß, ließ mit einem Seufzer das Buch, in dem sie gerade las, in ihren Schoß sinken. Sich ablenken zu wollen war angesichts der Tragweite ihres Vorhabens geradezu lächerlich.
In der großen Bibliothek war es beinahe verboten still, ein Zustand, den Hermine normalerweise sehr schätzte, den sie heute allerdings sehr beklemmend fand. Nicht zum ersten Mal hatte sie den Eindruck, dass dieses Haus ihr die Luft zum Atmen nahm.
Sie stemmte sich aus ihrem Sessel hoch und stellte das Buch an seinen Platz im Regal zurück. Noch ein ganzer Tag. Voldemort die Stirn zu bieten, war eine Sache, aber sie hatte keine Ahnung, wie sie den morgigen Tag überstehen sollte. Ihr Blick wanderte durch den Raum und blieb an der großen Wanduhr hängen. Schon bald zehn. Hermine beschloss, sich in der Küche noch einen Krug Wasser zu holen und dann ins Bett zu gehen. So leise wie möglich verließ sie die Bibliothek, zog die Tür hinter sich zu und huschte über den dunklen Flur. Das würde gerade noch fehlen, wenn sie jetzt Mrs. Black weckte... Zu ihrer Erleichterung gelangte sie jedoch ohne Zwischenfall in die Küche, die bis auf das Herdfeuer, das von Kreacher scheinbar über Nacht am Laufen gehalten wurde, im Dunkeln lag. Vorsichtig ließ sie die Tür ins Schloss klicken, drehte sich um und bekam einen kleinen Schock, als sie die schemenhaften Gestalten von Fred und George entdeckte. Die beiden saßen auf einer Bank vor dem Feuer und starrten in die Flammen. Fred warf ihr einen kurzen Blick zu und wandte sich dann wieder ab.
Hermine schluckte, ihr Herz pochte immer noch heftig. Einen Moment blieb sie stehen, wo sie war, und wartete darauf, dass einer der Jungs etwas sagen würde. Als nichts geschah, ging sie langsam auf die beiden zu und ließ sich zwischen ihnen auf der Bank nieder. “Ich hab euch ja gar nicht gehört”, sagte sie. “Ich dachte, es wären schon alle im Bett.”
“Die anderen schlafen auch schon, glaube ich”, antwortete George.
Einen Moment herrschte Schweigen, und Hermine spürte, wie sie langsam schläfrig wurde. Es war ein aufregender Tag gewesen, und die Wärme des Feuers und der beiden Körper neben ihr tat ihr Übriges. Ohne dass sie etwas dagegen tun konnte, wurden ihre Lider schwer und ihr Atem tiefer...
Mit einem Mal schrak sie hoch; sie hatte gerade noch rechtzeitig gemerkt, dass ihr Kopf sich gefährlich in Richtung von Freds Schulter geneigt hatte. Eine flammende Röte schoss ihr ins Gesicht, und sie knetete nervös ihre Hände im Schoß. Doch keiner der Zwillinge schien etwas bemerkt zu haben. Beide starrten noch immer wortlos ins Feuer.
“Was ist eigentlich los mit euch?”, fragte Hermine in die Stille hinein.
Beide schauten auf.
“Ist es wegen -”
“Nein, eigentlich ist es wegen Kreacher. Weißt du, der Kerl zieht uns total runter”, sagte George.
“Ja, wir können keine Nacht mehr schlafen, wenn wir daran denken müssen, was Kreacher zu uns gesagt hat...”, ergänzte Fred. Auch im Halbdunkel sah Hermine, wie seine Augen aufblitzten.
“Jetzt mal ernsthaft!”
“Ja, es ist wegen übermorgen”, sagte Fred.
Hermine biss sich nervös auf die Lippen. “Ich versteh schon – aber ich denke mal, das geht uns allen so. Mir zumindest. Immerhin... Es werden nicht alle da sein. Wir sind gut trainiert. Ich meine...” Sie brach ab, rang die Hände und hätte sich am liebsten geohrfeigt. Sie hatte doch sonst keine Probleme mit dem Reden!
Aus dem Augenwinkel sah sie, wie George nickte. “Wissen wir. Aber darum geht's nicht. Wir haben keine Angst vorm... Sterben. Es ist nur... Fred, erklär's ihr.”
Fred räusperte sich umständlich. “Also – seit Jack da ist, ist das einfach was anderes.”
Hermine nickte langsam. Da fiel ihr plötzlich etwas ein. “Wisst ihr, ob Harry Ginny noch erreichen konnte?”
“Soweit ich weiß, nicht”, sagte George und wechselte einen Blick mit Fred. “Aber bestimmt schafft er's morgen.”
“Na hoffentlich”, erwiderte Hermine, allerdings eher halbherzig. Vielleicht hätte sie doch bereits vor einer halben Stunde ins Bett gehen sollen. Schon wieder fielen ihr die Augen zu, und diesmal konnte sie nicht verhindern, dass sie für einen Moment einnickte.
Als das leise Scharren der Bank auf dem Steinboden und leichte Erschütterungen sie weckten, stellte sie entsetzt fest, dass George sie auf den Armen trug und offenbar vorhatte, sie ins Bett zu bringen, während Fred sich gerade die Taschen mit Äpfeln voll stopfte.
Peinlich berührt strampelte sie sich von Georges Arm herunter. “Oh, äh... Danke, George, sehr aufmerksam von dir, aber... jetzt bin ich ja wieder wach. Gute Nacht, ihr beiden.”
Mit brennenden Wangen huschte sie hinaus und spĂĽrte dabei die Blicke der Zwillinge im RĂĽcken. So schnell, wie es gleichzeitig leise eben ging, stieg sie die Treppe hinauf und lief in ihr Zimmer. Dort zog sie nur schnell Jeans und Socken aus, bevor sie ins Bett schlĂĽpfte und die Decke bis zum Kinn zog. Die Szene eben kam ihr so unwirklich vor. So hatte sie die Zwillinge noch nie erlebt.
Hermine fühlte sich völlig hilflos, und nachdem sie sich eine halbe Ewigkeit rastlos herumgewälzt hatte, schlief sie mit einem letzten, verzweifelten Gedanken endlich ein.
Wenn schon die Zwillinge in einer solchen Stimmung waren – wie sollten sie alle das jemals schaffen können?

Harry ahnte nichts von Hermines Sorgen, als er am nächsten Morgen gegen neun Uhr aufwachte. Kurz blieb er liegen und genoss ganz für sich einen kleinen, kuscheligen, dösigen Moment.
Dann jedoch schlug er mit einem Ruck die Bettdecke zurück und schwang die Beine aus dem Bett. Sie hatten heute noch eine Menge vor, und trotz der gefährlichen Aufgabe, die vor ihnen lag, durchströmten ihn Tatendurst und eine gewisse Euphorie. Die düstere Stimmung von gestern war wie weggeblasen.
Er hatte ein Ziel, und jetzt war es zum Greifen nahe.
Harry zog sich rasch an, dann trat er beschwingten Schrittes hinaus auf den Flur und machte sich auf den Weg zu Rons Zimmer. Ihn wollte er als Erstes wecken. Doch als er gerade die TĂĽr erreicht hatte, prallte er zurĂĽck.
Kreacher kam ihm entgegen, murmelte wie ĂĽblich vor sich hin und sah dabei gleichzeitig missgelaunt und schadenfroh aus.
“Blutsverräter, der er ist! Ein junger reinblütiger Herr ist er und könnte eine schöne reinblütige Lady heiraten, und doch hat er in seinem Koffer ein Foto von dem Schlammblut...”
Ron stürzte aus seinem Zimmer, auf seinen Wangen zeigten sich rote Flecken. “Halt's Maul, du hässlicher Gnom! Wenn du... Oh...” Die Röte auf seinem Gesicht vertiefte sich, als er Harry erkannte.
“Harry! Morgen. Ähm... Das ist nicht... Ich hab von euch beiden Fotos – in meinem Koffer! Und dein Hauself...”
“...ist ein verdammt hinterlistiger Mistbock!”, ergänzte Harry und hoffte, dass Kreacher es noch gehört hatte. “Schon gut, Ron. Ich wollte eigentlich nur schauen, ob du schon wach bist; sieht fast so aus. Sollen wir Hermine wecken?”
“Nee, nicht nötig. Die ist schon unten und hilft Bill mit dem Frühstück.”
“Na dann... Wann essen wir?”
“Weiß ich doch nicht!”
In diesem Moment ertönte unten ein Klirren und Scheppern, als irgendein Geschirrteil zu Bruch ging, und kurz darauf drang ein unglaubliches Geschrei ins obere Stockwerk. Mrs Black war aufgewacht.
Einen Moment sahen Harry und Ron sich schweigend an, dann sagte Harry trocken: “Wenn sie schon beim Tischdecken sind, kann's nicht mehr lange dauern. Ich würde sagen, ich gehe runter und versuche, die Alte ruhig zu stellen und du machst die Runde und weckst die anderen – falls irgendjemand noch nicht wach ist.”
Ron nickte und machte sich auf den Weg, und Harry stieg die Treppe hinab. Wie war das mit dem Foto in Rons Koffer? Harry schnaubte und schüttelte den Kopf. Da musste was passieren – und zwar bald.
In den nächsten fünf Minuten war er allerdings vollends von Mrs Blacks Porträt in Anspruch genommen. Als er es endlich geschafft hatte, die Vorhänge zuzuziehen, sank er einen Augenblick erschöpft und nach Luft ringend an der Wand nieder. Man sollte nicht meinen, dass das so anstrengend sein konnte. Aber möglicherweise bin ich das Problem ja schon morgen auf wundersame Weise los, dachte er grimmig und stemmte sich hoch.
Er ging hinüber in die Küche, wo Hermine und Bill gerade das Frühstück auftrugen. Beide wünschten ihm einen guten Morgen und sahen den Umständen entsprechend gut gelaunt aus, aber Harry entging nicht, dass Hermines Augen auffällig rot und geschwollen waren.
“Tut mir leid wegen Mrs Black”, sagte sie. “Mir ist ein Teller runter gefallen...”
“Macht doch nichts”, antwortete Harry. “Sieht ja lecker aus, was ihr da habt...”
“Naja, wir brauchen ja ein bisschen Kraft heute!”, sagte Bill munter und stellte eine große Pfanne mit gebratenem Schinken auf den Tisch.
“Ja... Die anderen müssten gleich da sein, ich hab Ron zum Wecken geschickt.”
Die drei setzten sich an den Tisch, und wenig später kamen auch schon die anderen mehr oder weniger verschlafen in die Küche und nahmen ihre Plätze ein. Einige wirkten gefasst und entschlossen, anderen allerdings sah man an, dass das morgige Vorhaben sie nicht gerade optimistisch stimmte. Unter ihnen Neville. Blass und nachdenklich schaufelte er Rührei, Schinken und Toast in sich hinein und schien kaum zu bemerken, was er aß.
Das Frühstück verlief allgemein recht schweigsam, aber das war Harry nur recht – umso schneller konnten sie mit den Vorbereitungen beginnen.
Er war auch der Erste, der seinen Teller zurĂĽckschob, und als nach einer gefĂĽhlten Ewigkeit schlieĂźlich jeder fertig war, stand Harry auf.
“Ich denke, ich muss nicht extra erwähnen, dass morgen ein wichtiger Tag für uns alle wird”, begann er. “Deshalb würde ich sagen, wir nutzen den heutigen Tag, um uns so gut wie möglich vorzubereiten – wir können einige Zauber noch einmal üben, bereitlegen, was auch immer man morgen brauchen könnte, und vor allem den Plan durchsprechen.”
Während seiner kleinen Rede hatte Harry es angestrengt vermieden, Snape anzusehen, der sich nun räusperte und das Wort übernahm.
“Ich würde vorschlagen, dass alle Beteiligten sich jetzt frisch machen oder tun, was auch immer ihnen gerade im Kopf herumgeistert...” Der Blick seiner dunklen Augen ruhte auf Luna, die interessiert das Schnitzwerk am Esstisch betrachtete und dabei mit den Fingern ihre Haare kämmte.
“Wir wollen doch niemanden verlieren, nur weil meine Ausführungen dem ein oder anderen entgangen sind. Versammeln wir uns in, sagen wir, einer Viertelstunde in der Bibliothek.”
Harry, der noch immer stand und dessen Stimmung plötzlich deutlich gesunken war, ballte die Faust. “Interessant zu hören, wie selbstverständlich Sie über mein Haus verfügen”, sagte er scharf.
Augenblicklich wurde es stiller im Raum.
Snape wandte sich langsam Harry zu. Seine Stimme troff vor Sarkasmus, als er antwortete. “Verzeihung, Mr Potter. Ihr Vorschlag?”
“Viertelstunde. Bibliothek”, sagte Harry und schob abrupt seinen Stuhl zurück.
Hermine setzte zum Sprechen an, aber noch ehe sie einen Ton herausbekommen hatte, war Harry schon aus der KĂĽche verschwunden. Sie wechselte einen Blick mit Ron, dann folgten sie beide Harry und fanden ihn in seinem Zimmer, wo er auf dem Bett saĂź und vor sich hin starrte.
“Hey Mann...”, sagte Ron und setzte sich neben ihn.
Hermine kniete sich vor Harry auf den Boden. “Harry, was sollte das? Das war doch... vollkommen unnötig! Was hast du denn davon?”
“Was ich davon habe?”, schnappte Harry. “Nichts habe ich davon! Er macht mich einfach krank! Dieser Mistkerl – das... das ist Sirius' Haus und er ist hier und...”
“Harry!” Hermine schaute eindringlich zu ihm auf. “Wir verstehen dich. Wirklich. Aber das führt doch zu nichts. Wir brauchen ihn nun mal, sonst wäre er nicht hier. Und du machst es für alle Beteiligten nur schwerer, wenn du ihn so offensichtlich ablehnst.”
Harry nickte. “Ich weiß. Ich weiß.” Er stieß die Luft aus und hob die Augenbrauen.
“Keine Sorge!”, sagte Ron und klopfte Harry auf die Schulter. “Morgen ist die Sache erledigt – dann wird er verschwinden und alles ist wieder in Ordnung. Ich meine, wir sehen ihn ja noch nicht mal mehr in der Schule.”
Harry nickte und brachte sogar ein schiefes Lächeln zustande. “Okay. Gehen wir runter und hören uns an, was er zu sagen hat.”
Hermine sah erleichtert aus; scheinbar hatte sie nicht erwartet, dass Harry sich so leicht beruhigen lassen wĂĽrde.
Die drei machten sich auf den Weg nach unten. In der Bibliothek waren bisher nur Luna, Seamus, Professor McGonagall, Neville und Snape.
Harry, Ron und Hermine lieĂźen sich neben ihren Schulkameraden auf und vor dem groĂźen Sofa nieder und warteten.
Es dauerte auch nicht lange, bis die anderen eintrafen, und als schlieĂźlich alle auf Sessel und Sofas verteilt waren, erhob sich Snape. Aus einer Umhangtasche zog er ein StĂĽck Pergament, das sich auf einen Wink seines Zauberstabes hin entfaltete und in der Luft schwebte.
“Das ist eine Karte von Riddle Manor”, erklärte er.
In der Bibliothek war es vollkommen still; wieder einmal gelang es Snape spielend, die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer zu bündeln.
“Der Plan ist denkbar simpel”, fuhr er fort, “sodass ihn eigentlich alle verstehen und auch durchführen können sollten.” Harry hätte schwören können, dass Snapes Blick bei diesen Worten zu ihm herübergeschwenkt war, und beherrschte sich nur mühsam.
“Der Eingang zum Haus ist hier. Natürlich magisch gesichert, aber das können Sie getrost meine Sorge sein lassen”, sagte Snape und tippte mit dem Zauberstab eine bestimmte Stelle auf dem Plan an, der einen Grundriss des Hauses aus der Vogelperspektive zeigte.
“Ich selber werde heute abend aufbrechen und die Nacht dort verbringen... Haben Sie ein Problem, Mr Finnigan?”
Seamus, der begonnen hatte, anzüglich zu kichern, verstummte schlagartig, nur noch seine Mundwinkel zuckten verräterisch. “Nein, Sir.”
Als wäre nichts gewesen, fuhr Snape fort: “Bellatrix Lestrange wird gegen zehn Uhr mit ihrer Entourage zu einem kleinen... Auftrag aufbrechen. Wer genau mit ihr kommt, steht noch nicht fest. Der Dunkle Lord jedenfalls wird mit ungefähr zehn Todessern in Riddle Manor bleiben. Zur Sicherheit, falls es bei Bellatrix irgendwelche Verzögerungen geben sollte, wäre es ratsam, den Überfall frühestens gegen halb elf zu planen. Und damit kommen wir auch schon zu Ihrer Aufgabe. Sie müssen im Grunde nur noch erscheinen, sich Zutritt zum Haus verschaffen und ihre Arbeit tun. Sie werden in der Übermacht sein, daher denke ich, dass ein gut trainierter Zauberer keine Probleme haben dürfte.” Einen Moment sah er unter hochgezogenen Augenbrauen Neville an, der unter seinem Blick merklich zusammenschrumpfte.
“Nagini befindet sich beinahe rund um die Uhr in unmittelbarer Nähe des Dunklen Lords. Was die Räumlichkeiten angeht...”
Noch immer traute sich niemand, Snape zu unterbrechen, trotzdem stieg die Spannung unter den Versammelten spürbar, während er die Aufteilung der Zimmer erläuterte.
Plötzlich hob Hermine die Hand; Ron starrte sie verwirrt an.
“Hermine, das ist nicht mehr dein Lehrer, du musst nicht...”
“Miss Granger?”
“Wie sieht es mit der Gruppeneinteilung aus... Sir?”, fragte Hermine.
“Das überlasse ich ganz dem Urteilsvermögen von Mr Potter”, antwortete Snape und verzog leicht die Oberlippe.
Harry entschied, die bissige Bemerkung zu überhören.
“Ich denke, dass wir in drei Gruppen gehen sollten, nicht mehr. Ansonsten sind wir jeweils zu wenige. Das macht dann also sechs Leute pro Gruppe. Die Aufteilung... Moment, das sollten wir aufschreiben – Hermine, hast du was dabei? Okay... Also, Moody hat von uns allen die meiste Erfahrung, deshalb sollte er die Eingangstür übernehmen. Wen wollen Sie mitnehmen?”
“Für den Eingang werde ich noch mindestens zwei Ordensmitglieder brauchen. Nichts für ungut, Junge. Wie wär's mit euch, Tonks, Remus?”
Die beiden nickten stumm.
“Außerdem Longbottom, Finnigan und Weasley.”
“Welchen?”
“Bill.”
“Okay.”
“Sind Sie sicher, dass es klug ist, ausgerechnet Longbottom an vorderster Front einzusetzen?”, meinte Snape mit einem Glitzern in den Augen.
“Keine Sorge, ich bin sicher, er wird das hervorragend machen”, antwortete Moody.
Neville lief rot an und sah dabei sehr glĂĽcklich aus, wie Harry erfreut feststellte. Snape verzichtete auf eine Entgegnung.
“Damit hätten wir eine Gruppe”, sagte Harry. “Ich gehe mit Ron und Hermine. (Hört, hört!, murmelte Seamus leise.) Dann noch Mr Weasley, Kingsley und Luna, wenn das für alle in Ordnung ist?”
Die anderen nickte, und Hermine sagte: “Dann besteht die letzte Gruppe aus Fred, George, Dean, Professor McGonagall, Mundungus und Sturgis.”
“Genau. Professor Snape, wie kommen wir, abgesehen von der Eingangstür, noch ins Haus?”
Snape schnaubte, als habe Harry ihm gerade eine unheimlich dumme Frage gestellt, und deutete auf die entsprechenden Stellen auf dem Pergament. “Da und da sind Fenster, die ich entsichern kann. Ich werd's einfach Nott in die Schuhe schieben, der ist dafür nämlich zuständig. Und es gibt noch einen Kellereingang. Wenn Sie den benutzen wollen, würde ich dafür die dritte Gruppe vorschlagen, denn der Schutzzauber, mit dem er belegt ist, dürfte in Ihr Spezialgebiet fallen, Minerva.”
“Gut, dann nehmen wir das Fenster auf der Rückseite des Hauses”, sagte Harry. “Noch irgendwelche Fragen?”
Es gab keine, und so löste sich die Versammlung nach und nach auf. Harry spürte wieder etwas von der erwartungsvollen Aufbruchsstimmung, die er morgens gehabt hatte – und einigen anderen ging es offenbar ähnlich. Die Erwartung des morgigen Tages lag beinahe greifbar in der Luft, und innerhalb von zehn Minuten stand der Grimmauldplatz Nr. 12 Kopf.
Die Zwillinge wuselten nach oben zu ihrem Zimmer. Hermine hatte sich Ron vorgeknöpft und schien entschlossen, auf den letzten Drücker noch so viel Wissen wie möglich in ihm unterzubringen - “Du erinnerst dich schon noch daran, wie du den Zauberstab halten musst, wenn du einen Stupor abwehren willst, oder?”. Moody hatte sich im Sessel niedergelassen und polierte andächtig seinen Zauberstab. Luna hatte begonnen, ein kompliziert aussehendes Amulett aus mitgebrachten Grashalmen und Nussschalen zu basteln. Seamus hatte den gesamten Inhalt seiner zahlreichen Umhangtaschen auf den Küchentisch entleert und suchte fieberhaft nach seinen Rauchbomben. Lupin, Tonks, Bill und Mr Weasley hatten sich in der Eingangshalle zu einer kleinen Traube zusammengefunden und unterhielten sich angeregt über den geplanten Überfall. Snape stapfte mit wehendem Umhang die Treppe hoch und erschreckte Dean Thomas, der ihm fast in die Arme gelaufen wäre. Und in all dem Trubel irrte Neville umher und raufte sich die Haare.
“Hey Neville, stimmt was nicht?”, fragte Harry.
“Ach weißt du – ich bin irgendwie nicht sicher wegen meinem Stupor!”, jammerte Neville. “Ich würde eigentlich gern noch ein bisschen üben, aber ich weiß nicht...”
“Ich glaube, da hab ich was für dich!”, sagte Harry und schob Neville vor sich her bis zum Porträt von Mrs Black, die sich bereits wieder warm redete.
Mit einem beherzten Ruck riss Harry den Vorhang beiseite. “Daran kannst du üben, so viel du willst!”, brüllte er gegen das augenblicklich einsetzende Geschrei an.
“Danke, Harry!”, brüllte Neville zurück und begann, Flüche gegen das Gemälde zu schleudern.
Eigenartig zufrieden machte sich Harry wieder auf den Weg in die Bibliothek. Das Geschnatter, Getrappel, das Zischen von Nevilles Flüchen und das Geschrei von Mrs Black vermischten sich zu einer ganz besonderen Geräuschkulisse. So musste es wahrscheinlich klingen, wenn man dabei war, Lord Voldemort die Stirn zu bieten. Harry lachte leise.
Als er bei der Bibliothek anlangte, kam ihm gerade Ron entgegen. “Ich werd lieber mal bei Fred und George anklopfen und mir ein paar Kracher oder sonstwas geben lassen. Nur so zur Sicherheit.”
Und schon war er weg, gerade noch rechtzeitig, bevor Hermine ihm hinterher kam. “Harry! Hast du eine Ahnung, wo Ron hin wollte?”
“Soweit ich weiß...”
Da drang plötzlich aus dem oberen Stock ein Gebrüll, das sogar Mrs Black übertönte, und ließ Harry verstummen.
“Das ist doch nicht zu glauben! Sowas kann ja nur von euch kommen, das ist doch...”
Harry tauschte einen Blick mit Hermine, und die beiden rannten los. Oben stand Ron in der geöffneten Tür von Freds und Georges Zimmer und keifte.
“Ich hab's geahnt! Ach du Scheiße, das war so klar!”
“Ron, was ist denn los?”, fragte Harry und fasste ihn an der Schulter.
“Das ist los!”, brüllte Ron viel zu laut neben Harrys Ohr und deutete mit weit ausholender Geste in den Raum.
Auf dem Bett saĂźen Fred und George und sahen aus wie auf frischer Tat ertappt. Und neben dem Bett stand Ginny und kochte vor Wut.
“Halt mal die Luft an, Ron, das ist echt meine Sache!”
“Du sollest gar nicht hier sein!”
“Ich bin aber hier, und ich komme morgen mit!”
“Nein, du bleibst hier!”
“Ich komme mit, ob's dir passt oder nicht!”, kreischte Ginny, und ihre Stimme überschlug sich.
Harry starrte sie wie vom Donner gerührt an. “Ginny, das ist wirklich nicht klug...”
“Ja, fang du auch noch an!”, schrie Ginny. “Ich bin gerade mal ein Jahr jünger als ihr!”
Hermine versetzte Harry genervt einen Schubs und drängte sich an ihm vorbei.
“Hi Ginny!”, sagte sie, als wenn nichts Besonderes wäre, und umarmte ihre Freundin. “Also dann, Riddle Manor?”
Ginny nickte.
“Hermine, das kann doch nicht dein Ernst sein!”, sagte Ron empört. “Da – da soll sie zu Hause bleiben und dann kommt sie her und...”
Hermine warf ihm einen bitterbösen Blick zu. “Ginny kann mindestens so gut kämpfen wie wir alle”, sagte sie kühl, nahm Ginny an der Hand und zog sie mit sich zu ihrem Zimmer.
Ron wollte sich gerade auf Fred und George stĂĽrzen, aber Harry gelang es, ihn wegzuzerren.
“Lass gut sein. Der Punkt geht an Hermine.”
Ron schäumte noch immer. “Die Säcke! Die haben sie doch nicht alle, ihr dabei auch noch zu helfen!” Ron riss sich von Harry los, stampfte in sein Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu.
Leicht konfus irrte Harry wieder nach unten, wo Luna inzwischen ungeniert Neville anhimmelte, der verschwitzt, aber wild entschlossen immer noch gehen Mrs Black kämpfte.
Professor McGonagall hatte sich zu ihm gesellt und korrigierte von Zeit zu Zeit seine Haltung.
Harry lächelte leicht und zog sich in die Bibliothek zurück, die inzwischen menschenleer war.
Die erwartungsvolle Stimmung war den ganzen Tag über spürbar. Mittags machte Bill einen riesigen Auflauf, dessen Reste auch noch für das Abendessen ausreichten, allerdings hatten die meisten keinen besonders großen Appetit. Ron war irgendwann wieder aus seinem Zimmer gekommen und starrte finster vor sich hin, denn Ginny saß jetzt auch mit am Tisch und ignorierte ihn komplett. Niemand sagte etwas über Ginnys plötzliches Erscheinen, und Harry war froh, dass ihnen auf die Art ein neuer Streit erspart blieb.
Als der Tag sich seinem Ende zuneigte, schmollte Ron immer noch. Harry hatte es nach einigen Anläufen aufgegeben, mit ihm zu reden. Nicht, weil er nicht seiner Meinung war, sondern eher gerade weil er Rons Meinung war, nämlich, dass Ginny überall eher hingehörte als nach Riddle Manor, und dadurch hatte er Rons Schimpftiraden, abwechselnd auf Ginny und auf die Zwillinge, nicht viel entgegenzusetzen.
Harry seufzte, als er sich auf der Treppe niederließ. Er hatte noch immer nicht mit Ginny geredet. Den ganzen Tag war er zu beschäftigt gewesen... Und zwar damit, nach Ausreden zu suchen, wenn er ehrlich war. Er hatte Angst vor dem Gespräch mit Ginny. Und nicht mehr viel Zeit, um sich endlich dazu durchzuringen.
Im Haus war es langsam wieder still geworden. Das Porträt von Mrs Black schlief (und hing, zu Harrys großem Kummer, trotz Nevilles Bemühungen noch immer an der Wand), Kreacher hatte sich schon vor einiger Zeit verdrückt, und einige waren schon zu Bett gegangen. In der Küche hörte Harry noch die Ordensmitglieder miteinander reden.
In diesem Moment knarrte die Tür zur Bibliothek, und Harry schreckte hoch. Es war jedoch nur Mr Weasley, und Harry entging nicht, dass er blass und abgekämpft wirkte.
“Harry!”, sagte Mr Weasley vollkommen konfus und hätte ihn beinahe über den Haufen gerannt. Erschöpft fuhr er sich mit der Hand über die Augen. “Ich habe gerade mit Molly geredet.”
“Heißt das, Ginny kommt mit?”
“Ja. Das war nicht einfach, kann ich dir sagen!”
Harry wusste nicht, was er antworten sollte, und starrte auf den Boden.
“Hey, machst du dir etwa Sorgen?”, fragte Mr Weasley.
Harry nickte. “Ich – ich denke nicht, dass wir Ginny mitnehmen sollten”, sagte er stockend.
Mr Weasley lieĂź sich neben ihm auf der Treppenstufe nieder.
“Harry, ich mache mir auch meine Gedanken. Über Ginny und Ron und Bill. Und Fred und George. Und auch über dich und Hermine.”
Harry hob ĂĽberrascht den Kopf.
“Aber weißt du, ich kann meine Kinder nun mal immer vor allem beschützen, auch wenn ich das gerne will. Und am allerwenigstens kann ich sie vor sich selbst beschützen”, fuhr Mr Weasley fort.
“Ihr seid jetzt erwachsen. Ginny ist es zwar noch nicht auf dem Papier, aber ansonsten schon. Sie trifft jetzt ihre eigenen Entscheidungen, und alles, was ich tun kann, ist, sie dabei zu unterstützen.”
Harry nickte. Komischerweise verstopfte ihm gerade ein dicker KloĂź den Hals.
Mr Weasley tätschelte kurz seine Schulter und erhob sich. “Das wird morgen ein langer Tag. Du solltest nicht mehr so lange auf bleiben.”
“Ja, ich gehe dann auch bald schlafen”, sagte Harry, trotzdem saß er noch eine Weile, nachdem Mr Weasley gegangen war, auf der Treppe.
Als er schließlich spürte, wie seine Gelenke steif wurden, raffte er sich endlich auf. Er war inzwischen tatsächlich müde geworden. Es war insgesamt doch ein hektischer Tag gewesen.
Aber als er sich gerade in Richtung seines Zimmers aufmachen wollte, hörte er ein schabendes Geräusch, das seinen Ursprung scheinbar in einer dunklen Ecke unter der Treppe hatte.
Harry blieb mit angehaltenem Atem stehen und lauschte. Da war es wieder! Er hatte keine Ahnung, was das sein könnte. Harry zog seinen Zauberstab und folgte vorsichtig den Geräuschfetzen, die ihn leiteten. Wahrscheinlich war es ja ganz harmlos, aber es war doch besser, nachzusehen, bevor er ins Bett ging.
Unter der Treppe war es stockfinster. “Lumos!”, flüsterte Harry. An der Spitze seines Zauberstabes flammte ein fahlblaues Licht auf, und nun bot sich ihm eine verwirrende Szene.
Keine zwei Meter von ihm entfernt standen Neville und Luna eng umschlungen in einer Ecke und hatten ihn bis eben nicht bemerkt. Jetzt erst unterbrach Luna den Kuss und sah Harry erstaunt an, die Arme immer noch um Nevilles Hals geschlungen.
Diesem brach augenblicklich der Schweiß aus. “Äh...”
“Harry!”, sagte Luna mit glockenheller Stimme. “Bist du noch nicht im Bett?”
“Öhm – nein. Ich hab ein Geräusch gehört...”
“Ach so. Naja... Ich wollte jedenfalls meinen ersten Kuss unbedingt noch heute kriegen”, meinte Luna mit leuchtenden Augen. Neville grinste schief, und Harry grinste zurück.
“Na, dann lasse ich euch mal wieder allein!”
Kurz bevor er das Licht an seinem Zauberstab erlöschen ließ, sah er noch, wie Luna Neville wieder zu sich heran zog, dann huschte er um die Ecke und die Treppe hoch.
Als er dann im Bett lag, grinste er immer noch vor sich hin. Was fĂĽr ein verrĂĽckter Tag, dachte er. Was fĂĽr ein verrĂĽckter, merkwĂĽrdiger Tag. Aber irgendwie... sehr interessant. Und mit diesem Gedanken schlief er ein.


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