von Mabji
@ Stella: Ja, tut mir leid, wird nicht wieder vorkommen! :-) Ich hoffe, dass heutige Kapitel gefällt dir auch! Es ist mal was anderes und heute wird das Geheimnis um Annabells Mutter gelöst! Danke für deine Rückmeldung! LG deine Mabji
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“3... 2... 1... Legilimens!”, sagte Severus und drang augenblicklich sanft in Annabells Gedankenwelt ein.
Sie hatten heute Morgen endlich damit begonnen Okklumentik zu lernen.
Das war auch bitter nötig gewesen, denn Frangoulis hatte Annabell in den letzten zwei Tagen immer wieder aufgelauert, obwohl Severus selbst meist in ihrer Nähe gewesen war.
Das schien seinen Kollegen aber überhaupt nicht zu interessieren!
Er war sogar dazu übergegangen Severus vollkommen zu ignorieren, doch das machte es für Annabell nicht besser, sondern eher noch schlimmer, denn Frangoulis konzentrierte seine ganze Aufmerksamkeit jetzt nur noch auf die junge Frau.
Was wirklich grusselige Züge annahm!
Annabell selbst hatte natürlich nicht immer verhindern können, dass sie ihm doch mal in die Augen gesehen hatte. Panisch hatte sie jedes Mal sofort reagiert, wenn sie den Druck im Kopf spürte, welchen Severus ihr beschrieben hatte.
Einmal hatte sie dem Lehrer eine Menge Wasser ins Gesicht geschleudert, beim nächsten Mal hatte sie ihm gegen das Schienbein getreten und zu guter letzt war sie dazu übergegangen einen so hellen Lichtblitz zu verursachen, dass man Minuten lang geblendet war, wenn man nicht schnell genug die Augen schloss.
Severus fand es beeindruckend, wie schnell sie es schaffte zu reagieren, bevor der Mann wirklich in ihren Kopf hinein kam, aber dennoch wäre es einfach günstiger, wenn sie ihren Geist richtig schützen könnte.
Also hatten sie heute Morgen damit angefangen.
Es war ohnehin ein Sonntag und Severus hatte alle Unterrichtsvorbereitungen schon gestern erledigt.
Nun erschienen in seinem Kopf Bilder, die nicht ihm gehörten. Annabell, die völlig nackt auf einem großen Bett lang und ihm ihren verführerischen Po hinhielt.
Severus konnte nicht anders als erregt zu stöhnen und schon in der nächsten Sekunde war er wieder aus ihrem Kopf geflogen, weil seine Konzentration zu sehr nachgelassen hatte, bei diesen Bildern.
Effektiv, aber nicht das, was sie eigentlich machen sollte, daher schüttelte er den Kopf.
“Annabell, du sollst eine Mauer bauen und mich nicht mit deinem Körper ablenken. Nicht, dass das nicht funktionieren würde, aber Frangoulis wirst du damit wohl kaum aufhalten können!”, sagte er und ließ sich auf sein Lehrerpult fallen.
Er beobachtete, wie Annabell sich ihre Schläfen massierte und ihm einen bösen Blick zuwarf, bevor sie sich einfach auf den Boden setzte.
“Ich verstehe es einfach nicht richtig! Kann ich nicht einfach eine Art Raum erstellen, in den ich alle Eindringlinge befördere, in dem diese so abgelenkt werden, dass sie gar nicht bemerken, wie ich sie einsperre?”, fragte sie und blätterte lustlos in dem Buch, welches er ihr zum lesen gegeben hatte.
Severus dachte einen Moment lang darüber nach, aber im Grunde war das auch nichts anderes, als er immer machte.
Bei schwächeren Gegnern konnte er diese einfach gegen seine erste Schutzmauer knallen lassen, so dass sie sofort wieder aus seinem Kopf flogen, aber alle stärkeren Eindringlinge bekamen von ihm Dinge entgegen geschleudert, welche völlig sinnlos und unwichtig waren, so dass sie damit genug zu tun hatten.
Zumindest solange, bis ihre Konzentration nachließ oder sie keine Lust mehr hatten.
Langsam nickte er daher. “Von mir aus erstell dir einen Raum, aber die Ablenkung darin muss wirklich detailliert sein. Und bitte! Nimm nicht deinen nackten Körper! Ich will nicht, dass Frangoulis dich so sieht!”, sagte er energisch und fügte in Gedanken hinzu: ‘Ich will nicht, dass irgendjemand, außer mir, dich so sieht!’
Laut sagen durfte er das natürlich nicht, denn er hatte inzwischen begriffen, dass Annabell auf jede Art der Einengung sehr ungehalten reagierte, aber er konnte nun mal nicht verhindern, dass er einen gewissen Besitzanspruch Annabell gegenüber empfand!
Natürlich war das völlig bescheuert und wenn Annabell davon wüsste, dann würde sie vermutlich die Sache zwischen ihnen sofort beenden, bevor er noch mehr Gefühle für sie entwickeln konnte, aber er war ja nicht so dumm ihr das auch noch zu sagen!
Jedenfalls war er wirklich unglaublich glücklich gewesen, als Annabell ihm am Freitag verkündet hatte, dass sie ihren Job aufgegeben hatte und nun nie wieder mit fremden Männern Sex haben müsste.
Jetzt wer er der einzige, der ihren Körper anfassen durfte und das war sehr zufriedenstellend!
“Okay, versuchen wir es noch einmal. 3... 2... 1... Legilimens!”
Wieder war er in ihrem Kopf und sah sich ganz genau um. Er konnte sehen, wie sich um ihn herum ein dichter Wald erstreckte, die Bäume standen so dicht, dass er nicht durch sie hindurch kommen könnte, was er auch nicht wollte, denn es war stockfinster und nur auf der Lichtung, auf welcher er stand, gab es Licht.
Sonst war hier aber nichts wirklich interessantes.
Severus wollte den Zauber schon lösen, da sah er plötzlich Annabell an einem Kleinen Bach sitzen, neben ihr ein kleiner Junge.
Er wollte darauf zugehen, doch schon war er wieder aus ihrem Kopf geflogen.
“Besser!”, sagte er anerkennend. “Wer war der kleine Junge?”
Annabell warf ihm einen langen und undeutbaren Blick zu, bevor sie traurig das Gesicht verzog. “Mein kleiner Bruder.”
Überrascht klappte Severus der Mund auf. “Dein Bruder? Du hast ihn bisher noch nicht ein einziges Mal erwähnt!”
“Natürlich nicht, er ist Tod!”, sagte Annabell und drehte sich weg. Sie ging auf die Klassenzimmertür zu und wollte verschwinden, aber Severus hielt sie auf und zog sie wieder zu sich herum. Das konnte doch nicht wahr sein! Sie hatte eine Mutter und einen Bruder und beide waren Tod? Was zur Hölle war da passiert?
“Annabell, bitte! Rede endlich mit mir! Was ist mit deiner Familie passiert? Waren es Todesser? Sind sie im Krieg gefallen?”
Sie schüttelte nur den Kopf und Tränen sammelten sich in ihren Augen.
“Nein, der Krieg hat damit nichts zu tun.”
“Aber was ist den dann passiert?”
Er wusste, dass er ihr eigentlich Zeit lassen sollte, aber er musste einfach wissen, was sie so traurig machte.
Annabell atmete ein paar mal beruhigend durch und nickte dann zu niemandem bestimmten. “Na gut, ich erzähle es dir, aber nur, wenn du danach nie wieder ein Wort über die beiden verlieren wirst!”, sagte sie schließlich fest und blickte ihn an. “Du musst es versprechen!”
Severus tat, was sie von ihm gewünscht hatte und folgte ihr dann zurück in seine Wohnung. Sie bat ihm kurz zu warten und als er es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht hatte, kam sie mit dem Fotoalbum zurück, welches sie erst vor kurzem aus ihrer Wohnung gerettet und so sorgfältig vor seinen Augen versteckt hatte.
Sie ließ sich neben ihn auf das Sofa fallen, kuschelte sich an Severus Brust, welcher automatisch einen Arm um sie schlang, und öffnete dann wortlos das Album.
Zum Vorschein kamen eine Unmenge an Bilden, die sich allesamt bewegten. Eine viel jüngere Annabell, die fröhlich in die Kamera lachte und ihre Arme um einen kleinen Jungen geschlungen hatte. Zunächst nur ein Baby, das irgendwie komische Gesichtszüge hatte.
Langsam blätterte er Seite um Seite um, nachdem Annabell ihm mit einem stummen Nicken die Erlaubnis dazu gegeben hatte.
Je weiter er nach hinten blätterte, desto älter wurde der Junge in Annabells Armen. Mal kuschelten die Beiden zufrieden miteinander, dann spielten sie mit Stofftieren oder Annabell las ihm etwas vor.
Man konnte sehen, wie sehr die junge Frau, damals noch im Kinderalter, ihren Bruder liebte, einen Bruder, welcher ganz offensichtlich Krank war.
Severus erkannte die typischen Merkmale im Gesicht des Kindes. Er hatte das Down-Syndrom.
“Sein Name war Arik und er war der süßeste, netteste und fröhlichste Kleine Junge, denn ich jemals kennengelernt habe, trotz seiner Krankheit, vielleicht auch gerade deswegen.”, begann Annabell und strich zärtlich über das Gesicht ihres Bruders. “Mom und ich, wir haben ihn so sehr geliebt und wir haben uns unglaublich bemüht ihm alles zu geben, was er brauchte, aber es war hart. Wir mussten beide arbeiten und du kennst unsere Arbeitszeiten, es war schwer alles unter einen Hut zu bringen. Irgendwann, Mom war furchtbar müde von der Arbeit und schlief aus versehen nachmittags ein, da fiel Arik die Treppe runter und brach sich einen Arm. Nichts wirklich schlimmes, aber es hätte nicht passieren müssen. Mom machte sich Vorwürfe, meinte die ganze Zeit, dass es auch sein Genick hätte seien können und irgendwo hatte sie recht. Wir waren einfach überfordert, daher entschied Mom, dass Arik in ein Wohnheim kommen sollte, dort könnten sich dann Heiler rund um die Uhr um ihn kümmern.”
Sie stockte, deutliche Wut breitete sich auf ihrem Gesicht aus, und Severus wagte nicht etwas zu sagen, aus angst, dass sie doch wieder abbrechen würde.
“Ich war 17 als er dort hinein kam. Lange Zeit ist es gut gegangen. Wir haben ihn jeden Tag besucht. Er war glücklich, es ging ihm gut. Doch dann, nach drei Jahren, kurz nach meinem Geburtstag, gab es einen Führungswechsel in dem Wohnheim. Das Personal wurde auf die Hälfte reduziert. Die verbleibenden Leute waren permanent überfordert, sie konnten gar nicht auf alle Patienten gleichzeitig achten, es waren zu viele! In der Nähe von dem Gelände gab es einen Park mit einem schönen See, Arik liebte Wasser musst du wissen, und da sich die Betreuer nicht mehr die ganze Zeit mit ihm beschäftigen konnten, ist er eben alleine in den Park gegangen.”
Inzwischen bebte Annabells Stimme und sie war kurz davor in Tränen auszubrechen. Severus ahnte schon, auf was das jetzt hinauslaufen würde.
“Er saß einfach nur da, hat niemandem etwas getan. Es kamen ein paar Teenager, die ihn bemerkt haben und ihn ärgern wollten. Arik hat sie nicht verstanden und da er nicht richtig sprechen konnte, haben sie ihn natürlich auch nicht verstanden. Sie dachten, er wollte sich über sie lustig machen. Sie haben ihn in den See geschupst und Arik konnte nicht schwimmen!”, sagte sie und ihre Stimmte brach endgültig, während die ersten Tränen in rascher Folge auf die Fotos unter ihr fielen und ihr ganzer Körper von einem heftigen Zittern erfasst wurde. Severus schlang seine Arme so fest um Annabell, wie er konnte, selbst mit Tränen in den Augen und versuchte irgendwie sie wieder zu beruhigen.
“Sie haben ihm nicht geholfen!”, quietschte sie mit hoher Stimme, nicht in der Lage sie wieder unter Kontrolle zu bekommen. “Sie haben ihn einfach ertrinken lassen und sind dann feige weggelaufen! Die Pfleger haben ihn erst viele Stunden später gefunden, wie er tot auf der Wasseroberfläche trieb. Das alles wäre nicht passier, wenn es mehr Pfleger gegeben hatte!”
Geschüttelte von Weinkrämpfen brach sie erneut ab, doch offenbar wollte sie es jetzt unbedingt zu Ende brechen, denn sie versuchte weiter zu sprechen, auch wenn sie dafür einige Anläufe brauchte.
“Mom ist danach einfach zusammengebrochen. Arik war ihr ganzes Leben, sie hat ihn abgöttisch geliebt und als er starb verlor sie ihren Lebenswillen. Am Tag vor der Beerdigung ist sie noch einmal in das Beerdigungsinstitut, sie meinte, sie wollte ihm noch ein paar ihrer Sachen bringen, die mit ins Grab sollten.”
Sie weinte jetzt so heftig, dass sie kurz davor war zu hyperventilieren.
“Sie hat sich einfach sie Pulsadern aufgeschnitten, über Ariks Sarg, ohne überhaupt darüber nachzudenken, was sie mir damit antun würde. Die Klinge, die sie genutzt hat, war mit Gift getränkt, so dass die Besitzer des von dem Beerdigungsinstitut ihre Wunden nicht heilen konnten. Ich musste meine ganze Familie innerhalb von einer Woche begraben!”, keuchte sie, klappte das Buch zu, als könnte sie die Erinnerungen nicht mehr ertragen und rollte sich dann einfach auf Severus Schoss ein, zitternd, weinend und einfach nur verzweifelt.
Severus, inzwischen selbst mit tränennassem Gesicht, hob sie einfach hoch und trug sie in sein Bett, wo er sich mit ihr zusammen hinlegte und einfach festhielt.
Lange Zeit langen sie einfach da, Severus konnte nicht schlafen und Annabell weinte einfach weiter, ohne sich wirklich zu beruhigen.
Erst als sie zu erschöpft war, um die Augen weiter offen zu halten, schlief sie schließlich ein, noch immer mit nassem Gesicht.
Severus zog sie noch einmal fest an seine Brust, drückte seine Lippen sanft auf ihre und flüsterte: “Ich werde dich niemals alleine lassen. Ich bleib bei dir!”
Dann sank auch er in tiefen Schlaf.
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