von marie29
Genüsslich kauend blickte Lucius auf seinen Gefangenen hinab, der im hintersten Winkel des Kellers reglos an der Wand lehnte. "Du weißt, ich kann dich zwingen, also komm schon her!" Folgsam erhob Severus sich, bemüht, sich keinerlei Schwäche anmerken zu lassen und schritt erhobenen Hauptes auf Lucius Sessel zu. "Seit wann findest du Gefallen an Muggel-Erfindungen?" Er deutete auf die Plastikbänder.
"In der Tat ist es Draco gelungen, mich vom Nutzen einiger weniger Schlammblut-Errungenschaften zu überzeugen, natürlich verstärkt durch Magie." Er nickte nachdenklich. "Kein Zauber kann diese Fesseln lösen, mein Freund und so soll es auch sein." Er rümpfte angeekelt die Nase. "Du stinkst!" Sein Reinigungszauber riss Severus die Kleidung von Körper und fuhr wie ein rauer Lappen über dessen Haut. Anzüglich glitten Lucius Augen zwischen Severus Schenkel und blieben geraume Zeit dort haften. Angewidert schüttelte er den Kopf. "Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, weshalb Draco Männer den Frauen vorzieht."
Ein erneuter Schwenk mit dem Zauberstab und Severus gesäuberte Kleidung saß wieder tadellos. Den enttäuschten Blick des Katers, der wie tags zuvor vom obersten Regal jede Bewegung der beiden genauestens verfolgte, bemerkte niemand, nur eine der Ratten schielte fast triumphierend zu ihm hinauf, bevor sie sich wieder den Fleischstückchen widmete.
"Knie dich hin und iss!" Wortlos ließ sich Severus auf die Knie sinken und ergriff ein Sandwich. "Nun, hast du das Rätsel gelöst?" Malfoys Gelächter, das auf sein Kopfschütteln folgte, klang so unmenschlich, dass eine Gänsehaut Severus Körper überzog. "Vielleicht bin ich ja tot, wer weiß?" Seine knochige Hand griff plötzlich in Severus Haar und zog seinen Oberkörper mit brutaler Kraft nach vorne, soweit die Fesseln es zuließen. Dann beugte er sich zu ihm hinab, so dass ihre Nasen sich beinahe berührten und starrte in die schwarzen Augen. "Leben kann man dieses elende Dasein, dass mir die letzten 16 Jahre beschieden war, nicht nennen. Und das ist allein deine Schuld, du Verräter!"
Er spie Severus ins Gesicht, bevor er ihn von sich schleuderte und begann erneut zu lachen. "Aber jetzt," keuchte er schwer atmend, "jetzt fühle ich mich wahrhaft lebendig! Und auch das wiederum deinetwegen. Welch Ironie des Schicksals, findest du nicht? Oder sollten wir es besser Gerechtigkeit nennen?" Das Lachen beutelte seinen mageren Körper und trieb ihm die Freudentränen in die Augen. Die Ratten hielten kurzzeitig in ihrer Mahlzeit inne, erstaunt ob des ungewohnten Geräuschs, das nur langsam verklang. Fast menschlich waren die Blicke, die sie Lucius zuwarfen - neugierig! "Ja, da staunt ihr, meine Lieben!" Zärtlich klang seine Stimme, als er ihnen weitere Fleischstückchen zuwarf. "Heute ist ein Freudentag - der erste von vielen!"
Sein Blick blieb an Severus hängen. "Was machst du da hinten? Komm wieder her! Nein, nicht aufstehen, kriechen sollst du!" Tiefe Befriedigung erfüllte ihn, als Severus kniend auf ihn zurutschte. "Halt, das genügt! Wo waren wir stehengeblieben?" "Bei meiner Schuld!", flüsterte Severus fast unhörbar. Malfoy nickte anerkennend. "Du scheinst es endlich begriffen zu haben, gut! Alles, was geschehen ist und noch geschehen wird, hast allein du zu verantworten. Ein schönes Gefühl, nicht wahr? Die alte Frau und der Junge - sie waren deine Freunde, richtig?"
Die jäh aufflammende Erkenntnis traf Severus wie ein Messerstich ins Herz. "Nein!" Aufstöhnend vergrub er das Gesicht in den Händen. Teddy und Grandma Tonks - wie hatte er sie nur vergessen können. All seine Sorge hatte Ari gegolten. "Soll ich dir erzählen, wie sie gestorben sind?" Severus presste die geballten Fäuste auf die Ohren, kauerte zu Malfoys Füßen wie ein waidwundes Reh.
"Imperio Korpus Maxima!" Sein Leib reckte sich, seine brennenden Augen richteten sich auf Lucius Gesicht, nur die linke Faust - sie ballte sich noch fester, so dass seine eigenen Nägel sich tief in seine Handfläche bohrten. "Du hörst zu, wenn ich mit dir rede, hast du das verstanden?" Der Hass, der in Severus Augen aufflammte, während sein Kopf nickte, entlockte ihm ein boshaftes Grinsen. "Braver Junge, so ist´s gut!" Er gähnte ausgiebig, lehnte sich bequem in die weichen Kissen, streckte die Beine, legte sie auf Severus Schultern und schloss die Augen. Bereits kurze Zeit später ertönte ein rasselndes Schnarchen.
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Ein heftiger Ruck riss sie zurück in die grausame Wirklichkeit. Die Kutsche hatte das Festland erreicht. Hagrids Stimme brachte alle Erinnerungen zurück. "Wohin jetzt?" Marie setzte sich auf. Sie fühlte sich seltsam leicht und gleichzeitig stark. Ihre Kräfte waren zurück. Sie warf Hermine einen dankbaren Blick zu, bevor sie aus der behaglichen Wärme des schummrig beleuchteten Raumes in die sternenlose Dunkelheit trat und den Pferden Aris Erinnerung zeigte.
Erwartungsvolle Blicke empfingen sie, sahen sie fragend an. Sie setzte sich neben Remus, der Tonks im Arm hielt. Auch die beiden wirkten gefasst, warteten auf Maries Erklärung. "Hast du Malfoys Versteck gesehen?" Rons platzte mit der Frage heraus, die alle bewegte, während die Kutsche wieder in die Lüfte stieg. Marie schüttelte den Kopf. "Nicht so, dass es uns helfen könnte. Der Apparierpunkt liegt im Innern des Hauses. Ich hab nur einige Räume gesehen. Aufgetaucht sind sie in der Küche. Ein Herd, ein Tisch, vier Stühle, Holzboden - es kann überall sein. Gleich nach ihrer Ankunft hat Draco Aris Haar abgeschnitten, das Papier lag schon auf dem Tisch, alles war vorbereitet."
Die Erkenntnis traf sie so plötzlich, dass es ihr vor Entsetzen die Sprache verschlug. "Es war nicht Ari", wollte sie sagen, und brachte doch kein Wort hervor. Alle starrten sie erschrocken an. "Was ist, Marie?" Es war Tonks schwache Stimme, die sie aus ihrer Erstarrung riss. "Hagrid, halt die Pferde an!" Ohne zu fragen, verschwand er durch die Luke nach draußen und bremste das Gespann.
"Es war Draco!" stieß Marie hervor, als er wieder neben ihnen saß. "Draco hat Lucius Haar in Aris Zopf versteckt und ihn falsch geflochten. Ari hatte gar keine Zeit dazu." "Aber wieso sollte er das tun?" Nicht nur Harry schüttelte verständnislos den Kopf. Maries Lachen klang so hysterisch, dass alle zusammenzuckten. "Meinetwegen - das ist Dracos Rache, er will, dass ich ganz genau weiß, was Lucius Ari und Severus antun wird und dass es keinen Weg gibt, sie zu retten."
Sie lachte immer noch. Wie eine Furie sah sie aus. Hagrid packte sie, zog sie an sich. Doch sie begann wie wild auf ihn einzuschlagen. Ihre geballten Fäuste trafen immer wieder seinen Bauch. Minutenlang wütete sie, während Hagrid traurig auf sie hinab sah. Ein letzter Hieb, bevor sie völlig erschöpft zu Boden sank, keuchend nach Atem rang und wieder zu sich kam. Entsetzt schlug sie die Hände vors Gesicht, murmelte kaum verständlich: "Tut mir leid!"
Hagrid ließ sich auf die doppelte Sitzbank fallen und rieb sich den Bauch. Dann grinste er schief. "Hat´s geholfen?" Marie sah zu ihm auf. Plötzlich strafften sich ihre Schultern und sie nickte entschlossen. "Ja!" Der Reihe nach musterte sie ihre Begleiter. Hermine, Ron, Harry, Tonks und Remus. "Wir werden diese Teufel zur Strecke bringen. Koste es, was es wolle. Das schwöre ich bei meinem Leben!" Alle nickten.
Hermine zögerte, hielt ihr Täschchen fest umklammert, als fürchte sie, Marie könne es ihr entreißen, dann sagte sie: "Marie, du musst uns alles erzählen, was du gesehen hast, egal wie schrecklich es ist. Lass mich deine Gefühle betäuben!" Wieder nickten alle, sahen Marie so bestimmt an, dass ihr keine andere Wahl blieb. Zögernd öffnete sie den Mund, streckte die Zunge hervor. Der schwarze Tropfen breitete sich aus wie ein Spinnennetz, umgarnte ihren Geist, verdrängte jede Regung aus ihrem Körper. Nur der Verstand blieb zurück, kalt - eisig! Die Kälte sprang auf die Zuhörer über. Maries monotone Stimme überzog ihre Körper mit einer Gänsehaut.
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