von marie29
Wie jeden Abend, nachdem das Mädchen betäubt durch den Schlaftrunk sanft schlummerte, drang Draco in ihre Erinnerungen ein. Die ihm selbst so unbekannte Liebe und Zärtlichkeit, die Aris Leben vom Augenblick ihrer Geburt weg begleitete, machte ihn anfangs rasend vor Wut und Eifersucht. Doch mit jedem weiteren beglückenden Erlebnis stahl sich der brennende Wunsch in sein Herz, Teil dieser wundervollen Familie zu sein. Unsinnig, unerreichbar und doch ein herrlicher Traum!
Zum letzten Mal verließ er wie ein Schlafwandler Aris Zelle, die Geduld seines Vaters war erschöpft. Fast unbewusst lenkten ihn seine Schritte zur Treppe, die hinunter in den Keller führte. Die Gestalt wechseln, lautlos hinab schleichen, der Ratten wegen, wie er sich selbst belog. Ein Geräusch, krampfhaft unterdrückt, doch zu sehr aus Verzweiflung geboren, um gänzlich verdrängt zu werden. Severus leises Schluchzen schnitt tief in sein verletztes Herz. Schmerzte so sehr, dass Tränen auf sein weiches Fell tropften. All sein Hass war verflogen, nur Liebe blieb zurück. Zu spät!
Sein eigener Plan, so unfassbar grausam, dass Lucius zum ersten Mal in seinem Leben stolz auf ihn war, hatte keine schwache Stelle. Nichts konnte seinen Vater daran hindern, ihn auszuführen, am allerwenigsten er. Lucius Misstrauen war grenzenlos, vor allem gegenüber ihm. Noch immer hielt er ihn für unerträglich schwach. Er war es! Nur deshalb hatte er seinen Vater befreit, ihm all seine perversen Wünsche erfüllt. Keines der Mädchen hatte sein Mitleid erregt. Sie waren ihm gleichgültig, dienten als Mittel zum Zweck. Aber IHN so leiden zu sehen, konnte er nicht ertragen und doch zog es ihn immer näher zu ihm hin.
Zusammengekrümmt wie ein Fötus lag er da, seine Arme umklammerten seine Knie, suchten nach Halt an sich selbst und fanden doch keinen. Lucius grässliche Darstellung der Morde hatte ihn seiner letzten Kraft beraubt. Dieses unerträgliche Grauen, Lucius kannte kein Erbarmen, nicht mit ihm, nicht mit Ari! Selbst ein Ende durch eigene Hand war ihm verwehrt. Die Taue waren lang genug, sich zu erdrosseln, doch Malfoys Rache an Ari hatte dieser ihm so deutlich beschrieben, dass sein Magen immer noch rebellierte. Was immer auf sie zukam, er musste es ertragen - sie musste es ertragen! Nichts mehr denken, Kraft sammeln - unmöglich und doch so wichtig. Er musste stark sein für Ari!
Etwas kam näher, umrundete ihn, Severus fühlte seine Anwesenheit, regte sich nicht, konnte es nicht, wollte es nicht. Der Kater kauerte sich neben sein Gesicht und leckte die Tränen auf. Keine Reaktion, keine Abwehr! Da wagte er es, kroch zwischen seinen Armen hindurch und kuschelte sich an Severus Brust. Unsäglich genoss er die Stunden vollkommenen Glücks, lauschte dem rasenden Herzschlag, den langsam ruhiger werdenden Atemzügen, getröstet durch das leise Schnurren des warmen Geschöpfes, das sich an ihn schmiegte, und suchte verzweifelt nach einem Ausweg. Sein Geist kannte ihn, wusste genau, was zu tun war und doch graute ihm davor, diesen Weg zu gehen. Er rang mit sich selbst. Erst als das dämmrige Licht des Morgens durch die Kellerluke drang, war seine Entscheidung gefallen.
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"Was hilft´s denn, wenn sie den Apparierpunkt finden, die Spuren sind doch längst verblasst?" Ron flüsterte fast, den Blick auf Marie gerichtet, obwohl diese tief und fest schlief. Sie hatte Hermines Trank nicht verweigert, als sie das Bewusstsein wiedererlangte, war ihnen widerspruchslos in die Kutsche gefolgt, hatte sich aufs Sofa gelegt, mit offenen Augen an die Decke gestarrt, als fürchte sie sich davor, sie zu schließen. Aber die Wirkung der Schlaftropfen ließ nicht lange auf sich warten.
"Harry sagt, die Verbindung zwischen zwei Apparierpunkten ist wie ein Schlauch. Vorn rein, hinten raus. Wenn man den Anfang kennt, kommt automatisch zum letzten Endpunkt. Allerdings nicht, so lange die Schutzzauber aktiv sind. Wenn man´s versucht, bleibt man im Nirgendwo stecken, kann nicht mehr vor oder zurück. Weißt du noch, wie das Ministerium ewig lang nach dem Schüler gesucht hat, der sich im Verschwindekabinett versteckt hatte. So ähnlich muss das auch sein."
"Verdammter Mist!" Rons Fluch ließ Hermine zusammenzucken, aber sie sagte nichts. "Aber wenn sie vergessen sollten, die Schutzzauber zu erneuern, dass muss man nämlich alle paar Tage machen, sonst fallen sie in sich zusammen, dann wäre das eine Möglichkeit, ihr Versteck zu finden." "Und wie bitteschön merkt man das?" Hermine zuckte die Schultern. "Das werden sie uns schon erklären, wenn sie den Punkt gefunden haben. Und jetzt lass uns schlafen, wir müssen die erste Wache übernehmen." Sie leerte ihr Fläschchen und gab Ron ein weiteres. Dann krochen sie unter die Decken und schlossen die Augen.
Ein sanftes Rütteln weckte Hermine. Harrys Zeigefinger lag auf seinen Lippen. Er nickte zur Tür und beide verließen die Kutsche, ohne Ron oder Marie zu wecken. "Was ist los?" Hermine spürte Harrys Aufregung, "habt ihr was gefunden?" Er zog sie zum Wald, die Spitzen ihrer Zauberstäbe verströmten ein sanftes, bläuliches Licht, das die Schatten der Morgendämmerung vertrieben. "Oh, Mann, wie lang hab ich denn geschlafen?" Harry grinste kurz. "Na ja, den Trank hast du doch selber gebraut, oder?"
Tonks und Remus warteten schon auf sie. Bleich waren beide, doch in ihren Augen loderte ein Feuer, das Hermine einen Schauer über den Rücken jagte. Remus hielt sich nicht lange mit Vorreden auf. Er ergriff Hermines Hand. "Wir beide übernehmen die erste Wache!" "Aber ich dachte, Ron..." "Nein! Es muss immer ein Auror dort sein, falls es passiert. Also, wir beide, Harry und Ron, Tonks und Marie, Hagrid sucht weiter nach ..."
Er brach ab und ging voraus. Hermine warf Harry einen kurzen Blick zu, dann lief sie ihm hinterher. Es war nicht weit. Eine kreisrund markierte Stelle am Boden stach ihr ins Auge, harmlos wirkte sie, friedlich. Wäre da nicht der Stein in der Mitte des metergroßen Ringes gewesen, die hässlichen brauen Flecken darauf. Die Blutspuren waren deutlich zu erkennen. Hermine erschauderte.
"Worauf muss ich achten?", fragend sah sie Remus an. Er setzte sich, lehnte den Rücken an den Stamm einer riesigen Tanne und deutete neben sich. "Komm, ich erklär´s dir." Als sie saß, wies er auf den Stein. "An ihm haften die Spuren von Draco und Lucius, sie hatten ihn beide in der Hand. Wenn einer von ihnen die Schutzzauber aufhebt, sei es, um Neue anzuwenden oder einfach aus Vergesslichkeit, du weißt, sie müssen regelmäßig überprüft werden, beginnt der Abdruck seiner Hände auf diesem Stein zu schimmern, ganz schwach, kaum sichtbar, aber wenn man darauf wartet, sieht man’s."
Beide starrten so intensiv auf den Stein, dass ihnen nach kurzer Zeit bereits die Augen schmerzten. Ohne den Blick abzuwenden, fragte Hermine: "Und dann?" "Dann werde ich apparieren, oder ein anderer Auror. Nur wir können die Schutzzauber zur Gänze brechen, euch das zu lehren, erfordert viel zu viel Zeit. Erst wenn das Zeichen zurückkommt, ist der Zugang frei." "Was für ein Zeichen?" Remus schob eine goldene Münze in ihr Blickfeld. Sie nickte. "Verstanden!"
Zwei Stunden später waren ihre Augen vom steten Starren so erschöpft, dass sie über alle Maßen erleichtert war, als Ron und Harry zwischen den Bäumen auftauchten. "Ablösung! Los ins Bett mit euch!" Ron lächelte halbherzig, zog sie kurz an sich und küsste sie zärtlich. Sie fuhr ihm durch das kupferrote Haar und verstrubbelte es. "Passt gut auf euch auf!"
Hermine ertappte sich dabei, wie sie Merlin dafür dankte, dass Ron kein Auror war und war entsetzt über sich selbst. Sie liebte die anderen doch wie ihre eigene Familie, aber ein Leben ohne Ron war einfach unvorstellbar. Remus Hand legte sich auf ihre Schulter. "Du hast dich gut gehalten. Das ist viel anstrengender, als man glaubt." Sie merkte ihm an, wie schwer ihm diese paar Worte fielen und streichelte sanft seine Finger. Tränen schossen ihm in die Augen. Er wandte sich ab. Es gab keine Worte, um ihn zu trösten. So gebrochen wirkte er, um Jahre gealtert. Nur die Hoffnung, Ari und Severus zu retten, hielt ihn aufrecht.
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